Ianthinit

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Ianthinite
Violette Ianthinitkristalle aus Menzenschwand, teilweise mit gelbem Überzug aus Schoepit sowie gelben Schoepit-Kristallen pseudomorph nach Ianthinit (Bildbreite: 5,8 mm)
Allgemeines und Klassifikation
Chemische Formel U4+2[(UO2)4|O6|(OH)4]·9H2O[1][2]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Oxide und Hydroxide
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

IV/H.01
4.GA.10
05.06.01.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem orthorhombisch
Kristallklasse; Symbol orthorhombisch-pyramidal; mm2[3]
Raumgruppe (Nr.) P21cn[4] (Nr. 33)
Gitterparameter a = 7,178 Å; b = 11,473 Å; c = 30,39 Å[4]
Formeleinheiten Z = 4[4]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 2 bis 3[5]
Dichte (g/cm3) berechnet: 5,24[3]
Spaltbarkeit vollkommen nach {001}[5]
Bruch; Tenazität uneben
Farbe violett, schwarz
Strichfarbe braun, violett
Transparenz durchscheinend
Glanz Metallglanz, Glasglanz
Radioaktivität sehr stark
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,674
nβ = 1,900
nγ = 1,920[5]
Doppelbrechung δ = 0,246[5]
Optischer Charakter zweiachsig negativ
Achsenwinkel 2V = gemessen: 58°; berechnet: 30°[5]
Pleochroismus sichtbar:
X = c = farblos
Y = b = violett
Z = a = dunkelviolett[5]
Weitere Eigenschaften
Besondere Merkmale Ianthinit ist instabil an Luft und wandelt sich durch Oxidation zu Schoepit beziehungsweise Metaschoepit um

Ianthinit ist ein eher selten vorkommendes Uranmineral aus der Mineralklasse der „Oxide und Hydroxide“. Es kristallisiert im orthorhombischen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung U4+2[(UO2)4|O6|(OH)4]·9H2O[1][2] und entwickelt meist dunkelviolette, metallisch glänzende Kristalle mit nadeligem Habitus. Im Ianthinit kommt das Uran sowohl in der Oxidationsstufe +6 als auch in der Oxidationsstufe +4 vor. Aufgrund der Instabilität der Oxidationsstufe +4 gegenüber Luftsauerstoff verwittern die violetten Nadeln langsam und zeigen daher häufig einen gelben Überzug aus Schoepit ([(UO2)4|O|(OH)6]·6H2O) beziehungsweise Metaschoepit ((UO3)·nH2O n≈2).[6]

Etymologie und Geschichte

Erstmals entdeckt wurde Ianthinit 1926 von Alfred Schoep in der Shinkolobwe Mine (Kasolo Mine) in der heute zur Demokratischen Republik Kongo (Zaire) gehörenden Provinz Katanga.[4] Es erhielt seinen Namen aus dem griechischen Wort ianthinos (Vorlage:ELSalt) für ‚violett‘.[7]

Klassifikation

In der mittlerweile veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Ianthinit zur Mineralklasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort zur Abteilung der „Uranyl-Hydroxide und -Hydrate“, wo er zusammen mit Metaschoepit, Metastudtit, Paraschoepit, Schoepit und Studtit eine eigenständige Gruppe bildet.

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz'schen Mineralsystematik ordnet den Ianthinit ebenfalls in die Klasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort in die Abteilung der „Uranyl Hydroxide“ ein. Diese Abteilung ist allerdings weiter unterteilt nach der möglichen Anwesenheit weiterer Kationen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „ohne zusätzliche Kationen“ zu finden ist. Hier bildet es die unbenannte Gruppe 4.GA.10.

Auch die Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Ianthinit in die Klasse der „Oxide und Hydroxide“, dort allerdings in die Abteilung der „Uran- und thoriumhaltigen Oxide“ ein. Hier vertritt er die Unterabteilung der „Uran- und thoriumhaltige Oxide mit polyvalentem Uran“ mit der Nummer 05.06.01.01.

Kristallstruktur

Ianthinit kristallisiert orthorhombisch in der Raumgruppe P21cn (Raumgruppen-Nr. 33) mit den Gitterparametern a = 7,178 Å; b 11,473 Å und c 30,39 Å sowie 4 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[4]

Ianthinit enthält in seiner Struktur sowohl Uran in der Oxidationsstufe +6 (in Form des Uranyl-Ions UO22+) als auch in der Oxidationsstufe +4 (U4+). Die Uranyl-Ionen zeigen hierbei klassische pentagonal-bipyramidale Koordination, wobei die Uranyl-Sauerstoffatome die Spitzen der Pyramide darstellen und in equatorialer Positionen Oxid- (O2−) beziehungsweise Hydroxid-Ionen (OH) koordiniert sind. Die U4+-Ionen weisen dahingegen eine verzerrt oktaedrische Koordination auf. Diese Uran-Polyeder sind untereinander über Sauerstoffatome (aus O2−, OH und H2O) kantenverküpft und formen Schichten, die durch das Kristallwasser mittels Wasserstoffbrückenbindungen zusammengehalten werden. Die von Peter Burns et al. 1997 aufgrund von Einkristallstrukturanalyse ermittelte Formel [U4+2(UO2)4O6(OH)4(H2O)4](H2O)5 separiert die aufgefundenen Wassermoleküle: vier Wassermoleküle (innerhalb der eckigen Klammern) befinden sich innerhalb der Schichten, fünf Wassermoleküle befinden sich zwischen den Schichten und halten diese zusammen. Die Kristallstrukturanalyse zeigt gleichermaßen dass in einigen Bereichen des Kristallgitters das Uran(IV) schon teilweise zu Uran(V) beziehungsweise Uran(VI) oxidiert ist.

Aufgrund des Vorhandenseins von U4+-Ionen wird Ianthinit auch als Modellstruktur für die oxidative Auflösung von abgebranntem Kernbrennstoff betrachtet, da die aufgrund von Ionenradius, Bindungslängen mit Sauerstoff und chemischer Wertigkeit sehr ähnlichen Pu4+-Ionen theoretisch die Gitterplätze der U4+-Ionen einnehmen könnten.[4]

Eigenschaften

Das Mineral ist durch seinen Urangehalt von bis zu 78,3 Gew.-% verhältnismäßig stark radioaktiv. Unter Berücksichtigung der natürlichen Zerfallsreihen wird für Ianthinit eine spezifische Aktivität von etwa 140,1 kBq/g angegeben[3] (zum Vergleich: natürliches Kalium 0,0312 kBq/g).

Bildung und Fundorte

Ianthinit tritt in Assoziation mit Uranyl-Oxid-Hydraten wie Becquerelit und Vandendriesscheit auf. Es ist praktisch immer mit primärem Uraninit vergesellschaftet und tritt zudem auch in Paragenese mit Uranylcarbonaten wie Rutherfordin und Wyartit auf.[7] Die Bildung von Ianthinit ist jedoch verhältnismäßig wenig verstanden. Ianthinit könnte sich durch unvollständige Oxidation von Uraninit bilden, allerdings erfordert die Laborsynthese von Ianthinit aus Lösungen eine partielle Reduktion von Uran(VI). Die Vergesellschaftung von Ianthinit mit carbonatischen Mineralen scheint jedoch Hinweise zu geben, dass anaerobe beziehungsweise schwach reduzierende Umgebungen die Bildung des Minerals fördern.[4] Weitere mit Ianthinit vergesellschaftete Minerale sind Kasolit, Parsonsit, Dewindtit und Fourmarierit.[7] Die bei weitem bedeutendste Paragenese ist die mit Schoepit, Metaschoepit und Paraschoepit bedingt durch die Unbeständigkeit der Oxidationsstufe +4 des Urans im Ianthinit.[6] Walenta beschreibt im Jahre 1999 die beobachtete Umwandlung an einer Mineralprobe von Ianthinit aus der Grube Clara aus dem Jahre 1997. Zum Zeitpunkt des Fundes waren dem Finder die 1,5 mm langen Kristalle weitgehend als Ianthinit erhalten und zeigte lediglich Umwandlungen an den Kanten der Kristalle, wohingegen Walenta in derselben Mineralprobe nach weniger als zwei Jahren nur noch stellenweise Ianthinit nachweisen konnte.[8]

Neben seiner Typlokalität „Shinkolobwe Mine“ trat das Mineral in der Demokratischen Republik Kongo noch in der Musonoi Mine bei Kolwezi und in der Swambo Mine auf.

In Deutschland fand sich Ianthinit unter anderem in der Grube Krunkelbach nahe Menzenschwand sowie in der Grube Clara bei Oberwolfach in Baden-Württemberg. Weitere Fundstellen in Deutschland sind Schwandorf in Bayern und Mähring im Oberpfälzer Wald.

Weitere Fundorte liegen unter anderem in Australien, Frankreich, Italien, Mexiko, Slowakei sowie in den USA.

Vorsichtsmaßnahmen

Aufgrund der Toxizität und der starken Radioaktivität des Minerals sollten Mineralproben vom Ianthinit nur in staub- und strahlungsdichten Behältern, vor allem aber niemals in Wohn-, Schlaf- und Arbeitsräumen aufbewahrt werden. Ebenso sollte eine Aufnahme in den Körper (Inkorporation, Ingestion) auf jeden Fall verhindert und zur Sicherheit direkter Körperkontakt vermieden sowie beim Umgang mit dem Mineral Mundschutz und Handschuhe getragen werden.

Siehe auch

Commons: Ianthinite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 249.
  2. a b IMA/CNMNC List of Mineral Names; March 2014 (PDF 1,5 MB)
  3. a b c Webmineral - Ianthinite (englisch)
  4. a b c d e f Peter C. Burns, Robert J. Finch, Frank C. Hawthorne, Mark L. Miller, Rodney C. Ewing: The crystal structure of ianthinite, [U4+2(UO2)4O6(OH)4(H2O)4](H2O)5: a possible phase for Pu4+ incorporation during the oxidation of spent nuclear fuel In: Journal of Nuclear Materials. 1997, 249, S. 199–206 doi:10.1016/S0022-3115(97)00212-2
  5. a b c d e f Mindat - Ianthinite (englisch)
  6. a b Robert J. Finch, Frank C. Hawthorne, Rodney C. Ewing: Structural relations among schoepite, metaschoepite, and "dehydrated schoepite". In: The Canadian Mineralogist., Band 36, 1998, S. 831–845 (PDF 1,9 MB)
  7. a b c Ianthinite, In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America, 2001 (englisch, 70,1 kB; PDF)
  8. Kurt Walenta: Neue Mineralfunde von der Grube Clara. In: Lapis. Band 24, 1999 (11), S. 34–38.