„Berthold Beitz“ – Versionsunterschied

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Als kaufmännischer Leiter der Karpathen-Oel AG, in Boryslaw verhinderte er bis 1944 den Abtransport vieler [[Jude]]n in [[Konzentrationslager]], indem er sie als unabkömmlich für die Produktion seines Unternehmens reklamierte. Bei der Übernahme der Erdölförderung durch die deutsche Betriebsleitung wurden die jüdischen Beschäftigten, die ein Fünftel der Belegschaft stellten, zunächst weiterbeschäftigt, obwohl die Weisung der [[Reichsregierung]] anderslautend war.
Als kaufmännischer Leiter der Karpathen-Oel AG, in Boryslaw verhinderte er bis 1944 den Abtransport vieler [[Jude]]n in [[Konzentrationslager]], indem er sie als unabkömmlich für die Produktion seines Unternehmens reklamierte. Bei der Übernahme der Erdölförderung durch die deutsche Betriebsleitung wurden die jüdischen Beschäftigten, die ein Fünftel der Belegschaft stellten, zunächst weiterbeschäftigt, obwohl die Weisung der [[Reichsregierung]] anderslautend war.


Wegen des Mangels an Fachleuten in der deutschen Mineralölwirtschaft wurde Beitz, trotz seiner Eigenschaft als [[Fähnrich|Fähnrich der Reserve]], von der Wehrmacht die [[UK| Unabkömmlichstellung]] zugebilligt, und so wurde die Einberufung zum [[Wehrdienst]] immer wieder zurückgestellt. Schließlich wurde er im März 1944 doch noch eingezogen. Viele der bis zu diesem Zeitpunkt von Beitz beschützten Juden floh daraufhin in die umliegenden Wälder und konnte auf diese Weise die Zeit bis zur Eroberung durch sowjetische Truppen überleben. Das Zwangsarbeitslager der Karpathen-Öl wurde am 22. Juli 1944 im Angesicht der näherrückenden sowjetischen Truppen aufgelöst <ref>[http://www.deathcamps.org/occupation/districts/disgaliciazal_de.htm Arbeitslager im besetzten Polen - Distrikt Galizien]</ref> und die noch verbliebenen Häftlinge wurden in die KZs [[KZ Auschwitz I (Stammlager)|Auschwitz]] und [[KZ Mauthausen|Mauthausen]] deportiert.
Wegen des Mangels an Fachleuten in der deutschen Mineralölwirtschaft wurde Beitz, trotz seiner Eigenschaft als [[Fähnrich|Fähnrich der Reserve]], von der Wehrmacht die [[UK| Unabkömmlichstellung]] zugebilligt, und so wurde die Einberufung zum [[Wehrdienst]] immer wieder zurückgestellt. Schließlich wurde er im März 1944 doch noch eingezogen. Viele der bis zu diesem Zeitpunkt von Beitz beschützten Juden floh daraufhin in die umliegenden Wälder und konnte auf diese Weise die Zeit bis zum Kriegsende in Galizien überleben. Das Zwangsarbeitslager der Karpathen-Öl wurde am 22. Juli 1944 im Angesicht der näherrückenden sowjetischen Truppen aufgelöst <ref>[http://www.deathcamps.org/occupation/districts/disgaliciazal_de.htm Arbeitslager im besetzten Polen - Distrikt Galizien]</ref> und die noch verbliebenen Häftlinge wurden in die KZs [[KZ Auschwitz I (Stammlager)|Auschwitz]] und [[KZ Mauthausen|Mauthausen]] deportiert.


Obwohl Beitz vereinzelt auch vorgeworfen wurde, er hätte nur arbeitsfähige Juden gerettet um die Rohölförderung aufrechtzuerhalten, ist diese Betrachtung nicht haltbar und wird von der [[Yad Vashem|Yad-Vashem]]-Kommission nicht geteilt <ref>http://www1.yadvashem.org/righteous/bycountry/germany/beitz_berthold.html Yad Vashem The Holocaust Martyrs' and Heroes' Remembrance Authority]</ref>.
Obwohl Beitz vereinzelt auch vorgeworfen wurde, er hätte nur arbeitsfähige Juden gerettet um die Rohölförderung aufrechtzuerhalten, ist diese Betrachtung nicht haltbar und wird von der [[Yad Vashem|Yad-Vashem]]-Kommission nicht geteilt <ref>http://www1.yadvashem.org/righteous/bycountry/germany/beitz_berthold.html Yad Vashem The Holocaust Martyrs' and Heroes' Remembrance Authority]</ref>.

Version vom 22. August 2007, 07:24 Uhr

Berthold Beitz (* 26. September 1913 in Zemmin) ist eine der einflussreichsten und vielfältigsten Unternehmerpersönlichkeiten Deutschlands in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und der letzte der Großindustriellen in der Montanindustrie des Ruhrgebiets.

Während des Zweiten Weltkriegs rettete er im deutschbesetzten Galizien mehreren Hundert jüdischer Zwangsarbeiter das Leben, indem er – vergleichbar mit dem Vorgehen Oskar Schindlers – ihre Arbeitskraft als unentbehrlich für die Industrie darstellte. Nach Kriegsende lernte er Alfried Krupp kennen und wurde sein Generalbevollmächtigter. Gemeinsam mit ihm baute er den Krupp-Konzern wieder auf und wandelte nach dem Tod von Alfried Krupp das Kruppsche Familienvermögen in eine Stiftung um. Als Vorsitzender des Kuratoriums der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung hat Beitz während des Niedergangs der Montanindustrie in mehr als drei Jahrzehnten den Strukturwandel im Ruhrgebiet wesentlich mitbestimmt und den Umbau zu einer europaweit führenden, modernen Wirtschafts-, Wissenschafts- und Kulturregion mitbetrieben.

Obwohl oder gerade weil er nicht zur Familie gehört, wird er oft als „der beste Krupp, den es je gab“ bezeichnet [1].

Leben

Herkunft und Ausbildung

Berthold Beitz kam 1913 in Zemmin, einem Ortsteil der Gemeinde Bentzin im Landkreis Demmin in Vorpommern als Sohn von Erdmann und Erna Beitz (geb. Stuth) zur Welt. Der Vater war während des Ersten Weltkriegs als Ulanen-Wachtmeister eingesetzt und erhielt nach dem Militärdienst in Greifswald eine Anstellung als Bankbeamter.

Berthold war in diesen Jahren ein begeisterter Sportler, der sich vor allem dem Segeln und Rudern widmete. Nach dem 1934 in Greifswald erfolgreich abgelegten Abitur absolvierte er im nahen Stralsund eine zweijährige Lehre zum Bankkaufmann. Im Anschluß daran wurde er binnen eines Jahres zum stellvertretenden Filialleiter in Demmin befördert.

Während der Zeit des Nationalsozialismus

Dass patriotische Einstellung und nationalsozialistische Gesinnung einander nicht bedingen müssen, zeigte Berthold Beitz bereits früh. Obwohl er nicht wehrpflichtig war, hatte er es in einer Vielzahl freiwillig durchgeführter Wehrübungen zum Feldwebel und Reserveoffiziersanwärter gebracht. Dennoch wurde er niemals Mitglied der NSDAP.

Die ersten Kriegsjahre

Seit 1935 erklomm Beitz auf der Karriereleiter eine Sprosse nach der anderen, doch scheint ihm das Bankwesen zu wenig abwechslungsreich gewesen zu sein, denn im April 1939 verließ er die Pommersche Provinz und ging nach Hamburg. Dort fand er eine Anstellung bei der Mineralölfirma Royal Dutch Shell, für die er während des gesamten Krieges tätig sein würde. Ab November 1939 war Beitz als kaufmännischer Angestellter in der südpolnischen Kleinstadt Jasło, um die im Zuge des Überfalls auf Polen eroberten Erdölfelder der Beskiden mitzuverwalten. Weitere kaufmännische Erfahrungen sammelte er als Leiter der Buchhaltung einer Shell-Niederlassung in Krosno.

Die Zeit in Boryslaw

Im Juli 1941 wurde Berthold Beitz zum Leiter der Betriebsstätte in Boryslaw berufen und damit Verwalter der neu eroberten Ölfelder in Galizien. Schätzungen zufolge waren vor der Besetzung Polens etwa 10% der Bevölkerung jüdisch und in Galizien, dem Zentrum des jüdischen Siedlungsgebietes in Europa, lag der Anteil bei bis zu 40% [2]. Sie lebten im Schtetl in oft einfachen Verhältnissen und verdienten ihren Lebensunterhalt als Kaufleute, Handwerker und vor allem auch als Arbeiter in der Ölindustrie.

Als kaufmännischer Leiter der Karpathen-Oel AG, in Boryslaw verhinderte er bis 1944 den Abtransport vieler Juden in Konzentrationslager, indem er sie als unabkömmlich für die Produktion seines Unternehmens reklamierte. Bei der Übernahme der Erdölförderung durch die deutsche Betriebsleitung wurden die jüdischen Beschäftigten, die ein Fünftel der Belegschaft stellten, zunächst weiterbeschäftigt, obwohl die Weisung der Reichsregierung anderslautend war.

Wegen des Mangels an Fachleuten in der deutschen Mineralölwirtschaft wurde Beitz, trotz seiner Eigenschaft als Fähnrich der Reserve, von der Wehrmacht die Unabkömmlichstellung zugebilligt, und so wurde die Einberufung zum Wehrdienst immer wieder zurückgestellt. Schließlich wurde er im März 1944 doch noch eingezogen. Viele der bis zu diesem Zeitpunkt von Beitz beschützten Juden floh daraufhin in die umliegenden Wälder und konnte auf diese Weise die Zeit bis zum Kriegsende in Galizien überleben. Das Zwangsarbeitslager der Karpathen-Öl wurde am 22. Juli 1944 im Angesicht der näherrückenden sowjetischen Truppen aufgelöst [3] und die noch verbliebenen Häftlinge wurden in die KZs Auschwitz und Mauthausen deportiert.

Obwohl Beitz vereinzelt auch vorgeworfen wurde, er hätte nur arbeitsfähige Juden gerettet um die Rohölförderung aufrechtzuerhalten, ist diese Betrachtung nicht haltbar und wird von der Yad-Vashem-Kommission nicht geteilt [4].

Nach Kriegsende

Auch aufgrund seiner Charakterstärke während des Weltkrieges wurde er 1946 - nach Flucht aus der Kriegsgefangenschaft - durch die amerikanische Besatzung zum Vizepräsident des Zonenamtes des Reichsaufsichtsamtes für das Versicherungswesen in Hamburg ernannt. Von 1949 bis 1953 war er Generaldirektor der Versicherungsgesellschaft Iduna-Germania in Hamburg. In dieser Eigenschaft traf er 1953 Alfried Krupp von Bohlen und Halbach, der ihn für die Position des Generalbevollmächtigten in den Krupp-Konzern warb.

Krupp-Konzern

Alfried Krupp hatte das Erbe seines Vaters Gustav Krupp von Bohlen und Halbach 1943 angetreten. Der Krupp-Konzern war zu diesem Zeitpunkt ein reiner Rüstungsbetrieb. Alfried Krupp war unmittelbar nach dem Krieg von US-Truppen verhaftet und interniert worden. Drei Jahre später wurde er von den Alliierten als Kriegsverbrecher schuldig gesprochen. Neben der Beschlagnahmung seines Vermögens wurde er zu 12 Jahren Haft auf der Festung Landsberg verurteilt. Auf der Grundlage eines Gutachtens amerikanischer Sachverständiger wurde Alfried Krupp am 31. Januar 1951 begnadigt. Aufgrund des 1953 geschlossenen „Mehlemer Vertrages“ wurde ihm sein gesamtes Vermögen unter der Auflage einer strikten Entflechtung zurückgegeben. Im März 1953 konnte Krupp von Bohlen und Halbach wieder die Leitung des Unternehmens übernehmen, dessen Essener Produktionsstätten zu diesem Zeitpunkt größtenteils zerstört oder demontiert waren.

Ende des gleichen Jahres holte er Berthold Beitz als Generalbevollmächtigten in den Konzern.

Ab 1970 war Beitz Aufsichtsratsvorsitzender im Krupp-Konzern, seit 1990 Ehrenvorsitzender des Aufsichtsrates. Diesen Status hat er seit 1999 auch in der heutigen ThyssenKrupp AG.

Krupp-Stiftung

Mit der Überführung des Kruppschen Privatvermögens in eine Stiftung und nach dem kurz darauf folgenden Tod von Alfried Krupp wurde Beitz 1968 Testamentsvollstrecker und Sachwalter des Kruppschen Vermögens. Als Vorsitzender des Kuratoriums der gemeinnützigen Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung übt er dies noch heute aus.

Gemeinnütziges und soziales Engagement

Beitz ist seit 1972 bis heute Mitglied im Nationalen Olympischen Komitee, war von 1972 bis 1988 auch Mitglied im Internationalen Olympischen Komitee, war zwischen 1984 und 1988 dessen Vizepräsident. Seit 1988 ist er Ehrenmitglied des Internationalen Olympischen Komitees.

Seit den 1970er Jahren ist er für sein Engagement insbesondere im kulturellen und sportlichen Austausch mit der Sowjetunion bzw. Russland bekannt. Er gehörte daher regelmäßig zum Beraterstab der Bundesregierungen seit Willy Brandt für die Ost-Aussöhnung mit Polen und der Sowjetunion/Russland.

Der Ruhr-Universität Bochum übergab Beitz nach dem Tode Alfried Krupps den bedeutenden Bücherbestand der Bibliothek der Villa Hügel, die den Grundstock der Universitätsbibliothek bildete. Als Kuratoriumsvorsitzender der Stiftung hat er außerdem zahlreiche Forschungsprojekte an der Ruhr-Universität und der Akademie der Naturforscher (Leopoldina) gefördert.

Beitz sorgte dafür, dass Villa Hügel mit der einzigartigen Architektur, ihren Kunstschätzen und der zugehörigen Parklandschaft für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden. Die Gründung der Kulturstiftung Ruhr, die ihren Sitz in der Villa Hügel hat, geht ebenfalls auf ihn zurück.

Privatleben

Berthold Beitz ist seit 1939 mit seiner Frau Else verheiratet. Die beiden haben drei Kinder und sieben Enkel.

Würdigung und Charakter

„Von Haus aus ein nüchterner Pommer“ [5] hat sich Beitz nach vielen Jahrzehnten, die er in Essen lebt, das besondere Naturell eines Menschen des Ruhrgebiets angeeignet. „Ich habe die Aufgabe, den letzten Willen von Alfried Krupp zu erfüllen, und das wird auch mein weiteres Leben bestimmen“, sagte Beitz nach dem Tode Krupps 1967 [6]. Berthold Beitz fühlt sich so eng mit „der Familie“, wie die Verwandten der Krupps sich nennen, verbunden, dass er auch heute noch jeden Tag auf der Villa Hügel in Essen „nach dem Rechten sieht“.

Seit den Anfängen der gemeinsamen Arbeit von Alfried Krupp und Berthold Beitz herrscht Uneinigkeit darüber, welchem Kopf der außergewöhnliche Aufstieg des Konzerns in den Jahren ab 1955 zuzurechnen ist.

Auszeichnungen und Ehrungen

Literatur

  • Diana Maria Friz: Alfried Krupp und Berthold Beitz; Der Erbe und sein Statthalter - Verlag Orell Füssli 1988 - ISBN 3280018528
  • Bernd Schmalhausen: Berthold Beitz im Dritten Reich - Verlag Peter Pomp 1991 - ISBN 3893550666
  • Thomas Sandkühler: „Endlösung“ in Galizien : der Judenmord in Ostpolen und die Rettungsinitiativen von Berthold Beitz 1941 - 1944 - Dietz 1996 - ISBN 3801250229
  • Lothar Gall (Hrsg.): Krupp im 20. Jahrhundert - Siedler Verlag 2002 - ISBN 3886807428

Referenzen

  1. http://www.welt.de/data/2003/09/26/173552.html
  2. Galizien vor der Shoah
  3. Arbeitslager im besetzten Polen - Distrikt Galizien
  4. http://www1.yadvashem.org/righteous/bycountry/germany/beitz_berthold.html Yad Vashem The Holocaust Martyrs' and Heroes' Remembrance Authority]
  5. http://www.kiel.de/Aemter_01_bis_20/05/Ehrenbuerger/Beitz/BeitzDankesworte.pdf
  6. http://www.wdr.de/themen/wirtschaft/1/beitz_berthold/index.jhtml
  7. Kulturforum östliches Europa
  8. Uni-Protokoll der RUB
  9. RUB-aktuell
  10. http://www.kultur-im-ruhrgebiet.de/newsletter/idr_0354_2007.php