Leonhard Schultze-Jena

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Leonhard Sigmund Schultze (* 28. Mai 1872 in Jena; † 28. März 1955 in Marburg[1]) war ein deutscher Zoologe und Anthropologe. 1912 erhielt er durch die Ehrung seines Vaters Bernhard Sigmund Schultze den Zusatz Schultze-Jena im Namen.

Der Forschungsreisende Schultze betrieb von 1903 bis 1905 anthropologische Forschungen über die Nama, von diesen berichtet er in seinen Veröffentlichungen neben zoologischen, botanischen und geographischen Studien.[2] Über das Massaker an den Hereros durch die deutschen Truppen unter Lothar von Trotha 1904 berichtete er, dass, obwohl der Ausbruch der Kämpfe die Sammlung und Konservierung von Tieren schwierig mache, es doch die Möglichkeit zur physischen Anthropologie gebe: „Andererseits konnte ich mir die Opfer des Krieges zu nutze machen und frischen Leichen von Eingeborenen Teile entnehmen, die das Studium des lebenden Körpers (gefangene Hottentotten [Nama] standen mir häufig zu Gebote) willkommen ergänzten.“[3]

1910 nahm Schultze an einer deutsch-niederländischen Expedition nach Deutsch-Neuguinea teil. Zweck der Expedition war, die Grenze zwischen Kaiser-Wilhelms-Land und dem niederländischen Westneuguinea zu kartieren. Im Februar/März 1910 war die Expedition an der Mündung des Tami-Flusses. Im März/April 1910 führte Schultze Verhandlungen in Batavia, dem heutigen Jakarta und Buitenzorg. Ab 4. Mai 1910 machte er vorbereitende Reisen, erkundete den Tami, einen Fluss nächst Vanimo. In der Oro (Provinz) wurde ein, durch eine Sandbank vom Waria River abgetrenntes Flussstück, welches kürzer als ein Kilometer ist, nach Schultze als Leonhard Schultze River benannt. Bis 1913 hatte Schultze eine Professur für Geografie an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, wo er ab 1912 auch das Museum für Völkerkunde der Universität Kiel leitete. Schultze hatte von 1913 bis 1937 den Lehrstuhl für Geographie der Philipps-Universität Marburg inne.

1913 wurde er zum Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina gewählt.[4] Im gleichen Jahr erhielt er die Cothenius-Medaille der Leopoldina.

1930 machte Schultze drei Monate dauernde Untersuchungen in der Region von Izalco. Anfang 1932 wurde ein großer Teil der von Schultze beobachteten Menschen beim Genozid im Westen El Salvadors ermordet. 1935 erschien bei Gustav Fischer in Jena Indiana II – Mythen in Muttersprache der Pipil von Izalco in El Salvador.[5]

Veröffentlichungen

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  • Aus Namaland und Kalahari. Bericht an die königlich Preussische Akademie der Wissenschaften zu Berlin über eine Forschungsreise im westlichen und zentralen Südafrika in den Jahren 1903 – 1905, Jena 1907.
  • Zoologische und anthropologische Ergebnisse einer Forschungsreise westlichen und zentralen Südafrika ausgeführt in den Jahren 1903–1905 mit Unterstützung der Kgl. Preussischen Akademie der Wissenschaften, Jena, Gustav Fischer, 1904.
  • Zoologische und anthropologische Ergebnisse einer Forschungsreise im westlichen und zentralen Südafrika ausgeführt in den Jahren 1903 - 1905, Bd. 5: Zur Kenntnis des Körpers der Hottentotten und Buschmänner, in: Denkschriften der medizinisch-naturwissenschaftlichen Gesellschaft zu Jena, Bd. 5 (3): S. 147–227, 1928
  • Petermanns Geographische Mitteilungen, S. 324;
  • Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin 1909, S. 623–624;
  • Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde, Berlin 1910, S. 668–669;
  • Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde, Berlin 1911, S. 128, 361–365.
  • Forschungen im Innern der Insel Neuguinea: Bericht des Führers über die wissenschaftlichen Ergebnisse der deutschen Grenzexpedition in das westliche Kaiser-Wilhelmsland 1910, Mittler, Berlin, 1914. (Digitalisat)
  • in der Serie: Das deutsche Kolonialreich Bd. 2 T. 2., Südwestafrika, Bibliographisches Institut, Leipzig 1914
  • mit Leonhard Siegmund: Makedonien: Landschafts- und Kulturbilder, Gustav Fischer, Jena 1927
  • Quellenwerke zur alten Geschichte Amerikas, aufgezeichnet in den Sprachen der Eingeborenen. Vol. VI.
  • Indiana I. Leben, Glaube und Sprache der Quiché von Guatemala, Gustav Fischer, Jena 1933
  • Indiana II: Mythen in der Muttersprache der Pipil von Izalco in El Salvador Gustav Fischer, Jena 1935
  • Indiana III. Bei den Azteken, Mixteken und Tlapaneken der Sierra Madre del Sur von Mexiko, Jena, Gustav Fischer. 1938
  • Der Wortschatz des Popol Vuh
  • Popol Vuh – Das Heilige Buch der Quiché-Indianer von Guatemala, Stuttgart/Berlin: Kohlhammer 1944
  • Gliederung des Alt-Aztekischen Volks in Familie, Stand und Beruf. Aus dem aztekischen Urtext Bernardino de Sahagún's. Übersetzt und Erläutertert von Dr. Leonhard Schultze Jena. Quellenwerke zur alten Geschichte Amerikas, aufgezeichnet in den Sprachen der Eingeborenen. Herausgegeben vom Ibero-Amerikanischen Institut Stuttgart, W. Kohlhammer, 1952, 336 Seiten.
  • Tradccion Antonio Goubaud Carrera y Herbert D. Sapper in Biblioteca de cultura popular; Vol. 49: La vida y las crencias de los indígenas quichés de Guatemala Guatemala: Ed. del Ministerio de educación pública Centro ed. „José de Pineda Ibarra“, Guatemalacity, 1954
  • Alt-aztekische Gesänge: Nach einer in der Biblioteca Nacional von Mexiko aufbewahrten Handschrift übersetzt und erläutert Hrsg. Leonhard Schultze. Nach seinem Tode hrsg. von Gerdt Kutscher
  • Mitos y lenyendas de los pipiles de Iizalco Leonhard Schultze, Cáceres. 1982, San Salvador Tomo II

Einzelnachweise

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  1. siehe Hessisches Staatsarchiv Marburg (HStAMR), Best. 915 Nr. 5793, S. 241 (Digitalisat).
  2. Thomas Keil: Die postkoloniale deutsche Literatur in Namibia (PDF)
  3. Leonhard Schultze: Zoologische und anthropologische Ergebnisse einer Forschungsreise im westlichen und zentralen Südafrika ausgeführt in den Jahren 1903-1905, Gustav Fischer: Jena 1908, S. VIII. (englisch zitiert von: Andrew Zimmerman: Anthropology and Antihumanism in Imperial Germany S. 245 und 327. [1])
  4. Mitgliedseintrag von Leonhard Schultze-Jena bei der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, abgerufen am 25. Juni 2016.
  5. Leonhard Schultze: Indiana II - Mythen in Muttersprache der Pipil von Izalco in El Salvador. Geschichte der Marburger Völkerkunde (Ethnologie). Gustav Fischer, Jena 1935.