„Friedrich Herlin“ – Versionsunterschied

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== Leben und Werk ==
== Leben und Werk ==
Herlin wurde vermutlich in [[Rothenburg ob der Tauber]] geboren, war zumindest dort tätig, bevor er ab 1459 in [[Nördlingen]] seßhaft wurde, 1461 ein Haus erwarb und 1467 das Bürgerrecht erhielt, in dessen Urkunde er als Maler „von Rotemburg“ angesprochen ist. Auch eine Inschrift auf dem Rahmen des Hochaltars der [[St. Georg (Nördlingen)|St.-Georgs-Kirche]] in Nördlingen lautet gleich.
Herlin wurde vermutlich in [[Rothenburg ob der Tauber]] geboren, war zumindest dort tätig, bevor er ab 1459 in [[Nördlingen]] sesshaft wurde, 1461 ein Haus erwarb und 1467 das Bürgerrecht erhielt, in dessen Urkunde er als Maler „von Rotemburg“ angesprochen ist. Auch eine Inschrift auf dem Rahmen des Hochaltars der [[St. Georg (Nördlingen)|St.-Georgs-Kirche]] in Nördlingen lautet gleich.


===Lehrjahre und erste Werke===
=== Lehrjahre und erste Werke ===
Wo und bei wem Herlin gelernt hat ist unbekannt. Als Maler nachweisbar ist er in den Jahren 1449 und 1454 in [[Ulm]], wo er wahrscheinlich während seiner [[Wanderjahre|Wanderschaft]] Halt machte. An seinem ersten nachweisbaren Werk von 1459, vermutlich für St. Georg in Nördlingen,<ref>Vier Tafeln im [[Bayerisches Nationalmuseum|Bayerischen Nationalmuseum]], [https://www.bayerisches-nationalmuseum.de/sammlung/00025785 MA 3329] und [https://www.bayerisches-nationalmuseum.de/sammlung/00025784 MA 3330], sowie weitere im Stadtmuseum Nördlingen.</ref> lässt sich eindeutig erschließen, dass Herlin während oder nach seinen Lehrjahren auf [[Wanderjahre|Wanderschaft]] die Arbeit [[Rogier van der Weyden]]s gelernt haben muss, entweder in dessen Werkstatt in [[Brügge]] oder er kam zumindest bis [[Köln]], wo sich in [[St. Kolumba (Köln)|St. Kolumba]] ein Altarwerk Rogiers befand (1455, heute in der [[Alten Pinakothek]], München), sowie der ''Werl-Altar'' von Rogiers Lehrer, [[Robert Campin]] (heute im Prado, Madrid), welche beide Motive enthalten, die Herlin kopierte. Dagegen befand sich van der Weydens ''Bladelin-Altar'' (um 1450), dessen [[Ikonografie]] der Anbetung er mehrmals nahezu vollständig übernahm, in [[Middelburg]] (heute [[Gemäldegalerie Berlin]]).
Wo und bei wem Herlin gelernt hat ist unbekannt. Als Maler nachweisbar ist er in den Jahren 1449 und 1454 in [[Ulm]], wo er wahrscheinlich während seiner [[Wanderjahre|Wanderschaft]] Halt machte. An seinem ersten nachweisbaren Werk von 1459, vermutlich für St. Georg in Nördlingen,<ref>Vier Tafeln im [[Bayerisches Nationalmuseum|Bayerischen Nationalmuseum]], [https://www.bayerisches-nationalmuseum.de/sammlung/00025785 MA 3329] und [https://www.bayerisches-nationalmuseum.de/sammlung/00025784 MA 3330], sowie weitere im Stadtmuseum Nördlingen.</ref> lässt sich eindeutig erschließen, dass Herlin während oder nach seinen Lehrjahren auf [[Wanderjahre|Wanderschaft]] die Arbeit [[Rogier van der Weyden]]s gelernt haben muss, entweder in dessen Werkstatt in [[Brügge]] oder er kam zumindest bis [[Köln]], wo sich in [[St. Kolumba (Köln)|St. Kolumba]] ein Altarwerk Rogiers befand (1455, heute in der [[Alten Pinakothek]], München), sowie der ''Werl-Altar'' von Rogiers Lehrer, [[Robert Campin]] (heute im Prado, Madrid), welche beide Motive enthalten, die Herlin kopierte. Dagegen befand sich van der Weydens ''Bladelin-Altar'' (um 1450), dessen [[Ikonografie]] der Anbetung er mehrmals nahezu vollständig übernahm, in [[Middelburg]] (heute [[Gemäldegalerie Berlin]]).


In Köln wird er außerdem [[Stefan Lochner]]s ''[[Altar der Stadtpatrone|Dreikönigsaltar]]'' studiert haben, von dem Spuren in seinem Werk zu finden sind. Sein zweites Werk von 1461, acht zusammengehörende Tafeln vermutlich für das [[Kloster Kaisheim]], heute in der [[Kunsthalle Karlsruhe]], ist in der Figuren-, Farb- und Raumauffassung ebenso vom niederländischen Stil geprägt, allerdings vereinfacht und mit [[Punzierung (Gemälde)|punziertem]] [[Goldgrund]], bei dem er (mit Ausnahmen) Zeit seines Lebens blieb.
In Köln wird er außerdem [[Stefan Lochner]]s ''[[Altar der Stadtpatrone|Dreikönigsaltar]]'' studiert haben, von dem Spuren in seinem Werk zu finden sind. Sein zweites Werk von 1461, acht zusammengehörende Tafeln vermutlich für das [[Kloster Kaisheim]], heute in der [[Kunsthalle Karlsruhe]], ist in der Figuren-, Farb- und Raumauffassung ebenso vom niederländischen Stil geprägt, allerdings vereinfacht und mit [[Punzierung (Gemälde)|punziertem]] [[Goldgrund]], bei dem er (mit Ausnahmen) Zeit seines Lebens blieb.


===Der ''St. Georgs-Altar'' in Nördlingen===
=== Der ''St. Georgs-Altar'' in Nördlingen ===
Vor allem in Nördlingen war er seit Anfang der 1460er Jahre beschäftigt, noch bevor er dort sesshaft wurde. 1427 war dort beschlossen worden, die romanische St. Georgs-Kirche neu zu errichten; neben anderen Neubauprojekten war dies das größte und vielversprechendste für Handwerker jeder Art, auch die Ausstattung wurde schließlich erneuert. Den Auftrag für den Hauptaltar erhielt Friedrich Herlin 1462 durch die Kaufmannsfamilie Fuchshart. Das dem Stadtpatron und der hl. Magdalena gewidmete Werk mit 16 Tafeln weist erhebliche Unterschiede zwischen Innen- und Außenflügeln auf. Der geschlossene Altar zeigt Szenen aus dem Leben der beiden Heiligen, die stilistisch den "kargen" Karlsruher Tafeln folgen, während die festtägliche Öffnung der Altarflügel mit dem Marienleben weitaus stärker noch versucht, der Ikonografie Rogiers in direkten Kopien der Figuren einzufangen. Deshalb wurde angenommen, er wäre erst in dieser Zeit oder nun zum zweiten Mal nach Köln oder in die Niederlande gereist und diese Bilder erst zwischen 1475 und 1478 enstanden; wahrscheinlicher ist aber eine Vollendung des Altars bis 1465.<ref>{{NDB|8|626|628|Herlin, Friedrich|Kurt Martin|118549650}}</ref> Die zwischenzeitig in einen Barockrahmen versetzten Bilder wurden in den 1970er Jahren wieder herausgelöst und der ursprüngliche Altar rekonstruiert. Der erhaltene originale Schrein trägt die Inschrift: „Dis werck hat gemacht friederich herlein von rotenburck 1462.“
Vor allem in Nördlingen war er seit Anfang der 1460er Jahre beschäftigt, noch bevor er dort sesshaft wurde. 1427 war dort beschlossen worden, die romanische St. Georgs-Kirche neu zu errichten; neben anderen Neubauprojekten war dies das größte und vielversprechendste für Handwerker jeder Art, auch die Ausstattung wurde schließlich erneuert. Den Auftrag für den Hauptaltar erhielt Friedrich Herlin 1462 durch die Kaufmannsfamilie Fuchshart. Das dem Stadtpatron und der hl. Magdalena gewidmete Werk mit 16 Tafeln weist erhebliche Unterschiede zwischen Innen- und Außenflügeln auf. Der geschlossene Altar zeigt Szenen aus dem Leben der beiden Heiligen, die stilistisch den "kargen" Karlsruher Tafeln folgen, während die festtägliche Öffnung der Altarflügel mit dem Marienleben weitaus stärker noch versucht, der Ikonografie Rogiers in direkten Kopien der Figuren einzufangen. Deshalb wurde angenommen, er wäre erst in dieser Zeit oder nun zum zweiten Mal nach Köln oder in die Niederlande gereist und diese Bilder erst zwischen 1475 und 1478 entstanden; wahrscheinlicher ist aber eine Vollendung des Altars bis 1465.<ref>{{NDB|8|626|628|Herlin, Friedrich|Kurt Martin|118549650}}</ref> Die zwischenzeitig in einen Barockrahmen versetzten Bilder wurden in den 1970er Jahren wieder herausgelöst und der ursprüngliche Altar rekonstruiert. Der erhaltene originale Schrein trägt die Inschrift: „Dis werck hat gemacht friederich herlein von rotenburck 1462.“


===Der ''St. Jakobs-Altar'' in Rothenburg o. d. T.===
=== Der ''St. Jakobs-Altar'' in Rothenburg o. d. T. ===
Der Rothenburger Hochaltar für die [[Stadtkirche St. Jakob (Rothenburg ob der Tauber)|Jakobskirche]] von 1466 steht noch heute an seinem ursprünglichen Ort. Wie in Nördlingen war Herlin für die Umsetzung des gesamten Altars verantwortlich, weshalb man ihn auch als "Altarbauunternehmer" oder "Malerunternehmer" tituliert hat.<ref>Ralf Krüger: ''Friedrich Herlin. Maler und Altarbauunternehmer,'' in: Jahrbuch des Vereins Alt-Rothenburg e. V. 2004, Rothenburg 2005; Andrea Kugler: ''Friedrich Herlin (um 1430–1500) – Meister des Bopfinger Hochaltars und Malerunternehmer in Nördlingen,'' in: ''Herlin reloaded,'' Bopfingen 2023, S. 43ff.</ref> In beiden Fällen arbeitete er mit dem Nördlinger Schreiner Waidenlich zusammen, der Figurenschnitzer ist beide Male unbekannt.
Der Rothenburger Hochaltar für die [[Stadtkirche St. Jakob (Rothenburg ob der Tauber)|Jakobskirche]] von 1466 steht noch heute an seinem ursprünglichen Ort. Wie in Nördlingen war Herlin für die Umsetzung des gesamten Altars verantwortlich, weshalb man ihn auch als "Altarbauunternehmer" oder "Malerunternehmer" tituliert hat.<ref>Ralf Krüger: ''Friedrich Herlin. Maler und Altarbauunternehmer,'' in: Jahrbuch des Vereins Alt-Rothenburg e. V. 2004, Rothenburg 2005; Andrea Kugler: ''Friedrich Herlin (um 1430–1500) – Meister des Bopfinger Hochaltars und Malerunternehmer in Nördlingen,'' in: ''Herlin reloaded,'' Bopfingen 2023, S. 43ff.</ref> In beiden Fällen arbeitete er mit dem Nördlinger Schreiner Waidenlich zusammen, der Figurenschnitzer ist beide Male unbekannt.


Er wiederholte auf der Innenseite die Szenen aus dem Marienleben des Nördlinger Altars. Wie dort schon in der Flucht nach Ägypten, ist hier in zwei zusammenkommenden Szenen im geschlossenen Zustand prominent eine Ansicht Rothenburgs mit seinem Rathaus und dem Marktplatz dargestellt. Die Außenflügel wurden jedoch schon 1582 mit einer Passionsfolge übermalt, die in den 1920er Jahren erst wieder entfernt werden konnte und die ursprünglichen Szenen aus dem Leben des hl. Jakob und das sogenannte Galgenwunder freilegte.<ref>{{NDB|8|626|628|Herlin, Friedrich|Kurt Martin|118549650}}</ref>
Er wiederholte auf der Innenseite die Szenen aus dem Marienleben des Nördlinger Altars. Wie dort schon in der Flucht nach Ägypten, ist hier in zwei zusammenkommenden Szenen im geschlossenen Zustand prominent eine Ansicht Rothenburgs mit seinem Rathaus und dem Marktplatz dargestellt. Die Außenflügel wurden jedoch schon 1582 mit einer Passionsfolge übermalt, die in den 1920er Jahren erst wieder entfernt werden konnte und die ursprünglichen Szenen aus dem Leben des hl. Jakob und das sogenannte Galgenwunder freilegte.<ref>{{NDB|8|626|628|Herlin, Friedrich|Kurt Martin|118549650}}</ref>


===Die Altäre in Bopfingen und Emmendingen===
=== Die Altäre in Bopfingen und Emmendingen ===
Anfang der 1470er Jahre entstanden Altäre für [[Stadtkirche St. Blasius (Bopfingen)|St. Blasius]] in [[Bopfingen]] (1472) und St.-Bonifatius in [[Emmendingen]] (1473).
Anfang der 1470er Jahre entstanden Altäre für [[Stadtkirche St. Blasius (Bopfingen)|St. Blasius]] in [[Bopfingen]] (1472) und St.-Bonifatius in [[Emmendingen]] (1473).


===Die Malerfamilie Herlin===
=== Die Malerfamilie Herlin ===
Friedrich Herlin starb in Nördlingen zwischen dem 6. Juni und 11. November 1500. Die Steuern für die Malerwerkstatt wurden nunmehr ganz von seinem Sohn Laux (Lukas, t 1520/22) übernommen. Bevor er 1459 nach Nördlingen zog, hatte er sich mit einer Margaretha vermählt und zwischen 1488 und 1495 ein zweites Mal geheiratet, eine Agnes Jeger, die 1506 verstarb. Herlin hatte drei Töchter und vier Söhne, von denen Hans, Jörg und Laux⁸ und auch die Enkelgeneration das Malerhandwerk weiterführten, aber künstlerisch unbedeutend blieben. Seine Tochter Spes heiratete seinen Schüler [[Bartholomäus Zeitblom]] (t nach 1510). Die letzten Maler der Familie waren die Urenkel David (t 1559), der später Weinschenk wurde, der namensgleiche Friedrich (t 1593), Laux, der auch Goldschmied war (t 1593) und Josef, der als Letzter der Familienlinie 1606 wie die anderen in Nördlingen verstarb.<ref>Gustav Wulz bei Martin, NDB 1969, S. 626.</ref>
Friedrich Herlin starb in Nördlingen zwischen dem 6. Juni und 11. November 1500. Die Steuern für die Malerwerkstatt wurden nunmehr ganz von seinem Sohn Laux (Lukas, t 1520/22) übernommen. Bevor er 1459 nach Nördlingen zog, hatte er sich mit einer Margaretha vermählt und zwischen 1488 und 1495 ein zweites Mal geheiratet, eine Agnes Jeger, die 1506 verstarb. Herlin hatte drei Töchter und vier Söhne, von denen Hans, Jörg und Laux⁸ und auch die Enkelgeneration das Malerhandwerk weiterführten, aber künstlerisch unbedeutend blieben. Seine Tochter Spes heiratete seinen Schüler [[Bartholomäus Zeitblom]] (t nach 1510). Die letzten Maler der Familie waren die Urenkel David (t 1559), der später Weinschenk wurde, der namensgleiche Friedrich (t 1593), Laux, der auch Goldschmied war (t 1593) und Josef, der als Letzter der Familienlinie 1606 wie die anderen in Nördlingen verstarb.<ref>Gustav Wulz bei Martin, NDB 1969, S. 626.</ref>
<!--[[Datei:|mini|''Geburt Jesu'' vom St.-Georgs-Altar (1462), mit Anleihen bei Rogier van der Weyden]]-->
<!--[[Datei:|mini|''Geburt Jesu'' vom St.-Georgs-Altar (1462), mit Anleihen bei Rogier van der Weyden]]-->

Version vom 16. Juni 2024, 16:36 Uhr

Friedrich Herlin auch Friedrich Herlein (* um 1430 in Rothenburg ob der Tauber ?; † um 1500 in Nördlingen) war ein altdeutscher Maler. Er war der Schwiegervater des einflussreichen Ulmer Malers Bartholomäus Zeitblom.

Leben und Werk

Herlin wurde vermutlich in Rothenburg ob der Tauber geboren, war zumindest dort tätig, bevor er ab 1459 in Nördlingen sesshaft wurde, 1461 ein Haus erwarb und 1467 das Bürgerrecht erhielt, in dessen Urkunde er als Maler „von Rotemburg“ angesprochen ist. Auch eine Inschrift auf dem Rahmen des Hochaltars der St.-Georgs-Kirche in Nördlingen lautet gleich.

Lehrjahre und erste Werke

Wo und bei wem Herlin gelernt hat ist unbekannt. Als Maler nachweisbar ist er in den Jahren 1449 und 1454 in Ulm, wo er wahrscheinlich während seiner Wanderschaft Halt machte. An seinem ersten nachweisbaren Werk von 1459, vermutlich für St. Georg in Nördlingen,[1] lässt sich eindeutig erschließen, dass Herlin während oder nach seinen Lehrjahren auf Wanderschaft die Arbeit Rogier van der Weydens gelernt haben muss, entweder in dessen Werkstatt in Brügge oder er kam zumindest bis Köln, wo sich in St. Kolumba ein Altarwerk Rogiers befand (1455, heute in der Alten Pinakothek, München), sowie der Werl-Altar von Rogiers Lehrer, Robert Campin (heute im Prado, Madrid), welche beide Motive enthalten, die Herlin kopierte. Dagegen befand sich van der Weydens Bladelin-Altar (um 1450), dessen Ikonografie der Anbetung er mehrmals nahezu vollständig übernahm, in Middelburg (heute Gemäldegalerie Berlin).

In Köln wird er außerdem Stefan Lochners Dreikönigsaltar studiert haben, von dem Spuren in seinem Werk zu finden sind. Sein zweites Werk von 1461, acht zusammengehörende Tafeln vermutlich für das Kloster Kaisheim, heute in der Kunsthalle Karlsruhe, ist in der Figuren-, Farb- und Raumauffassung ebenso vom niederländischen Stil geprägt, allerdings vereinfacht und mit punziertem Goldgrund, bei dem er (mit Ausnahmen) Zeit seines Lebens blieb.

Der St. Georgs-Altar in Nördlingen

Vor allem in Nördlingen war er seit Anfang der 1460er Jahre beschäftigt, noch bevor er dort sesshaft wurde. 1427 war dort beschlossen worden, die romanische St. Georgs-Kirche neu zu errichten; neben anderen Neubauprojekten war dies das größte und vielversprechendste für Handwerker jeder Art, auch die Ausstattung wurde schließlich erneuert. Den Auftrag für den Hauptaltar erhielt Friedrich Herlin 1462 durch die Kaufmannsfamilie Fuchshart. Das dem Stadtpatron und der hl. Magdalena gewidmete Werk mit 16 Tafeln weist erhebliche Unterschiede zwischen Innen- und Außenflügeln auf. Der geschlossene Altar zeigt Szenen aus dem Leben der beiden Heiligen, die stilistisch den "kargen" Karlsruher Tafeln folgen, während die festtägliche Öffnung der Altarflügel mit dem Marienleben weitaus stärker noch versucht, der Ikonografie Rogiers in direkten Kopien der Figuren einzufangen. Deshalb wurde angenommen, er wäre erst in dieser Zeit oder nun zum zweiten Mal nach Köln oder in die Niederlande gereist und diese Bilder erst zwischen 1475 und 1478 entstanden; wahrscheinlicher ist aber eine Vollendung des Altars bis 1465.[2] Die zwischenzeitig in einen Barockrahmen versetzten Bilder wurden in den 1970er Jahren wieder herausgelöst und der ursprüngliche Altar rekonstruiert. Der erhaltene originale Schrein trägt die Inschrift: „Dis werck hat gemacht friederich herlein von rotenburck 1462.“

Der St. Jakobs-Altar in Rothenburg o. d. T.

Der Rothenburger Hochaltar für die Jakobskirche von 1466 steht noch heute an seinem ursprünglichen Ort. Wie in Nördlingen war Herlin für die Umsetzung des gesamten Altars verantwortlich, weshalb man ihn auch als "Altarbauunternehmer" oder "Malerunternehmer" tituliert hat.[3] In beiden Fällen arbeitete er mit dem Nördlinger Schreiner Waidenlich zusammen, der Figurenschnitzer ist beide Male unbekannt.

Er wiederholte auf der Innenseite die Szenen aus dem Marienleben des Nördlinger Altars. Wie dort schon in der Flucht nach Ägypten, ist hier in zwei zusammenkommenden Szenen im geschlossenen Zustand prominent eine Ansicht Rothenburgs mit seinem Rathaus und dem Marktplatz dargestellt. Die Außenflügel wurden jedoch schon 1582 mit einer Passionsfolge übermalt, die in den 1920er Jahren erst wieder entfernt werden konnte und die ursprünglichen Szenen aus dem Leben des hl. Jakob und das sogenannte Galgenwunder freilegte.[4]

Die Altäre in Bopfingen und Emmendingen

Anfang der 1470er Jahre entstanden Altäre für St. Blasius in Bopfingen (1472) und St.-Bonifatius in Emmendingen (1473).

Die Malerfamilie Herlin

Friedrich Herlin starb in Nördlingen zwischen dem 6. Juni und 11. November 1500. Die Steuern für die Malerwerkstatt wurden nunmehr ganz von seinem Sohn Laux (Lukas, t 1520/22) übernommen. Bevor er 1459 nach Nördlingen zog, hatte er sich mit einer Margaretha vermählt und zwischen 1488 und 1495 ein zweites Mal geheiratet, eine Agnes Jeger, die 1506 verstarb. Herlin hatte drei Töchter und vier Söhne, von denen Hans, Jörg und Laux⁸ und auch die Enkelgeneration das Malerhandwerk weiterführten, aber künstlerisch unbedeutend blieben. Seine Tochter Spes heiratete seinen Schüler Bartholomäus Zeitblom (t nach 1510). Die letzten Maler der Familie waren die Urenkel David (t 1559), der später Weinschenk wurde, der namensgleiche Friedrich (t 1593), Laux, der auch Goldschmied war (t 1593) und Josef, der als Letzter der Familienlinie 1606 wie die anderen in Nördlingen verstarb.[5]

Kunstgeschichtliche Einordnung

Herlin zeigt sich als Nachfolger von der Weydens, dessen Stil er den Oberdeutschen vermittelt hat, ohne jedoch zu einer eigenständigen Ausdrucksweise zu gelangen. Herlin steht am Übergang von den mittelalterlichen Goldgrunddarstellungen zu einer neuen realistischen Darstellungsweise, die von der niederländischen Malerei ausging. Dabei wurde er immer wieder mit dem oberrheinischen Martin Schongauer, dem Nürnberger Hans Pleydenwurff und Hans Schäufelin zusammen genannt. Aufgrund des flämischen Stils wurde ihm auch eine Zeit lang der Dreikönigsaltar im Meißner Dom zugeschrieben.[6]

Werke

Seine beglaubigten Hauptwerke (meist mit geschnitzten Schreinfiguren anderer Künstler) sind in Rothenburg ob der Tauber, Bopfingen und Nördlingen zu finden.

  • St. Georg, Nördlingen: St. Georgs-Altar, (1462). In den 1970er Jahren aus einem barocken Altar herausgelöst und mit originalem Rahmenwerk rekonstruiert
  • Jakobskirche, Rothenburg ob der Tauber: Hochaltar, 16 Flügeltafeln und Predella, mit punziertem Goldgrund; innen acht Tafeln mit Darstellungen aus dem Marienleben, außen Szenen aus dem Leben des hl. Jakob (1466)
  • Stadtkirche St. Blasius, Bopfingen: Herlin-Altars, zwei Innenflügel mit der Geburt Christi und der Anbetung der Könige (1472)
  • St.-Bonifatius-Kirche, Emmendingen: Weihnachtsaltar, mit der Anbetung der Könige, sowie der Geburt Christi und der Darstellung Jesu im Tempel auf den Flügeln (1473)

Literatur

  • Christian Mayer: Herlen, Friedrich. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 12, Duncker & Humblot, Leipzig 1880, S. 115–117.
  • Friedrich Haack: Friedrich Herlin. Sein Leben und seine Werke. Eine kunstgeschichtliche Untersuchung (= Studien zur deutschen Kunstgeschichte 26). Straßburg 1900,(archive.org).
  • Elisabeth G. Bolze: Altarbilder von Friedrich Herlin in S. Gallen. In: Anzeiger für schweizerische Altertumskunde N.F.10, 1908, S. 132–147.
  • Georg Burkhart: Friedrich Herlin-Forschungen. Dissertation Universität Erlangen, Erlangen 1911.
  • Gunnar Mascoll Silfverstolpe: Herlin, Friedrich. In: Hans Vollmer (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker. Band 16: Hansen–Heubach. E. A. Seemann, Leipzig 1923, S. 481–483 (biblos.pk.edu.pl).
  • Ernst Buchner: Die Werke Friedrich Herlins. In: Münchner Jahrbuch der bildenden Kunst 13.1, 1923, S. 1–51.
  • Kurt Martin: Herlin, Friedrich. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 8, Duncker & Humblot, Berlin 1969, ISBN 3-428-00189-3, S. 626–628 (Digitalisat).
  • Karl-Werner Bachmann: Zwei neue Gemälde von Friedrich Herlin. In: Kunstchronik. 25 (1972), S. 130–132.
  • Hans Ramisch: Der rechte Flügel eines Kreuzaltars von Friedrich Herlin in der ehemaligen Stiftskirche Herrieden. In: Jahrbuch der bayerischen Denkmalpflege. 28 (1973), S. 152–166.
  • Hermann Baumhauer: Der Herlin-Altar zu Bopfingen und seine Stadtkirche. Stuttgart 1981.
  • Staatsgalerie Augsburg, Städtische Kunstsammlung, Band I. Altdeutsche Gemälde. Bestandskatalog, hrsg. von den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, München 1988, S. 123 ff.
  • Hartmut Krohm: Bemerkungen zur kunstgeschichtlichen Problematik des Herlin-Retabels in Rothenburg ob der Tauber. In: Jahrbuch der Berliner Museen. 33, 1991, S. 185–208.
  • Gerhard Boos: „Der Weg des Friedens“: Die Weihnachtsgeschichte in Bildern von Friedrich Herlin. Verlag am Eschbach 1992, ISBN 3-88671-001-7.
  • Ralf Krüger: Friedrich Herlin. Maler und Altarbauunternehmer (= Jahrbuch des Vereins Alt-Rothenburg e.V. 2005). Rothenburg ob der Tauber 2005. Originalmanuskript als Inauguraldissertation eingereicht an der FU Berlin 1996, ISBN 3-927374-39-3.
  • Klaus Herbers: Die oberdeutschen Reichsstädte und ihre Heiligenkulte. Traditionen und Ausprägungen zwischen Stadt, Ritterorden und Reich. Narr, Tübingen 2005, ISBN 3-8233-6192-9.
  • Rainer Kahsnitz: Die großen Schnitzaltäre. Spätgotik in Süddeutschland, Österreich, Südtirol. Hirmer Verlag, München 2005, ISBN 3-7774-2625-3.
  • Herlin reloaded 1472–2022. 550-Jahre Herlin-Retabel. Zeitzeuge aus dem späten Mittelalter, kuratiert von Sabine Heilig, hrsg. von der Stadt Bopfingen und der Evangelischen Kirchengemeinde Bopfingen, Bopfingen 2023, Digitalisat des Katalogs.
Commons: Friedrich Herlin – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Vier Tafeln im Bayerischen Nationalmuseum, MA 3329 und MA 3330, sowie weitere im Stadtmuseum Nördlingen.
  2. Kurt Martin: Herlin, Friedrich. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 8, Duncker & Humblot, Berlin 1969, ISBN 3-428-00189-3, S. 626–628 (Digitalisat).
  3. Ralf Krüger: Friedrich Herlin. Maler und Altarbauunternehmer, in: Jahrbuch des Vereins Alt-Rothenburg e. V. 2004, Rothenburg 2005; Andrea Kugler: Friedrich Herlin (um 1430–1500) – Meister des Bopfinger Hochaltars und Malerunternehmer in Nördlingen, in: Herlin reloaded, Bopfingen 2023, S. 43ff.
  4. Kurt Martin: Herlin, Friedrich. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 8, Duncker & Humblot, Berlin 1969, ISBN 3-428-00189-3, S. 626–628 (Digitalisat).
  5. Gustav Wulz bei Martin, NDB 1969, S. 626.
  6. Abriss der Zuschreibungen bei Henry Thode: Die Jugendgemälde Albrecht Dürers, in: Jahrbuch der Königlich Preussischen Kunstsammlungen, 12. Bd., 1. H. (1891), S. 3–34, hier: S. 7ff. Thode argumentiert hier für eine Zuschreibung an Albrecht Dürer.