Die ersten Polygammafunktionen im Reellen m = 0 m = 1 m = 2 m = 3 m = 4
In der Mathematik sind die Polygammafunktionen
ψ
n
(
z
)
{\displaystyle \psi _{n}(z)}
eine Reihe spezieller Funktionen , die als die Ableitungen der Funktion
ln
Γ
(
z
)
{\displaystyle \ln \Gamma (z)}
definiert sind. Dabei bezeichnet
Γ
(
z
)
{\displaystyle \Gamma (z)}
die Gammafunktion und
ln
{\displaystyle \ln }
den natürlichen Logarithmus .
Die ersten beiden Polygammafunktionen werden Digammafunktion und Trigammafunktion genannt.
Darstellung der ersten fünf Polygammafunktionen in der komplexen Ebene
ln
Γ
(
z
)
{\displaystyle \ln \Gamma (z)}
ψ
(
0
)
(
z
)
{\displaystyle \psi ^{(0)}(z)}
ψ
(
1
)
(
z
)
{\displaystyle \psi ^{(1)}(z)}
ψ
(
2
)
(
z
)
{\displaystyle \psi ^{(2)}(z)}
ψ
(
3
)
(
z
)
{\displaystyle \psi ^{(3)}(z)}
ψ
(
4
)
(
z
)
{\displaystyle \psi ^{(4)}(z)}
Die Polygammafunktionen werden mit dem kleinen griechischen Buchstaben Psi
ψ
{\displaystyle \psi }
gekennzeichnet. Bei der ersten Polygammafunktion wird der Index meist weggelassen oder als 0 festgelegt; sie wird als Digammafunktion
ψ
(
z
)
{\displaystyle \psi (z)}
bezeichnet. Die zweite Polygammafunktion, also die Trigammafunktion , hat das Symbol
ψ
1
{\displaystyle \psi _{1}}
(oder seltener
ψ
(
1
)
{\displaystyle \psi ^{(1)}}
) und ist die zweite Ableitung von
ln
Γ
(
z
)
{\displaystyle \ln \Gamma (z)}
. Allgemein wird die
n
{\displaystyle n}
-te Polygammafunktion oder Polygammafunktion der Ordnung
n
{\displaystyle n}
mit
ψ
n
{\displaystyle \psi _{n}}
oder
ψ
(
n
)
{\displaystyle \psi ^{(n)}}
bezeichnet und als die
(
n
+
1
)
{\displaystyle (n+1)}
-te Ableitung von
ln
Γ
(
x
)
{\displaystyle \ln \Gamma (x)}
definiert.
Es ist
ψ
m
(
z
)
=
d
m
+
1
d
z
m
+
1
ln
Γ
(
z
)
=
d
m
d
z
m
ψ
(
z
)
{\displaystyle \psi _{m}(z)={\frac {\mathrm {d} ^{m+1}}{\mathrm {d} z^{m+1}}}\ln \Gamma (z)={\frac {\mathrm {d} ^{m}}{\mathrm {d} z^{m}}}\,\psi (z)}
mit der Digammafunktion
ψ
(
z
)
{\displaystyle \psi (z)}
. Derartige Ableitungen werden auch als logarithmische Ableitungen von
Γ
(
⋅
)
{\displaystyle \Gamma (\cdot )}
bezeichnet.
Eine Integraldarstellung ist
ψ
m
(
z
)
=
(
−
1
)
m
+
1
∫
0
∞
t
m
e
−
z
t
1
−
e
−
t
d
t
{\displaystyle \psi _{m}(z)=(-1)^{m+1}\int \limits _{0}^{\infty }{\frac {t^{m}\mathrm {e} ^{-zt}}{1-\mathrm {e} ^{-t}}}\,\mathrm {d} t}
für
Re
z
>
0
{\displaystyle \operatorname {Re} z>0}
und
m
>
0.
{\displaystyle m>0.}
Die Polygammafunktionen haben die Differenzengleichungen
ψ
m
(
z
+
1
)
=
ψ
m
(
z
)
+
(
−
1
)
m
m
!
z
−
m
−
1
.
{\displaystyle \psi _{m}(z+1)=\psi _{m}(z)+(-1)^{m}\;m!\;z^{-m-1}.}
Eine weitere wichtige Beziehung lautet
(
−
1
)
m
ψ
m
(
1
−
z
)
−
ψ
m
(
z
)
=
π
d
m
d
z
m
cot
(
π
z
)
.
{\displaystyle (-1)^{m}\psi _{m}(1-z)-\psi _{m}(z)=\pi {\frac {\mathrm {d} ^{m}}{\mathrm {d} z^{m}}}\cot {(\pi z)}.}
Die Multiplikationsformel ist für
m
>
0
{\displaystyle m>0}
gegeben durch
∑
k
=
0
n
−
1
ψ
m
(
z
+
k
n
)
=
n
m
+
1
ψ
m
(
z
)
.
{\displaystyle \sum _{k=0}^{n-1}\psi _{m}\left({\frac {z+k}{n}}\right)=n^{m+1}\psi _{m}(z).}
Zum Fall
m
=
0
,
{\displaystyle m=0,}
also der Digammafunktion , siehe dort.
Eine Reihendarstellung der Polygammafunktion lautet
ψ
m
(
z
)
=
(
−
1
)
m
+
1
m
!
∑
k
=
0
∞
1
(
z
+
k
)
m
+
1
{\displaystyle \psi _{m}(z)=(-1)^{m+1}\;m!\;\sum _{k=0}^{\infty }{\frac {1}{(z+k)^{m+1}}}}
wobei
m
>
0
{\displaystyle m>0}
und
z
≠
−
1
,
−
2
,
−
3
,
…
{\displaystyle z\not =-1,-2,-3,\ldots }
eine beliebige komplexe Zahl außer den negativen ganzen Zahlen ist. Die Formel lässt sich einfacher unter Verwendung der hurwitzschen Zetafunktion
ζ
(
x
,
y
)
{\displaystyle \zeta (x,y)}
schreiben als
ψ
m
(
z
)
=
(
−
1
)
m
+
1
m
!
ζ
(
m
+
1
,
z
)
.
{\displaystyle \psi _{m}(z)=(-1)^{m+1}\;m!\;\zeta (m+1,z).}
Die Verallgemeinerung der Polygammafunktionen auf beliebige, nicht-ganze Ordnungen
m
{\displaystyle m}
ist weiter unten angegeben.
Eine weitere Reihendarstellung ist
ψ
m
(
z
)
=
−
γ
δ
m
,
0
−
(
−
1
)
m
m
!
z
m
+
1
+
∑
k
=
1
∞
(
1
k
δ
m
,
0
−
(
−
1
)
m
m
!
(
z
+
k
)
m
+
1
)
,
{\displaystyle \psi _{m}(z)=-\gamma \delta _{m,0}\;-\;{\frac {(-1)^{m}m!}{z^{m+1}}}\;+\;\sum _{k=1}^{\infty }\left({\frac {1}{k}}\delta _{m,0}\;-\;{\frac {(-1)^{m}m!}{(z+k)^{m+1}}}\right),}
wobei
δ
n
,
0
{\displaystyle \delta _{n,0}}
das Kronecker-Delta bezeichnet, die aus der Zerlegung der Gammafunktion nach dem weierstraßschen Produktsatz folgt.
Die Taylor-Reihe um
z
=
1
{\displaystyle z=1}
ist gegeben durch
ψ
m
(
z
+
1
)
=
∑
k
=
0
∞
(
−
1
)
m
+
k
+
1
(
m
+
k
)
!
ζ
(
m
+
k
+
1
)
z
k
k
!
,
{\displaystyle \psi _{m}(z+1)=\sum _{k=0}^{\infty }(-1)^{m+k+1}(m+k)!\;\zeta (m+k+1)\;{\frac {z^{k}}{k!}},}
die für
|
z
|
<
1
{\displaystyle |z|<1}
konvergiert.
ζ
{\displaystyle \zeta }
bezeichnete dabei die riemannsche Zetafunktion .
Die Werte der Polygammafunktionen für rationale Argumente lassen sich meist ausdrücken unter Verwendung von Konstanten und Funktionen wie
π
{\displaystyle \pi }
, Quadratwurzel , Clausen-Funktion
C
l
(
x
)
{\displaystyle \mathrm {Cl} (x)}
, riemannsche ζ-Funktion , catalansche Konstante
G
{\displaystyle G}
sowie dirichletsche β-Funktion ; z. B.
ψ
m
(
1
2
)
=
(
−
1
)
m
+
1
m
!
(
2
m
+
1
−
1
)
ζ
(
m
+
1
)
,
m
∈
N
{\displaystyle \psi _{m}({\tfrac {1}{2}})=(-1)^{m+1}m!\,(2^{m+1}-1)\zeta (m+1),\qquad m\in \mathbb {N} }
Allgemein gilt ferner:
ψ
m
(
1
)
=
(
−
1
)
m
+
1
m
!
ζ
(
m
+
1
)
,
m
∈
N
{\displaystyle \psi _{m}(1)=(-1)^{m+1}m!\,\zeta (m+1),\qquad m\in \mathbb {N} }
.
Die m-te Ableitung des Tangens kann ebenfalls mit der Polygammafunktion ausgedrückt werden:
d
m
d
x
m
tan
x
=
ψ
m
(
1
2
+
x
π
)
−
(
−
1
)
m
ψ
m
(
1
2
−
x
π
)
π
m
+
1
{\displaystyle {\frac {\mathrm {d} ^{m}}{\mathrm {d} x^{m}}}\tan x={\frac {\psi _{m}({\tfrac {1}{2}}+{\tfrac {x}{\pi }})-(-1)^{m}\,\psi _{m}({\tfrac {1}{2}}-{\tfrac {x}{\pi }})}{\pi ^{m+1}}}}
.
Darüber hinaus haben sich spezielle Werte von Polygammafunktionen als universelle Konstanten immer wieder bei einer geschlossenen Grenzwert-Beschreibung von Reihen oder auch Integralen als nützlich erwiesen, zum Beispiel gilt
∑
n
=
0
∞
(
−
1
)
n
(
2
n
+
1
)
4
=
1
768
(
ψ
3
(
1
4
)
−
8
π
2
)
.
{\displaystyle \sum _{n=0}^{\infty }{\frac {(-1)^{n}}{(2n+1)^{4}}}={\frac {1}{768}}\left(\psi _{3}\left({\tfrac {1}{4}}\right)-8\pi ^{2}\right).}
Espinosa und Moll haben 2003 eine verallgemeinerte Polygammafunktion
ψ
s
(
z
)
{\displaystyle \psi _{s}(z)}
eingeführt, die nun sogar für alle komplexen Werte
s
{\displaystyle s}
definiert ist.[ 1] Diese hat für
s
≠
0
,
1
,
2
,
…
{\displaystyle s\neq 0,1,2,\dotsc }
die allgemeine Taylor-Entwicklung
ψ
s
(
1
+
z
)
=
∑
n
=
0
∞
1
Γ
(
−
s
−
n
)
(
ζ
′
(
s
+
n
+
1
)
+
(
∑
k
=
1
∞
1
k
−
1
k
−
s
−
n
−
1
)
ζ
(
s
+
n
+
1
)
)
z
n
n
!
,
{\displaystyle \psi _{s}(1+z)=\sum _{n=0}^{\infty }{\frac {1}{\Gamma (-s-n)}}\left(\zeta '(s+n+1)+\left(\sum _{k=1}^{\infty }{\frac {1}{k}}-{\frac {1}{k-s-n-1}}\right)\zeta (s+n+1)\right){\frac {z^{n}}{n!}},}
gültig im Bereich
|
z
|
<
1
{\displaystyle |z|<1}
.[ 2] Diese Verallgemeinerung nutzt jedoch nicht fraktionale Infinitesimalrechnung . Ein solcher Ansatz wurde von Grossman gewählt.[ 3]
Die verallgemeinerte Polygammafunktion erfüllt für
s
∈
C
{\displaystyle s\in \mathbb {C} }
und
z
∈
C
∖
−
N
0
{\displaystyle z\in \mathbb {C} \setminus -\mathbb {N} _{0}}
die Funktionalgleichung
ψ
s
(
z
+
1
)
=
ψ
s
(
z
)
+
ln
z
−
ψ
(
−
s
)
−
γ
Γ
(
−
s
)
z
−
(
s
+
1
)
,
{\displaystyle \psi _{s}(z+1)=\psi _{s}(z)+{\frac {\ln z-\psi (-s)-\gamma }{\Gamma (-s)}}\,z^{-(s+1)},}
wobei
γ
{\displaystyle \gamma }
die Euler-Mascheroni-Konstante bezeichnet. Wegen
ψ
(
−
m
)
Γ
(
−
n
)
=
(
−
1
)
n
−
1
n
!
{\displaystyle {\frac {\psi (-m)}{\Gamma (-n)}}=(-1)^{n-1}n!}
für ganzzahlige
m
,
n
≥
0
{\displaystyle m,n\geq 0}
ist die weiter oben angegebene Differenzengleichung für natürliche
n
{\displaystyle n}
eingeschlossen.
Unter Zuhilfenahme der Hurwitzschen
ζ
{\displaystyle \zeta }
-Funktion erhält man dann die Beziehung
ψ
s
(
z
)
=
1
Γ
(
−
s
)
(
∂
∂
s
+
ψ
(
−
s
)
+
γ
)
ζ
(
s
+
1
,
z
)
=
e
−
γ
s
∂
∂
s
(
e
γ
s
ζ
(
s
+
1
,
z
)
Γ
(
−
s
)
)
,
{\displaystyle \psi _{s}(z)={\frac {1}{\Gamma (-s)}}\left({\frac {\partial }{\partial s}}+\psi (-s)+\gamma \right)\zeta (s+1,z)=\mathrm {e} ^{-\gamma \,s}{\frac {\partial }{\partial s}}\left(\mathrm {e} ^{\gamma \,s}\,{\frac {\zeta (s+1,z)}{\Gamma (-s)}}\right),}
welche die Funktionalgleichung erfüllt.[ 4]
Als Konsequenz daraus lässt sich die Verdopplungsformel
ψ
s
(
z
2
)
+
ψ
s
(
z
+
1
2
)
=
2
s
+
1
ψ
s
(
z
)
+
2
s
+
1
ln
2
Γ
(
−
s
)
ζ
(
s
+
1
,
z
)
{\displaystyle \psi _{s}\left({\frac {z}{2}}\right)+\psi _{s}\left({\frac {z+1}{2}}\right)=2^{s+1}\psi _{s}(z)+{\frac {2^{s+1}\ln 2}{\Gamma (-s)}}\zeta (s+1,z)}
herleiten. Eine Verallgemeinerung davon lautet
ψ
s
(
z
)
=
n
−
s
−
1
∑
k
=
0
n
−
1
ψ
s
(
z
+
k
n
)
−
ln
n
Γ
(
−
s
)
ζ
(
s
+
1
,
z
)
,
{\displaystyle \psi _{s}(z)=n^{-s-1}\sum \limits _{k=0}^{n-1}\psi _{s}\left({\frac {z+k}{n}}\right)-{\frac {\ln n}{\Gamma (-s)}}\zeta (s+1,z),}
die ein Äquivalent zur Gaußschen Multiplikationsformel der Gammafunktion darstellt und die
Multiplikationsformel als Spezialfall für
s
∈
N
{\displaystyle s\in \mathbb {N} }
enthält.
Die
q
{\displaystyle q}
-Polygammafunktion ist definiert durch[ 5]
ψ
n
q
(
z
)
=
∂
n
ψ
q
(
z
)
∂
z
n
{\displaystyle \psi _{n}^{q}(z)={\frac {\partial ^{n}\psi _{q}(z)}{\partial z^{n}}}}
.
↑ O. Espinosa, V. H. Moll: A generalized polygamma function , (arXiv).
↑ O. Espinosa, V. H. Moll: A generalized polygamma function , (arXiv) , S. 6–7.
↑ N. Grossman: Polygamma functions of arbitrary order. SIAM J. Math. Anal. 7, 1976, 366–372.
↑ Oliver Espinosa and Victor H. Moll:
A Generalized Polygamma Function auf arXiv.org e-Print archive 2003.
↑ Eric W. Weisstein : q-Polygamma Function . In: MathWorld (englisch).