Martin Schlaff

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Martin Schlomo Mordechai Joschua Schlaff (* 6. August 1953 in Wien) ist ein Unternehmer, Netzwerker[1] und Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Österreichs. Mit einem geschätzten Vermögen zwischen 1,5 und 3 Milliarden Euro ist er einer der reichsten Österreicher.[2][3]

Leben

Martin Schlaff ist der Sohn jüdischer Flüchtlinge, die 1945 in einem Wiener DP-Lager gelandet waren.[4] Seine Eltern gründeten in den 1950er Jahren mit den Geschäftsmännern Ladislaus Moldovan und Friedrich Wiesel ein Handelsunternehmen, das hauptsächlich im Osthandel tätig war.

Schlaff studierte an der Wirtschaftsuniversität Wien[5] und stieg bei der Robert Placzek OHG ein,[6] die 1952 gegründet und 1987 gelöscht wurde und jetzt als Robert Placzek AG firmiert und im Eigentum der Firma "Robert Placzek" Holding Aktiengesellschaft ist.[7] Das Ministerium für Staatssicherheit der DDR soll Schlaff als Inoffiziellen Mitarbeiter mit dem Namen „Landgraf“ geführt haben. Schlaff bestreitet dies jedoch und hat alle Prozesse in diesem Zusammenhang gewonnen.[8] Der Wiener Bürgermeister Helmut Zilk verlieh ihm 1993 das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien.[9] Weil Schlaff ungern im Scheinwerferlicht steht, fand die Verleihung ohne Presse statt.[10]

Osthandel

Mit der Handelsfirma Robert Placzek AG war Schlaff vorwiegend im Osthandel tätig und pflegte gute Kontakte zu den Spitzen der Deutschen Demokratischen Republik und zur Kommunistischen Partei Österreichs. Nach der Ostöffnung geriet er in den Verdacht, auch mit Technologietransfers und Geldwäsche für die DDR zu seinem nicht unbeträchtlichen Vermögen gekommen zu sein.[2] Die deutsche Justiz konnte allerdings keine ausreichenden Beweise finden und stellte ihre Ermittlungen im Jahr 2000 ein.

Hotel und Kasino Oasis

Dank seiner hervorragenden Kontakte, auch zu Palästinensern, gelang es ihm 1998, das erste 5-Stern-Hotel von Jericho mit angeschlossenem Kasino zu eröffnen. Seine Partner bei diesem Projekt waren die Palästinensische Autonomiebehörde, die Casinos Austria und die österreichische Bank BAWAG. Über 90 Prozent der 2.000 Mitarbeiter waren Palästinenser.[11] Das „Oasis“, gedacht für israelische Spieler, wurde aber im Verlauf der Zweiten Intifada im Jahr 2000 wieder geschlossen.

Anfang September 2010 startete der Journalist Gidi Weitz in der israelischen Zeitung Haaretz eine Kampagne gegen Martin Schlaff mit nicht belegten Vorwürfen der Bestechung der früheren Ministerpräsidenten Ehud Olmert und Ariel Scharon, Scharons Familie sowie des früheren Infrastruktur- und Außenministers Avigdor Lieberman in Millionenhöhe.[12][13][14] Weiters soll Schlaff mit hunderttausenden Dollars den ehemaligen Vorsitzenden der Shas-Partei, Aryeh Deri, unterstützt haben.[15] Aufgrund der staatsanwaltlichen Untersuchungen, die sich über mehrere Jahre erstreckten, reíste Schlaff nicht mehr nach Israel.[15][12] Er nahm auch an der Beerdigung seines Vaters Chaim Schlaff in Jerusalem nicht teil, weil ihm die israelischen Behörden kein freíes Geleit zusichern wollten.[14] Es kam zu keiner Anklage, die Ermittlungen wurden eingestellt. 2015 nahm er eine Einladung zu einer Hochzeit im Familienkreis in Israel wahr.[16]

Mobilfunkunternehmen

Im Jahr 2002 übernahm Schlaff mit seinen Partnern, dem ehemaligen ÖVP-Obmann Josef Taus und dem ehemaligen Länderbank-Vorstand Herbert Cordt den größten bulgarischen Mobilnetzbetreiber Mobiltel vom russischen Geschäftsmann Michael Cherney.[17] Diese Übernahme kostete 850 Millionen Euro und wurde von der BAWAG finanziert.[18] Es gelang dem Konsortium, das Unternehmen nach westlichen Maßstäben zu organisieren und 2005 an die Telekom Austria weiter zu veräußern. Als Gewinn aus dem kurzfristigen Engagement werden 800 Millionen Euro kolportiert.[2]

2005 versuchte Schlaff den Bulgarien-Coup in Serbien zu wiederholen. Mit seinen Partnern Josef Taus und Herbert Cordt übernahm er Anteile an der serbischen Mobilfunkgesellschaft Mobtel von Bogoljub Karić. Die Regierung entzog dem Unternehmen jedoch die Lizenz. Nach Intervention seitens der österreichischen Regierung wurde ein Kompromiss ausgehandelt, der die Investitionen der Gruppe sicherte. Schlussendlich kam bei der Versteigerung im Jahr 2006 nicht die Telekom Austria zum Zug, sondern als Bestbieter das norwegische Unternehmen Telenor.[19]

Im September 2007 war er maßgeblich an der Übernahme des belarussischen Mobilfunkanbieters MDC durch die Telekom Austria beteiligt – laut ‘’Presse’’ um einen Kaufpreis vom 1,05 Milliarden Euro.[20]

RHI Magnesita

Im 2006 übernahm die MS Privatstiftung, die Martin Schlaff zugerechnet wird, rund sechs Prozent des Feuerfest-Konzerns RHI AG. Im September des Folgejahres besaß die Stiftung bereits 26,47 % der Aktien.[21] Seither ist Martin Schlaff durchgehend Kernakionär des Unternehmens. Nach erfolgreichen Verhandlungen im mJahre 2016 mit Christian Kern das Amt des Vorstandsvorsitzenden zu übernehmen, wechselte dieser aber für die SPÖ als Bundeskanzler in die Politik.[22]

Seit 2010 ist er mit der Sigma Kreditbank aktiv. Diese vergibt Schufa-freie Kleinkredite an deutsche Arbeitnehmer.[23][24]

Netzwerktätigkeit

Im Jahr 2002 nutzte Schlaff seine Kontakte zu Ariel Scharon, um die österreichische Bundesregierung unter Wolfgang Schüssel im Bestreben einer Normalisierung der Beziehungen zu Israel zu unterstützen. 2003 wurde wieder ein Botschafter nach Österreich entsandt.

Im August 2010 vermittelte Schlaff die Freilassung des in Libyen wegen Spionagevorwürfen festgehaltenen Israelis Rafael Haddad. Dieser wurde am 8. August von Libyen nach Wien ausgeflogen und dort vom israelischen Außenminister Avigdor Lieberman empfangen. Schlaff nutzte dabei seine guten Kontakte zu Revolutionsführer Gaddafi sowie dessen Sohn Saif.[25]

Philanthropie

Schlaff hat eine Antisemitismus-Sammlung mit rund 5.000 Objekten, die einen Zeitraum von 1490 bis 1946 umfassen, in zehnjähriger Arbeit zusammengetragen, die er 1993 der Stadt Wien für das Jüdische Museum schenkte. Diese katalogisierte die Exponate und bereitete sie für eine Großausstellung auf.[26][27]

Persönliches

Martin Schlaffs Villa in Wien, die seine 2. Frau bei der Scheidung erhielt

Schlaff ist Vater von drei Söhnen und zwei Töchtern aus drei Ehen.[28] Eine andere Quelle berichtet von sechs Söhnen.[29] Ende März 2008 kam Schlaff in die Schlagzeilen, weil er sich von seiner Frau Andrea scheiden ließ und dabei kolportierte 200 Millionen Euro Abfindung bezahlte,[30] dabei ging auch die Hauptvilla an der Adresse Salmannsdorfer Höhe 10 im 19. Wiener Gemeindebezirk Döbling in das Eigentum seiner Exfrau Andrea über.[31] Schlaff besitzt des Weiteren ein Anwesen in Maria Anzbach.

Sein Bruder James wurde 1952 geboren.[32]

Schlaff ist seit 1986 Mitglied der SPÖ.[33][34][35]

Trivia

Im Oktober 2006 kam Schlaff in die Schlagzeilen, weil er für seinen langjährigen Freund, Schachspielpartner und Geschäftspartner Helmut Elsner, der im Zuge der BAWAG-Affäre in Frankreich inhaftiert wurde, eine Million Euro als Kaution bereitstellte.[36] Nach der Überstellung Elsners nach Österreich wurde die Kaution rückerstattet.[37]

Schlaff wurde in der Folge als Zeuge im BAWAG-Prozess befragt. Transaktionen an seine Firmen erklärte er so, dass sie für einen an die Bawag vermittelten Geschäftsmann geparkt wurden.[38] Er betonte, von den hohen Verlusten durch Flöttls Spekulationen nichts gewusst zu haben.[39] Am Ende der Zeugenaussage auf den ihm zustehenden Fahrkostenersatz angesprochen, meinte der Milliardär nur: „Danke, ich komme zurecht.“[40]

Auszeichnung

  • Alexander von Paleske: Ein APO-Mann aus Wien - Martin Schlaff. 23. Mai 2009, archiviert vom Original am 3. Juni 2009;.
  • Die 4 da - Reicher leben mit Martin Schlick auf YouTube

Einzelnachweise

  1. Die Presse, 5. Jänner 2006.
  2. a b c Kopf des Tages: Martin Schlaff. Abgerufen am 15. Mai 2024 (österreichisches Deutsch).
  3. Die Liste der 100 reichsten Österreicher. In: Österreich, 29. Juli 2009.
  4. Andreas Ahrmfrau: "Irgendetwas an mir muss verhext sein". In: Die Zeit, Nr. 3/2006.
  5. Profil: Der lange Weg des Martin Schlaff (Memento des Originals vom 12. Oktober 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.profil.at; abgerufen am 12. Okt. 2012.
  6. Kurier: Telekom: Ermittlungen gegen Martin Schlaff; abgerufen am 12. Oktober 2012.
  7. FirmenABC.at: Robert Placzek Aktiengesellschaft; abgerufen am 13. Oktober 2012.
  8. Der Hochseiltänzer - Spiegel Nr. 33/2010.
  9. Andreas Förster: Auf der Spur der Stasi-Millionen: die Wien-Connection; Argon, 1998.
  10. Berliner Zeitung vom 1996-08.01: Sein Geld stapelt IM "Landgraf" jetzt in der Schweiz; abgerufen am 12. Oktober 2012.
  11. NEWS: Unternehmer Martin Schlaff im Zeugenstand: 'Das Casino Jericho war mein Projekt', 19. Februar 2008
  12. a b Israelnationalnews.com: Police Say There´s Evidence Linking Sharon to $3 Million Bribe, 1. April 2006.
  13. Die Presse: Schmiergeldaffäre Sharon wird neu aufgerollt, 5. Juli 2007.
  14. a b Isrealnationalnews.com: Schlaff fehlte bei Begräbnis des Vaters, 5. April 2010.
  15. a b Ha-Aretz: Israeli probe finds Austrian billionaire behind illicit money transfer to Sharon family, 7. September 2010.
  16. Schlaff returns to Israel, The Jerusalem Post, 26. Juni 2015
  17. Wanted: CHERNEY, Michael (Memento vom 14. Dezember 2009 im Internet Archive) Interpol, 14. Oktober 2010.
  18. Schlaff, Elsner, Birdie und Telekom. In: Salzburger Nachrichten, 22. September 2006.
  19. Serbia: Telenor Wins Auction for Mobi 63, 31. Juli 2006
  20. Telekom Kaufman weissrussische MDC für 1,05 Mrd. Euro, Die Presse, 3. Oktober 2007
  21. Machtdemonstration bei RHI: Martin Schlaff zeitgeist Muskeln, Die Presse, 6. September 2007
  22. Kern ließ Millionen sausen. In: Kurier. 24. September 2017, S. 9 (Online [abgerufen am 24. Oktober 2017]).
  23. Liechtenstein-Banklizenz für Martin Schlaff Der Standard newspaper, 10. Mai 2010.
  24. Vaduzer Bank ohne Teppichetage Liechtensteiner Vaterland newspaper, 8. Mai 2010.
  25. Wiener Zeitung: Die Schattenspiele der Diplomaten, 9. August 2010. Abgerufen am 6. November 2013.
  26. Das Netzwerk der grauen Eminenz Martin Schlaff. (Memento vom 28. September 2007 im Internet Archive) In: Börse-Express, 18. November 2003.
  27. Tagebuch 10. März 1993 (Memento vom 13. Februar 2007 im Internet Archive) – Jüdisches Museum Wien.
  28. Milliardär Schlaff: Sein Sohn ist da. Österreich, 21. Mai 2010, abgerufen am 22. Oktober 2017.
  29. Haaretz: The Schlaff saga; abgerufen am 12. Okt. 2012.
  30. Martin Schlaff: Teuerste Scheidung der Welt. In: Österreich, 27. März 2008.
  31. Schlaff und König geben sich das Jawort In: Österreich, 11. April 2008.
  32. Michael Nikbakhsh: Österreichs einziger Oligarch. In: profil. Nr. 28, 9. Juli 2007, S. 42 (Online [abgerufen am 22. Oktober 2017] Porträt: Österreichs einziger Oligarch - Ein Grenzgänger zwischen Genialität & Skandal).
  33. Martin Schlaff: "Strache bleibt nicht in der Schmuddelecke" DiePresse.com, 19. März 2016.
  34. Spiel auf Zeit ORF.at, 19. September 2012.
  35. Zeugen auf der Flucht Kleine Zeitung, 26. September 2012, abgerufen am 29. April 2020.
  36. Ö1 Inforadio@1@2Vorlage:Toter Link/oe1.orf.at (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Dezember 2018. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis., ORF, 4. Oktober 2006.
  37. Elster-Kaution geht zurück an Schlaff, Der Standard, 15. Februar 2007
  38. Unternehmer Schlaff Zeuge im BAWAG-Prozess: „Habe Geschäftsmann vermittelt“. In: News.at, 11. Oktober 2007.
  39. “Hätte Hausbank gewechselt”, ORF News, 11. Oktober 2007
  40. Unternehmer Martin Schlaff im Zeugenstand: „Das Casino Jericho war mein Projekt.“, In: News, 19. Februar 2008.
  41. Martin Schlaff: Wir bräuchten dine neue Welle der Aufklärung, Die Bühne, 8. Mai 2023

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