Al-Qaida
Al-Qaida (arabisch القاعدة al-Qāida [ ]) ist der Name, mit dem ein Netzwerk islamistischer Terrororganisationen beschrieben wird, dem Anschläge in Kenia, Tansania, auf die Synagoge der Insel Djerba , Sharm El-Sheikh am 23. Juli 2005 und die Terroranschläge am 11. September 2001 in den USA zur Last gelegt werden. Al-Qaida wird zu den transnationalen Terrorgruppen gezählt und gilt dabei als „Prototyp“ für diese Art von Terrorismus.
Siehe auch: Fundamentalismus, Extremismus
Schreibweisen und Aussprache
Für das Terror-Netzwerk Al-Qaida (= Basis, Regel, Stützpunkt, Fundament, die Sitzende; als EDV-Terminus auch „Datenbank“) existieren in der Presse etliche unterschiedliche Schreibweisen. Zu ihnen gehören al-Qaida oder al-Qaeda, wovon letzteres - englisch ausgesprochen - der Originalaussprache am nächsten kommt. Weitere Varianten sind Al Kaida und El Kaida, was - deutsch ausgesprochen - der für die klassische Arabische Sprache üblichen Aussprache nahe kommt, sofern das i gesondert und das erste a betont, sehr offen und lang ausgesprochen wird (also El 'Kaa-ida). Manchmal sieht man auch die Schreibung al-Quaida, die in Bezug auf die Aussprache etwas irreführend ist.
Al-Qaida ist deshalb so schwer auszusprechen, weil es zwei in den europäischen und vielen anderen Sprachen nicht vorkommende Laute enthält. Zum einen das qaf [q], das wie ein Zäpfchen-k (an der Stelle, wo im Standarddeutschen und Schweizerdeutschen der ach-Laut artikuliert wird) auszusprechen ist und zum anderen das ain [ʕ], ein stimmhafter Pharyngal oder Rachenlaut, der von dem Langvokal a in den Kurzvokal i überleitet. Zu beachten ist ferner, dass auf keinen Fall das i lang ausgesprochen oder betont werden sollte, da das Wort ansonsten 'Partnerin' oder 'Lebensgefährtin' bedeutet. Die Tatsache, dass dieser Fehler dennoch von vielen westlichen Fernsehreportern begangen wird, wurde in der arabischsprachigen Welt mit Humor aufgenommen und war Anlass für zahlreiche Witze.
Struktur
Man geht davon aus, dass Al-Qaida keine fest umrissene Organisation ist, sondern ein internationales Geflecht verschiedener islamistischer Terrorgruppen. Ferner wird vermutet, dass die Gruppen mit dezentralen Netzwerkstrukturen untereinander verbunden sind und so keiner hierarchischen Führungsstruktur bedürfen. Persönliche Kontakte zwischen den Mitgliedern der einzelnen Zellen sind ausschlaggebend für den Informationsfluss. Als selbsternannter Wortführer und Idol dieser losen Gruppen gilt noch immer der Saudi Osama bin Laden. Die zwischenzeitlich erhobene Vermutung, dieser sei im Rahmen des Afghanistan-Krieges 2002 umgekommen, bestätigte sich nicht, da sich bin Laden wenige Tage vor der US-Präsidentenwahl 2004 wieder in einer Video-Botschaft zu Wort meldete.
Einige Beobachter vertreten die Ansicht, dass es keinen eigentlichen „Anführer“ gebe, sondern sich die Gruppen selbst verwalten und nur wenig Kontakt zu mehreren Führungspersönlichkeiten haben. Einerseits behauptete 1999 der saudische Dissident Saad El Fagih, dass die Al-Qaida lediglich eine Art Register von 20.000 bis 30.000 ehemaligen Afghanistan-Söldnern sei, andererseits bezeichnete im Jahre 1998 ein Gericht in Manhattan Al-Qaida als streng geführte Organisation, die mit Untergrundorganisationen in der gesamten islamischen Welt zusammenarbeitet.
Zum Teil wird die Struktur mit einer Franchisingstruktur (Nutzung einer Geschäftsidee gegen Entgelt) wie bei McDonald's verglichen. Jeder könne ein Franchisenehmer werden, der die richtige Ideologie habe und ein erfolgreiches Attentat verübe.
Es kann davon ausgegangen werden, dass in Afghanistan eine Infrastruktur bestand, in der Mitglieder der Gruppe systematisch für die Durchführung von Terrorangriffen ausgebildet wurden. Nach dem Afghanistankrieg ist vermutlich eine zweite Generation von Al-Qaida-Mitgliedern entstanden, die in verschiedenen Ländern ihre Verstecke und Ausbildungslager haben. Im Verdacht stehen Pakistan und Syrien.
Westliche Geheimdienste gehen davon aus, dass eine enge Verbindung zwischen dem pakistanischen Geheimdienst ISI, stark islamisch geprägten Ländern wie Saudi-Arabien und Iran und Al-Qaida besteht.
Zusammenfassend kann man Al-Qaida vermutlich eher als eine Idee verstehen, als eine Terrororganisation, denn die "Al-Qaida" zugeordneten Terroranschläge waren von stark unterschiedlichem Ablauf und Qualität. Als größten "Erfolg" Al-Qaidas können sicherlich die Anschläge vom 11.September 2001 angesehen werden, als Anschlag von geringster "Qualität" kann man dagegen die Ermordung von drei Ärzten im Jemen ansehen. Auch waren die Bomben in London nach Pressemeldungen mit Materialien hergestellt, die man angeblich in jeder Apotheke kaufen könne, ein weiteres Indiz für das Nichtbestehen einer zusammenhängenden Terrorgruppe. Die Anschläge in London deuten auch auf eine zunehmende Urbanisierung Al-Qaidas hin, denn die dortigen Attentäter lebten lange Zeit in Großbritannien. Der Leser sollte daher den Begriff "Al-Qaida" vorsichtig verwenden. Diese Betitelung wird zusehend als Mittel zur bloßen Desavouierung von Gegnern benutzt um den weiteren Krieg gegen den Terror zu rechtfertigen oder nicht genehme Personen oder Regierungen zu bekämpfen. So werden und wurden Widerstandskämpfer im Irak pauschal als Al-Qaida-Anhänger bezeichnet, ohne dafür irgendeinen Nachweis zu liefern. "Al-Qaida" bzw. "islamische Terrorristen" dient ähnlich wie im Kalten Krieg der Begriff "Kommunisten" dazu, den Gegner als "Böse" darzustellen.
Finanzierung
Al-Qaida hat legale und illegale Einnahmequellen. Zu den legalen Geldquellen zählen Spenden, legale Geschäfte und das Vermögen des Multimillionärs Osama bin Laden. Die illegalen Quellen sind Drogenhandel, Waffenhandel und kriminelle Geschäfte. Außerdem unterstützen private Akteure, wie z. B. arabische Millionäre, die Al-Qaida. Aber auch Staaten wie der Sudan und der Iran unterstützen nach Presseberichten Al-Qaida. Vermutet wird auch, dass Gelder aus Pakistan dem Terrornetzwerk zufließen. Das Vermögen von Al-Qaida wird auf rund 5 Milliarden Dollar geschätzt. Damit Al-Qaida langfristig kein Geld mehr hat, um Terroranschläge durchzuführen, versuchen die USA und andere Staaten die Konten der Al-Qaida einzufrieren.
Da im Islam der Wucher als eine Sünden gilt ist es muslimischen Gläubigen verboten, ihr Geld auf Banken anzulegen, welche Zinsen auf den eingezahlten Betrag zahlen. Aus diesem Grund besitzen Osama Bin Laden und die Al-Qaida nur Konten bei einer Bank in den Vereinigten Arabischen Emiraten und dies höchstwahrscheinlich unter falschen Namen.
Mitglieder
Als Gründer und Chef der Organisation gilt Osama bin Laden.
Zu den weiteren Führungskräften zählen bzw. zählten:
Andere bekannte Mitglieder sind bzw. waren:
- Mohammed Atta
- Ramzi bin asch-Schaiba
- Ahmad Chalfan al-Ghailani
- Faris as-Sahrani
- Abu Isa al-Hindi
- Abu Musab az-Zarqawi
- Abu Omar al-Kurdi
- Scharif al-Misri
Geschichte
Die Al-Qaida wurde wahrscheinlich um 1988 von Osama bin Laden als Fundament seiner Finanzorganisation ins Leben gerufen. Bin Laden hielt sich zu dieser Zeit in Afghanistan auf, wo ihm und seiner Terrororganisation Unterschlupf gewährt wurde. Ursprünglich kämpfte die Al-Qaida auf Seiten der afghanischen „Freiheitskämpfer“ und der USA gegen die sowjetischen Besatzungstruppen und hatte von Anfang an Unterstützung durch den pakistanischen Geheimdienst ISI. Erstmals erwähnt wurde der Begriff Al-Qaida im Antiterrorkampf Ende 1998.
Es wird vermutet, dass die Gründung der Al-Qaida ursprünglich auf das schändliche Verhalten der Großmächte während des Afghanistan-Krieges zurück geht.
Strategische Ziele
- den Sturz aller Regierungen, welche nicht nach ihrem Prinzip vorgehen. Dies geschieht vor allem auf der arabischen Halbinsel und in anderen arabischen Staaten, um dann an deren Stelle eine vermeintlich authentische islamische Ordnung, den Gottesstaat der „Rechtgläubigen", zu errichten.
- die Zerstörung Israels
- Angriff auf die Schutzmacht USA, und über kurz oder lang auf den Westen und seine offenen Gesellschaften generell.
- ein Ziel beinhaltet jedoch auch die Wiederherstellung des Kalifats (die Vereinigung aller Muslime unter einem muslimischen Herrscher). Diese Art des Denkens geht auf Abdullah Azzam zurück, welcher das Denken und Handeln Bin Ladens sehr stark beeinflusste, und welcher auch in gewisser Weise als Mitbegründer der Al-Qaida gilt (Azzam starb 1984 bei einem Bombenattentat). Zitat Azzam: „Diese Pflicht wird mit dem Sieg in Afghanistan nicht enden; der Djihad wird eine Verpflichtung jedes Einzelnen bleiben, bis alle anderen Länder, die einmal muslimisch waren, an uns zurück gegeben sind, so dass der Islam dort wieder herrschen wird: Vor uns liegen Palästina, Buchara, Libanon, Tschad, Eritrea, Somalia, die Philippinen, Burma, Südjemen, Taschkent und Andalusien.“
Zugeschriebene Anschläge
1993
- 26. Februar 1993 – Sprengstoffanschlag auf das World Trade Center in New York, es sterben 6 Menschen und ca. 1000 werden verletzt.
1995
- 5. September 1995 – Projekt Bojinka wird gestoppt.
- 13. November 1995 – Sprengstoffanschlag auf eine US-Militäreinrichtung in Riad (Saudi-Arabien), es werden 7 Menschen getötet.
1996
- 25. Juni 1996 Sprengstoffanschlag mit einem LKW auf den Khobar Tower nahe dem saudisch-amerikanischen Luftwaffenstützpunkt in Zahran (Saudi-Arabien), es sterben 19 Menschen und 64 werden verletzt.
1998
- 7. August 1998 – Bombenanschläge auf die amerikanischen Botschaften in Nairobi (Kenia) und Daressalam (Tansania), es sterben insgesamt 224 Menschen. Die Verantwortung für die Anschläge übernahm die Organisation Islamischer Dschihad des Ägypters Aiman az-Zawahiri.
2000
- 12. Oktober 2000 – Anschlag auf die USS Cole (DDG-67) im Hafen von Aden (Jemen) – 17 Tote und 39 Verletzte.
2001
- 11. September 2001 – Terroranschläge am 11. September 2001 in den USA, es sterben etwa 3.000 Menschen.
- 13. September 2001 – Plan zum Angriff auf Botschaft in Paris wurde gestoppt.
2002
- 23. Januar 2002 – In Pakistan wird der US-Journalist Daniel Pearl ermordet.
- 17. März 2002 – Anschlag mit Handgranaten auf eine Kirche in Islamabad (Pakistan) – 5 Tote.
- 11. April 2002 – Bombenanschlag auf eine Synagoge in Djerba (Tunesien), es sterben 19 Menschen, darunter 14 Deutsche.
- 8. Mai 2002 – Bei einem Attentat auf Ingenieure aus Frankreich sterben in Karatschi (Pakistan) 14 Menschen.
- 14. Juni 2002 – Bei einem Autobombenanschlag vor dem US-Konsulat in Karatschi sterben 12 Menschen.
- 5. September 2002 – Bei einem Autobombenanschlag in Kabul (Afghanistan) sterben 26 Menschen; der afghanische Präsident Karsai überlebt knapp.
- 6. Oktober 2002 – Beim Angriff auf den französischen Öltanker Limbourg im Jemen stirbt 1 Mensch.
- 12. Oktober 2002 – Bei Anschlägen gegen Diskotheken in Bali (Indonesien) sterben 202 Menschen.
- 28. Oktober 2002 – In Amman (Jordanien) wird ein amerikanischer Entwicklungshelfer erschossen.
- 28. November 2002 – Bei einem Anschlag auf israelische Touristen in Kenia sterben 16 Menschen.
- 30. Dezember 2002 – In Dschibla (Jemen) werden 3 amerikanische Ärzte erschossen.
2003
- 12. Mai 2003 – Bei einem Anschlag auf Ausländersiedlungen in Riad (Saudi-Arabien) sterben 35 Menschen.
- 14. Mai 2003 – Bei einem Anschlag in einem Gerichtsgebäude im Jemen sterben vier Menschen.
- 16. Mai 2003 – Bei fünf Anschlägen auf ausländische und jüdische Einrichtungen in Marokko sterben neben den Attentätern weitere 32 Menschen.
- 7. Juni 2003 – Bei einem Anschlag auf einen Bus der deutschen Bundeswehr sterben in Afghanistan vier deutsche Soldaten.
- 5. August 2003 – Vor einem Hotel in Jakarta sterben 12 Menschen.
- 8. November 2003 – Bei einem Anschlag auf Ausländersiedlungen in Saudi-Arabien sterben 18 Menschen.
- 15. November und 20. November 2003 – Bei vier (je zwei) Anschlägen in Istanbul sterben insgesamt 57 Menschen.
2004
- 11. März 2004 – Bei Anschlägen auf vollbesetzte Pendlerzüge in Madrid sterben 191 Menschen, etwa 1.500 werden verletzt. Grund: Spanien hatte Militärtruppen nach Irak geschickt, die den USA helfen sollten. Der Terrorschlag hatte Einfluss auf die kurz darauf folgenden Parlamentswahlen. Der neugewählte Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero ordnete an, die Truppen sofort zurückzuziehen, und auch das spanische Volk verlangte einen sofortigen Rückzug aus dem Irak.
- 7. Oktober 2004 – In Taba und Ras Schitan (Moon Island Village) werden 34 Menschen ermordet.
2005
- 7. Juli 2005 – Anschläge auf Londoner U-Bahn-Stationen und Busse. Es wurden mindestens 700 Menschen verletzt und mindestens 56 Menschen getötet. In einem am 1. September 2005 auf Al Jazeera ausgestrahlten Video übernahm Aiman az-Zawahiri die Verantwortung für die Bombenanschläge.
- 23. Juli 2005 3 Anschläge in Scharm El-Scheich in Ägypten ab 01:15. Mindestens 88 Menschen starben bei einer Explosion einer Autobombe. Unter den Opfern befanden sich hauptsächlich Touristen, da die Autobombe in einem Hotel explodierte.
- 19. August 2005 Die "Abdallah-Azzam-Brigaden" übernehmen die Verantwortung für die Raketen auf US-Kriegsschiffe und die israelische Stadt Eilat.
- 28. August 2005: Im Süden der Philippinen ist es zu einem Bombenattentat auf eine Personenfähre gekommen, bei dem mindestens 30 Personen verletzt wurden. Die Behörden gehen davon aus, dass die al-Qaida nahe stehende Abu-Sayyaf-Gruppe hinter dem Anschlag steht.
- 9. November 2005: Explosionsserie in drei jordanischen Luxushotels mit ca. 67 Toten und rund 300 Verletzten.
- 12. November 2005: Al Qaida beschimpft britische Königin als "Feindin des Islams".
Insgesamt werden mindestens ca. 4.200 (Addition der obigen Opferzahlen) Tote der Al-Qaida zugeschrieben. Laut Bundeskriminalamt wurden 70.000 Kämpfer in Al-Qaida-Lagern ausgebildet.
Literatur
- Jason Burke: Al-Qaida. Wurzeln, Geschichte, Organisation. Aus dem Englischen von Christoph Trunk, Sonja Schuhmacher und Jürgen Reuß. Verlag Artemis & Winkler, Düsseldorf / Zürich 2005 - Rezension FR 1.6.2005
Weblinks
- Telepolis-Artikel über die Namensgebung
- Frankfurter Rundschau: Dossier "Terror gegen den Westen" - mit Artikeln über die Anschläge von Madrid und Istanbul, die Terrordiskussion und die Strafprozesse
- Forum "Die Weisheit" in dem Al-Qaida Mitteilungen unter dem Namen "Abu Maisara al-Iraki" macht
- Jochen Bittner, Das weltweite Al-Qaida-Netz ("Die Zeit", 14. Juli 2005)
- M. Shahid Alam, Real Men Go to Tehran: Did al-Qaeda's Gambit Work? ("Counterpunch", 17.01.2006)