Totila

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Unter Totila in Pavia (?) geprägte Münze mit der Abbildung des bereits 518 verstorbenen Kaisers Anastasius, Avers: „D N ANAS“, Revers: „D N / BADV / ILA REX“ (‚Unser Herr, König Baduila‘)

Totila (auch bekannt unter dem Namen Baduila;[1] † nach 30. Juni 552 bei Taginae, Umbrien) war von 542 bis zu seinem Tod rex bzw. König der Ostgoten. Er fiel im Sommer 552 in der Schlacht von Busta Gallorum.

Leben

Herkunft, frühes Leben und Erhebung zum König

Totila war ein Neffe des kurzzeitigen Ostgotenkönigs Hildebad und gehörte nicht zum Geschlecht der Amaler, der früheren Herrscherfamilie. Jedoch war er Mitglied einer sehr angesehenen gotischen Familie. Nach den verheerenden Niederlagen gegen den oströmischen Feldherrn Belisar in der ersten Phase des Gotenkrieges und der Gefangennahme ihres rex Witiges 540 war es den Ostgoten mit Mühe gelungen, nördlich des Flusses Po einen kleinen Machtbereich zu bewahren. Etwa im Mai 541 wurde Witigis’ Nachfolger Hildebad nach wenigen Monaten ermordet. Daraufhin gelangte der Rugier Erarich auf den ostgotischen Königsthron.[2] Totila war zu diesem Zeitpunkt erst ein junger Mann und gotischer Kommandant von Treviso. Er war wohl ärgerlich über Erarichs Erhebung und verhandelte mit dem byzantinischen Befehlshaber Constantin von Ravenna über die Übergabe von Treviso und dessen gotischer Besatzung. Viele Goten waren indessen mit Erarich nach wenigen Monaten seiner Herrschaft unzufrieden und boten Totila die Königswürde an. Dieser verlangte, dass zuerst Erarich beseitigt werden müsse.[3] Nach Erfüllung dieser Bedingung wurde Totila wohl Ende 541 zum rex ausgerufen.[4]

Der Kampf gegen Ostrom und die erfolgreichen ersten Jahre

Das Ziel Totilas war es, die Politik des oströmischen Kaisers Justinian zu vereiteln, die auf eine Inbesitznahme Italiens und damit auf eine Restauratio imperii hinauslief. Justinian reagierte mit der Ergreifung energischerer Maßnahmen. Seine Feldherren beschlossen in Ravenna, dass 12.000 ihrer Soldaten wohl im Frühjahr 542 Verona erobern und dann Totilas Truppen angreifen sollten. Nach der kurzzeitigen Einnahme Veronas mussten die Oströmer aber wieder abziehen. Totila gliederte die Besatzung Veronas größtenteils in sein Heer ein, überschritt mit 5000 Mann Anfang 542 den Po und schlug die deutlich stärkere oströmische Armee bei Faenza unweit Ravenna. Zahlreiche Gefangene und Feldzeichen fielen in seine Hände. Er erstürmte Städte in der Emilia-Romagna und Umbrien, u. a. Cesena und Urbino, doch gaben die Goten trotz ihres Siegs in der Schlacht von Mucellium über ein oströmisches Heer die zuvor begonnene Belagerung des nahegelegenen Florenz auf.[5]

Totilas Truppen verstärkten sich bald auf etwa 20.000 Mann. Er zog nun unter Umgehung Roms rasch nach Kampanien in Süditalien, besetzte Benevent kampflos und ließ dessen Mauern schleifen. Dann wandte er sich gegen Neapel, erreichte aber aufgrund des Widerstands der 1000 Mann starken oströmischen Garnison unter Konon nicht die Übergabe der Stadt. In der zweiten Jahreshälfte 542 begann Totila die Belagerung Neapels. Der neue Magister militum Demetrios sollte auf dem Seeweg von Sizilien her Getreide und weitere Truppen in das eingeschlossene Neapel bringen, segelte aber zuerst weiter nach Rom, um die dort stationierten Infanteristen an Bord zu nehmen. Seine Rekrutierungsversuche blieben erfolglos. Totila ließ inzwischen eine Flotte erbauen, mit der er Demetrios’ nach Neapel zurückkehrende Schiffe abfing. Viele Soldaten des Demetrios fielen oder gerieten in Gefangenschaft; der Magister militum selbst konnte entkommen. Eine zweite von Sizilien gegen Neapel gesandte oströmische Entsatzflotte wurde durch einen Sturm nahe dem Lager der Goten an Land gespült; ihre Besatzung samt dem Magister militum kam somit in Totilas Gewalt. Schließlich erreichte der Ostgotenkönig, dass ihm die hungernden Neapolitaner etwa im April 543 auf das Versprechen seiner friedlichen Absichten hin die Stadt übergaben. Politisch klug verschonte er die Einwohner und bestrafte nur offene Verräter der gotischen Sache. Der Besatzung gewährte er den Abzug nach Rom; einen Teil der Stadtmauer Neapels ließ er schleifen. Noch während der Belagerung der Stadt hatten gotische Verbände Cumae und andere nahe gelegene feste Stützpunkte erobert. Bis Ende 543 konnte er ganz Süditalien in seinen Besitz bringen.[6]

Somit war der charismatische Totila bereits zu Anfang seiner Regierung sehr erfolgreich und erwies sich als einer der militärisch fähigsten Gegner Justinians. Der oströmische Historiker Prokopios von Caesarea würdigte ihn als einsichtigen, tatkräftigen und unter den Ostgoten hochangesehenen Herrscher, der über eine bei einem „Barbaren“ selten anzutreffende Tugend, die Gabe der Mäßigung, verfüge. Bei seinen Erfolgen profitierte Totila allerdings stark davon, dass Justinians beste Truppen im Orient gebunden waren, wo sie seit 540 einen langwierigen Krieg gegen die Sassaniden unter deren König Chosrau I. zu führen hatten. Ferner musste der oströmische Kaiser starke Truppenverbände zur Sicherung des Balkans einsetzen und sah sich jahrelangen ernsthaften Rekrutierungsproblemen infolge des Wütens der Justinianischen Pest ausgesetzt. Daher verfügten die Generäle des Kaisers in Italien nur über unzureichende Personalressourcen; außerdem litten sie an einem Mangel an Finanzmitteln zur Bezahlung ihrer Soldaten, was zu umfangreichen Desertionen führte. Auch hatten sich die kaiserlichen Funktionäre und Steuereintreiber bei den Unterschichten Italiens unbeliebt gemacht. Totila verstand es geschickt, zahlreiche Provinzialen und Sklaven zur Verstärkung des ostgotischen Heers zu rekrutieren. Aus diesen Bevölkerungsschichten erhielt er regen Zulauf, den er auch benötigte, da viele Angehörige ostgotischer Eliteverbände schon in vor dem Beginn seiner Herrschaft ausgetragenen Kriegen gefallen waren.[7] Der Landbevölkerung versprach Totila, dass sie im Fall der fortwährenden Bezahlung der fälligen Abgaben durch die Zucht seines Heers so gut als möglich von Kriegsschäden verschont blieben. Durch Einziehung der Pachtzinsen und staatlichen Steuern schuf er sich regelmäßige Einnahmen.[8]

In den beiden Jahren nach der Eroberung Neapels führte Totila einen aufwändigen Kleinkrieg, in dem er mühevoll einzelne Festungen eroberte und verschiedene oströmische Truppenkontingente bekämpfte. Um genügend Streitkräfte zur Verfügung zu haben, überließ er den Franken die Region Venetien. 544 zog er gegen Otranto und eroberte Osimo, 545 nahm er Fermo, Ascoli Piceno, Spoleto und Assisi ein. Die Erstürmung Osimos brachte ihm den strategischen Vorteil, dass die oströmischen Heere nicht auf dem Landweg von der von ihnen besetzten Stadt Ravenna nach Rom, das ebenfalls unter ihrer Kontrolle stand, gelangen konnten. Einige stärkere Festungen wie Bologna und Perusia belagerten die Ostgoten dagegen vergeblich. Ferner war Belisar inzwischen nach Italien gesegelt und hatte im Herbst 544 Otranto sowie in der Folge weitere Städte ent- bzw. besetzt. Nach der Eroberung Tivolis durch den Verrat von Isauriern massakrierten die Ostgoten die Einwohner und den Bischof der Stadt. Dieser Vorfall und andere Bluttaten während Totilas Herrschaft brachten ihm den negativen Ruf eines Tyrannen ein.[9]

Erste Einnahme Roms; weitere Herrschaft

Ende 546 nahm Totila Rom, wobei er demonstrativ Milde gegenüber Gefangenen walten ließ. Nach der ersten Einnahme Roms ließ er die gefangenen Senatoren in Kampanien internieren, wo sie später allerdings von oströmischen Truppen befreit wurden. Ohnehin waren Totilas Möglichkeiten begrenzt, was sich auch daran ablesen lässt, dass ihm zwar die Eroberung der Ewigen Stadt gelang, nicht aber, diese auch längerfristig zu halten; die Stadt wurde bald schon wieder von kaiserlichen Truppen besetzt. Dennoch gelangen Totila auch im Feld einige bemerkenswerte Erfolge, zumal unter seiner Führung eine ostgotische Flotte ins Leben gerufen wurde.

Von Justinian als Usurpator geächtet, betrieb Totila neben den militärischen Maßnahmen auch politische, um den Einfluss Ostroms zurückzudrängen. Er begann eine regelrechte Propagandakampagne, in der er das Bild einer einträchtigen Lebensweise von Ostgoten und Römern zu Zeiten Theoderichs des Großen den Jahren des Leidens und des Krieges und der harten Steuerpolitik Justinians gegenüberstellte. Ein erster Brief an den weströmischen Senat blieb jedoch ohne Antwort. In Wahrheit war es nicht zuletzt Totilas Taktik der verbrannten Erde, die diesen so genannten zweiten Gotenkrieg viel verheerender verlaufen ließ als den ersten in den Jahren 535–540. Für Italien bedeutete dieser Konflikt und dessen negative Folgen, zu denen die Zerstörung der Infrastruktur zählte, wohl faktisch das Ende der Antike. Dennoch gewann Totila aufgrund seiner Erfolge einigen Zulauf, zumal er Sklaven in sein Heer aufnahm, was aber auch im Rahmen seiner Politik zu sehen ist, die damit die landbesitzenden Senatoren als Unterstützer Konstantinopels traf.

Außenpolitisch war Totila wenig Erfolg beschieden. Es gelang ihm weder, die Franken zu einem Ehebündnis zu bewegen, noch die (wohl von vornherein illusorische) Anerkennung seines Königtums durch Ostrom zu erhalten. Dennoch schien seine Lage nicht hoffnungslos. Anfang 550 fiel Rom durch Verrat von isaurischen foederati des Kaisers nochmals in die Hand der Goten. Totila veranstaltete nun (die letzten) Spiele im Circus Maximus und ließ Münzen prägen, die sein Porträt mit kaiserlichem Diadem zeigten – ein klarer Affront gegen Justinian. Die Oströmer waren zwar vorerst auf Ravenna und einige Küstenstädte zurückgeworfen, doch hatte Totila 551 auch seine Flotte verloren, während weite Landstriche Italiens durch den Krieg verwüstet waren.

Totilas Ende

Im Frühjahr 552 begann der oströmische Befehlshaber Narses im Auftrag des Kaisers eine großangelegte Landoffensive gegen Totila in Italien.

Narses' Truppen – mit knapp 30.000 Elitesoldaten ein für spätantike Verhältnisse großes Heer – überquerten den Balkan und rückten von Norden nach Italien ein, wobei sie die gotischen Verteidigungslinien umgingen. Über Verona und Rom marschierte das Heer auf Totila zu, der sich in Umbrien bei Busta Gallorum in der Nähe von Taginae am 30. Juni oder 1. Juli des Jahres 552 mit etwa 20.000 Mann zum Kampf stellte. In dieser Schlacht verblutete das frontal angreifende Ostgotenheer unter den Pfeilen der oströmischen Bogenschützen. Totila wurde selbst schwer verwundet und starb entweder während der Schlacht oder kurz danach auf der Flucht. Damit war der Traum von einer Behauptung der Ostgoten in Italien zu Ende. Zwar konnten sich die Ostgoten unter ihrem letzten rex Teja noch einmal sammeln, dennoch bedeutete der Verlust eines Großteils der ostgotischen Reiterei auch das Ende des effektiven Widerstands.

Nachwirkung

Erinnerung an Totila in der Walhalla

König Totila lebte später als Heldenfigur weiter – schon Prokopios von Caesarea und Jordanes versagten ihm nicht den Respekt, ebenso der deutsche Schriftsteller Felix Dahn in seinem 1876 erschienenen Historienroman Ein Kampf um Rom. In der modernen Forschung wird er hingegen vielfach differenzierter gesehen und weniger als germanischer Heros, sondern eher als typischer spätantiker Warlord verstanden.

Eine Gedenktafel für ihn befindet sich in der Walhalla in Donaustauf. Im Historienfilm Kampf um Rom wird Totila von Robert Hoffmann dargestellt.

Literatur

Commons: Totila – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen

  1. In der Forschung ist es seit langem umstritten, ob sein offizieller Name nun Totila oder Baduila war und ob der zweite Name ein Beiname o. ä. war. Oft wird angenommen, dass der König als offiziellen Namen Baduila benutzt hat, doch nennt ihn die Mehrheit der spätantiken Geschichtsschreiber Totila(s). Ebenso sind Etymologie und die Bildungsweise der Namen umstritten, siehe H. Reichert, Totila, § 1 (Namenkundlich), S. 92f.
  2. Mischa Meier: Geschichte der Völkerwanderung, C. H. Beck, München 2019, ISBN 978-3-406-73959-0, S. 814 f.
  3. Prokop, Historien 7, 2; Jordanes, Historia Romana 379; u. a.
  4. Datierung nach Krautschick (RGA Bd. 31 (2006), S. 93) und Mischa Meier (Geschichte der Völkerwanderung, 2019, S. 815); Wolfram datiert Totilas Erhebung dagegen erst Anfang oder Mitte 542.
  5. Prokop, Historien 7, 3-5; Kontinuator von Marcellinus Comes, Chronik ad annum 542, 1 f.
  6. Prokop, Historien 7, 6-8; Kontinuator von Marcellinus Comes, Chronik ad annum 543, 1.
  7. Mischa Meier: Geschichte der Völkerwanderung, 2019, S. 815 ff.
  8. Prokop, Historien 7, 3.
  9. Prokop, Historien 7, 9-12; Kontinuator von Marcellinus Comes, Chronik ad annum 545, 4.
VorgängerAmtNachfolger
Erarich 541König der Ostgoten Teja 552