Sticken

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Die Stickerin (Gemälde von Georg Friedrich Kersting, 1812)

Sticken ist eine textile Technik, bei der ein Trägermaterial (Stoff, Leder, Papier) mittels Durchziehen oder Aufnähen von Fäden verziert wird. Es gibt eine Vielzahl von Sticktechniken.

Eine Sonderform ist die Federkielstickerei.

Ein sogenanntes „Stickmustertuch“, zur Übung bestickt mit dem Alphabet, 19. Jahrhundert

Geschichte der Stickerei

Liturgisches Gewand aus dem 15. Jahrhundert, Gent

Von den Chinesen von alters her gepflegt, war die Stickerei auch den alten Indern und Ägyptern bekannt. Diese gingen in ihren verzierenden Zeichnungen noch nicht über geometrische Figuren hinaus, wogegen die Assyrer zuerst Tier- und Menschengestalten auf ihren glatt anschließenden Kleidern und Vorhängen zur Darstellung brachten. Von ihnen lernten die Griechen und von diesen die Römer, welche die Stickerei phrygische Arbeit nannten. Im Mittelalter wurde sie in den Klöstern im Dienste des Kultus für geistliche Gewänder und Altarbekleidung (Paramente) gepflegt.

Ihre Arbeiten wurden vom 11. Jahrhundert an von arabischen Kunstanstalten übertroffen. Seltene Beispiele, wie ein deutscher Kaiserkrönungsmantel, zeugen noch heute von der Höhe der damaligen Stickereikunst. Mit der geistigen Bildung kam auch die Kunst des Stickens in weltliche Hände. Erst in England, später aber in Burgund erreichte sie im 14. Jahrhundert die höchste Ausbildung und ist seitdem langsam bis auf unsere Zeit ganz in Verfall geraten, wo auch sie an der allgemeinen Hebung des Kunstgewerbes ihren Anteil erhielt und jetzt eine verständnisvolle Pflege, zum Teil durch größere Ateliers (Bessert-Nettelbeck in Berlin), findet.

Die Stickerei verziert nicht nur, sondern sie bedeckt oft den ihr zu Grunde gelegten Stoff ganz; man könnte danach Weiß- und Buntstickerei unterscheiden, wenngleich auch bei der letzteren zuweilen der Grund frei stehen bleibt.

Buntstickerei

Hochzeitsponcho für Männer der Tzutuhil in Guatemala. Gewebt und von Hand mit Blumen- und Vogelmotiven hochwertig, beidseitig bestickt von der Braut für den Bräutigam. Arbeitszeit 6 – 8 Wochen.
Detailaufnahme der Vogel- und Blütenstickerei des Hochzeitsponchos
Stickerei der Zinacantántzotzilmaya in ChiapasMexiko.

Die Buntstickerei kann entweder auf einen dichten Grund, auf Leinwand, Tuch, Seide, Leder, oder auf einen eigens dazu gefertigten, siebartig durchlöcherten Stoff, Kanevas, aus Hanf, Leinen, Baumwolle, auch Seide aufgesetzt sein. Auf Kanevas werden hauptsächlich der gewöhnliche Kreuzstich und seine Abarten (Gobelinstich, Webstich) ausgeführt sowie der sehr feine Petitpoint-Stich, welcher sehr zarte, mosaikartige Bildnerei ermöglicht. Weniger mühsam als der letztere, aber besser als der Kreuzstich zur figürlichen Darstellung geeignet ist der Plattstich, mit dem die mittelalterlichen Arbeiten fast durchgängig auf dichtem Grund gefertigt sind. Während der Petitpoint-Stich nur mit Seidenfäden hergestellt wird, verwendet man für die anderen Sticharten gewöhnlich gefärbte Wolle, wenn auch bei ihnen Seide, Goldfäden und sogar zeitweise mit eingenähte Perlen nicht ausgeschlossen sind. Andere Arten der Stickerei sind: der Kettenstich, bei welchem jeder Stich doppelt gemacht wird, indem der Faden von unten nach oben und durch dasselbe Loch wieder zurückgeht, so eine Schleife bildend, durch welche er, nachdem er durch ein neues Loch wieder nach oben gekommen, gezogen wird; der Steppstich, bei welchem auf der unteren Seite des Stoffes ein langer Stich gemacht wird, auf der oberen Seite um die Hälfte der Ausdehnung desselben wieder zurückgegriffen wird, so dass auf der unteren Seite jeder Stich doppelt so lang ist wie oben; in umgekehrter Anwendung entsteht der Stielstich. Noch andere Arten des Stichs (Flechtenstich, Doppelstich, Gitterstich, maurischer, spanischer Stich) sind bei Lipperheide, Muster altitalienischer Leinenstickerei (Berl. 1881–85, 2 Bde.), beschrieben.

Die Art der im Mittelalter hochberühmten Goldstickerei, die so wunderbare Wirkung hervorbrachte, wie man sie noch an den in Wien aufbewahrten so genannten burgundischen Gewändern (Kaseln) aus dem 15. Jahrhundert sieht, ist technisch sehr von der unsrigen verschieden. Während jetzt die Goldfäden wie andere Fäden behandelt werden, legte man sie früher parallel nebeneinander und nähte sie mit Überfangstichen fest. Auf den so erst gebildeten Grund wurde nun mit Plattstich die eigentliche Stickerei gesetzt, durch welche das Gold hindurchschimmerte (Reliefstickerei). Die heutige Gold- und Silber-Kannetillestickerei nähert sich schon der Perlenstickerei. Dieses reihenweise Aufnähen billiger Glasperlen hat dadurch, dass es den Grundstoff schwer und unbiegsam macht, viel zum Verfall der Kunst beigetragen. Für den künstlerischen Wert ist allemal die Vorzeichnung des Musters wichtig, die jetzt selten die Erfindung des Verfertigers einer Stickerei ist. Die Herstellung der Muster ist dagegen zum besonderen Industriezweig der Dessinateure oder Musterzeichner geworden.

Eine eigene Art der Stickerei ist noch das Tamburieren, das nicht mit der Nähnadel, sondern mit dem Häkelhaken geschieht, wie auf den Handrücken feiner Glaceehandschuhe. Ferner werden jetzt feine Lederwaren, namentlich in Amerika, sehr zart durch auf der Nähmaschine hergestellten Steppstich verziert.

Weißstickerei

St. Galler Stickerei-Muster: Mittelfeines rundes Sujet

Die Weißstickerei, abgesehen von der Namenstickerei, dem Zeichnen der Wäsche, beschränkt sich auf Verzierung der Wäsche und des Tischzeugs in Leinwand oder Baumwolle (deshalb auch Leinenstickerei genannt). In der so genannten französischen oder hugenottischen Weißstickerei herrscht mehr der Plattstich, in der englischen der durchbrochene Arbeit liefernde Bindlochstich vor; doch kommen bei beiden noch der Languettenstich und verschiedene Phantasiestiche zur Anwendung. Die venezianische Weißstickerei, bei der stellenweise der Grund nach der Arbeit entfernt wird, so dass die durchbrochenen Stellen durch feine Fadenverschlingungen gefüllt werden, streift schon nahe an die Spitzennäherei. Die Weißstickerei ist im westlichen Europa mehr Sache der Industrie; in Deutschland wird sie im sächsischen Vogtland, namentlich in Plauen (Vorläufer der Plauener Spitze), und den angrenzenden Gegenden des Erzgebirges und des in Bayern gelegenen Oberfranken und zwar in ausgedehntester Weise mit Stickmaschinen (siehe dort) betrieben. Die traditionelle Form dieser aufwändigen Handarbeit wird in Deutschland auch heute noch im Bereich der Schwalm in Nordhessen betrieben. Das Zentrum der deutschen Maschinenstickerei ist seit 1890 die Stadt Plauen und Umgebung, welche durch die Plauener Spitze bekannt wurde.

Haarstickerei

Bei der Haarstickerei wird anstelle von Garn menschliches Haar verwendet, das wegen seiner dünnen, glänzenden Glätte besonders feine Stickereien ähnlich wie Seidenstickereien ermöglicht.

Diese Art der Stickerei wird noch in China ausgeübt, wo sie vor über 1300 Jahren in der Provinz Jiangsu entstanden ist.[1]

Über Stickereien mit Menschenhaar im 19. Jahrhundert wurde auch aus Mexiko berichtet [2], sowie aus Frankreich und Deutschland[3].

Techniken

Kreuzstich

Stickmuster-Tuch von 1735, Kreuzstich

Bei dieser Technik werden kleine Kreuze auf einen zählbaren Stoff gestickt. Dabei wird zuerst ein schräger Stich gemacht, dann darüber ein zweiter in einem Winkel von 90 Grad dazu. Stickt man mehrere Kreuze in einer Reihe, so stickt man zuerst alle unteren Stiche nebeneinander und dann die oberen Stiche in einer Rückreihe darüber.

Für diese Technik ist es sinnvoll, einen Stoff zu benutzen, der grob gewebt ist und zählbare Fäden aufweist.

Goldstickerei

Goldstickerei, 19. Jahrhundert

Die Goldstickerei bildet neben der Perlenstickerei die kostbarste Stickform. Dabei werden mit Goldfäden Ornamente auf einem textilen Träger aufgebracht. Sie dient hauptsächlich der Herstellung von Posamenten und wird für Paramente liturgischer Gewänder verwendet.

Bargello

Auch Florentiner Stickerei, eine die gesamte Fläche bedeckende Stickerei, bei der die Stiche parallel zum Fadenlauf über zwei bis fünf Querfäden geführt werden. Durch leichtes Versetzen der Stiche entstehen abstrakte Zickzack- oder Kurvenmuster. Älteste nachweisbare Anwendung auf Stühlen des 17. Jahrhunderts im Besitz des Museo nazionale del Bargello, nach dem die Technik auch benannt ist.

Kelim

Kissenplatte mit Kelimstichmuster

Der Kelimstich und seine Abwandlung, der Stengelstich, bilden Muster, die wie gestrickt aussehen. Das Kelimstichmuster weist waagerechte Rippen auf; die vom Stengelstich sind senkrecht. Beide Muster setzen sich aus Reihen diagonaler Stiche zusammen, wobei in jeder zweiten Reihe die Stiche entgegengesetzt verlaufen. Beim Stengelstich werden zwischen den Kelimstichreihen Rückstiche gearbeitet. Beide Stiche eignen sich für große und kleine Musterbereiche.

Gobelin

Die Gobelinstickerei ist ein Imitat der Bildwirkerei, benannt nach der Gobelin-Manufaktur. Im Gegensatz zur Wirktechnik, die Farbflächen durch Einlegen verschiedenfarbiger Schussfäden in die gespannten Kettfäden entstehen lässt, werden beim Gobelin-Sticken die Fadenkreuze des Trägermaterials mit farbigem Stickgarn diagonal überstickt. Der Charakter des Bildes wird bestimmt durch das geschickte stichweise Zusammensetzen mit wenigen Farbtönen. Für Wandbilder, für Kissen und andere dekorative Handarbeiten wird in der Regel spezielles Stramingewebe mit Tapisserie-Stickgarn aus reiner Schurwolle bestickt. Im Fachhandel gibt es speziell zusammengestellte Stickpackungen, die sowohl den Stramin, auf dem das Bildmotiv bereits aufgedruckt sein kann, als auch das Stickgarn enthalten. Gobelin-Stich: Mit der sehr einfachen, auch halber Kreuzstich genannten, Sticktechnik wird das Motivfeld auf dem Trägermaterial vollständig bestickt, mit immer in der gleichen Richtung verlaufenden diagonalen Überspannungen der Fadenkreuze. Die Qualität der fertigen Handarbeit zeigt sich in der Gleichmäßigkeit der Stiche, die das Trägermaterial vollständig überdecken.

Nadelmalerei

Kissenhülle mit Nadelmalerei

Man spricht von Nadelmalerei, wenn Farbübergänge bei den Darstellungen erzeugt werden, die an gemalte Bilder erinnern. Bei der Nadelmalerei werden Plattstiche ineinandergreifend gestochen und in feinen Farbschattierungen nuanciert. Die Stiche werden dabei dicht gesetzt, die Richtung der Stiche folgt dabei der Form des Musters. Die Nadelmalerei wird oft mit Stielstichen, Spaltstichen und Knötchenstichen kombiniert.

Als Stickmaterial eignet sich besonders ungezwirnte, wenig gedrehte Seide. Es kann aber auch Wolle, Chenille oder Gespinst verwendet werden.

Ajour-Stickerei

Unter Ajourstickerei versteht man eine Stickerei, bei der mit einem Faden locker gewebte Stofffäden zusammengezogen werden, dabei entstehen Durchbrüche. Die Ränder müssen nicht versäubert werden, da die Durchbrüche nur durch das Zusammenziehen der Fäden erreicht werden. Mit unterschiedlichen Stichvariationen erreicht man unterschiedliche Arten von Durchbrüchen, die dann noch mit weiteren Spitzenstichen gefüllt werden können. Berühmte Beispiele dieser Stickerei waren die Dresdner Spitze und die Ayrshire Stickerei aus Schottland.

Klassische Stickereien wurden nur in Weiß gestickt.

Richelieu

Handgefertigte Richelieuarbeit

Eine auch heute noch beliebte Form der Weißstickerei ist die sogenannte Richelieu- oder Ausschnittstickerei. Dabei wird mit Festonstich (auch Languetten- oder Schlingstich genannt) die Kantenlinie oder der Lochrand dick nachgestickt. Daraufhin kann der Stoff unter der Kante des Festonstichs an der Außenkante oder im Loch vorsichtig weggeschnitten werden. Diese Stickerei wurde nach Kardinal Richelieu genannt, der sie als billigeren Ersatz für die aufwändige Nadelspitze einführen ließ.

Hardanger

Hardanger-Sticktechnik ist eine spezielle Durchbruchsticktechnik.

Sashiko

Japanische Verziertechnik

Quillarbeit

Quillarbeit ist eine von Indianern benutzte Verziertechnik.

Mallorcinische Stickerei

Hier werden teilweise mit der Häkelnadel Luftmaschen auf den Stickgrund gehäkelt. Häkelt man zwei Reihen mit etwas Abstand, so kann zwischen den beiden Reihen eine Fläche gestickt werden, indem man die Luftmaschenfäden zum fixieren nutzt.

Eine weitere Eigenschaft dieser Stickform ist, dass auch bei nah beieinander liegenden Motiven keine Fäden gezogen werden und man somit sogar einen Lampenschirm besticken kann.

Hilfsmittel

Garn

Zum Sticken benutzt man spezielle Garne. Die heute gebräuchlichsten sind Sticktwist und Perlgarn. Sticktwist ist 6-fädig und lässt sich für feine Stickereien auch in dünnere Stränge zerteilen. Perlgarn ist unteilbar, dafür ist es glänzend und hat eine glattere Oberfläche. Aber auch andere Materialien kann man versticken und wurden in vergangenen Jahrhunderten auch verstickt, zum Beispiel Seidenfilament, gezwirntes Seidengarn, schmale Seidenbändchen, Wollgarn, Baumwoll(näh)garn oder Effektgarne wie Chenille.

Sticknadeln

Nadeln sind das wichtigste und elementarste Arbeitswerkzeug zum Nähen und Sticken. Eine Näh- bzw. Sticknadel ist im Allgemeinen ein speziell geformter Metallstift mit einem Öhr oder einem eingearbeiteten Haken, mit dem Flächengebilde durchstochen werden können. Die Nadeln sind mit einer oder mit zwei Spitze(n) versehen. Durch das Öhr wird der Näh- bzw. Stickfaden, auch als Nadelfaden bezeichnet, gezogen / gefädelt. Durch den Haken der Hakennadel (Nadel für Kurbel- und Kettenstichmaschinen) kann nach dem Durchstechen des Nähgutes bzw. des Stickbodens eine Fadenschlaufe erfasst werden und so eine Stichbildung erfolgen.

Es werden fünf Grundtypen von Nadeln unterschieden:

Handnähnadel

Nadeln für das Handnähen und -sticken sind länglich dünne gerade oder gebogene Metallstifte, die an einem der Enden in einer Spitze auslaufen und am anderen Ende ein Öhr aufweisen. Es gibt sie

  • mit runder Spitze für zählbare Gewebe (Aida, Stramin etc.) und
  • mit spitzer Spitze für feinfädigere Stoffe.

Außerdem gibt es verschiedene Größen. Je feinfädiger der Stoff, desto dünner sollte auch die verwendete Nadel sein. Der Nadeldurchmesser, die Länge der Nadel und das Öhr (Größe und Form) sind für den Einsatz als Näh- oder Sticknadel und für den zu verarbeitenden Faden unterschiedlich gestaltet. Sticknadeln sind meist kürzer und weisen ein längeres und größeres Öhr auf.

Die einspitzige Näh- und Sticknadel war jahrhundertelang das wichtigste Werkzeug für das Nähen und Sticken.

Maschinennadel

Näh- und Stickmaschinennadeln sind öhrspitzige Nadeln, d. h. das Öhr befindet sich im Bereich der Nadelspitze. Da Näh- oder Stickfäden bei den Maschinennadeln bei jedem Stich durch das Öhr gleiten, haben die Öhre eine besondere Form. Sie müssen so ausgebildet sein, dass die zu verarbeitenden Nadelfäden nicht beschädigt und dass bei einer hohen Anzahl von Stichen pro Zeiteinheit Fadenbrüche vermieden werden.

Die Nadeln für Stickmaschinen werden heute in einer Vielzahl von Spezialausführungen hinsichtlich Form und Ausbildung des Öhrs, der Spitze, Oberfläche, des Material usw. angeboten. Für das Einfädeln des Nadelfadens in das Öhr während des Laufs der Schiffchenstickmaschine — Gangfädeln — und auch bei Stillstand der Maschine werden Fädelhaken, auch Fädelhäkchen genannt, verwendet.

Stickgrund

Stickerin in einem Dorf in Italien, über ihrer Arbeit eingenickt

Je nach der angewandten Technik gibt es verschiedene Stoffe, die sich zum Sticken eignen. Für Kreuzstich sollte der Stoff zählbar sein, für Nadelmalerei ist dies dagegen nicht nötig. Zählbare Stoffe sind unter anderem Aida-Stoff, Stramin oder Leinen. Ungeeignet für jede Art von Stickerei sind dagegen Stretchstoffe. Für Petit Point Stickerei wird gerne auf Seidengaze zurückgegriffen.

Stickrahmen

Um den Stoff durch die Stickerei nicht zusammenzuziehen und um Verzerrungen im Muster zu vermeiden, spannt man den Stoff straff in einen Stickrahmen. Dieser ist in der Regel rund und besteht aus einem inneren und einem äußeren Ring, zwischen die der Stoff gelegt wird.

Schwere Stoffe oder Stoffe, die z. B. eine Goldstickerei erhalten, benötigen einen eckigen Rahmen, der aus einem Holm und zwei gelochten Latten besteht. Der Stoff muss als Rechteck an den Holmen festgenäht, eventuell auf die Holme aufgerollt und anschließend mit den gelochten Latten, die durch die Holme geführt werden, gespannt werden. So lassen sich auch großformatige Stickereien sehr gut verzerrungsfrei realisieren.

Sichthilfen

Gerade für feine Stickerei ist es hilfreich, eine an einem schwenkbaren Arm befestigte Lupe zu benutzen. Solche Lupen gibt es auch mit integrierter Lampe. Lupen sollten ausreichend groß und nahe an der Stickstelle sein, um zweiäugiges Sehen durch die Lupe zu ermöglichen.

Schon eine Lesebrille bietet den Vorteil eines näher reichenden Schärfebereich des Auges.

Besonders helle, nicht blendende Beleuchtung lässt sich durch eine Lampe mit kleinem Schirm, die dem Stickgut bis auf 10 oder 20 Zentimeter nahegerückt wird, erzeugen.

Helles Licht erlaubt es dem Auge die Pupille stark abzublenden, was hohe Schärfentiefe erzeugt und die Randfehler der Linse eliminiert.

Stickmuster

Stickmuster sind meist auf Papier oder Stoff gedruckt. Papiervorlagen gibt es als Farbvorlagen oder Symbolvorlagen. Teilweise werden auch gestickte Vorlagen für die Stickerei, wie z. B. bei Mustertüchern verwendet.

Maschinsticken

Geografische und technische Entwicklung

Schweizer Textilkaufleute aus St. Gallen haben um 1751 in Lyon (F) das Handsticken bei türkischen Frauen abgeschaut. Über Sticklehrerinnen wurde im Nordosten der Schweiz und ab 1763 auch in Vorarlberg dieses Handwerk verbreitet.

1818 gab es in Vorarlberg etwa 6.000–10.000 Stickerinnen bei einer Einwohnerzahl von um 100.000.

1828 wurde von Josua Heilmann aus Mülhausen (Elsass) eine Handstickmaschine entwickelt, die eine doppelspitzige Nadel ganz durch ein Gewebe und an einer anderen Stelle wieder zurückführt.

1863 kam die Kettenstichmaschine.

In der Schifflistickmaschine, 1873 von Isaak Gröbli aus Gossau SG bei der Weltausstellung Wien prämiert, sticht die spitzöhrige Nadel nur mit einem Teil ihrer Länge durch das Material, und wird der Nadelfaden an der Gegenseite mit dem Schiffchenfaden verschlungen. Kürzerer Nadelweg und längere Schiffchenfaden bringen höhere Effizienz als die ältere Technik.

Elektromotor und Pantograf mit Lochkartensteuerung führten zum Stickautomaten.[4]

Heute ist digitale Ansteuerung anhand von Grafikdateien Stand der Technik, um Schriften, Logos oder auch mehrfärbige Bilder zu sticken.

Bestickte Textilien

Branding von Bekleidung für Markenfirmen, Sportvereine, Nationalmannschaften erfolgt heute oft durch Digital-Sticken. In einem Zug besteht die Möglichkeit Stücke zu personalisieren, etwa durch Aufsticken des Namens einzelner Sportler.

Abzeichen zum Aufnähen auf Kleidungsstücke, werden zumindest seit 1970, also ohne digitale Grafikerstellung, massenhaft hergestellt – für staatliche Uniformen, Pfadfinderuniformhemd, Rotkreuzjacke, Rennfahrerkapperl. Labeling von Markentextilien erfolgte anfangs eher mit Auf- oder Annähen oder Aufkleben eines Etiketts. Zunehmend werden Textilien (oder ein Schnittteil vor dem Zusammennähen) einzeln bestickt. Es kommt vor, dass dabei regen- und winddichte Stoffe von/für etwa Regenjacken oder Handschuhe durch Stickerei verletzt, doch an der Rückseite wieder dicht abgeklebt werden.

Gestickte Motive auf Kleidungsstücken sind mitunter dauerhafter gegen Abscheuern und Waschen als Aufdrucke.

In Österreich erschienen seit 2005 in Vorarlberg gestickten Sondermarken mit hohem Nominale mit typischen Souvenir-Motiven:[5]

Literatur

  • Thérèse de Dillmont: Encyklopaedie der weiblichen Handarbeiten. Bibliothek DMC, Dornach (Elsass) um 1900.
  • Uta-Christiane Bergemann: Europäische Stickereien 1650-1850. Krefeld 2006.
  • Lothar Bühring, Nora Grawitter: Fachlexikon Stickerei und Spitze. (CD-ROM, Deutsch / Englisch) 2. Auflage, Deutsches Innovationszentrum für Stickerei e.V., 2010.
  • Ruth Grönwoldt: Stickerei von der Vorzeit bis zur Gegenwart. München 1993.
  • Franziska, Karl und Georg Rettenbacher: Goldstickerei. Ein Bilder- und Werkbuch. 2 Bände, GuTverlag, München / Simbach am Inn 2003 / 2005.
  • Friedrich Schöner, Klaus Freier: Stickereitechniken. Fachbuch der Hand- und Maschinenstickerei. VEB Fachbuchverlag, Leipzig 1982.

Siehe auch

Commons: Stickerei – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Haarstickerei - eine alte orientalische Kunstart. Abgerufen am 29. Dezember 2013.
  2. Eduard Seler in Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte: Zeitschrift für Ethnologie. Verlag von A. Asher & Co, 1888, S. 506 (archive.org).
  3. Johanna Mestorf in Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte: Zeitschrift für Ethnologie. Verlag von A. Asher & Co, 1889, S. 109–110 (archive.org).
  4. Geschichte der Vorarlberger Stickerei sticker.at, Vorarlberger Stickereiwirtschaft, Wirtschaftskammer Vorarlberg. Abgerufen 28. September 2018.
  5. Ein Steirerhut zum Kleben orf.at, 28. September 2018, abgerufen 29. September 2018.