Diskussion:Platonische Akademie
Ich finde es problematisch...
[Quelltext bearbeiten]Ich finde es problematisch, Antiochos von Askalon die "Einführung des Neuplatonismus" zuzuschreiben. Unter "Neuplatonismus" versteht man gemeinhin den Platonismus seit (Ammonios Sakkas oder) Plotin, die Zeit zwischen dem Ende der Akademie 86 v.Chr. und Plotin wird heute meist als "Mittelplatonismus" bezeichnet. Die unter Forschern, die sich mit der Materie nur am Rande beschäftigen, naturgemäß (da es in den alten Handbüchern steht) nach wie vor verbreitete Vorstellung, es habe eine institutionelle Kontinuität der Akademie nach 86 bis hin zu der seit Plutarch von Athen im späten 4. Jahrhundert faßbaren Schule gegeben, hat meines Wissens unter philosophiehistorisch arbeitenden Forschern keine Anhänger mehr. Ich habe einen diskreten Hinweis auf die Problematik in den Text geschrieben, frage mich aber, ob wir nicht den Artikel konsequnt dem Forschungsstand anpassen sollten, damit die Wikipedia sich hier keine Blöße gibt.
- Diese Kritik ist sehr berechtigt. Ich habe jetzt den Artikel, der bisher offensichtlich ein unbefriedigendes Provisorium war, völlig neu bearbeitet (außer dem Renaissanceteil) und auf den aktuellen Forschungsstand gebracht. Den Renaissanceteil, der auch sehr bearbeitungsbedürftig ist, werde ich in nächster Zeit verbessern. -- 141.84.30.16 17:50, 16. Jan 2006 (CET)
- Ich habe jetzt auch den Renaissance-Abschnitt bearbeitet und dabei vor allem die überholte, nach neuem Forschungsstand (siehe Literaturangaben) nicht mehr haltbare Auffassung von der Akademie Ficinos berichtigt. -- 141.84.28.183 20:51, 17. Jan 2006 (CET)
Besten Dank für die Belehrung. Ich habe das gleich bei Renaissance-Humanismus geändert. Durchsicht erwünscht.--Mario todte 17:45, 10. Mär 2006 (CET)
- Ich finde deine Änderungen sehr begrüßenswert - weshalb im Bereich Spätantike wichtige Abschnitte gleich mitgelöscht werden musste, entzieht sich jedoch meinem Verständnis. Diese Ausführungen beruhten nicht nur auf dem aktuellen Forschungsstand (Christian Wildberg ist ja auch nicht irgendwer, sondern ein durchaus ausgewiesener Fachmann für spätantike Philosophie); neben dem Companionartikel kann man auch auf Evans, Justinian; Mischa Meier, Justinian und "Das andere Zeitalter Justinians" u.a. verweisen. Hartmanns Artikel stellt ebenfalls keinen unwichtigen Beitrag dar. Ich habe diesen Abschnitt also in leicht veränderter Form wieder eingefügt. --Benowar 11:11, 18. Jan 2006 (CET)
- Die Gründe, aus denen ich den Abschnitt löschte, sind folgende. Es stand dort: „Nach 916 Jahren wurde die Akademie (wohl im Jahre 529) durch Kaiser Justinian I. geschlossen.“ Damit wurde unterstellt, die Akademie habe 916 Jahre ununterbrochen bestanden. Das ist schon seit Jahrzehnten nicht der Forschungsstand, sondern gerade das Gegenteil dessen, was heute einhellig angenommen wird. Der nächste Satz lautete: „Ihre Bedeutung war zu diesem Zeitpunkt insgesamt zurückgegangen, war aber immer noch erheblich.“ Das sind sehr schwammige Formulierungen, die nicht weiterhelfen. „Bedeutung zurückgegangen“ im Vergleich mit der Blütezeit der Alten Akademie? Wie kann man hinsichtlich der „Bedeutung“ die Alte Akademie in ihrer Blütezeit vergleichen mit einer Jahrhunderte später erfolgten Neugründung, die sich im 6. Jahrhundert faktisch auf Kollisionskurs mit der Staatsmacht befand? „insgesamt zurückgegangen“ im Vergleich womit? Mit der Zeit kurz nach 410 n. Chr.? oder 450? Woran will man erkennen, daß „die Bedeutung zurückgegangen war“? Ist das qualitativ oder quantitativ gemeint? So ein Satz bringt doch nichts. Daß ein paar Dissidenten unter Justinian nicht eine Bedeutung (im Sinne von Breitenwirkung) haben können wie Platon oder Karneades in ihrer Glanzzeit, ist trivial. Nächster Satz: „Vor allem galt Athen als ein Hort des Heidentums.“ Was heißt „galt als“? Das klingt so, als wäre Justinian nur gerüchtweise über die Verhältnisse in Athen informiert gewesen. Entweder war’s ein „Hort des Heidentums“ oder nicht, und das war den Zeitgenossen bestens bekannt. Uns aber ist es nicht wirklich bekannt. Bedeutet „Hort des Heidentums“, daß die Stadtbevölkerung (etwa aus lokalpatriotischer Anhänglichkeit an Platon) mit dem Heidentum sympathisierte, oder heißt es, daß da noch zwei oder drei einheimische Familien und vielleicht ein Dutzend Fremde aus dem Osten waren, die ihrer alten Religion anhingen? Das wären zwei völlig verschiedene Sachverhalte. Die Formulierung „Hort des Heidentums“ könnte für beide gelten, ist also mißverständlich und kann irreführen. Abgesehen davon, daß „Heidentum“ ein völlig unwissenschaftlicher Begriff ist, den ich soweit möglich vermeide (geht leider nicht immer). Der nächste Satz: „Ob das Jahr 529 wirklich das Ende der Akademie markierte, wird in letzter Zeit bezweifelt: At most, this year marks the beginning of the end (Christian Wildberg: (usw.).“ Na ja, ganz neu ist der Zweifel nicht, die Debatte dauert ja schon mehr als ein Jahrhundert. Aber gerade in letzter Zeit wird massiv im gegenteiligen Sinne argumentiert, siehe (zur Übersicht) http://ccat.sas.upenn.edu/bmcr/2000/2000-04-19.html. Man müßte also fairerweise pro und contra anführen, was aber den Rahmen des Artikels sprengt. Meine Überlegungen - und Einwände gegen deinen bzw. Wildbergs Satz - sind folgende: Der Satz, so wie er jetzt wieder im Artikel steht, suggeriert, daß die Philosophen in Athen das Lehrverbot ignorierten und munter weitermachten wie bisher. Das kann ich mir nicht im Ernst vorstellen. Eine solche Provokation hätte Justinian sich nicht bieten lassen und brauchte er auch nach 532 nicht - wegen der Philosophen hätte Chosrau keinen Krieg begonnen. Außerdem: Die Philosophen sind nach heutigem Forschungsstand definitiv nicht nach Athen zurückgekehrt! Das sieht auch der von dir geschätzte Hartmann so (S. 138f. und Anm. 50: ab 530 kein paganer Lehrbetrieb in Athen mehr und Philosophen nicht mehr dort!). Dein Wildberg-Zitat erweckt genau den gegenteiligen Eindruck. Nun weitere Folgerungen: 1. Wenn die Philosophen nicht mehr in Athen lebten, wie kann man dann von „Fortbestand der platonischen Akademie“ reden? War die platonische Akademie dann in Carrhae oder sonstwo? Dann müßte man auch Plotins Schule in Rom oder die in Alexandria „Akademie“ nennen. Wer macht das? 2. Wenn in einem streng christlichen Staat ein paar nichtchristliche Dissidenten sich diskret in einem Privathaus treffen, um über Philosophie, Politik und Religion zu reden und vielleicht religiöse Feiern zu begehen (letzteres illegal oder hart am Rande der Legalität), kann man das dann „die platonische Akademie“ nennen? Dann wäre jeder platonische Philosoph, der im 1. oder 2. Jh. n. Chr. in Athen lebte und ein paar Freunde und Schüler hatte, Scholarch einer Akademie. Ich verstehe unter Akademie eine Einrichtung, die legal arbeitet, in der Öffentlichkeit bestens bekannt ist und im Prinzip jeden Qualifizierten aufnimmt. Wie das nach 529 in Athen geschehen sein soll, ist mir völlig rätselhaft. Vgl. die Ausführungen von Hartmann S. 142 über Heidenverfolgung von 529. Nun zu meinen Löschungen von Literatur. Im alten Artikel vor meinen Änderungen waren 6 Literaturtitel angegeben, von denen 3 (Cameron, Hartmann und Wildberg) sich auf die Justinian-Ära mit Schwerpunkt 529/532 bezogen. Ist das sinnvoll, daß in einem Artikel, der den Zeitraum von 387 vor Chr. bis 529 nach Chr. behandelt, die Hälfte (!) der angegebenen Literatur sich auf 529/532 bezieht? Als ob das der wichtigste Vorgang in der ganzen Akademiegeschichte wäre. Jetzt sind es drei von 7 (Thiel, Hartmann, Wildberg) - immer noch zu viele im Akademieartikel. Zumal ausgerechnet der von dir so geschätzte Hartmann (wie viele andere) nachdrücklich der Ansicht ist, daß die Neuplatonikerschule gar keine Akademie war (S. 123f. Anm. 1). Ich sehe das zwar nicht so eng, finde aber, daß Spezialliteratur zu 529/32 unter Neuplatonismus gehört oder besser noch unter Simplikios und Damaskios und nicht in den Akademieartikel. Nur Hartmann drinlassen und den Rest entfernen hielte ich für vertretbar. -- 141.84.30.144 13:51, 19. Jan 2006 (CET)
- Es ging mir nicht um jede Literaturangabe, oder die Frage, ob man in der Zeit Justinians noch von einer Akademie sprechen kann oder nicht, genausowenig um das Jahr 916 (da stimme ich ausdrücklich zu), die politischen Implikationen gerieten aber unter die Räder. Dass das Heidentum (wie du es auch immer nennen willst) keine großartige poltische Rolle mehr in der Zeit Justinians spielte, ist doch völlig unstreitig. Der Ausdruck "Hort des Heidentums" ist in der Tat nicht sehr glücklich - vielleicht hat man aber auch die Intensität der Heidenverfolgungen überschätzt (vgl. beispielsweise Noethlichs, Iustinianus, in: RAC 19, Sp. 739f.). Es ist außerdem nicht "mein Wildberg-Zitat" (ich habe nur die Literaturangaben ergänzt, da dass Zitat vorher nicht kenntlich gemacht war; ebensowenig ist es mein Hartmann, aber ich denke schon, dass er ganz nützlich ist; muss ich denn gleich mit jeder Schlussfolgerung übereinstimmen?). Es ging mir mehr um das Gegenüberstellen bestimmter Ansichten. Wildberg bezieht sich dabei auf die problematische Datierung bestimmter Gesetze (CJ 1.11.9f.); in Alexandria konnten heidnische Philosophen noch lange danach wirken und man mag sich fragen, ob die Gesetzgebung Justinians gegen Heterodoxe (in diese Gesetzgebung wurden die Heiden oft miteinbezogen) wirklich so durchschlagend war, wie oft angenommen (Evans, Justinian, S. 67ff. und Edward Watts, Justinian, Malalas, and the End of Athenian Philosophical Teaching in AD 529, in: JRS 94 (2004), S. 168-182; Watts sieht den Fortgang auch eher im Zusammenhang mit der nachfolgenden Gesetzgebung Justinians). Da Chosroes auch erst 531 auf den Thron kam, müsste man sich ja Gedanken über die zwei Jahre machen, die zwischen der Schliessung der "Akademie" und dem Weggang der sieben Neuplatoniker nach Persien liegen. Teils ist das sicher hypothetisch - man sollte aber doch wenigstens überlegen, ob die Verfolgung sofort einsetzte und ob nicht weiterhin geschlossene Kreise sich trafen; Malalas spricht ja vor allem von einer großen Verfolgung um 529. Von einer regelrechten Einrichtung wird man aber nach 529 sicher nicht mehr sprechen können, da stimme ich dir absolut zu. Darum ging es mir persönlich aber auch gar nicht. Ich bin kein Philosoph, mich interssieren in erster Linie die politischen Implikationen und welche Rückschlüsse man auf das "Zeitalter Justinians" ziehen kann. Anthony Kaldellis (Procopius of Caesarea. Tyranny, History, and Philosophy at the End of Antiquity, Philadelphia 2004) kommt da zu m.E. teils sehr seltsamen Schlussfolgerungen, die aber doch in der Diskussion eine Rolle spielen dürften, inwiefern "heidnisches Gedankengut" (platt formuliert, gemeint ist damit nicht die klassische Bildung) in den oberen Schichten des Reiches eine Rolle spielte. Kurz und gut: Ich sehe gar keinen großen Dissens, hätte es aber vorgezogen, wenn du deine Äußerungen vor der Umarbeitung hier gepostet hättest. Zuletzt: erstmal Danke für die Umarbeitung und die ausführliche Antwort. Ich werde aus der Literatur bis auf Hartmann die anderen Angaben löschen - bei Wildberg wäre eine Ergänzung sicherlich sinnvoll. Wenn du magst, füge was ein. --Benowar 14:33, 19. Jan 2006 (CET)
- Die Gründe, aus denen ich den Abschnitt löschte, sind folgende. Es stand dort: „Nach 916 Jahren wurde die Akademie (wohl im Jahre 529) durch Kaiser Justinian I. geschlossen.“ Damit wurde unterstellt, die Akademie habe 916 Jahre ununterbrochen bestanden. Das ist schon seit Jahrzehnten nicht der Forschungsstand, sondern gerade das Gegenteil dessen, was heute einhellig angenommen wird. Der nächste Satz lautete: „Ihre Bedeutung war zu diesem Zeitpunkt insgesamt zurückgegangen, war aber immer noch erheblich.“ Das sind sehr schwammige Formulierungen, die nicht weiterhelfen. „Bedeutung zurückgegangen“ im Vergleich mit der Blütezeit der Alten Akademie? Wie kann man hinsichtlich der „Bedeutung“ die Alte Akademie in ihrer Blütezeit vergleichen mit einer Jahrhunderte später erfolgten Neugründung, die sich im 6. Jahrhundert faktisch auf Kollisionskurs mit der Staatsmacht befand? „insgesamt zurückgegangen“ im Vergleich womit? Mit der Zeit kurz nach 410 n. Chr.? oder 450? Woran will man erkennen, daß „die Bedeutung zurückgegangen war“? Ist das qualitativ oder quantitativ gemeint? So ein Satz bringt doch nichts. Daß ein paar Dissidenten unter Justinian nicht eine Bedeutung (im Sinne von Breitenwirkung) haben können wie Platon oder Karneades in ihrer Glanzzeit, ist trivial. Nächster Satz: „Vor allem galt Athen als ein Hort des Heidentums.“ Was heißt „galt als“? Das klingt so, als wäre Justinian nur gerüchtweise über die Verhältnisse in Athen informiert gewesen. Entweder war’s ein „Hort des Heidentums“ oder nicht, und das war den Zeitgenossen bestens bekannt. Uns aber ist es nicht wirklich bekannt. Bedeutet „Hort des Heidentums“, daß die Stadtbevölkerung (etwa aus lokalpatriotischer Anhänglichkeit an Platon) mit dem Heidentum sympathisierte, oder heißt es, daß da noch zwei oder drei einheimische Familien und vielleicht ein Dutzend Fremde aus dem Osten waren, die ihrer alten Religion anhingen? Das wären zwei völlig verschiedene Sachverhalte. Die Formulierung „Hort des Heidentums“ könnte für beide gelten, ist also mißverständlich und kann irreführen. Abgesehen davon, daß „Heidentum“ ein völlig unwissenschaftlicher Begriff ist, den ich soweit möglich vermeide (geht leider nicht immer). Der nächste Satz: „Ob das Jahr 529 wirklich das Ende der Akademie markierte, wird in letzter Zeit bezweifelt: At most, this year marks the beginning of the end (Christian Wildberg: (usw.).“ Na ja, ganz neu ist der Zweifel nicht, die Debatte dauert ja schon mehr als ein Jahrhundert. Aber gerade in letzter Zeit wird massiv im gegenteiligen Sinne argumentiert, siehe (zur Übersicht) http://ccat.sas.upenn.edu/bmcr/2000/2000-04-19.html. Man müßte also fairerweise pro und contra anführen, was aber den Rahmen des Artikels sprengt. Meine Überlegungen - und Einwände gegen deinen bzw. Wildbergs Satz - sind folgende: Der Satz, so wie er jetzt wieder im Artikel steht, suggeriert, daß die Philosophen in Athen das Lehrverbot ignorierten und munter weitermachten wie bisher. Das kann ich mir nicht im Ernst vorstellen. Eine solche Provokation hätte Justinian sich nicht bieten lassen und brauchte er auch nach 532 nicht - wegen der Philosophen hätte Chosrau keinen Krieg begonnen. Außerdem: Die Philosophen sind nach heutigem Forschungsstand definitiv nicht nach Athen zurückgekehrt! Das sieht auch der von dir geschätzte Hartmann so (S. 138f. und Anm. 50: ab 530 kein paganer Lehrbetrieb in Athen mehr und Philosophen nicht mehr dort!). Dein Wildberg-Zitat erweckt genau den gegenteiligen Eindruck. Nun weitere Folgerungen: 1. Wenn die Philosophen nicht mehr in Athen lebten, wie kann man dann von „Fortbestand der platonischen Akademie“ reden? War die platonische Akademie dann in Carrhae oder sonstwo? Dann müßte man auch Plotins Schule in Rom oder die in Alexandria „Akademie“ nennen. Wer macht das? 2. Wenn in einem streng christlichen Staat ein paar nichtchristliche Dissidenten sich diskret in einem Privathaus treffen, um über Philosophie, Politik und Religion zu reden und vielleicht religiöse Feiern zu begehen (letzteres illegal oder hart am Rande der Legalität), kann man das dann „die platonische Akademie“ nennen? Dann wäre jeder platonische Philosoph, der im 1. oder 2. Jh. n. Chr. in Athen lebte und ein paar Freunde und Schüler hatte, Scholarch einer Akademie. Ich verstehe unter Akademie eine Einrichtung, die legal arbeitet, in der Öffentlichkeit bestens bekannt ist und im Prinzip jeden Qualifizierten aufnimmt. Wie das nach 529 in Athen geschehen sein soll, ist mir völlig rätselhaft. Vgl. die Ausführungen von Hartmann S. 142 über Heidenverfolgung von 529. Nun zu meinen Löschungen von Literatur. Im alten Artikel vor meinen Änderungen waren 6 Literaturtitel angegeben, von denen 3 (Cameron, Hartmann und Wildberg) sich auf die Justinian-Ära mit Schwerpunkt 529/532 bezogen. Ist das sinnvoll, daß in einem Artikel, der den Zeitraum von 387 vor Chr. bis 529 nach Chr. behandelt, die Hälfte (!) der angegebenen Literatur sich auf 529/532 bezieht? Als ob das der wichtigste Vorgang in der ganzen Akademiegeschichte wäre. Jetzt sind es drei von 7 (Thiel, Hartmann, Wildberg) - immer noch zu viele im Akademieartikel. Zumal ausgerechnet der von dir so geschätzte Hartmann (wie viele andere) nachdrücklich der Ansicht ist, daß die Neuplatonikerschule gar keine Akademie war (S. 123f. Anm. 1). Ich sehe das zwar nicht so eng, finde aber, daß Spezialliteratur zu 529/32 unter Neuplatonismus gehört oder besser noch unter Simplikios und Damaskios und nicht in den Akademieartikel. Nur Hartmann drinlassen und den Rest entfernen hielte ich für vertretbar. -- 141.84.30.144 13:51, 19. Jan 2006 (CET)
- Sicher könnte ich, deinem Vorschlag folgend, eine korrigierende Ergänzung zu Wildberg einfügen. Was ich aber für angemessen halte, ist weiterhin - offen gesagt - völlige, ersatzlose Streichung des Wildberg-Zitats. Die Gründe sind folgende. 1. Du schreibst selbst "Von einer regelrechten Einrichtung wird man nach 529 sicher nicht mehr sprechen können." Genau das ist aber eine Akademie per Definition: eine regelrechte Einrichtung. Das Wildberg-Zitat lautet: "At most, this year (529) marks the beginning of the end". Wie hat das ein unbefangener Leser zu verstehen? Doch eindeutig so: Die Akademie existierte nach 529 als regelrechte Einrichtung in Athen auf jeden Fall weiter, 529 bekam sie höchstens einen Schuß vor den Bug, vielleicht nicht mal das - er schreibt ja "at most". Und "the end" lag offenbar noch in weiter Ferne. Das ist exakt das Gegenteil des heutigen Forschungsstandes, das Gegenteil von Hartmanns wohlbegründeter Auffassung (plus die von ihm aufgezählte Literatur), und auch das Gegenteil von dem, was du selbst oben geschrieben hast. Der Benutzer wird also durch das Wildberg-Zitat regelrecht irregeführt. Natürlich könnte man das neutralisieren, indem ich zusätzlich auf gute Argumente gegen Wildberg hinweise. Aber: Gehört eine solche Aufblähung der 529-Kontroverse wirklich in einen Artikel, der eine knappe Übersicht über neun Jahrhunderte Philosophiegeschichte bieten soll? Ich finde 529 und politische Aspekte auch interessant, aber wir können doch nicht im Akademie-Artikel so ein Steckenpferd reiten. Vermutlich sind die weitaus meisten Benutzer des Artikels Philosophen, vielleicht um die 90%. Politisches zu 529/532 würde ich unter "Justinians Innenpolitik" suchen, unter "Simplikios" und "Damaskios", vielleicht "Neuplatonismus". Ich verstehe ja, daß dir als Historiker das Politische wichtig ist - aber dann müßte ich genauso auf Platons politische Ansichten und Ziele eingehen und darauf, welche Scholarchen pro- oder antimakedonisch waren und warum, und was Karneades in Rom politisch erreichen wollte usw. Das gehört unter die einzelnen Leute. Der Akademie-Artikel dient knapper Orientierung über Philosophiegeschichte und darf nicht aufgebläht werden. Zumal die Akademie gar keine eigene Politik hatte - es gab nur die persönlichen politischen Präferenzen der einzelnen Scholarchen. Und Justinians Politik gehört unter Justinian. (Nebenbei bemerkt, falls du den Justinian-Artikel mitverfaßt hast: dort steht "DER Codex Justinianus", aber "DAS Liber adversus Origenem". Das wirkt nicht professionell. Auch sonst ist der Artikel überholungsbedürftig. Da steht "der monophysitischen Lehre, welcher selbst Kaiserin Theodora folgte", und weiter unten "Theodora, der monophysitische Neigungen nachgesagt wurden". Was denn nun? Wenn es Fakt ist, daß sie der Lehre folgte, brauchte man ihr nichts "nachzusagen"! Einen Kontrast zu dem ängstlich-schwammigen "nachgesagt wurden" (von wem?) bietet die klare Darstellung des Sachverhalts im Theodora-Artikel.) 2. Zurück zum Thema Akademie. In den weitaus meisten Artikeln stehen alle Literaturangaben unten. Daß das Wildberg-Zitat mitten im Artikel steht samt genauer Titel- und Seitenangabe - sehr unüblich - gibt ihm ein riesiges Gewicht. Es sticht ins Auge. Der unbefangene Leser denkt, das sei eine fundamentale Erkenntnis der neuesten Forschung. In Wirklichkeit ist es eine (wie du selbst eingeräumt hast, siehe oben) unzutreffende Behauptung, die durch die Plazierung mitten im Text samt Titel- und Seitenangabe noch zusätzliches Gewicht erhält. Das ist fatal. - Ob sich nach 529 noch geschlossene Kreise von Dissidenten trafen oder nicht, ist für den Akademieartikel irrelevant, weil Geheimtreffen geschlossener Kreise per Definition keine platonische Akademie sind (im Sinne Platons). 3. Mein konkreter Vorschlag: (1) Wildberg schlicht raus und statt dessen Mitteilung des auch von dir akzeptierten Sachverhalts, daß es nach 529 in Athen die regelrechte Einrichtung "Akademie" oder "platonische Schule" nicht mehr gab. (2) "Hort des Heidentums" ist schon weg, aber die jetzige Formulierung "obwohl Athen ... wohl als Hochburg des Heidentums angesehen wurde" ist auch verbesserungsfähig, denn: Wenn es eine Hochburg war, wurde es nicht "wohl so angesehen", sondern die lokale Öffentlichkeit und auch der Kaiser wußten über diesen unübersehbaren Fakt Bescheid. Eine Hochburg übersieht man nicht. Wenn es keine Hochburg war, warum sollte man es dann "wohl so angesehen haben"? So oder so ist die Aussage unglücklich. - Daß du den Hinweis auf "Anpassung" in Alexandria (mit seiner impliziten Unterstellung von Opportunismus) inzwischen getilgt hast, finde ich gut. Wenn du keine Einwände gegen obige Vorschläge hast, werde ich diese Änderungen vornehmen, sonst können wir weiterdiskutieren. Im übrigen plane ich eine grundlegende Überarbeitung des Neuplatonismus-Artikels und bin gern bereit (als Kompromißvorschlag) dort auf Wildberg einzugehen, wenn dir das am Herzen liegt. (Ich bin 141.84..., habe nur jetzt andere IP weil ich gerade an einem anderen Computer sitze). -- 213.54.199.83 03:44, 20. Jan 2006 (CET)
Nein, du kannst das gerne so umändern. Wie gesagt: Wildberg habe ich selber nicht rein gestellt, es ging mir mehr um die Gegenüberstellung. Sklavisch hänge ich nicht daran, bin aber froh, dass dies ausdiskutiert wurde (ich hätte mir eben nur vor der Umarbeitung eine knappe Stellungnahme gewünscht - dies ist ja jetzt zur Genüge geschehen). Eine Überarbeitung des Artikels Neuplatonismus würde ich übrigens sehr begrüßen. Zu Justinian: alles habe ich übrigens nicht verfasst; ich habe vor allem den Teil Außenpolitik erstellt sowie in anderen Bereichen etwas ergänzt (und übrigens auch den Großteil des Artikels Theodora...). Später wurde der Artikel teils umgeändert, daher wirkt er nicht sehr homogen. Denke aber, dass ich nicht für alles haftbar bin ;-) - informativ dürfte er immer noch sein, zumal die WP-Artikel ja eher eine Handreichung sein sollen; nur darauf verlassen sollte man sich schließlich nicht. --Benowar 10:32, 20. Jan 2006 (CET)
- Alles klar. Ich habe noch geringfügig umformuliert, ohne an der inhaltlichen Substanz etwas zu ändern. Die Änderungen bei Justinian sind gut und waren dringend nötig. Ich halte übrigens Homogenität für äußerst wichtig. Den Benutzer interessiert nicht die Entstehungsgeschichte des Artikels, sondern nur das Endresultat. Darüber hinaus finde ich, daß auch zwischen Artikeln wie "Justinian" und "Theodora" inhaltliche Homogenität bestehen muß. 213.54.199.98 02:22, 21. Jan 2006 (CET)
- Im Grundsatz gebe ich dir recht - in der Praxis ist das nicht ganz so einfach zu bewahren. Ich muss aber auch zugeben, dass viele Änderungen im Justinian-Artikel hiflreich waren...ist ein anderes Thema. Nur ein kleiner Nachtrag: Ich habe Hartmanns Artikel doch entfernt und dafür Watts reingenommen, der doch besser passt; Hartmann ist ja weiterhin bei Simplikios & Co. verlinkt. --Benowar 09:43, 21. Jan 2006 (CET)
"Fortgeschrittene Schüler übernahmen Lehr- und Forschungsaufgaben. Der Unterricht war normalerweise kostenlos, und die Schulmitglieder verstanden sich als Lebensgemeinschaft." - Dafür (zumindest für den ersten Satz) hätte ich zu gerne einen Beleg, nicht aus der Sekundärliteratur, sondern aus den Quellen, möglichst nicht aus einer solchen, die fünfhundert oder tausend Jahre nach Platons Ableben zu fließen begann. Es wird sich, wie ich vermute, keiner finden lassen. Science Fiction. --Peter Hammer 23:37, 22. Jun 2006 (CEST)
- Wo science endet und science fiction beginnt, ist hier Ermessensfrage, denn streng genommen müßte man sagen, wenn es eine auf 351 datierbare Quelle gäbe, die kostenlosen Unterricht bezeugt, so ist die Aussage "Mitte des 4. Jahrhunderts war der Unterricht kostenlos" bereits science fiction, denn es könnte ja sein, daß 350 Studiengebühren eingeführt wurden. Die Kostenlosigkeit des Unterrichts wird auf Diogenes Laertios IV 1 2 gestützt. Nun kann man ja schlechterdings alles, was bei Diogenes Laertios steht, a priori als science fiction definieren, und was in der Suda steht ebenso, indem man eben festlegt, daß Aufzeichnungen, die Jahrhunderte nach den Ereignissen erfolgt sind, notwendigerweise prinzipiell wertlos sind. Die Forschung arbeitet aber nicht so, und Wikipedia referiert die herrschende Lehrmeinung und versucht nicht, durch original research, gestützt auf ausschließlich zeitgenössische Quellen - unter Mißachtung aller anderen und der Sekundärliteratur - ein eigenes Geschichtsbild als Alternative zur Forschung zu erstellen. Die Lebensgemeinschaft der Schüler (nicht als zwingendes Erfordernis für alle, sondern als Möglichkeit, die genutzt wurde) wird aus Diogenes Laertios IV 3 19 entnommen. Mit den fortgeschrittenen Schülern sind die Presbyteroi gemeint; über ihre Lehr- und Forschungstätigkeit siehe die Ausführungen und Belege von J.P. Lynch, Aristotle's School, Berkeley 1972, S. 75ff. Zwingend sind die Belege nicht, also könnte man die Gegenthese aufstellen, daß ausschließlich der jeweilige Scholarch gelehrt hat und alle übrigen Akademieangehörigen nur gelernt haben und sich jeder Lehr- und Forschungstätigkeit enthielten. Dann hätte auch der jeweilige Scholarch am Tage seines Amtsantritts erstmals zu lehren und zu forschen begonnen. Rein theoretisch ist ein solches System denkbar, aber es plausibel zu machen (plausibler als die von Lynch formulierte herrschende Lehrmeinung) dürfte nicht ganz einfach sein. Wenn alles, was in jüngeren Quellen steht und was in der Sekundärliteratur gefolgert und indirekt erschlossen wird, unter science fiction fällt, dann muß der Artikel neu geschrieben werden unter Ausschluß dieser science fiction und strikter Beschränkung auf eindeutige, jeweils zeitgenössische Quellenaussagen. Als ich den Artikel verfaßte, ging ich von dem hier üblicherweise geltenden Grundsatz aus, daß der Forschungsstand zu referieren ist. -- Nwabueze 15:18, 23. Jun 2006 (CEST)
- Okay, ich bitte um Entschuldigung. Mir ist die ganze Problematik durchaus bewusst, aber auf Angleichungen der Akademie an den modernen Universtitätsbetrieb, die ja eine lange Tardition haben, reagiere ich gelegentlich allergisch. (Dass die Geschichtsschreibung über die Akademie weitgehend science fiction ist, glaube ich aber weiterhin.) Danke für die ausführliche Antwort. --Peter Hammer 19:23, 25. Jun 2006 (CEST)
Wie lange mussten die Schüler zu der Akademie gehen?
In diesem Artikel ...
[Quelltext bearbeiten]... ist eigentlich alles falsch. Über dem Eingang zum Hain stand Ἀγεωμέτρητος μηδεὶς εἰσίτω ... Das ist eine Form der Quellenbenutzung wie im Mittelalter. --Peter Hammer 15:13, 25. Mai 2007 (CEST)
- Hinsichtlich der angeblichen Inschrift hast du völlig Recht – das ist peinlich, daß der Unsinn vor einigen Monaten hereingekommen und so lange in dem Artikel geblieben ist (ich hatte den Artikel längere Zeit nicht beobachtet, so ist das passiert). Habe das soeben berichtigt. Ansonsten ist aber deine Behauptung, es sei „alles falsch“, maßlos übertrieben. Für konkrete Hinweise mit Quellenangaben bin ich stets dankbar. Nwabueze 20:40, 28. Sep. 2007 (CEST)
... hat sich seither nicht viel geändert. Wiedereröffnung des Unterrichtsbetriebs: Es gibt m.W. keinen Blege dafür, dass sich die neuplatonische Schule als Fortsetzung der Akademie verstanden hat. Proklos hat einmal im Jahr das Gelände der Akademie besucht (steht so in seiner Lebensbeschreibung), zur Erinnerung an Platon und an die Akademie, mehr nicht. Ganz abgesehen davon ist doch zweifelhaft, ob es an der alten Akademie jemals so etwas wie "Unterricht" gegeben hat (die einschlägigen Komödienfragmente hin oder her), Harold Cherniss immerhin hat das glattweg bestritten. --Peter Hammer 19:25, 10. Dez. 2008 (CET)
- In der Tat hat sich nicht viel geändert, und das ist nicht erstaunlich. Denn wenn man auf der Diskussionsseite eines Artikels einfach die lapidare Feststellung hinschreibt "In diesem Artikel ist eigentlich alles falsch" und dann erwartet, daß sich daraufhin Grundlegendes ändert, so ist diese Erwartung etwas weltfremd. Sie wäre nur dann realistisch, wenn derjenige, der diese Kritik in dieser Form äußert, das zum Anlaß nimmt, selbst eine komplette Neufassung des nach seiner Überzeugung unbrauchbaren Artikels hinzustellen. Daß Artikelautoren auf Kritik dieser pauschalen Sorte nicht oder ablehnend reagieren, ist nicht verwunderlich, sondern vorhersehbar.
- Zu Cherniss, den du als einzigen Vertreter deiner Sichtweise nennst: Er greift traditionelle, teils bequemlichkeitshalber in der Forschung beibehaltene Begriffe und Vorstellungen an, wobei ein unbefangener Leser ihm zumindest teilweise Recht geben wird; weniger klar und einleuchtend als seine Begründung für die Ablehnung gängiger Vorstellungen ist sein eigenes Konzept von dem, was sich nach seiner Ansicht in der Akademie tatsächlich abgespielt hat. Zu deiner Feststellung Ganz abgesehen davon ist doch zweifelhaft, ob es an der alten Akademie jemals so etwas wie "Unterricht" gegeben hat ..., Harold Cherniss immerhin hat das glattweg bestritten ist zu bemerken:
- Cherniss schreibt (Die Ältere Akademie S. 83): Da Aristoteles in seinem achtzehnten Lebensjahr in die Akademie eintrat und ihr zwanzig Jahre lang bis zum Tode Platos angehörte, so hat er wahrscheinlich jeden etwa vorgeschriebenen Studienkurs durchlaufen. Sein logisches Vokabular und die Lehrsätze ... zeigen den Einfluß seiner dort erhaltenen mathematischen Schulung und erlauben es, uns ein gutes Bild vom Ausmaß dieses Unterrichts und von der Art der dabei benutzten Lehrbücher zu machen. Frage an dich: Wenn Cherniss es, wie du schreibst, "glattweg bestreitet", daß es an der Alten Akademie "jemals so etwas wie Unterricht gegeben hat", wie kommt er dann dazu, einen Satz wie diesen zu formulieren?
- Ein wesentlicher Teil von Cherniss' Deutung der Vorgänge in der Älteren Akademie ist seine Leugnung der Echtheit des Siebenten Briefs. Man mag den Brief ja für unecht halten, aber das ist heute alles andere als die in der Forschung vorherrschende Auffassung. Cherniss vertritt hier eine Minderheitenposition. Kann man von einer solchen Minderheitenposition aus argumentierend schlichtweg feststellen, im Artikel sei "alles falsch", einfach weil Cherniss anderer Auffassung ist?
- H.J. Krämer im GGPh 3 S. 5, einer maßgeblichen neueren Gesamtdarstellung, geht sehr wohl von einem Unterrichtsbetrieb aus und erwähnt nur Cherniss' Skepsis hinsichtlich eines "festen, den Programmen der Politeia und der Nomoi Platons entsprechenden Ausbildungsgang(es)", was keineswegs bedeutet, daß keinerlei Unterricht stattgefunden habe. Beispielsweise die Forschungsübersicht im Band von Marie-Dominique Richard, L'enseignement oral de Platon, Paris 1986 (zu Cherniss speziell S. 29ff., 36) und die dort anschließend dargelegten, auch in Auseinandersetzung mit Cherniss gewonnenen Ergebnisse lassen erkennen, daß die Auffassung von Cherniss weit davon entfernt ist, communis opinio zu sein. Vgl. auch Hermann Steinthal in: Platon-Lexikon S. 291ff. Nwabueze 18:36, 12. Dez. 2008 (CET)
Akademie-Inschrift
[Quelltext bearbeiten]Im Artikel heißt es lapidar:
„Die im 6. Jahrhundert n. Chr. auftauchende Behauptung, dass am Eingang der Akademie eine Inschrift gewesen sei, die jedem der Geometrie Unkundigen den Eintritt untersagte, hat mit der historischen Realität nichts zu tun.“
Worauf gründet diese Meinung? Gibt es Beweise für die Behauptung, die Inschrift habe nichts mit der historischen Realität zu tun? Es ist nämlich alles andere als unwahrscheinlich, dass das tatsächlich über dem Eingang zur Akademie stand, schließlich hat Platon unmissverständlich gesagt, dass wer nichts von Mathematik und damit insbesondere auch nichts von Geometrie verstünde, bringe nicht das zur Dialektik erforderliche Verständnis mit (Politikos 284e-285c). Aus genau diesem Grund schickte Xenokrates, Platons zweiter Nachfolger als Scholarch, auch einen mathematische unkundigen Möchtegernschüler fort (Diogenes Laertios IV.10). Zur Dialektik, zum Philosophieren waren für Platon nur geeignete, mathematisch hinreichend gebildete Seelen fähig (Theaitetos 145a; Politeia 531e usw.), deshalb wurde sicher nicht jeder als Schüler zugelassen. In die Akademie hätte man deshalb auch nicht jeden hereingelassen, ungeeignete Seelen wären nämlich nur verwirrt worden, ihnen hätte das geschadet und sie hätten außerdem den Akademiebetrieb nur gestört. --RPI 20:55, 18. Jan. 2010 (CET)
- Es wird nicht im oben zitierten Artikeltext behauptet, der Inhalt der Inschrift habe mit der historischen Realität in der Alten Akademie nichts zu tun. Es wird nur festgestellt, daß die Behauptung, die Inschrift habe sich tatsächlich zur Zeit Platons oder unter seinen Nachfolgern am Eingang der Akademie befunden, mit der historischen Realität nichts zu tun hat. Das ist ein sehr gewichtiger Unterschied.
- Daß die Inschrift nicht existierte, ergibt sich aus dem Umstand, daß die Behauptung ihrer Existenz erstmals rund neun Jahrhunderte (!) nach der Zeit, in der sie existiert haben soll, in den Quellen auftaucht. Angaben, von denen neun Jahrhunderte lang niemand etwas wußte - Diogenes Laertios beispielsweise hätte so etwas kaum verschwiegen, wenn er es in der ihm zugänglichen Literatur gefunden hätte -, werden von der Forschung generell und mit gutem Grund als unglaubwürdig betrachtet, wenn nicht im Einzelfall konkrete Gründe für eine andere Einschätzung sprechen, nämlich eine glaubhafte Berufung des spätantiken Autors auf eine alte und als vertrauenswürdig geltende Quelle.
- Im übrigen ergibt die Inschrift keinen Sinn, denn in der Akademie wurde ja mathematische Propädeutik getrieben; die mathematischen Vorkenntnisse waren also nicht Voraussetzung für den Eintritt, sondern konnten in der Akademie erworben werden.
- An der Stelle Diogenes Laertios IV.10 wird nicht gesagt, dem Bewerber sei das Betreten der Akademie untersagt worden, sondern dieser Bewerber wollte in ein persönliches Schülerverhältnis zu Xenokrates aufgenommen werden, ohne die dafür erforderliche propädeutische Ausbildung absolviert zu haben. Das hat Xenokrates - wenn man der Anekdote historische Realität zubilligt - abgelehnt, zumal der Schüler offenbar meinte, er könne sich die trockene Propädeutik ersparen und auf kürzerem und bequemerem Weg als andere zur Weisheit vordringen. Das besagt keineswegs, daß der Schüler sich außerhalb der Akademie die mathematischen Kenntnisse aneignen mußte, bevor er dort überhaupt Einlaß erhielt. Es wird nur gesagt, daß er für ein persönliches Schülerverhältnis zum Scholarchen nicht qualifiziert war und daher diesbezüglich abgewiesen wurde, was eigentlich trivial ist.
- Im übrigen war es, wie das von Riginos zusammengestellte Material zeigt, üblich, aus bekannten Lehren oder Meinungen und Haltungen von Philosophen bzw. ihren Schulrichtungen entsprechende Anekdoten herauszuspinnen, die die betreffende Lehre oder Haltung anhand einer angeblichen konkreten Begegnung mit einem Fragesteller oder Gegner oder durch ein angebliches Verhalten des Philosophen in einer Alltags- oder auch Krisensituation illustrieren sollten. Das Bedürfnis nach Anekdoten ist übrigens auch heute noch sehr lebendig, ansonsten hätte die Geschichte mit der Inschrift nicht noch in der Moderne so viel Anklang gefunden. Nwabueze 00:00, 19. Jan. 2010 (CET)
- Nachtrag: Ich habe jetzt den Beleg eingefügt. Die Angelegenheit ist in der dort genannten Arbeit definitiv geklärt. Nwabueze 14:02, 20. Jan. 2010 (CET)
- Die jetzige Formulierung im Artikel ist deutlich besser. Die Inschrift dürfte es dann wohl nicht gegeben haben. Ob es allerdings bei Diogenes Laertios um ein persönliches Schülerverhältnis zu Xenokrates ging, hängt davon ab, ob mit „Vorlesung“, wie es bei Diogenes Laertios heißt (ich habe im Moment nur eine Übersetzung zur Hand), ein persönliches Schüler-Lehrer-Verhältnis oder einen allgemeinen Lehrvortrag gemeint ist (der Lehrbetrieb ist wohl laut Artikel noch umstritten). Man sollte auch nicht den Fehler machen und solche Anekdoten als reine Spinnereien abtun, in der Regel dürften diese nämlich auf wahren Begebenheiten beruhen. Das Problem dabei ist aber oft, dass mit der Zeit Legendenbildungen betrieben und u.U. solche Geschichten immer fantastischer ausgemalt wurden, ebenso wurden einige Ereignisse verschiedenen Personen, denen man diese zutraute, zugeschrieben. Will man aber Anekdoten gar keinen Glauben schenken, dann bleibt nicht mehr viel übrig, was man überhaupt noch glauben kann, denn die Überlieferungen beruhen in der Regel auch auf Hörensagen – also solchen Anekdoten – die dann aufgeschrieben wurden (einzige Ausnahme: der Geschichtsschreiber war selbst dabei).
- Nach den bei Diogenes Laertios genannten Schriften der Scholarchen der Akademie verfassten diese wohl keine mathematischen Schriften, nur einige Schriften von Xenokrates könnten mathematisch gewesen sein (Diogenes Laertios IV 13). Mathematik an sich gehörte auch nicht zur philosophischen Lehre, konnte also ebenso außerhalb der Akademie gelernt werden. Arkesilaos, der Begründer der mittleren/jüngeren Akademie, nahm zuerst Mathematik- und Musikunterricht ehe er zur Akademie ging und Lakydes soll sogar erst im Alter Geometrie betrieben haben (Diogenes Laertios IV 60): Das hört sich nicht danach an, dass an der Akademie Mathematik gelehrt worden wäre, auch wenn das nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann.
- Speusippos soll sich, im Gegensatz zu Platon, für seine Lehre bezahlt haben lassen (Diogenes Laertios IV 2), d.h. den im Artikel unter „Unterrichtsbetrieb“ behaupteten kostenlosen Unterricht gab es unter Speusippos wohl nicht. Xenokrates als treuer Platonanhänger dürfte aber kaum Geld genommen haben (vgl. Diogenes Laertios IV 8, 11, 14). --RPI 18:37, 21. Jan. 2010 (CET)
- Eben wegen der einen wohlbekannten Ausnahme Speusippos habe ich im Artikel geschrieben "Der Unterricht war normalerweise kostenlos". Das ist korrekt. - Wenn die meisten Scholarchen keine mathematischen Schriften verfaßten, so ist das kein Indiz dafür, daß in der Akademie kein propädeutischer Mathematikunterricht stattfand; der Zweck solchen Unterrichts war ja nicht mathematische Forschung, sondern eben nur Propädeutik, wofür bereits vorhandenes Unterrichtsmaterial völlig ausgereicht haben kann. Die von dir genannte Anekdote zu Lakydes, wonach man ohne Geometriekenntnis sogar Scholarch werden konnte, zeigt - falls sie glaubhaft ist -, daß zumindest zu dieser Zeit keine Rede davon sein konnte, daß eine abgeschlossene Mathematikausbildung obligatorische Voraussetzung für den Beginn eines Studiums an der Akademie war, wie die angebliche Inschrift behauptet. Nwabueze 00:43, 25. Jan. 2010 (CET)
- Wie es zu Platons Zeiten und noch bei seinen direkten Nachfolgern in der Alten Akademie war, ist aber doch etwas anderes, als was in der mittleren/jüngeren Akademie dort gemacht wurde. Ich denke, es hat seinen Grund, wenn zwischen den verschiedenen Akademien unterschieden wird. Es dürfte – ich kenne mich jetzt nicht damit aus – bedeutende Unterschiede im Verständnis platonischer Philosophie gegeben haben, deshalb kann von Lakydes nicht auf die Alte Akademie geschlossen werden. Die Mathematik in der Philosophieausbildung verlor wohl mit der Zeit an Bedeutung oder ging ganz verloren. Das könnte auch daran gelegen haben, dass sie für die meisten an Philosophie Interessierten eine zu hohe Hürde darstellte, die man gern umging, und an Mathematik Interessierte hatten kaum Interesse an philosophischen Spekulationen. – Das gilt heute um so mehr, weil es eine starke Spezialisierung in Wissenschaftsdisziplinen gibt und das eigene Tun nur selten hinterfragt wird. --RPI 21:55, 28. Jan. 2010 (CET)
Ἑκαδήμεια
[Quelltext bearbeiten]The archaic name for the site was Hekademia (Ἑκαδήμεια), which by classical times evolved into Akademia and was explained, at least as early as the beginning of the 6th century BC, by linking it to an Athenian hero, a legendary "Akademos".
http://en.wikipedia.org/wiki/Platonic_Academy#Site
--Espoo (Diskussion) 21:53, 18. Jan. 2013 (CET)
- Zwar ist die englische Wikipedia keine vertrauenswürdige Quelle im Sinne unserer Definition, aber in diesem Fall hat sie recht: Hekademos und Hekademeia sind die älteren, in archaischer Zeit gängigen Formen, belegt durch eine Vase und eine Inschrift des 6. Jahrhunderts v. Chr. Aber zu Platons Zeit hatte sich Akademos/Akademeia bereits durchgesetzt, Aristophanes hat anscheinend bereits in den Wolken "Akademeia" geschrieben. Daher ist die alte Namensform hier nicht besonders relevant. Gehört eher in den Artikel Akademos. Dennoch habe ich jetzt hier eine Fußnote eingefügt. Nwabueze 02:16, 23. Jan. 2013 (CET)