CIECAM02

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CIECAM02 ist ein Farberscheinungsmodell (engl. Color Appearance Model) von der internationalen Beleuchtungskommission CIE (commission internationale de l'éclairage) und der Nachfolger von CIECAM97.

Es basiert auf dem CIECAM97-Modell und beinhaltet einige Revisionen und Vereinfachungen. Dazu gehören eine lineare chromatische Adaptionstransformation, eine Nachadaption mittels hyperbolischer Kompressionsantwortfunktion und Änderungen bei den Wahrnehmungsparametern.

Die zwei wesentlichen Bestandteile des Farberscheinungsmodells sind die chromatische Adaptionstransformation CIECAT02 und Gleichungen zur Berechnung der mathematischen Entsprechungen von Wahrnehmungsattributen wie Leuchtdichte (brightness), Helligkeit (lightness), Buntheit (chroma), Sättigung (saturation), Farbigkeit (colorfulness) und Buntton (hue). Dies sind die sechs technisch definierten Dimensionen einer Farberscheinung.

CIECAM02 berücksichtigt den Stevens Effekt, den Hunt Effekt, die Bartleson-Breneman Erscheinungen, den Simultankontrast, discounting the illuminant und die unvollständige Adaption. Im Vergleich zum vollständigen Hunt Farberscheinungsmodell wird der Übergang von Tag- zu Nachtsehen nicht berücksichtigt. Das Modell eignet sich somit nur für einen begrenzten Helligkeitsbereich und ist als nicht vollständig anzusehen, bietet im Gegenzug aber auch eine verhältnismäßig geringe mathematische Komplexität und eignet sich dementsprechend besonders für praktische Anwendungen. Zudem ist es verhältnismäßig einfach invertierbar.

Das Modell kann verwendet werden, um die Attribute der Farberscheinung vorherzusagen bzw. um entsprechende Farbwerte in einer veränderten Umgebung zu berechnen. CIECAM02 wird im Windows Color System (WCS) von Windows Vista verwendet.

Parameter für die Beobachtungsumstände

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Das Beobachtungsfeld

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Modell des menschlichen Beobachtungsfeldes (adaptives Feld)

CIECAM02 verwendet ein leicht reduziertes Modell des Beobachtungsfeldes, wie es im Hunt-Farberscheinungsmodell verwendet wird. In dem Modell repräsentiert der innere Kreis den Stimulus, welcher basierend auf den Funktionen des CIE 2°-Standardbeobachters die Tristimulus-Werte liefert. Der äußere Kreis ist der 10° umfassende Hintergrund, in welchem die relative Helligkeit des Hintergrundes gemessen wird. Außerhalb des runden Blickfeldes liegt die Umgebung (peripheres Gebiet), welche den restlichen Raum darstellt. Die Gesamtheit von Hintergrund und Umgebung nennt sich das adaptive Feld.

Für praktische Anwendungen kann dieses Modell jedoch nicht als maßgeblich, sondern nur als Grundlage angesehen werden und muss den Umständen entsprechend angepasst werden. In der Bildverarbeitung z. B. ist der Stimulus meist von einem einzelnen Pixel definiert und die Helligkeit des Hintergrundes wird mit der eines neutralen Grautons(20%) definiert, da der Hintergrund durch die von der Umgebungssituation unabhängigen räumlichen Helligkeitsverteilung innerhalb eines Bildes nicht großartig variiert. Der Hintergrund wäre zudem mit der festen Definition seiner Ausmaße von 10° abhängig von der Skalierung des Bildes und dem Betrachtungsabstand möglicherweise mehrerer Beobachter. Dasselbe gilt für einen Stimulus mit 2° Ausmaßen.

Weißpunkt und absolute Helligkeit

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Zwei weitere Elementare Parameter für CIECAM02 sind der Weißpunkt und die absolute Helligkeit des adaptiven Feldes . Der Tristimuluswert des Weißpunkts basiert ebenfalls auf dem CIE 2°-Standardbeobachter und wird generell von der vorhandenen Lichtquelle definiert. Im Falle von selbstleuchtenden Medien wie Monitoren oder Projektionen liegt dieser jedoch zwischen dem Weißpunkt der Lichtquelle und dem des Mediums selbst, wobei hier wiederum keinerlei feste Definitionen vorliegen. Mit dem ermittelten Weißpunkt wird der XYZ-Raum, in welchem sich sowohl der Weißpunkt als auch der Stimulus befinden, auf normalisiert.

Die absolute Helligkeit des adaptiven Feldes kann zum einen mit einem Photometer gemessen werden. Falls keines vorhanden ist, kann für den generellen Fall angenommen werden, dass das adaptive Feld eine graue (20%) Fläche ist (grey-world-assumption), und nimmt dementsprechend den Wert von 20 % der vorhandenen Umgebungshelligkeit an. Hat das betrachtete Medium eine höhere absolute Helligkeit als die Umgebung, wie z. B. bei einer Projektion in einem dunklen Raum so wird die Helligkeit des Mediums als maßgeblich erachtet.

Umgebungsparameter

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Die Umgebungsparameter lassen sich über das Verhältnis der absoluten Helligkeit der Umgebung und jener des Stimulus bestimmen und sind in der folgenden Tabelle festgehalten:

Umgebungsfeld F c
durchschnittlich 1,0 0,69 1,0
dämmerig 0,9 0,59 0,95
dunkel 0,8 0,525 0,8

F: Adaptionsgrad

c: Umgebungsauswirkung

 : Faktor für chromatische Induktion

In den meisten Fällen liegen durchschnittliche Umgebungsparameter vor. Eine dämmerige Umgebung ist gegeben, wenn die absolute Helligkeit der Umgebung bei 20 % der Helligkeit eines selbstleuchtenden Mediums liegt. Von einer dunklen Umgebung spricht man, wenn nahezu kein Umgebungslicht vorhanden ist, z. B. bei einer Projektion in einem dunklen Raum. Für nicht selbstleuchtende Medien geht man generell von „durchschnittlichen“ Umgebungsparametern aus.

Für Zwischenstufen können diese Werte linear interpoliert werden.

Praktische Anwendung

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Die Spezifikationen der Eingangsparameter sind, wie schon angedeutet, recht vage gehalten und erfordern eine den Umständen entsprechende Interpretation.

Folgende Tabelle enthält einige Vorschläge für vier mögliche Anwendungsfälle, wobei im vierten Fall die Bestimmung von in Anbetracht der erhöhten Umgebungshelligkeit fraglich bleibt:

Beispielparameter für CIECAM02

Umgebungssituation Umgebungslicht in lux () Helligkeit des Szenenweißpunktes in in Weißpunkt Umgebungsparameter
Farbige Oberfläche in einer Lichtkammer 1000 (318,3) 318,3 63,66 WP der Lichtkammer durchschnittlich
Fernsehabend 38(12) 80 16 Zwischen WP der Umgebung und des Fernsehers dämmerig
Projektion in abgedunkelten Raum 0(0) 150 30 Zwischen WP des Projektors und E(equal energy ill.) dunkel
Computermonitor im Büro 500(159,2) 80 16 Zwischen WP des Monitors und der Bürobeleuchtung durchschnittlich

Ein weiterer Punkt ist die Bestimmung der Tristimulus-Werte. Liegt der Stimulus in Form eines selbstleuchtenden Mediums vor, können die Werte mithilfe der Photometrischen Daten des Mediums bestimmt werden. Im Falle von nicht selbstleuchtenden Medien ist der Stimulus durch das Spektrum Lichtquelle und die filternden Eigenschaften des Mediums bestimmt, was die Bestimmung der Parameter deutlich erschwert. Bezüglich des Weißpunktes muss man ähnlich vorgehen.

Chromatische Adaptionstransformation

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Zäpfchenantworten für CAT02 und HPE

Die chromatische Adaptionstransformation von CIECAM02 zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass sie in zwei verschiedenen Farbräumen stattfindet. Zuerst wird eine modifizierte von Kries Adaptionstransformation in einem modifizierten Li et al. RGB-Raum durchgeführt, der durch eine erhöhte spektrale Schärfe der R und B Komponenten im Vergleich zu den natürlichen spektralen Antworten der Zapfen gekennzeichnet ist. Die chromatische Adaptionstransformation ist eine modifizierte CMCCAT2000 und wird als CIECAT02 bezeichnet. Bei der Entwicklung von CIECAM02 lag das Hauptaugenmerk auf einer Linearisierung der Bradford-Transformation aus CIECAM97s, welche eine exponentielle Nichtlinearität im Blaukanal hatte und so eine analytische Invertierung verunmöglichte. Die Ergebnisse der CIECAT02 wurden mit psychophysischen Messdaten verglichen und erwiesen sich Abwärtskompatibel, wenn nicht sogar besser, verglichen mit der Transformation aus CIECAM97s. Die adaptierten Farbwerte werden anschließend über den XYZ-Farbraum in den Hunt-Pointer-Estevez-Raum übertragen und einer Nachadaption in Form einer Kompressionsantwortfunktion unterzogen. Der HPE-Raum eignet sich für die weiteren Schritte, da seine spektralen Antwortfunktionen eher den natürlich in den Zapfen vorkommenden gleicht. Aus dem Hunt-Pointer-Estevez Raum heraus werden später auch die Wahrnehmungsparameter bestimmt bzw. die ermittelten Farbwerte in den 5-dimensionalen JChQM Farbraum übertragen.

Grad der Adaption
Grad der Adaption

Um die Tristimuluswerte in den Li et al. RGB-Farbraum zu übertragen, wird folgende Matrix verwendet:

Die inverse Matrix, welche für die Rücktransformation in den XYZ-Farbraum benötigt wird, hat folgende Form:

Für die chromatische Adaption wird noch der von und abhängige Grad der Adaption benötigt:

Falls der Stimulus einem nicht selbstleuchtenden Medium entspringt wird angenommen, da hier von einer vollständigen Adaption des visuellen Systems an das Leuchtmittel auszugehen ist (discounting the illuminant). Die vollständige CIECAT02 Transformation lässt sich dann wie folgt ausdrücken:

Für RGB-Werte des Weißpunktes müssen auch dessen Tristimulus-Werte in den CAT02-Raum übertragen werden. Ausgehend von der Normalisierung der Tristimuluswerte auf ändert sich CIECAT02 zu:

luminance level adaption factor
Kompressionsantwortfunktion
Kompressionsantwortfunktion

Die Nachadaption sorgt für eine Berücksichtigung des Hunt- und des Stevens-Effekts. Zum einen wird die Transformationsmatrix in den HPE-Farbraum benögt:

Mit ihr werden die voradaptierten Tristimulus-Werte in den HPE-Raum abgebildet:

Um die Kompressionsantwortfunktion zu berechnen, wird noch der „luminance-level adaption factor“ benötigt, der direkt aus berechnet werden kann.

mit

Die Kompressionsantwortfunktion für den Rotwert gestaltet sich wie folgt:

Der Zusammenhang kann in derselben Form auf die Grün- und Blauwerte angewendet werden. Es gilt zu beachten, dass hier mit den Beträgen von , und gearbeitet und ein eventuelles negatives Vorzeichen auf das Ergebnis übertragen werden muss.

Wahrnehmungsparameter

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Die Wahrnehmungsparameter werden direkt aus den komprimierten RGB-Werten im HPE-Raum berechnet und spannen einen 5-dimensionalen Wahrnehmungsfarbraum auf. Die Wahrnehmungsparameter sind der Farbton oder Buntton (hue) , relative Helligkeit (lightness) , die absolute Helligkeit (brightness) , Farbigkeit oder relative Buntheit (chroma) , absolute Buntheit (colorfulness) und die Sättigung (Saturation) , welche an sich ein redundanter Parameter ist und dementsprechend keine eigenständige Dimension aufspannt.

Vorberechnungen

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Während für die chromatische Adaption nur die absolute Helligkeit des Adaptiven Feldes und die Umgebungsparameter von Bedeutung waren, kommt der relativen Helligkeit des Hintergrundes nun bei der Berechnung der psychophysischen Größen eine wesentliche Bedeutung zu, da dieser ja durch eventuell vorhandene Simultankontraste Einfluss auf die subjektive Farbwahrnehmung hat. Aus lassen sich folgende Parameter bestimmen:

und stehen dabei für den achromatischen und den chromatischen Induktionsfaktor des Hintergrundes und sind somit ein Maß dafür, inwieweit sich dieser auf die Wahrnehmung des Stimulus auswirkt und genügen somit dem Simultankontrast. Unter der weiter oben eingeführten Annahme, dass der Hintergrund ein grau(20%) ist, werden und zu 1. drückt denselben Zusammenhang aus, wird jedoch im Folgenden als Exponent und nicht als Faktor auftauchen. Aus den Farbwerten im HPE-Raum lassen sich zunächst vorläufige kartesische Koordinaten in einer rot-grün(a) und gelb-blau(b) Metrik berechnen.

Buntton (Hue) H

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Der Buntton in anderen ist wie auch in anderen Farbräumen über den Winkel von definiert.

In Abhängigkeit von diesem lässt sich der Exzentrizitätsfaktor berechnen, welcher später auf die Berechnung von Buntheit bzw. Farbigkeit einen Einfluss hat, indem er die von aufgespannte Ebene in Abhängigkeit vom Winkel dehnt oder staucht. So wird der Tatsache genüge getan, dass die Höhe der Buntheit bzw. Farbigkeit in Abhängigkeit vom Farbton definiert wird.

Die Bunttonquadratur , ein an sich vollkommen redundanter Wert, der jedoch den vier die Metrik definierenden Farben ein Vielfaches von 100 zuordnet und somit eine Daseinsberechtigung hat, wird durch lineare Interpolation über die Werte folgender Tabelle gewonnen.

Rot Gelb Grün Blau Rot
i 1 2 3 4 5
20,14 90,00 164,25 237,53 380,14
0,8 0,7 1 1,2 0,8
0 100 200 300 400

Relative Helligkeit (Lightness) J

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Um die relative Helligkeit zu berechnen, wird vorab eine Achromatische Antwort mittels einer gewichteten Summation der Farbwerte berechnet, welche zusätzlich noch einen den Schwarzpunkt definierenden Rauschterm beinhaltet. Die Summe wird zudem noch mit dem achromatischen Induktionsfaktor des Hintergrundes gewichtet.

Die relative Helligkeit an sich ergibt sich dann aus dem Verhältnis der Achromatischen Antwort des Stimulus und der des Weißpunkts. Der Weißpunkt muss bis zu diesem Punkt denselben Transformationen unterzogen werden wie der Stimulus selbst um seine Achromatische Antwort zu erhalten. Der vom Hintergrund und der Umgebung vorgegebene Exponent sorgt für eine konvexe bzw. konkave Krümmung des funktionalen Zusammenhangs und sorgt somit für eine Berücksichtigung des Simultankontrasts über und der Bartleson-Breneman Gleichungen über .

Absolute Helligkeit (Brightness) Q

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Die Bestimmung der absoluten aus der relativen Helligkeit des Stimulus ist im Grunde genommen eine Umkehrung der bisher vorgenommenen psychophysischen Anpassungen. Die absolute Helligkeit des adaptiven Feldes wirkt sich zwar nicht auf die wahrgenommene relative Helligkeit des Stimulus aus, aber die absolute Helligkeit wird durchaus von ihr beeinflusst. Dementsprechend taucht hier der auch schon in der Kompressionsantwortfunktion zu Rate gezogene „luminance level adaption factor“ wieder auf. Auch und werden hier in einem zu den bisherigen Anwendungen reziproken Sinne verwendet.

Buntheit (Chroma) C

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Die Berechnung der Buntheit erfordert die Berechnung einer vorläufigen Größe , welche eine Betragsbildung von enthält. Hier enthalten sind zudem der Exzentritätsfaktor sowie die chromatischen Induktionen der Umgebung und des Hintergrundes und .

Über wird dann die Buntheit unter Hinzunahme von berechnet. Die Helligkeit des Hintergrundes wirkt sich so auch auf die wahrgenommene Farbintensität aus.

Farbigkeit (Colorfulness) M

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Genau, wie auch bei der Berechnung der absoluten Helligkeit, wirkt sich im Gegensatz zu der relativen Buntheit eine Erhöhung der Helligkeit des adaptiven Feldes auf die Farbigkeit bzw. die absolute Buntheit aus. So taucht auch hier wieder der „luminance level adpation factor auf“.

Sättigung (Saturation) S

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Die Sättigung ist wie zuvor schon erwähnt eine im Sinne des CIECAM02 redundante Größe und lässt sich direkt aus Farbigkeit und absoluter Helligkeit berechnen.

Kartesische Koordinaten

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In einigen Fällen kann eine Darstellung einzelner Stimuli in kartesischen Koordinaten von Vorteil sein. Für den relativen psychophysisch relevanten JCh-Raum seien hier die trigonometrischen Zusammenhänge aufgeführt. Zusammen mit spannen und den dreidimensionalen Raum auf. und dürfen nicht mit den vorläufigen Kartesischen Koordinaten und verwechselt werden. Der hier vorliegende Raum erfährt relativ zum ursprünglich aufgespannten durch eine exzentrische Krümmung sowie diverse von und verursachte Skalierungen über der Farbebene.

Für den QMh-Raum oder QMs-Raum können entsprechende Zusammenhänge hergestellt werden.

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