Genderzid

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Genderzid, auch engl. Gendercide, ist eine Wortneuschöpfung aus dem englischen gender und dem Völkermord-Synonym Genozid und bezeichnet das systematische und massenhafte Töten der Angehörigen eines spezifischen Geschlechtes.[1] Die Tötung von Frauen und weiblichen Föten aufgrund ihres Geschlechts wird als Femizid bezeichnet, wohingegen das Langenscheidt-Fremdwörterbuch den systematischen Massenmord an Frauen als Gynozid bezeichnet.[2] Die systematische Tötung von Männern und männlichen Föten wird als Androzid bezeichnet.

Genderzid an Frauen

Die am weitesten verbreitete Form von Genderzid ist der Femizid. Jährlich werden weltweit zwei bis drei Millionen Frauen aufgrund ihrer Geschlechtszugehörigkeit getötet.[3] Die geschlechtsspezifische Kindstötung bzw. selektive Abtreibung weiblicher Föten, die weltweit vorkommt, vor allem in Kulturen und Staaten, die großen Wert auf männlichen Nachwuchs legen, wie unter anderem die Volksrepublik China, Indien und Südkorea, ist ein weiteres Beispiel für den Femizid.[4]

Von Femizid wird auch im Zusammenhang mit einer auffälligen Häufung von Sexual- und Tötungsdelikten an Frauen in Lateinamerika gesprochen. Besonders betroffen sind Guatemala-Stadt, Guatemala und Chihuahua, Mexiko.[5] Thematisiert wird in diesem Zusammenhang das systematische Versagen der Strafverfolgung, da die Täter meistens straffrei blieben. Inzwischen gibt es in Guatemala ein spezielles Gesetz gegen Femizid, dem allerdings bislang wenig Erfolg beschieden ist.[6]

Artikel 46(a) der Istanbul-Konvention sieht vor, dass die Strafverfolgung und Bestrafung von Femiziden verschärft wird.[7][8]

Genderzid an Männern

Oft werden Männer im Kriegsfall als Soldaten zwangsrekrutiert, was oftmals zu einer hohen Zahl von männlichen Kriegsopfern führt.[9] Männliche Nicht-Kombattanten stellen die Mehrheit der Opfer bei Massentötungen in Kriegen.[10] Grund dafür kann sein, dass Männer des feindlichen Lagers, ob Kombattanten oder nicht, als potentielle Bedrohung für die Überlegenheit des eigenen Lagers gesehen werden können: Androzid kann also als Präventivschlag motiviert werden.[11]

Im Jahr 1202, nachdem Dschingis Khan und Ong Khan sich verbündet hatten, um die Tataren zu besiegen, ordneten sie als kollektive Bestrafung für die Vergiftung von Dschingis Khans Vater Yesugei die Hinrichtung aller tatarischen Männer an. Ebenso plante Dschingis Khan im Jahr 1211 als Vergeltung für den Aufstand gegen seine Tochter Alakhai Bekhi die massive Tötung von Männern, bis sie ihn überredete, nur die Mörder ihres Mannes zu bestrafen, die den Aufstand ausgelöst hatten.[12][13]

Gendercide Watch, eine unabhängige Menschenrechtsgruppe, dokumentiert mehrere Massaker, bei denen Männer aufgrund ihres Geschlechts gezielt getötet wurden: die Anfal-Operation im irakischen Kurdistan im Jahr 1988,[14] den Völkermord an den Armeniern 1915–17[15] und den Völkermord in Ruanda 1994.[16]

Siehe auch

  • Kükenschreddern, die Tötung männlicher Eintagsküken aufgrund ihres Geschlechts

Einzelnachweise

  1. Warren, Mary Anne: Gendercide: The Implications of Sex Selection, Rowman & Littlefield Publishers, 1985.
  2. Gynozid. Abgerufen am 27. November 2022.
  3. Hilarion Petzod, Ilse Orth: Femizid, Genderzid, Genital Mutilation, in: Surur Abdul-Hussain (Hrsg.): Genderkompetenz in Supervision und Coaching, VS Verlag, zweite Auflage 2012, ISBN 978-3-531-16754-1, S. 238
  4. Mara Hvistendahl: Das Verschwinden der Frauen. Selektive Geburtenkontrolle und die Folgen. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2013, ISBN 978-3-423-28009-9
  5. Femicide and Gender Violence in Mexico
  6. Eine Aufgabe für die ganze Gesellschaft, Lateinamerika Nachrichten Juni 2011
  7. Council of Europe: Council of Europe Convention on preventing and combating violence against women and domestic violence. Council of Europe, 11. Mai 2011, abgerufen am 4. Dezember 2021.
  8. Femizid - ein globales Verbrechen. 26. April 2021, abgerufen am 4. Dezember 2021.
  9. Paul Nathanson: Replacing Misandry: A Revolutionary History of Men. 2015 (englisch): “without referring to the androcide of course that many societies have imposed at a later stage of the life cycle in the form of military conscription”
  10. HSR (2005), Assault on the vulnerable, in HSR (Hrsg.): Human security report 2005: war and peace in the 21st century. Published for the Human Security Center, University if British Columbia, Canada by Oxford University Press, New York Oxford, ISBN 978-0-19-530739-9, S. 111 (englisch). Citing Jones (2000), Gendercide and genocide (Memento des Originals vom 16. Mai 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.gendercide.org([1]), S. 186
  11. U.S. Srivastava: Golden jubilee commemoration volume, 1980. 1980, S. 51 (englisch).
  12. The Secret History of the Mongols: Translated, Annotated, and with an Introduction by Urgunge Onon (2001). pp. 53-54, 57, 61, 111-135, 205
  13. Jack Weatherford: The Secret History of the Mongol Queens: How the Daughters of Genghis Khan Rescued His Empire. Crown Publishing Group, 2010 (englisch).
  14. Case Study: The Anfal Campaign (Iraqi Kurdistan), 1988. In: gendercide.org. Gendercide Watch, archiviert vom Original am 13. Mai 2015; abgerufen am 3. Februar 2020 (englisch).
  15. Case Study: The Armenian Genocide, 1915–17. In: gendercide.org. Gendercide Watch, archiviert vom Original am 29. Juni 2015; abgerufen am 3. Februar 2020 (englisch).
  16. Case Study: Genocide in Rwanda, 1994. In: gendercide.org. Gendercide Watch, archiviert vom Original am 29. Juni 2015; abgerufen am 3. Februar 2020 (englisch).