Magistrat von Berlin
Der Magistrat von Berlin war das oberste exekutive Organ (Stadtverwaltung, städtische Behörde, Stadtrat bzw. Regierung) Berlins, 1948-1990 nur Ostberlins. Das Wort Magistrat leitet sich vom Lateinischen magistratus ab, das soviel wie Amt, Träger des Amtes (Beamter) oder Behörde bedeutet. Der Vorsitzende des Magistrats war der Oberbürgermeister.
Vorläufer
Die Gemeinden Berlin und Cölln erhielten im 13. Jahrhundert Stadtrechte und hatten bereits 1307 bis 1442 als Doppelstadt eine gemeinsame Bürgerverwaltung. 1710 (andere Quellen geben 1709 an) wurden die Städte Berlin, Cölln, Friedrichswerder, Dorotheenstadt und Friedrichstadt zur königlichen Haupt- und Residenzstadt Berlin vereinigt.
Städteordnungen seit 1808
Nach dem Rückzug Napoleons trat 1808 die neue Städteordnung ("Ordnung für sämtliche Städte der Preußischen Monarchie") in Kraft, eins der Reformgesetze von Freiherr vom und zum Stein. In Berlin wurde ein Magistrat mit einem Oberbürgermeister an der Spitze sowie zehn besoldeten und fünfzehn unbesoldeten Stadträten eingerichtet.[1] Mit dem „Regulativ über das Geschäftsverfahren für den Magistrat von Berlin“ von 1834 wurde die Stellung des Oberbürgermeisters gegenüber den anderen Magistratsmitgliedern deutlich gestärkt.[2]
Nach dem 1. Weltkrieg wurde Berlins Städteordnung mit Gesetzen vom 27. April und 7. Oktober 1920 und letztendlich dem Groß-Berlin-Gesetz neu geregelt. In den zwanzig Stadtbezirken bestanden dem Magistrat unterstellte Bezirksämter mit Bürgermeistern[3].
Drittes Reich 1935-1945
Hauptartikel: Deutsche Gemeindeordnung
In Nazideutschland wurden demokratische Institutionen beseitigt oder gleichgeschaltet. Am 30. Januar 1935 trat die Deutsche Gemeindeordnung in Kraft, die sich an drei Grundlagen orientierte:
- Zusammenarbeit der Gemeinden mit Partei (NSDAP) und Staat;
- Durchführung des Führerprinzips und
- Wegfall von Wahlen und Abstimmungen.[4]
An der Spitze Berlins stand damals ein Stadtpräsident.[5]
Nachkriegsdeutschland 1945-1949
Nach dem 2. Weltkrieg und Zusammenbruch Deutschlands setzte die Sowjetische Militäradministratur bereits am 19. Mai 1945 wieder einen antifaschistischen Magistrat ein. Dieser nach dem ersten, parteilosen Oberbürgermeister bezeichnete Magistrat Werner sollte den dringendsten Bedarf der Bevölkerung nach dem Krieg sicher stellen. Diesem Magistrat gehörten neben dem OB seine 4 Stellvertreter und 16 Stadträte an. Der erste Nachkriegsmagistrat amtierte bis zum 5. Dezember 1946.
Der Einzug der Westmächte in Berlin erfolgte im Juni 1945. Gemäß der Konferenz von Jalta wurde die deutsche Hauptstadt ab Juli 1945 in vier Sektoren geteilt. Die Arbeit des Magistrats stand unter strenger Beobachtung der vier Besatzungsmächte, deren Interessen im begonnenen Kalten Krieg diametral auseinander drifteten. So kam es auch, dass der erste Magistrat von Groß-Berlin unter Ernst Reuter vom 17. April bis 18. August 1947 vom Alliierten Kontrollrat nicht anerkannt wurde.
Nach der separaten Währungsreform in den drei Westsektoren am 23./24.Juni 1948 war die gesamtberliner Wirtschafts- und Verwaltungseinheit nicht mehr gegeben. Die Mitglieder des Magistrats aus den Westsektoren verließen den Magistrat und bildeten mit dem zweiten Magistrat Reuter von 1948 bis 1951 die erste Regierung von Berlin (West).
Am 30. November 1948 konstituierte sich ein neuer sogenannter demokratischer Magistrat im verbleibenden sowjetischen Sektor. Dessen erster Oberbürgermeister war bis 1967 Friedrich Ebert. 1950 wurde in Westberlin der Senat von Berlin gegründet. Anstelle eines Oberbürgermeisters wurde hier Ernst Reuter als Regierender Bürgermeister gewählt.
Deutschen Demokratischen Republik 1949-1989
In der 1949 gegründeten DDR war der Magistrat das "vollziehende und verfügende Organ der Volksvertretung" des so genannten Demokratischen Sektors von Groß-Berlin. In den 1950-er Jahren bestand er aus dem Oberbürgermeister (Vorsitzender des Magistrats) mit acht Stellvertretern, dem Sekretär und acht weiteren Mitgliedern[6]. Im Ergebnis des Viermächteabkommens über Berlin 1971 und des Grundlagenvertrags zwischen der BRD und der DDR 1972 entsprach der Begriff Magistrat von Groß-Berlin auch offiziell nicht mehr den politischen Verhältnissen. Die DDR-Führung benannte ihn 1977 um in Magistrat von Berlin, Hauptstadt der DDR.
„MagiSenat“ zwischen Wende 1989 und Wiedervereinigung 1990
Hauptartikel: Senat von Berlin
Nach der politischen Wende in der DDR und der bevorstehenden Währungsunion und Wiedervereinigung Deutschlands stand insbesondere auch die noch immer geteilte Stadt Berlin vor neuen, nun gemeinsamen Aufgaben. Am deutlichsten wurde das sofort auf dem Gebiet des Verkehrs, weil Grenzübergangsstellen (Straße und Schiene) geöffnet wurden und neue Verkehrsströme zu berücksichtigen waren. Aber auch auf allen anderen innerstädtischen Aufgabenfeldern konnten sich die beiden Stadteile Ost- und Westberlin nicht mehr losgelöst entwickeln. Mit der deutschen Wiedervereinigung ging natürlich auch die Wiedervereinigung Berlins einher.
Die politisch Verantworlichen in beiden Teilen der Stadt erkannten diese historische Notwendigkeit und und nutzten die Chancen, die sich schon in dieser Übergangszeit ergaben. Am 12.Juni 1990 fand unter Leitung von Walter Momper und Tino Schwierzina die erste gemeinsame Sitzung von Senat und Magistrat und im Roten Rathaus (Sitz des Oberbürgemeisters von Ostberlin) statt, danach erst abwechselnd auch im Rathaus Schöneberg, dem Sitz des Senats und Regierenden Bürgermeisters, zuletzt nur noch dort.
Zu diesem Zeitpunkt bestand der Senat von Westberlin aus dem RB, einer Bürgermeisterin und 13 Senatoren; der Magistrat von Ostberlin aus dem OB und 14 Stadträten.
In diesem im Volksmund so genannten MagiSenat standen sich Regierender und Oberbürgermeister sowie Senatoren und Stadträte gleichberechtigt gegenüber. Senats- bzw. Magistratsvorlagen wurden vor der Beschlussfassung von dem zuständigen Senator und dem Stadtrat gemeinsam eingereicht. Die nachgeordnete Verwaltung mußte vereinheitlicht und die seit 1948 unterschiedlichen Entwicklungen einander angepaßt werden. So wurde im Magistrat in Anlehnung an die bereits bestehende Senatskanzlei eine Magistratskanzlei errichtet. Aufeinander abgestimmte Strukturen sollten die endgültige Vereinigung auch der Stadtverwaltung befördern. Der MagiSenat Berlins mußte selbst nach der deutschen Wiedervereinigung nach dem 3. Oktober 1990 als gemeinsame Landesregierung weiter amtieren, wie auch Abgeordnetenhaus (Westbezirke) und Stadtverordnetenversammlung (Ostbezirke) parallel weiter fungierten. Am 2. Dezember 1990 fanden Gesamtberliner Wahlen zu einer einheitlichen Legislative, das (Abgeordnetenhaus von Berlin) statt. Im Zuge dessen wurde eine einheitliche Exekutive, der (Senat von Berlin) gebildet, in den der Magistrat strukturell und personell aufging.[7]
Seit 1991 residieren Senat und Regierender Bürgermeister der vereinigten deutschen Hauptstadt im Roten Rathaus.
siehe auch
- Liste der Stadtobersten in Regierender Bürgermeister von Berlin
- Magistrat Ostrowski
- Magistrat Schroeder
- Wappen Berlins
- Flagge Berlins
- Magistratsverfassung in Gemeindeordnungen in Deutschland
- Magistratsabteilungen in Wien
- Magistratur
Einzelnachweise
- ↑ Berlin.de Galerie 1808, aufgerufen 6. Mai 2010, 23 Uhr
- ↑ Berlin.de Galerie 1834, aufgerufen 06.Mai 2010, 23:00 Uhr
- ↑ Jedermanns Lexikon in zehn Bänden, Erster Band,Verlagsanstalt Hermann Klemm A.-G., Berlin-Grunewald 1929, S.342
- ↑ Der Volks-Brockhaus A-Z, Zehnte Auflage, F. A. Brockhaus / Leipzig 1943, S. 237
- ↑ Der Volks-Brockhaus A-Z, Zehnte Auflage, F. A. Brockhaus / Leipzig 1943, S. 58
- ↑ Lexikon A-Z in zwei Bänden, Zweiter Band, Volkseigener Verlag Enzyklopädie Leipzig 1957, S.87
- ↑ Berlin.de Galerie 1990, aufgerufen 7.Mai 2010, 19 Uhr