Kieserit (Mineral)

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Kieserit
Allgemeines und Klassifikation
Andere Namen

Martinsit

Chemische Formel Mg[SO4]·H2O
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Sulfate (und Verwandte)
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

VI/C.01
7.CB.05
29.06.02.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem monoklin
Kristallklasse; Symbol monoklin-prismatisch; 2/m[1]
Raumgruppe C2/c (Nr. 15)Vorlage:Raumgruppe/15[2]
Gitterparameter a = 6,89 Å; b = 7,62 Å; c = 7,65 Å
β = 117,7°[2]
Formeleinheiten Z = 4[2]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 3,5
Dichte (g/cm3) gemessen: 2,571; berechnet: 2,571[3]
Spaltbarkeit vollkommen nach {110} und {111}; unvollkommen nach {111}, {101} und {011}[3]
Bruch; Tenazität uneben
Farbe farblos, weiß, hellgrau, hellgelb
Strichfarbe weiß
Transparenz durchsichtig bis durchscheinend
Glanz Glasglanz bis matt
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,520
nβ = 1,533
nγ = 1,584[4]
Doppelbrechung δ = 0,064[4]
Optischer Charakter zweiachsig positiv
Achsenwinkel 2V = 55° (gemessen); 56° (berechnet)[4]
Weitere Eigenschaften
Chemisches Verhalten wasserlöslich, bitterer Geschmack

Kieserit ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Sulfate (und Verwandte, siehe Klassifikation)“. Er kristallisiert im monoklinen Kristallsystem mit der Zusammensetzung Mg[SO4]·H2O[2], ist also chemisch gesehen ein wasserhaltiges Magnesiumsulfat.

Kieserit entwickelt nur selten größere dipyramidale Kristalle. Meist findet er sich in Form grob- bis feinkörniger oder masseriger Mineral-Aggregate. In reiner Form ist das Mineral farblos und durchsichtig. Durch vielfache Lichtbrechung aufgrund von Gitterbaufehlern oder polykristalliner Ausbildung kann es aber auch weiß erscheinen und durch Fremdbeimengungen eine hellgraue oder hellgelbe Farbe annehmen, wobei die Transparenz entsprechend abnimmt.

Etymologie und Geschichte

Erstmals entdeckt wurde Kieserit bei Staßfurt im Sachsen-Anhalt und beschrieben 1861 durch Eduard Reichardt, der das Mineral nach Dietrich Georg von Kieser (1779–1862) benannte. Dieser war Professor, Mediziner und Psychiater an der Universität Jena.

Klassifikation

In der mittlerweile veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Kieserit Mineralklasse der „Sulfate, Chromate, Molybdate, Wolframate“ und dort zur Abteilung der „Wasserhaltigen Sulfate, ohne fremde Anionen“, wo er die nach ihm benannte „Kieserit-Gruppe“ mit der System-Nr. VI/C.01 und den weiteren Mitgliedern Cobaltkieserit, Dwornikit, Gunningit, Poitevinit, Sanderit, Szmikit und Szomolnokit bildete.

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Kieserit in die erweiterte Klasse der „Sulfate (Selenate, Tellurate, Chromate, Molybdate und Wolframate)“, dort allerdings ebenfalls in die Abteilung der „Sulfate (Selenate, etc.) ohne weitere Anionen, mit H2O“ ein. Diese ist jedoch weiter unterteilt nach der relativen Größe der beteiligten Kationen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit ausschließlich mittelgroßen Kationen“ zu finden ist, wo es ebenfalls die nach ihm benannte „Kieserit-Gruppe“ mit der System-Nr. 7.CB.05 bildet.

Die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Kieserit in die Klasse der „Sulfate, Chromate und Molybdate“ und dort in die Abteilung der „Wasserhaltigen Säuren und Sulfate“ ein. Hier ist er ebenfalls in der „Kieserit-Gruppe (Monohydrate)“ mit der System-Nr. 29.06.02 innerhalb der Unterabteilung „Wasserhaltige Säuren und Sulfate mit AXO4 × x(H2O)“ zu finden.

Kristallstruktur

Kieserit kristallisiert monoklin in der Raumgruppe C2/c (Raumgruppen-Nr. 15)Vorlage:Raumgruppe/15 mit den Gitterparametern a = 6,89 Å; b = 7,62 Å; c = 7,65 Å und β = 117,7° sowie 4 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[2]

Eigenschaften

In feuchter Luft nimmt Kieserit Wasser auf und wandelt sich in Epsomit um. Sein eigenes Kristallwasser gibt das Mineral erst beim Erhitzen auf über 200 °C ab.[5]

In Wasser ist Kieserit nur langsam löslich, als Pulver und mit etwas Wasser angerührt härtet er ähnlich aus wie Gips.[5]

Bildung und Fundorte

Kieserit findet sich in marinen Salz-Lagerstätten und bildet namentlich im Abraumsalz des Staßfurter Steinsalzwerkes Bänke bis zu 30cm Stärke. Des Weiteren ist Kieserit Bestandteil von kieseritischem Hartsalz. In seltenen Fällen bildet sich Kieserit auch durch Abscheidung aus vulkanischen Gasen. Als Begleitminerale treten unter anderem Anhydrit, Boracit, Carnallit, Coelestin, Epsomit, Halit, Leonit, Polyhalit und Sulfoborit auf.[3]

Als seltene Mineralbildung konnte Kieserit bisher nur an wenigen Fundorten nachgewiesen werden, wobei bisher (Stand: 2012) rund 60 Fundorte als bekannt gelten.[6] Neben seiner Typlokalität Staßfurt trat das Mineral in Deutschland unter anderem noch bei Neuhof (bei Fulda), Wintershall und im Kaliwerk Hattorf bei Philippsthal in Hessen; bei Wathlingen, Lehrte, Diekholzen und im Kaliwerk Siegfried-Giesen in Niedersachsen; bei Tarthun und Westeregeln in Sachsen-Anhalt sowie bei Bleicherode, Ronneburg und Merkers in Thüringen auf.

In Österreich fand sich Kieserit bisher bei Dürrnberg in Salzburg sowie in den Salzbergwerken bei Altaussee in der Steiermark und Hallstatt in Oberösterreich.

Weitere Fundorte liegen unter anderem am Mount Isa in Australien; in der englischen Grafschaft North Yorkshire; der griechischen Gemeinde Lavrio; auf Surtsey in Island; am Monte Sambuco in der italienischen Provinz Caltanissetta, im Kings County (New Brunswick) in Kanada; in den kasachischen Regionen Aqtöbe (Aksaital) und Westkasachstan; bei Winterswijk, Veendam und Zuidwending in den Niederlanden; in der pakistanische Provinz Punjab; bei Lasisk und Kłodawa in Polen; bei Kopeisk in Russland; bei Smolník in der Slowakei; bei Kladno (Böhmen) und Zastávka (Mähren) in Tschechien; in der Ukraine, bei Pécs-Vasas (Fünfkirchen-Eisenau) im ungarischen Komitat Baranya sowie in mehreren Bundesstaaten der Vereinigten Staaten von Amerika.[4]

Auch auf dem Mars, genauer im Gebiet von „Juventae Chasma“ in Terra Margaritifer konnte Kieserit nachgewiesen werden.[4]

Verwendung

In der Medizin dient Kieserit wie auch andere wasserlösliche Sulfate (Bsp.: Mirabilit) als Abführmittel (Laxativum).

In der industriellen Landwirtschaft dient das Mineral als Rohstoff zur Herstellung von Kieserit-Dünger.

Siehe auch

Literatur

  • Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1987, ISBN 3-342-00288-3, S. 667.
  • Helmut Schröcke, Karl-Ludwig Weiner: Mineralogie. Ein Lehrbuch auf systematischer Grundlage. de Gruyter, Berlin; New York 1981, ISBN 3-11-006823-0, S. 587.
Commons: Kieserite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Webmineral - Kieserite
  2. a b c d Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. 9. Auflage. E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 380.
  3. a b c John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols: Kieserite, in: Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America, 2001 (PDF 66,1 kB)
  4. a b c d e Mindat - Kieserite
  5. a b Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978 (Erstausgabe: 1891), ISBN 3-432-82986-8, S. 605.
  6. Mindat - Anzahl der Fundorte für Kieserit