Präsidentschafts- und Parlamentswahl in Liberia 2011

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Präsidentschaftswahl 2011
Staat Liberia Liberia
Datum 11. Oktober und 9. November
(1. und 2. Wahlgang)
Wahlbeteiligung 1. Wahlgang: 71,6 %
2. Wahlgang: 38,6 %
Kandidaten Ellen Johnson Sirleaf Winston Tubman
Parteien UP CDC
Stimmen –
1. Wahlgang
530.020
43,9 %
394.370
32,7 %
Stimmen –
2. Wahlgang
607.618
90,7 %
62.207
9,3 %
Zusammenfassung der Stimmen
1. Wahlgang
Ellen Johnson Sirleaf (UP)
43,9 %
Winston Tubman (CDC)
32,7 %
Prince Johnson (NUDP)
11,6 %
Charles Brumskine (LP)
5,5 %
Sonstige < 2,0 %
6,4 %
2. Wahlgang
Ellen Johnson Sirleaf (UP)
90,7 %
Winston Tubman (CDC)
9,3 %
Stimmenstärkste nach Regionen
1. Wahlgang
2. Wahlgang
Präsident vor der Wahl
Ellen Johnson Sirleaf
2005 2017

Die Präsidentschafts- und Parlamentswahl in Liberia 2011 fand am 11. Oktober statt. Bei ihr wurden der Präsident der Republik und die Mitglieder des Parlaments (73 Mandate im Repräsentantenhaus und 15 von 30 Mandate im Senat) gewählt.

Die Stichwahl der Präsidentschaftswahl fand am 9. November statt.

Es waren die 50. Präsidentschaftswahlen im westafrikanischen Staat Liberia, der ältesten Republik Afrikas. Besondere internationale Aufmerksamkeit erhielt die Wahl dadurch, dass die regierende Präsidentin und Kandidatin Ellen Johnson Sirleaf wenige Tage vor der Wahl den Friedensnobelpreis 2011 erhielt. Einige Beobachter sahen in dieser unmittelbaren Nähe zur Präsidentschaftswahl eine unzulässige Einmischung in die Wahl durch das Nobelpreiskomitee.

Johnson Sirleaf erhielt am 11. Oktober mit gut 40 % die meisten abgegebenen Stimmen, musste jedoch in die Stichwahl gehen, da sie für einen Sieg in der ersten Runde die Mehrheit der Stimmen benötigt hätte. Der mit gut 30 % zweitplatzierte Winston Tubman, Vorsitzender der größten Oppositionspartei des Landes, Congress for Democratic Change und Neffe von William S. Tubman, dem Präsidenten Liberias von 1944 bis 1971,[1] zog sich wegen angeblicher Wahlfälschungen in der ersten Runde aus der Stichwahl zurück, so dass Johnson Sirleaf ohne Gegenkandidat antrat und mit gut 90 % der abgegebenen Stimmen als Siegerin aus der Stichwahl hervorging.

Die endgültigen Ergebnisse sollten am 26. Oktober 2011 bekannt gegeben werden,[2] tatsächlich lagen offiziell bestätigte Ergebnisse erst am 15. November 2011 vor.[3]

Unruhen vor der Stichwahl und Boykott

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Obwohl internationale Beobachter die erste Runde der Wahlen als fair bezeichnet hatten, erhob der zweitplatzierte Winston Tubman Vorwürfe wegen Wahlfälschungen. Wenige Tage vor der Wahl erklärte er daher, dass er die Stichwahl boykottieren werde. Sowohl Vertreter der Vereinten Nationen als auch der USA hatten den Vorwurf der Wahlfälschung als haltlos bezeichnet und Tubman erfolglos aufgefordert, von einem Boykott abzusehen.[4]

Bei einer großen Demonstration seiner Anhänger am Tag vor der Stichwahl kam es zu Ausschreitungen, die Polizei schoss in die Menge und es gab mehrere Tote.[5] Johnson Sirleaf trat wegen Tubmans Rückzug ohne Gegenkandidat an. Da die Wahlzettel aber bereits gedruckt waren, war er dort dennoch zu finden und konnte somit auch angekreuzt werden. Die Wahlbeteiligung bei der Stichwahl war nur etwa halb so hoch wie im ersten Wahlgang, was Tubman und seine Partei als ihren Erfolg werteten.[6]

Wahlurnen für die drei gleichzeitigen Wahlen am 11. Oktober 2011

Insgesamt waren 16 Kandidaten zur Wahl angetreten. Da die Analphabetenquote unter der erwachsenen Bevölkerung Liberias bei etwa 30 % liegt, befanden sich auf den Wahlzetteln Fotos der Kandidaten.[7]:

Mitte August hatte die Wahlkommission zwar angekündigt, einen Großteil dieser Kandidaten nicht zur Wahl zuzulassen, da sie keine Vizekandidaten bestimmt hatten, hatte diese Ankündigung aber nicht wahr gemacht.[8]

Nach Johnson Sirleaf und Tubman lag in der 1. Runde der ehemalige Warlord Prince Johnson an dritter Stelle der Wählergunst und ihm schien so die Rolle des "Königsmachers" zuzufallen.

  • Prince Johnson war einer der Warlords des Liberianischen Bürgerkriegs und erlangte unrühmliche Bekanntheit durch ein Video, das zeigte, wie der Ex-Präsident Samuel Doe in seiner Gegenwart von seinen Anhängern zu Tode gefoltert wurde.[9]
  • Johnson Sirleaf, seit sechs Jahren Präsidentin des Landes, wurde außer von ihrer eigenen Partei, der Unity Party, auch von der ältesten Partei Liberias, der True Whig Party unterstützt.[10]
  • Winston Tubman hingegen fand die Unterstützung von George Weah, FIFA-Weltfußballer des Jahres 1995, der bei der Präsidentschaftswahl 2005 Johnson Sirleaf erst in der Stichwahl unterlegen war. Tubman hatte ihn zu seinem Vizekandidaten ernannt und war als Kandidat von dessen Partei Congress for Democratic Change angetreten. 2005 hatte er noch der National Democratic Party of Liberia angehört und als deren Kandidat 9,2 % der Stimmen bei den Präsidentschaftswahlen erhalten und anschließend mehrfach die Parteizugehörigkeit gewechselt.[11]

Präsidentschaftswahl

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Kandidaten Parteien 1. Wahlgang 2. Wahlgang
Stimmen % Stimmen %
Ellen Johnson Sirleaf Unity Party 530.020 43,9 607.618 90,7
Winston Tubman Congress for Democratic Change 394.370 32,7 62.207 9,3
Yormie Johnson National Union for Democratic Progress 139.786 11,6
Charles Brumskine Liberty Party 65.800 5,5
Kennedy Sandy Liberia Transformation Party 13.612 1,1
Gladys Beyan Grassroot Democratic Party of Liberia 12.740 1,1
Togba-Nah Tipoteh Freedom Alliance Party of Liberia 7.659 0,6
Dew Mayson National Democratic Coalition 5.819 0,5
Manjerngie Ndebe Liberia Reconstruction Party 5.746 0,5
Simeon Freeman Movement for Progressive Change 5.559 0,5
Marcus Roland Jones Victory for Change Party 5.305 0,4
James Guseh Citizens Unification Party 5.025 0,4
Hananiah Zoe Liberia Empowerment Party 4.463 0,4
Chea Cheapoo Progressive People’s Party 4.085 0,3
James Chelley Original Congress Party of Liberia 4.008 0,3
Jonathan A. Mason Union of Liberian Democrats 2.645 0,2
Gesamt 1.206.642 100 669.825 100
Ungültige Stimmen 82.074 6,4 24.587 3,5
Wähler 1.288.716 71,6 694.412 38,6
Wahlberechtigte 1.798.930 1.798.930
Quelle: National Elections Commission

Repräsentantenhaus

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Listen Stimmen Mandate
Anzahl %
Unity Party 226.291 19,0 24
Congress for Democratic Change 163.592 13,7 11
Liberty Party 117.285 9,9 7
National Democratic Coalition 70.580 5,9 5
Liberia Transformation Party 57.734 4,9 1
National Union for Democratic Progress 50.010 4,2 6
National Patriotic Party 42.420 3,6 3
Movement for Progressive Change 30.205 2,5 2
Alliance for Peace and Democracy 26.537 2,2 3
National Democratic Party of Liberia 19.446 1,6
Original Congress Party of Liberia 17.613 1,5
Union of Liberian Democrats 15.199 1,3
Liberia Destiny Party 13.310 1,1 1
Sonstige < 1,0 % 89.370 7,5 1
Unabhängigen 250.412 21,0 9
Gesamt 1.190.004 100 73
Ungültige Stimmen 84.182 6,6
Wähler 1.274.186 70,8
Wahlberechtigte 1.798.930
Quelle: National Elections Commission
Listen Stimmen Mandate
Anzahl %
Congress for Democratic Change 259.161 21,7 2
Unity Party 164.851 13,8 4
Liberty Party 134.357 11,2
National Patriotic Party 70.260 5,9 4
National Union for Democratic Progress 51.494 4,3 1
Liberia Transformation Party 48.180 4,0
National Democratic Coalition 41.717 3,5 1
Alliance for Peace and Democracy 29.777 2,5 1
Liberia Destiny Party 19.993 1,7 1
Movement for Progressive Change 18.098 1,5
Union of Liberian Democrats 9.834 0,8
All Liberia Coalition Party 9.745 0,8
Victory for Change Party 6.956 0,6
Sonstige < 0,5 % 14.525 1,2
Unabhängigen 317.265 26,5 1
Gesamt 1.196.213 100 15
Ungültige Stimmen 86.874 6,8
Wähler 1.283.087 71,3
Wahlberechtigte 1.798.930
Quelle: National Elections Commission

Einzelnachweise

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  1. Katrin Gänsler: Wahlen in Liberia: Nobelpreisträgerin muss zittern. In: taz.de. 14. Oktober 2011, abgerufen am 30. Januar 2024. abgerufen am 15. Oktober 2011
  2. Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 14. Oktober 2011 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.afriquejet.com abgerufen am 15. Oktober 2011
  3. Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 25. April 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/necliberia.org abgerufen am 18. November 2011
  4. http://www.msnbc.msn.com/id/45190391/ns/world_news-africa/#.TseVlfIV20K abgerufen am 18. November
  5. dpa, AFP: Präsidentschaftswahl: Demonstrationen begleiten Stichwahl in Liberia. In: zeit.de. 8. November 2011, abgerufen am 27. Januar 2024. abgerufen am 18. November 2011
  6. Katrin Gänsler: Stichwahl in Liberia: Krawallstrategie gegen die Präsidentin. In: taz.de. 10. November 2011, abgerufen am 30. Januar 2024. abgerufen am 18. November
  7. http://www.msnbc.msn.com/id/45190391/ns/world_news-africa/#.TseVlfIV20K abgerufen am 18. November
  8. http://allafrica.com/stories/201108190373.html abgerufen am 15. Oktober 2011
  9. http://www.tnr.com/article/politics/magazine/95493/prince-johnson-liberia?passthru=MGVmMDgxZTYwMGIxN2E2NmY5OTQ3MThjN2NlNGU3ZTE abgerufen am 15. Oktober 2011
  10. TWP Endorses Ellen’s 2nd Term (Memento vom 28. September 2011 im Internet Archive)
  11. Katrin Gänsler: Wahlen in Liberia: Nobelpreisträgerin muss zittern. In: taz.de. 14. Oktober 2011, abgerufen am 30. Januar 2024. abgerufen am 15. Oktober 2011