Staubexplosion

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 26. März 2006 um 19:56 Uhr durch 80.137.39.130 (Diskussion) (Vorsorge). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Eine Staubexplosion ist der Spezialfall einer Explosion, die durch die Zündung feinverteilter fester Stoffpartikel zustande kommt. Die Folge ist eine plötzlich verlaufende Kraftentfaltung, die auf dem Ausdehnungsbestreben von plötzlich erhitzten Gasen und Dämpfen beruht.

Bedingungen

Gemische aus Staub und Luft sind explosionsfähig, wenn sie aus brennbaren organischen oder anorganischen Stäuben wie z. B. Kohle-, Mehl-, Holz-, Kakao-, Kaffee-, Stärke-, Aluminium- oder Cellulosestaub bestehen. Entscheidend für die Zündfähigkeit ist der Sauerstoffanteil in der Luft. Als Zündquelle können verschiedene elektrische oder mechanische Effekte mit ausreichender Temperatur und Energiedichte dienen. Als Zündquelle kann ein Funke, der z. B. durch das Ziehen eines elektrischen Steckers, ein schadhaftes Elektrogerät oder die Entladung elektrostatisch aufgeladener Kleidung verursacht wurde, ausreichen.

Während zur Herbeiführung einer Gasexplosion lediglich das Gas-Sauerstoff-Verhältnis im zündfähigen Bereich liegen und die Zündquelle die stoffabhängige Mindestzündenergie bei der Zündtemperatur liefern muss, müssen zur Herbeiführung einer Staubexplosion weitere Rahmenbedingungen eingehalten werden: Der Staub muss feinverteilt und brennbar sein, wobei die Größe der Staubpartikel eine stoffabhängige Maximalgröße nicht überschreiten darf.

Vorsorge

Mit der Verhinderung von Staubexplosionen beschäftigt sich der Bereich des Staubexplosionsschutzes. Hier werden die Möglichkeiten beschrieben, die zu einer Minimierung des Gefährdungspotentials führen. Die Ergebnisse der aktuellen Forschungsbemühungen fließen in Normungsvorhaben und Gesetzesinitiativen ein, die allerdings weltweit zu anderen Umsetzungen führt. Es werden Bestimmungen unterschieden, die sich an den Betreiber explosionsgefährdeter Anlagen richten (Betriebssicherheitsverordnung) und die für die Herstellung explosionsgeschützter Betriebsmittel (ATEX Produktrichtlinie 94/9/EG) notwendig sind. Prinzipiell hat der Betreiber das Gefährdungspotential seiner Anlage zu begutachten und die hieraus bedingten Maßnahmen zu definieren.

Geeignete Vorsorgemaßnahmen bestehen in der regelmäßigen Kontrolle der gesamten Anlagen, wie z. B. der regelmäßigen Überprüfungen der elektrischen Geräte, der Erdung von statisch aufladbaren Gegenständen und der Einhaltung der notwendigen Sauberkeit. Dies ist insbesondere wichtig, da schon eine wenige Millimeter dicke Staubschicht bei entsprechender Verwirbelung und gleichzeitigem Auftreten eines Zündfunkens zu einer Staubexplosion führen kann. Außerdem sind alle Maßnahmen, die im Explosionsschutzdokument für die jeweilige Anlage festgeschrieben sind, einzuhalten.

Gefahr und möglicher Ablauf von Staubexplosionen sind schwer einzuschätzen, dies erklärt sich beispielhaft mit Hilfe des folgenden Szenarios: Durch unzureichende Reinigungsmaßnahmen in einem Mühlengebäude sammelt sich eine Mehlstaubschicht auf einem Elektromotor. Als Folge der guten thermischen Isolationsfähigkeit der Stäube kommt es zum Überhitzen des Motors, wodurch sich die Staubschicht entzündet. Hierdurch entstehen Glutnester, die ohne sichtbare Flamme glimmen. Durch das Öffnen einer Tür entsteht eine Luftströmung, die zu einer Verwirbelung der Staubschicht in der Nähe der Glutnester führt. Es kommt zu einer Verpuffung, die zunächst keine Schäden anrichtet. Allerdings wird durch diese Verpuffung Mehlstaub in der Luft gewirbelt, so dass nun eine Explosionsfähige Atmosphäre mit großem Volumen entsteht. Die noch vorhandenen Glutnester entzünden das Staub-Luft-Gemisch, erst diese Explosion richtet den Hauptschaden, bis hin zur Zerstörung der gesamten Anlage, an.

Brandbekämpfung

Bei Löscharbeiten muss darauf geachtet werden, dass durch den Wasserstrahl kein Staub aufgewirbelt wird, da sich dieser dann explosionsartig entzünden und zu einer Ausbreitung des Feuers führen kann. Weiterhin ist die Staubbildung in den Bereichen zu beobachten, die sich in relevanter Nähe zum Brandbereich befinden. Bei der Beurteilung der Gefahren bei Bränden in staubgefährdeten Bereichen wird oft die Möglichkeit einer Gasexplosion übersehen, bei der Gasgemische gezündet werden können, die durch eine unvollständige Verbrennung entstehen (z. B. Kohlenmonoxid).

Ein Beispiel ist die Explosion in der Bremer Rolandmühle. Am 6. Februar 1979 wurde durch einen kleinen Brand die bisher größte Mehlstaubexplosion im deutschsprachigen Raum ausgelöst. Für die Schwere des Schadens war der Umstand maßgeblich, dass das relativ kleine Schadenfeuer eine Kettenreaktion ausgelöst hat, bei der durch jede Explosion eine weitere und teilweise auch heftigere Explosion ausgelöst wurde. Die Schadenbilanz verzeichnet 14 Tote und 17 Verletzte sowie einen Sachschaden in der Größenordnung von umgerechnet etwa 50 Millionen Euro.

In verschiedenen Kohlebergwerken kam es zu Kohlenstaubexplosionen.


Literatur

  • Barton, J.: "Dust Explosion, Prevention and protection, a Practical Guide.", IChemE, Warkwickshire, 2002, ISBN 0-85295-410-7
  • Hesener, U.: "Ein wissensbasiertes System zur Sicherheitsbetrachtung bei staubverarbeitenden Anlagen.", Fortschr.-Ber. VDI Reihe 3 Nr. 508, VDI Verlag, Düsseldorf, 1997, ISBN 3-18-350803
  • Lienenklaus, E.; Wettingfeld, K.: "Elektrischer Explosionsschutz nach DIN VDE 0165", 2. Auflage, VDE Verlag, Berlin und Offenbach, 2001, ISBN 3-8007-2410-3
  • Olenik, H., u.a.: "Elektroinstallation und Betriebsmittel in explosionsgefährdeten Bereichen", Hüthig & Pflaum, München/Heidelberg/Berlin, 2000, ISBN 3-8101-0130-3