Safiental
Das Safiental (rätoromanisch Val Stussavgia) ist ein Tal im schweizerischen Kanton Graubünden. Es erstreckt sich in nord-südlicher Richtung von der Einmündung der Rabiusa in den Vorderrhein bis zum Safierberg am Übergang nach Splügen. Es hat eine Länge von etwa 26 km und umfasst eine Fläche von 151 km².
Geschichte
Ursprünglich wurde das Tal von Romanen vorwiegend alpwirtschaftlich genutzt, was sich in vielen alten Flurnamen zeigt. Allerdings wurden in der Gegend bis zurück in die Bronzezeit Einzelfunde zumindest von Begehung gemacht, was angesichts der bronzeitlichen Wehrsiedlung Crestaulta in der Val Lumnezia zwischen Surin und Vrin nicht überrascht.
Das eigentliche Safiental wird unter dem Namen Stosavia erst 1314 als bischöfliches Lehen der Freiherren von Vaz erwähnt. Diese förderten damals in mehreren ihrer wenig besiedelten Besitzungen die Ansiedlung deutschsprachiger Walser. Diese organisierten sich hier in vier Bäuerten (Nachbarschaften), von Süden nach Norden: Malönnia (heute Thalkirch), Camana (heute noch so), Zalön (heute Safien-Platz und Alpsiedlung) und Gün mit Salpänna (heute Neukirch).
Die Grundherrschaft ohne Tenna gehörte dabei dem über den Glaspass erreichbaren Kloster Cazis, dem bis zur Reformation auch die seelsorgerliche Betreuung oblag wie zum Beispiel 1510 der Neubau der älteren Kirche in Safien-Platz. Tenna dagegen war ursprünglich eine über das Tenner Chrüz erreichbare Alp des Dorfes Valendas in der Herrschaft Rhäzüns.
Als ab dem Ende des 12. Jahrhunderts die Walser vom Oberwallis aus ins Bündnerland einwanderten, wurde auch das Safiental bis Versam von ihnen zunehmend besiedelt. 1338 kam die Vogtei über das Safiental an die Grafen von Werdenberg-Sargans, 1383 an die Freiherren von Rhäzüns, 1443 wieder an die Werdenberg-Sargans und nach einem grössere Freiheiten der Talleute garantierenden Schirmbrief von 1450 im Jahre 1493 an den Grafen Gian Giacomo Trivulzio aus Mailand. 1523, relativ früh im schweizerischen Vergleich, begann die Reformation im Safiental mit der verstärkten Ablösung der geistlichen Grundherrschaft vor allem des Klosters Cazis. Aber erst 1696 konnten die Talleute der vier Bürden von Safien (ohne Tenna) die letzten externen Hoheitsrechte ablösen.
Die unterschiedliche Ausrichtung der vier Bürden im Süden und von Tenna widerspiegelte sich auch bis Untergang der Alten Eidgenossenschaft in der Zugehörigkeit der ersteren nach Osten zum gemeinsamen Hochgericht mit Heinzenberg und Thusis, während Tenna als Teil der Herrschaft Rhäzüns zum Hochgericht Gruob im Norden gehörte.
Geografie
Zum Safiental gehört das Gebiet der bis Ende 2012 eigenständigen Gemeinden Safien, Tenna und Versam, sowie der südwestliche Teil der Gemeinde Bonaduz (Weiler Scardanal und Alp Sut).
Die ostseitige Talflanke hat ein durchschnittliches Gefälle zwischen 65 und 70 Prozent und ist für die allermeisten menschlichen Aktivitäten nicht geeignet. Die westseitige Flanke des Tals ist mit durschnittlich 35-40 Prozent etwas flacher. Sie eignet sich aufgrund der Höhenlage jedoch fast nur für Weidewirtschaft sowie einige Äcker und Talwiesen.
Heutige Besiedlung und Wirtschaft
In den beiden letzten Jahrhunderten hatte das Tal vor allem unter dem Bevölkerungsverlust infolge von Auswanderung zu leiden. So lebten im Jahr 1850 in den vier Gemeinden insgesamt 1798 Personen, 1980 nur noch 994. Inzwischen ist diese Entwicklung gestoppt und die Bevölkerungszahl liegt bei über 1000 Personen.
Im hinteren Safiental bei Thalkirch liegt das Ausgleichsbecken Wanna, welches zum Einzugsgebiet der Kraftwerke Zervreila AG gehört und durch einen Überleitstollen mit dem Zervreilasee im Valser Tal verbunden ist. Dieses Nutzwasser gelangt danach in das tiefergelegene Ausgleichsbecken bei Safien-Platz und wird anschliessend in die Zentrale Rothenbrunnen übergeleitet, wo Strom erzeugt wird. Die zum Einzugsgebiet gehörenden Flüsse Rabiusa und Carnusa sowie der Stausee Egschi wurden ebenfalls in die Werkgruppe integriert. Nach der Verarbeitung in Rothenbrunnen wird das Nutzwasser dem Hinterrhein zugeführt.
Heute lebt das Tal vorwiegend von Berglandwirtschaft, Wasserzinsen, Tourismus sowie Unterstützungszahlungen von Bund, Kanton und Patengemeinden. Ein weit verzweigtes Strassen- und Stromnetz, etliche Wasserversorgungen und Abwasserreinigungsanlagen müssen unterhalten werden.[1]
Auf den 1. Januar 2013 fusionierten die bisher eigenständigen Gemeinden Safien, Tenna und Versam, sowie das ausserhalb des Safientals gelegene Valendas zur neuen Gemeinde Safiental.
Art Safiental
In den Jahren 2016, 2018 und 2020 fand die Art Safiental statt.[2] Künstler aus dem In- und Ausland setzten Skulpturen in der Landschaft des Safientals in Szene. Einzelne Elemente der auf das Tal verteilten Kunstwerke erhielten weltweite Aufmerksamkeit wie das immobilienbefreite Null-Stern-Hotel des Ateliers für Sonderaufgaben im Jahr 2016.[3][4][5]
Natur
Viele Wiesen im Safiental konnten aufgrund ihrer Höhenlage nicht intensiv bewirtschaftet werden. Dank Subventionen blieben diese bis heute erhalten. Auf den Fettwiesen wachsen Blumen wie die Trollblume, Anemonen, verschiedene Orchideen und Enziane.
-
Mittleres Tal, Richtung Norden
-
Safien Platz
-
Hinteres Safiental, Blick vom Aufstieg zum Safierberg
Persönlichkeiten
- Friedrich Schaltegger (1851–1936), nachmals Thurgauer Kantonsarchivar und -bibliothekar, war 1879–1888 Pfarrer in Safien
Film
Der Spielfilm The Hour of Living (UK/Schweiz, 2012) wurde mehrheitlich im Safiental gedreht, wobei insbesondere die Grossalp Piggamad, aber auch Z’hinderst, Bodaälpli und Alperschällihorn mit seinem Gletscherseeli prominente Schauplätze bieten.[6][7]
Literatur
- Hans Bandli, Leonhard Bandli: Im Safiental. Walservereinigung Graubünden, 2002, ISBN 978-3-9052-4124-2.
- Konrad Buchli: Geschichten aus den Bergen. Erinnerungen eines Safiers. Walservereinigung Graubünden, 2005.
- Mattli Hunger: Ärdenkt und ärzellt. Sòòfier Gschichtä vo äsiä und hüt. Walservereinigung Graubünden, 2008, ISBN 978-3-909210-02-2.
- Mattli Hunger: Orts- und Flurnamen von Safien und Tenna. 2013, ISBN 978-3-033-03744-1.
- Eduard Juoan: Über die Verwandtschaft und Lebensdauer in einem Bündner Gebirgstal. In: Bündner Monatsblatt: Zeitschrift für bündnerische Geschichte, Landes- und Volkskunde 1930, Heft 1, S. 7–15 (Digitalisat).
- Jürg Simonett: Safien. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
- Barbara Steinmann, Elisabeth Bardill, Maria Hunger-Fry: Safiental – Ruinaulta. Vom Safierberg zur Rheinschlucht. Verlag Terra Grischuna, Chur 2008, ISBN 978-3-7298-1152-2.
- Otto Wettstein: Anthropogeographie des Safientales. In: Jahresberichte der Geographisch-Ethnographischen Gesellschaft in Zürich, Band 10 (1909–1910), S. 1–112 (Digitalisat).
Weblinks
- www.safiental.ch
- Verein Pro Safiental
- Tourismusregion Safiental Rheinschlucht
- Stiftung Walserhaus Safiental
- Walserweg
- Safiental auf der Plattform ETHorama
Einzelnachweise
- ↑ Janine Hosp: Ein Dorf will bleiben. Abgelegene Bergtäler sollen sich selbst überlassen werden, fordert Hotelleriesuisse-Präsident Andreas Züllig. Im Safiental kämpfen die Bewohner dafür, dass ihre Heimat auch in hundert Jahren noch lebt – mit einigem Erfolg. Tagesanzeiger, Tamedia Zürich, 13. August 2016, S. 37–38
- ↑ Internetseite der Art Safiental
- ↑ Presseberichte zur Art Safiental
- ↑ World first open-air hotel opens in Switzerland mountains, Press-TV Iran, 16. Juli 2016
- ↑ Freiluftzimmer, Lifeathome.ch, 26. August 2016
- ↑ IMDb Eintrag für The Hour of Living Zugriff am 21. Februar 2013
- ↑ Offizielle Website The Hour of Living Zugriff am 21. Februar 2013
Koordinaten: 46° 42′ N, 9° 19′ O; CH1903: 744225 / 173450