„Koblenz-Karthause“ – Versionsunterschied

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== Geschichte ==
== Geschichte ==
==Geschichte==
Die ältesten, bis in die [[Steinzeit]] zurückreichenden Besiedlungsspuren lassen sich im heute zum Teilbezirk Karthäuserhofgelände gehörenden [[Koblenzer Stadtwald|Stadtwald]] nachweisen. Es wurden dort 1898 ein [[Römisches Reich|römischer]] Tempel für [[Mercurius|Merkur]] und [[Rosmerta]] aus dem 1. Jahrhundert<ref>{{Literatur |Autor=Hans Bellinghausen |Titel=Der Merkurtempel im Coblenzer Stadtwald [Teil 1]|Sammelwerk=Koblenzer Heimatblatt |Datum=1925-11-15|Nummer=47 |Ort=Koblenz |Online=https://www.dilibri.de/rlb/periodical/pageview/883568}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Hans Bellinghausen |Titel=Der Merkurtempel im Coblenzer Stadtwald [Teil 2]|Sammelwerk=Koblenzer Heimatblatt |Datum=1925-11-22|Nummer=48 |Ort=Koblenz |Online=https://www.dilibri.de/rlb/periodical/pageview/883573}}</ref> sowie eine [[Villa rustica]] freigelegt. Die spätere Besiedlung des Stadtteils läßt sich in drei Phasen aufteilen.


===Klösterliche Nutzung===
Die ältesten Besiedlungsspuren lassen sich im Gebiet des [[Koblenzer Stadtwald|Stadtwaldes]] nachweisen und reichen bis in die [[Steinzeit]] zurück. Aus [[Römisches Reich|römischer Zeit]] wurden ein Tempel für [[Mercurius|Merkur]] und [[Rosmerta]] (1. Jahrhundert) sowie eine [[Villa rustica]] freigelegt.
Der Überlieferung nach befand sich auf dem unteren Plateau der Karthause bereits im 4. Jahrhundert zu Ehren von Märtyrern ein Heiligtum. Die daraus entstandene Kirche wurde vermutlich durch Erzbischof [[Hetti]] in der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts geweiht und später zu einer Klosteranlage erweitert. Die früheste, urkundlich nachweisbare Erwähnung stammt aus dem Jahr 1153, als der Trierer Erzbischof [[Hillin von Fallemanien]] dem Kloster seinen Besitz bestätigte.<ref>{{Literatur| Autor=Dieter Marcos| Titel=Die Klosteranlage auf dem Beatusberg| Sammelwerk= Kloster-Festung, Ausstellungskatalog des Pro Konstantin e.V., 11. September 1994| Ort=Koblenz|Jahr=1994 }}</ref> Nachdem ein Teil der Gebeine des [[Beatus von Trier|Heiligen Beatus]] von Trier in das Koblenzer Kloster verbracht worden sind, ist der Name Beatusberg bezeugt. Wegen Verletzungen der Ordensregeln verloren die Benediktiner 1315 ihr Kloster, das in ein [[Kollegiatstift|Chorherrenstift]] umgewandelt wurde. Die zwölf Stiftsherren gaben die Anlage wegen zu geringer Einnahmen jedoch bald wieder auf und Erzbischof [[Balduin von Luxemburg]] schenkte die Gebäude 1331 an den Orden der [[Kartäuser]], und es entstand die [[Kartause Koblenz]]. Als 1794 französische Revolutionstruppen im Anmarsch auf Koblenz waren, verließen die Mönche das Kloster. Im Verlauf der [[Säkularisation]] wurde es 1802 aufgelöst, 1818 an das preußische Militär verkauft und die noch vorhandenen neun Gebäude abgerissen. An deren Stelle entstand 1822–1827 das heute noch fast vollständig erhalten gebliebene [[Fort Großfürst Konstantin]].


Etwa am Ende des von [[Koblenz-Lay|Lay]] aus auf die Karthause führenden Ankerpfades stand früher ein weiterer [[Sakralbau]]. In der an der ganzen Untermosel und dem Vorderhunsrück meist als ''Karthäuser Schwarze Muttergottes'' oder auch ''Karthäuser Schwarz' Bildgen'' bekannten [[Wallfahrtskirche|Wallfahrtskapelle]] befand sich eine Nachbildung des Gnadenbildes der [[Gottesgebärerin|Muttergottes]] zu [[Einsiedeln]] in der Schweiz. Noch bis ins 18. Jahrhundert hinein zog am Tag ''Maria Heimsuchung'' (2. Juli) von Koblenz aus eine [[Prozession]] durch das Laubachtal hinauf zur Kapelle. Ihr Ursprung ist nicht bekannt, sie wurde im [[Dreißigjähriger Krieg|30jährigen Krieg]] von der Familie von Roben und nochmals 1740 durch den Moselweißer Bürger Paul Spurg neu errichtet. Ende Juli 1792 wurde die Kapelle von Angehörigen des preußischen [[Dragoner]]regiments Anspach (altpreußisches Nr. 5) mutwillig zerstört. Reste blieben nicht erhalten. Die Muttergottes war zuvor in die Moselweißer Pfarrkirche gebracht worden, wo sie bis Ostern 1900 auf einem Seitenaltar stand.<ref>{{Literatur |Autor=Andreas Schüller |Titel=Das Schwarze Bildgen auf der Karthause bei Coblenz |Sammelwerk=Koblenzer Heimatblatt |Datum=1924-08-10|Nummer=22 |Ort=Koblenz |Online=https://www.dilibri.de/rlb/periodical/pageview/886513}}</ref><ref>{{Literatur| Autor=Philipp Seibel| Titel=Die Karthäuser Schwarz' Muttergottes| Sammelwerk= Aus vergangenen Tagen| Band= Band 4| Ort=Niederspay|Jahr=1963|Seiten=17–19}}</ref>
Noch um 1810 bestand die Bebauung auf dem Gelände des heutigen Stadtteils Karthause lediglich aus dem Kartäuserkloster und einem Berghof mit entsprechend landwirtschaftlich genutzter Fläche. Zum Stadtteil Moselweiß hin gab es in früherer Zeit einige [[Weinberg]]e.<ref>[[Tranchotkarte|Tranchot]] von Müffling'sche Karte von 1810, im Maßstab 1 : 25000 vom Landesvermessungsamt Koblenz 1968 veröffentlicht.</ref>


An der heutigen Abzweigung Simmerner Straße–Karthäuserhofweg befand sich ein Berghof (mitunter auch als Dechanthof bezeichnet), der 1285 von dem Dechant Johann von [[Florinskirche (Koblenz)|St. Florian]] an den Trierer Erzbischof [[Heinrich II. von Finstingen|Heinrich II.]] verkauft wurde. Im Jahr 1331 kam er zusammen mit dem Kloster in den Besitz des Kartäuserordens. Die 165 Hektar große Anlage gehörte zur [[Koblenz-Moselweiß|Moselweißer Gemarkung]] und war meist verpachtet. Nach der Säkularisation erwarb 1806 [[Johann Friedrich Deinhard]] das Anwesen. 1815 ging er in den Besitz des preußischen Militärs über, das dort vor dem völligen Abriss kurzzeitig noch ein [[Lazarett]] unterhielt. Die landwirtschaftlich genutzten Flächen wurden zu einem Exerzier- und Pionierübungsplatz umgestaltet.<ref>{{Literatur| Autor=Philipp Seibel| Titel=Das Käse–Essen auf dem Karthäuser Berghof| Sammelwerk= Aus vergangenen Tagen| Band= Band 4| Ort=Niederspay|Jahr=1963|Seiten=7–8 }}</ref> Im Jahr 1829 entstand am Nordhang des Laubachtals, dem Affenberg, ein neues Hofgut, für das sich der Name Karthäuserhof einbürgerte. 1912 gelangte der Hof in den Besitz der Familie Härle, die dort ein Jahr später einen schloßartigen Neubau errichten ließ. Im [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] stark beschädigt, erwarb die Stadt 1959/60 die Reste der Anlage (1964/66 abgetragen) mit dem umfangreichen Gelände (östlich dem Karthäuserhofweg, Karl–Härle–Straße, Pappelweg und Akazienweg), auf dem infolge vor allem Einfamilienhäuser entstanden.
Die Klosteranlage stand auf dem unteren Plateau der Karthause, wo sich heute das [[Fort Großfürst Konstantin]] mit der davor liegenden Wohnsiedlung befindet. Die früheste, urkundlich nachweisbare Erwähnung stammt aus dem Jahr 1153, als der Trierer Erzbischof [[Hillin von Fallemanien]] dem Kloster seinen Besitz bestätigte. Der Überlieferung nach soll an dieser Stelle schon im 4. Jahrhundert zu Ehren von Märtyrern ein Heiligtum gestanden haben und vermutlich bereits durch Erzbischof [[Hetti]] in der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts eine Kirche geweiht worden sein, an deren Stelle oder aus der dann später ein Benediktinerkloster entstand.<ref>{{Literatur| Autor=Dieter Marcos| Titel=Die Klosteranlage auf dem Beatusberg| Sammelwerk= Kloster-Festung, Ausstellungskatalog des Pro Konstantin e.V., 11. September 1994| Ort=Koblenz|Jahr=1994 }}</ref> Nachdem ein Teil der Gebeine des [[Beatus von Trier|Heiligen Beatus]] von Trier in das Koblenzer Kloster verbracht worden sind, ist der Name Beatusberg bezeugt. Wegen Verletzungen der Ordensregeln verloren die Benediktiner 1315 ihr Kloster, das in ein [[Kollegiatstift|Chorherrenstift]] umgewandelt wurde. Die zwölf Stiftsherren gaben die Anlage wegen zu geringer Einnahmen jedoch bald wieder auf und Erzbischof [[Balduin von Luxemburg]] schenkte die Gebäude daher 1331 an den Orden der [[Kartäuser]], es entstand die [[Kartause Koblenz]]. Zum Schutz vor heranziehenden Truppen verließen die Mönche 1794 das Kloster, im Verlauf der [[Säkularisation]] wurde es schließlich 1802 aufgelöst, 1818 an das preußische Militär verkauft und die noch vorhandenen neun Gebäude abgerissen. An deren Stelle entstand 1822–1827 das heute noch fast vollständig erhalten gebliebene Fort Großfürst Konstantin.


Noch um 1810 bestand die Bebauung auf dem Gelände des heutigen Stadtteils Karthause demnach lediglich aus dem Kartäuserkloster und dem Berghof mit entsprechend landwirtschaftlich genutzter Fläche.<ref>[[Tranchotkarte|Tranchot]] von Müffling'sche Karte von 1810, im Maßstab 1 : 25000 vom Landesvermessungsamt Koblenz 1968 veröffentlicht.</ref> Dazu gehörten auch einige [[Weinberg]]e. Der eine befand sich bis ins 19. Jahrhundert hinein oberhalb des Stadtteils Moselweiß, dagegen wurde die bekannte Weinlage ''Affenberg'' auf der Rheinseite, oberhalb des Laubachtals bis in die 1970er Jahre bewirtschaftet.
Der Berghof befand sich in etwa an der heutigen Abzweigung Simmerner Straße–Karthäuserhofweg und wurde 1285 beim Verkauf an den Trierer Erzbischof [[Heinrich II. von Finstingen|Heinrich II.]] erstmals urkundlich erwähnt. Im Jahr 1331 kam er zusammen mit dem Kloster in den Besitz des Kartäuserordens. Die 165 Hektar große Anlage gehörte zur [[Koblenz-Moselweiß|Moselweißer Gemarkung]] und war meist verpachtet. Nach der Säkularisation erwarb 1806 [[Johann Friedrich Deinhard]] das Anwesen. 1815 ging er in den Besitz des preußischen Militärs über, das dort vor dem völligen Abriss kurzzeitig noch ein [[Lazarett]] unterhielt. Die landwirtschaftlich genutzten Flächen wurden zu einem Exerzier- und Pionierübungsplatz umgestaltet.<ref>{{Literatur| Autor=Philipp Seibel| Titel=Das Käse–Essen auf dem Karthäuser Berghof| Sammelwerk= Aus vergangenen Tagen| Band= Band 4| Ort=Niederspay|Jahr=1963|Seiten=7–8 }}</ref> Im Jahr 1829 entstand am Nordhang des Laubachtals, dem Affenberg, ein neues Hofgut, für das sich der Name [[Karthäuserhof (Koblenz)|Karthäuserhof]] einbürgerte. 1912 gelangte der Hof in den Besitz der Familie Härle, die dort ein Jahr später einen schloßartigen Neubau errichten ließ. Im [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] stark beschädigt, erwarb die Stadt 1959/60 die Reste der Anlage (1964/66 abgetragen) mit dem umfangreichen Gelände (östlich dem Karthäuserhofweg, Karl–Härle–Straße, Pappelweg und Akazienweg), auf dem infolge vor allem Einfamilienhäuser entstanden.


===Militärische Nutzung===
Auf dem noch 1810 als Hunnenkopf bezeichneten Gelände (heutige Altkarthause oder Karthause-Nord), das zum Teil zu dem erwähnten Berghof gehörte, entstand nach 1817 mit über 500 m Seitenlänge einer der größten preußischen Festungen, die 1818 den Namen [[Feste Kaiser Alexander]] erhielt. Nach dem verlorenen [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] wurde die Gesamtanlage weitgehend beseitigt. Heute sind nur noch das Haupttor, das ''Löwentor'', und ein Teil der zur Stadt gelegenen Seite des [[Reduit]]s vorhanden. Der Verlauf des Hauptwalls ist aber noch deutlich in den Straßenzügen (Am Löwentor, Am Spitzberg, Görtzstraße sowie Sperlingsgasse und Merodestraße) erkennbar. Da vor allem die feuchten [[Kasematte]]n der Forts zur Truppenunterkunft ungeeignet waren, errichtete man zwischen den Werken Konstantin und Alexander verschiedene Kasernen. Es entstand die [[Fachwerkkaserne am Spitzberg]], 1890 erbaut, 1932 abgetragen, die [[Erbgroßherzog-Friedrich-Kaserne (Koblenz)|Erbgroßherzog Friedrich Kaserne]] vor dem Fort Großfürst Konstantin, 1902–1903 erbaut, 1982/83 bis auf eine Exerzierhalle abgebrochen und die [[Spitzberg-Kaserne]], 1911–1914 erbaut, heute als Wohngebäude bzw. [[Justizvollzugsanstalt Koblenz|Justizvollzugsanstalt]] genutzt.<ref>{{Literatur| Autor=Rüdiger Wischemann| Titel=Die Festung Koblenz| Ort=Koblenz|Jahr=1978| Seiten=135–139|DNB=790163306}}</ref>
In einer Baumeisterrechnung der Stadt Koblenz aus dem Jahr 1433 wird ein kleines Befestigungswerk ''auf dem Berg'' erwähnt. Daraus ist später vermutlich die im Volksmund als ''Schwedenschanze'' bezeichnete [[Schanze (Festungsbau)|Verschanzung]] zwischen dem Moseltal und dem Brückbach entstanden. Kaiserliche und spanische Truppen hatten sie im 30jährigen Krieg angelegt. Das rechteckige, etwa 40 m breite Innenfeld wurde von einem Wall und davorliegendem, etwa 10 m breiten Graben umgeben. Die Anlage war mit Schußrichtung gegen die heutige Auffahrt zum Forsthaus [[Kühkopf (Berg)|Kühkopf]] ausgerichtet. 1632 wurde sie von den Schweden eingenommen. Sie blieb als [[Bodendenkmal]] erhalten.<ref>{{Literatur| Autor=Hans Konter| Titel=Der Werwolf auf der Karthause| Sammelwerk= Aus vergangenen Tagen| Band= Band 4| Ort=Niederspay|Jahr=1963|Seiten=21–22}}</ref>


Im Herbst 1792 besetzten französische Revolutionstruppen Speyer und Mainz. Die mit dem Trierer Kurfürsten [[Clemens Wenzeslaus von Sachsen]] verbündeten Preußen hatten zuvor in Koblenz mehrere Versorgungsmagazine angelegt, die nun durch die Franzosen bedroht waren. Der kurtrierische Artilleriehauptmann Faber auf der [[Festung Ehrenbreitstein]] befahl daher, einige Verhaue auf der Karthause anzulegen. Der Koblenzer [[Magistrat (Deutschland)|Magistrat]] befürwortete hingegen eine kampflose Übergabe an die Franzosen und ließ die hastig aufgeworfenen Schanzen wieder durch Bauern beseitigen. Da die preußischen Truppen sich noch in Luxemburg befanden, wurde zunächst eine ebenfalls verbündete hessische Einheit nach Koblenz befohlen. Bis zum 25. Oktober 1792 trafen über 3.500 Soldaten in Koblenz ein. Dazu gehörte auch der preußische Major [[Ernst von Rüchel|v. Rüchel]], der fortan den Ausbau der Befestigungsanlagen auf der Karthause befehligte. 400 Mann begannen dort umgehend mit den Erdarbeiten. Ziel war es dabei, einen französischen Angriff aus dem Hunsrück heraus zu verhindert. Bis zum 4. November wurden die Hessen von preußischen Truppen abgelöst. Es entstanden auf der Karthause folgende Befestigungen: Die Layerschanze (Wiederherstellung der Schwedenschanze), die Kapellenschanze (heute zwischen dem Umspannwerk und den früheren Schießständen), die Karthäuserschanze (heute zwischen den Rüsternallee und der Hochschule), die Moselschanze (an der späteren Rabenlay, einem gemauerten, überdachten Aussichtspunkt, heute in Verlängerung der Geraer Straße zum Moselhang hin) sowie eine schwere Batterie auf dem Affenberg. Ein großes [[Blockhaus (Militär)|Blockhaus]] deckte den damals noch vorhanden Weg hinab in Laubachtal. Es befand sich nahe dem heutigen Holzschuppen der Straßenmeisterei an der Bundestraße 327. Schließlich wurden noch einige kleinere Erdwerke zwischen der Karthäuserschanze und dem Affenberg angelegt. Als Besatzung waren vier Bataillone Infanterie, zwei Jägerkompanien und drei [[Eskadron]]s Husaren vorgesehen, die im Berghof sowie im Kloster untergebracht waren. Einige Geschütze wurden von der Festung Ehrenbreitstein auf die Karthause gebracht, die meisten stellte aber die preußische Artillerie. Im Verlauf des Jahres 1793 verließen die preußischen Truppen die Stadt, und im Oktober 1794 besetzte die französische Armee Koblenz.<ref>{{Literatur |Autor=Karl Zimmermann |Titel=Koblenz im Herbst 1792 [Teil 1] |Sammelwerk=Koblenzer Heimatblatt |Datum=1931-03-15|Nummer=6 |Ort=Koblenz |Online=https://www.dilibri.de/rlb/periodical/pageview/184918 }}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Karl Zimmermann |Titel=Koblenz im Herbst 1792 [Teil 2] |Sammelwerk=Koblenzer Heimatblatt |Datum=1931-03-29|Nummer=7 |Ort=Koblenz |Online=https://www.dilibri.de/rlb/periodical/pageview/184922 }}</ref>
Als die Arbeitslosigkeit 1932 auch in Koblenz ihren Höhepunkt erreichte, bot die Stadt zu einem sehr günstigen Preis Bauland auf dem ehemaligen Pionierübungsplatz an. Die Siedler bauten selbst ihre Häuser und die mitten durch die Siedlung führende Straße Pionierhöhe. Ähnliches war für das noch weitgehend brach liegende Gelände der Feste Kaiser Alexander geplant. Der [[Reichsarbeitsdienst]] verfüllte Gräben und trug Wälle ab. Die Stadt verkaufte 1934 etwa 70.000 m² an eine Gemeinnützige Heimstätten-Spar und Bau-AG (GEHAG), die 91 Kleinsiedlerstellen und 48 Volkswohnungen errichtete (Am Drosselgang, Am Amselsteg, Am Wachtelschlag sowie an der Zeppelinstraße und Sperlingsgasse). 40 Siedlungsparzellen erhielt die GEHAG kostenlos zum Bau einer SA-Dankopfersiedlung, für verdiente [[Sturmabteilung|SA-Frontkämpfer]], die Am Vogelschutzpark sowie an der Görtz-, Merode-, Lippe- und Zeppelinstraße entstand. Im Jahr 1935 erhielt die Gemeinnützige Kriegersiedlung der nationalsozialistischen [[Kriegsopferversorgung]] GmbH (GKS) von der Stadt Baugelände am Hüberlingsweg und Meisenlauf, um dort eine Siedlung für Schwer- und Leichtkriegsbeschädigte sowie für verdiente SA- und [[Schutzstaffel|SS-Frontkämpfer]] zu errichten.<ref>{{Literatur| Autor=Hartwig Haubrich| Titel=Der Großraum Koblenz in Luftbildern| Ort=Koblenz|Jahr=1972| Seiten=50|DNB=730097846}}</ref> Im Jahr 1953 stellte die Stadt der Christlichen Siedlervereinigung Baugelände am Schwalben- und Kuckucksweg zur Verfügung. Um 1956 entstand entlang der Rüsternallee für Bundesbedienstete die [[Theodor Blank|Theodor–Blank–Siedlung]].


Auf dem noch 1810 als Hunnenkopf bezeichneten Gelände (heutige Altkarthause oder Karthause-Nord), das zum Teil zu dem erwähnten Berghof gehörte, entstand nach 1817 mit über 500 m Seitenlänge einer der größten preußischen Festungen, die 1818 den Namen [[Feste Kaiser Alexander]] erhielt. Nach dem verlorenen [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] wurde die Gesamtanlage weitgehend beseitigt. Heute sind nur noch das Haupttor, das ''Löwentor'', und ein Teil der zur Stadt gelegenen Seite des [[Reduit]]s vorhanden. Der Verlauf des Hauptwalls ist aber noch deutlich in den Straßenzügen (Am Löwentor, Am Spitzberg, Görtzstraße sowie Sperlingsgasse und Merodestraße) erkennbar. Da vor allem die feuchten [[Kasematte]]n der Forts zur Truppenunterkunft ungeeignet waren, errichtete man zwischen den Werken Konstantin und Alexander verschiedene Kasernen. Es entstand die [[Fachwerkkaserne am Spitzberg]], 1890 erbaut, 1932 abgetragen, die [[Erbgroßherzog-Friedrich-Kaserne (Koblenz)|Erbgroßherzog Friedrich Kaserne]] vor dem Fort Großfürst Konstantin, 1902–1903 erbaut, 1982/83 bis auf eine Exerzierhalle abgebrochen und die [[Spitzberg-Kaserne]], 1911–1914 erbaut, heute als Wohngebäude bzw. [[Justizvollzugsanstalt Koblenz|Justizvollzugsanstalt]] genutzt.<ref>{{Literatur| Autor=Rüdiger Wischemann| Titel=Die Festung Koblenz| Ort=Koblenz|Jahr=1978| Seiten=135–139|DNB=790163306}}</ref>
Auf dem riesigen Exerzierplatz südlich der Feste Kaiser Alexander landete am 7. Oktober 1909 mit der [[Parseval-Luftschiff|Parseval 3]] das erste [[Luftschiff]] in Koblenz. Während der [[Zuverlässigkeitsflug am Oberrhein|Prinz-Heinrich-Flugwoche]] 1913 flogen 21 Maschinen auf die Karthause. Seit 1934 war das [[Flugfeld Koblenz-Karthause|Flugfeld Karthause]] in den planmäßigen Passagier- und Frachtflugverkehr angeschlossen. Im Ersten und Zweiten Weltkrieg wurde das Gelände zeitweise von der [[Luftwaffe (Wehrmacht)|Luftwaffe]], danach von der amerikanischen Besatzung und bis 1957 von französischen Streitkräften genutzt. Im Jahr 1952 ließen die [[Alliierte]]n den deutschen Segelflug- und 1955 auch den Motorflugsport sowie den Reiseflugverkehr wieder zu. Das Flugfeld wurde 1965 geschlossen und mit Eröffnung des [[Flugplatz Koblenz-Winningen|Flugplatzes Koblenz-Winningen]] 1971 nach [[Winningen]] verlegt.<ref>Bellinghausen: ''2000 Jahre Koblenz.'' 1973, S. 286 u. 379.</ref> Auf dem etwa 75 Hektar großen Gelände erfolgte am 14. September 1965 der erste Spatenstich zu einer von Prof. Gather entworfenen Siedlung für etwa 12.000 Bewohner. Im Jahr 1986 entstand auf dem verbleibenden Teil der Neubau des [[Bundesarchiv (Deutschland)|Bundesarchives]].


Nach dem gewonnen [[Deutsch-Französischer Krieg|Krieg 1870/71]] wurden auf der Karthause ein großes Lager für etwa 10.000 französische Kriegsgefangene angelegt. Die Unterkünfte befanden sich oberhalb der Simmerner Straße, von der heutigen Sporthalle am Schulzentrum bis zum Bundesarchiv. Der Lazarett- und Küchentrakt stand im unteren Teil der heutigen Rüsternallee. Die französischen Soldaten legten in dieser Zeit die großen Schießstände zur Moselseite hin an. Diese wurden noch von der Bundeswehr und später von Privatleuten bis in die 1990er Jahre hinein genutzt. Zahlreiche Gefangene verstarben an Ruhr und Pocken und wurden auf dem Franzosenfriedhof im oberen Teil des Koblenzer Hauptfriedhofes (heutiger ''Alliierten-Ehrenfriedhof'' neben der Straße Am Vogelschutzpark) beigesetzt.

Auf dem riesigen Exerzierplatz südlich der Feste Kaiser Alexander landete am 7. Oktober 1909 mit der [[Parseval-Luftschiff|Parseval 3]] das erste [[Luftschiff]] in Koblenz. Während der [[Zuverlässigkeitsflug am Oberrhein|Prinz-Heinrich-Flugwoche]] 1913 flogen 21 Maschinen auf die Karthause. Seit 1934 war das [[Flugfeld Koblenz-Karthause|Flugfeld Karthause]] in den planmäßigen Passagier- und Frachtflugverkehr angeschlossen. Im Ersten und Zweiten Weltkrieg wurde das Gelände zeitweise von der [[Luftwaffe (Wehrmacht)|Luftwaffe]], danach von der amerikanischen Besatzung und bis 1957 von französischen Streitkräften genutzt. Im Jahr 1952 ließen die [[Alliierte]]n den deutschen Segelflug- und 1955 auch den Motorflugsport sowie den Reiseflugverkehr wieder zu. Das Flugfeld wurde 1965 geschlossen und mit Eröffnung des [[Flugplatz Koblenz-Winningen|Flugplatzes Koblenz-Winningen]] 1971 nach [[Winningen]] verlegt.<ref>Bellinghausen: ''2000 Jahre Koblenz.'' 1973, S. 286 u. 379.</ref>

===Wohnbauliche Nutzung===
Als die Arbeitslosigkeit 1932 auch in Koblenz ihren Höhepunkt erreichte, bot die Stadt zu einem sehr günstigen Preis Bauland auf dem ehemaligen Pionierübungsplatz an. Die Siedler bauten selbst ihre Häuser und die mitten durch die Siedlung führende Straße ''Pionierhöhe''. Ähnliches war für das noch weitgehend brach liegende Gelände der Feste Kaiser Alexander geplant. Der [[Reichsarbeitsdienst]] verfüllte Gräben und trug Wälle ab. Die Stadt verkaufte 1934 etwa 70.000 m² an eine Gemeinnützige Heimstätten-Spar und Bau-AG (GEHAG), die 91 Kleinsiedlerstellen und 48 Volkswohnungen errichtete (Am Drosselgang, Am Amselsteg, Am Wachtelschlag sowie an der Zeppelinstraße und Sperlingsgasse). 40 Siedlungsparzellen erhielt die GEHAG kostenlos zum Bau einer SA-Dankopfersiedlung, für verdiente [[Sturmabteilung|SA-Frontkämpfer]], die Am Vogelschutzpark sowie an der Görtz-, Merode-, Lippe- und Zeppelinstraße entstand. Im Jahr 1935 erhielt die Gemeinnützige Kriegersiedlung der nationalsozialistischen [[Kriegsopferversorgung]] GmbH (GKS) von der Stadt Baugelände am Hüberlingsweg und Meisenlauf, um dort eine Siedlung für Schwer- und Leichtkriegsbeschädigte sowie für verdiente SA- und [[Schutzstaffel|SS-Frontkämpfer]] zu errichten.<ref>{{Literatur| Autor=Hartwig Haubrich| Titel=Der Großraum Koblenz in Luftbildern| Ort=Koblenz|Jahr=1972| Seiten=50|DNB=730097846}}</ref> Im Jahr 1953 stellte die Stadt der Christlichen Siedlervereinigung Baugelände am Schwalben- und Kuckucksweg zur Verfügung. Um 1956 entstand entlang der Rüsternallee für Bundesbedienstete die [[Theodor Blank|Theodor–Blank–Siedlung]]. Auf dem etwa 75 Hektar großen Gelände des früheren Flugfeldes erfolgte am 14. September 1965 der erste Spatenstich zu einer von Prof. Gather entworfenen Siedlung für etwa 12.000 Bewohner. Im Jahr 1986 entstand auf dem verbleibenden Teil der Neubau des [[Bundesarchiv (Deutschland)|Bundesarchives]].
== Sehenswürdigkeiten ==
== Sehenswürdigkeiten ==


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== Weblinks ==
== Weblinks ==
* [https://www.dilibri.de/rlb/content/pageview/1237005 Kriegsgefangenenlager auf der Karthause um 1871]
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* [http://www.derkarthaeuser.de/ Stadtteilzeitung „Der Karthäuser“]
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Version vom 27. Juni 2019, 15:54 Uhr

Koblenz-Karthause
Lage des Stadtteils Koblenz-KarthauseAltstadtArenbergArzheimAstersteinBubenheimEhrenbreitsteinGoldgrubeGülsHorchheimHorchheimer HöheImmendorfKarthauseKesselheimLayLützelMetternichMoselweißNeuendorfNiederbergOberwerthPfaffendorfPfaffendorfer HöheRauentalRübenachStolzenfelsSüdliche VorstadtWallersheimKoblenz
Lage des Stadtteils Koblenz-Karthause
Basisdaten
Stadtteil seit: Gründung
Fläche: 18,39 km²
Einwohner: 10.456 (30. Sep. 2012)
Bevölkerungsdichte: 552 Einwohner je km²
Postleitzahl: 56075
Vorwahl: 0261
Kfz-Kennzeichen: KO

Koblenz-Karthause ist der größte Stadtteil von Koblenz. Er liegt im Süden von Koblenz auf etwa 174 m Höhe und bildet den nördlichsten Ausläufer des Hunsrücks zwischen den Flüssen Rhein und Mosel. Die Karthause wird im Rahmen der kleinräumigen Gliederung nach Empfehlung des Deutschen Städtetags aus statistischen Gründen in Karthause Nord, Karthause-Flugfeld und Karthäuserhofgelände untergliedert.[1]

Der Name des Berges, auf dem sich der Stadtteil befindet, lautete ursprünglich Beatusberg und wurde durch den Orden der Kartäuser geprägt, die hier eine Kartause hatten. Der größte Teil des Stadtteils umfasst den Koblenzer Stadtwald mit dem Naherholungsgebiet Remstecken und dem Fernmeldeturm Koblenz auf dem 382 m hohen Kühkopf. Außerdem befinden sich in diesem Stadtteil das Fort Großfürst Konstantin, die Justizvollzugsanstalt Koblenz, die Hochschule Koblenz und das Bundesarchiv. Am Nordhang der Karthause liegt der Koblenzer Hauptfriedhof.

Geschichte

Geschichte

Die ältesten, bis in die Steinzeit zurückreichenden Besiedlungsspuren lassen sich im heute zum Teilbezirk Karthäuserhofgelände gehörenden Stadtwald nachweisen. Es wurden dort 1898 ein römischer Tempel für Merkur und Rosmerta aus dem 1. Jahrhundert[2][3] sowie eine Villa rustica freigelegt. Die spätere Besiedlung des Stadtteils läßt sich in drei Phasen aufteilen.

Klösterliche Nutzung

Der Überlieferung nach befand sich auf dem unteren Plateau der Karthause bereits im 4. Jahrhundert zu Ehren von Märtyrern ein Heiligtum. Die daraus entstandene Kirche wurde vermutlich durch Erzbischof Hetti in der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts geweiht und später zu einer Klosteranlage erweitert. Die früheste, urkundlich nachweisbare Erwähnung stammt aus dem Jahr 1153, als der Trierer Erzbischof Hillin von Fallemanien dem Kloster seinen Besitz bestätigte.[4] Nachdem ein Teil der Gebeine des Heiligen Beatus von Trier in das Koblenzer Kloster verbracht worden sind, ist der Name Beatusberg bezeugt. Wegen Verletzungen der Ordensregeln verloren die Benediktiner 1315 ihr Kloster, das in ein Chorherrenstift umgewandelt wurde. Die zwölf Stiftsherren gaben die Anlage wegen zu geringer Einnahmen jedoch bald wieder auf und Erzbischof Balduin von Luxemburg schenkte die Gebäude 1331 an den Orden der Kartäuser, und es entstand die Kartause Koblenz. Als 1794 französische Revolutionstruppen im Anmarsch auf Koblenz waren, verließen die Mönche das Kloster. Im Verlauf der Säkularisation wurde es 1802 aufgelöst, 1818 an das preußische Militär verkauft und die noch vorhandenen neun Gebäude abgerissen. An deren Stelle entstand 1822–1827 das heute noch fast vollständig erhalten gebliebene Fort Großfürst Konstantin.

Etwa am Ende des von Lay aus auf die Karthause führenden Ankerpfades stand früher ein weiterer Sakralbau. In der an der ganzen Untermosel und dem Vorderhunsrück meist als Karthäuser Schwarze Muttergottes oder auch Karthäuser Schwarz' Bildgen bekannten Wallfahrtskapelle befand sich eine Nachbildung des Gnadenbildes der Muttergottes zu Einsiedeln in der Schweiz. Noch bis ins 18. Jahrhundert hinein zog am Tag Maria Heimsuchung (2. Juli) von Koblenz aus eine Prozession durch das Laubachtal hinauf zur Kapelle. Ihr Ursprung ist nicht bekannt, sie wurde im 30jährigen Krieg von der Familie von Roben und nochmals 1740 durch den Moselweißer Bürger Paul Spurg neu errichtet. Ende Juli 1792 wurde die Kapelle von Angehörigen des preußischen Dragonerregiments Anspach (altpreußisches Nr. 5) mutwillig zerstört. Reste blieben nicht erhalten. Die Muttergottes war zuvor in die Moselweißer Pfarrkirche gebracht worden, wo sie bis Ostern 1900 auf einem Seitenaltar stand.[5][6]

An der heutigen Abzweigung Simmerner Straße–Karthäuserhofweg befand sich ein Berghof (mitunter auch als Dechanthof bezeichnet), der 1285 von dem Dechant Johann von St. Florian an den Trierer Erzbischof Heinrich II. verkauft wurde. Im Jahr 1331 kam er zusammen mit dem Kloster in den Besitz des Kartäuserordens. Die 165 Hektar große Anlage gehörte zur Moselweißer Gemarkung und war meist verpachtet. Nach der Säkularisation erwarb 1806 Johann Friedrich Deinhard das Anwesen. 1815 ging er in den Besitz des preußischen Militärs über, das dort vor dem völligen Abriss kurzzeitig noch ein Lazarett unterhielt. Die landwirtschaftlich genutzten Flächen wurden zu einem Exerzier- und Pionierübungsplatz umgestaltet.[7] Im Jahr 1829 entstand am Nordhang des Laubachtals, dem Affenberg, ein neues Hofgut, für das sich der Name Karthäuserhof einbürgerte. 1912 gelangte der Hof in den Besitz der Familie Härle, die dort ein Jahr später einen schloßartigen Neubau errichten ließ. Im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt, erwarb die Stadt 1959/60 die Reste der Anlage (1964/66 abgetragen) mit dem umfangreichen Gelände (östlich dem Karthäuserhofweg, Karl–Härle–Straße, Pappelweg und Akazienweg), auf dem infolge vor allem Einfamilienhäuser entstanden.

Noch um 1810 bestand die Bebauung auf dem Gelände des heutigen Stadtteils Karthause demnach lediglich aus dem Kartäuserkloster und dem Berghof mit entsprechend landwirtschaftlich genutzter Fläche.[8] Dazu gehörten auch einige Weinberge. Der eine befand sich bis ins 19. Jahrhundert hinein oberhalb des Stadtteils Moselweiß, dagegen wurde die bekannte Weinlage Affenberg auf der Rheinseite, oberhalb des Laubachtals bis in die 1970er Jahre bewirtschaftet.

Militärische Nutzung

In einer Baumeisterrechnung der Stadt Koblenz aus dem Jahr 1433 wird ein kleines Befestigungswerk auf dem Berg erwähnt. Daraus ist später vermutlich die im Volksmund als Schwedenschanze bezeichnete Verschanzung zwischen dem Moseltal und dem Brückbach entstanden. Kaiserliche und spanische Truppen hatten sie im 30jährigen Krieg angelegt. Das rechteckige, etwa 40 m breite Innenfeld wurde von einem Wall und davorliegendem, etwa 10 m breiten Graben umgeben. Die Anlage war mit Schußrichtung gegen die heutige Auffahrt zum Forsthaus Kühkopf ausgerichtet. 1632 wurde sie von den Schweden eingenommen. Sie blieb als Bodendenkmal erhalten.[9]

Im Herbst 1792 besetzten französische Revolutionstruppen Speyer und Mainz. Die mit dem Trierer Kurfürsten Clemens Wenzeslaus von Sachsen verbündeten Preußen hatten zuvor in Koblenz mehrere Versorgungsmagazine angelegt, die nun durch die Franzosen bedroht waren. Der kurtrierische Artilleriehauptmann Faber auf der Festung Ehrenbreitstein befahl daher, einige Verhaue auf der Karthause anzulegen. Der Koblenzer Magistrat befürwortete hingegen eine kampflose Übergabe an die Franzosen und ließ die hastig aufgeworfenen Schanzen wieder durch Bauern beseitigen. Da die preußischen Truppen sich noch in Luxemburg befanden, wurde zunächst eine ebenfalls verbündete hessische Einheit nach Koblenz befohlen. Bis zum 25. Oktober 1792 trafen über 3.500 Soldaten in Koblenz ein. Dazu gehörte auch der preußische Major v. Rüchel, der fortan den Ausbau der Befestigungsanlagen auf der Karthause befehligte. 400 Mann begannen dort umgehend mit den Erdarbeiten. Ziel war es dabei, einen französischen Angriff aus dem Hunsrück heraus zu verhindert. Bis zum 4. November wurden die Hessen von preußischen Truppen abgelöst. Es entstanden auf der Karthause folgende Befestigungen: Die Layerschanze (Wiederherstellung der Schwedenschanze), die Kapellenschanze (heute zwischen dem Umspannwerk und den früheren Schießständen), die Karthäuserschanze (heute zwischen den Rüsternallee und der Hochschule), die Moselschanze (an der späteren Rabenlay, einem gemauerten, überdachten Aussichtspunkt, heute in Verlängerung der Geraer Straße zum Moselhang hin) sowie eine schwere Batterie auf dem Affenberg. Ein großes Blockhaus deckte den damals noch vorhanden Weg hinab in Laubachtal. Es befand sich nahe dem heutigen Holzschuppen der Straßenmeisterei an der Bundestraße 327. Schließlich wurden noch einige kleinere Erdwerke zwischen der Karthäuserschanze und dem Affenberg angelegt. Als Besatzung waren vier Bataillone Infanterie, zwei Jägerkompanien und drei Eskadrons Husaren vorgesehen, die im Berghof sowie im Kloster untergebracht waren. Einige Geschütze wurden von der Festung Ehrenbreitstein auf die Karthause gebracht, die meisten stellte aber die preußische Artillerie. Im Verlauf des Jahres 1793 verließen die preußischen Truppen die Stadt, und im Oktober 1794 besetzte die französische Armee Koblenz.[10][11]

Auf dem noch 1810 als Hunnenkopf bezeichneten Gelände (heutige Altkarthause oder Karthause-Nord), das zum Teil zu dem erwähnten Berghof gehörte, entstand nach 1817 mit über 500 m Seitenlänge einer der größten preußischen Festungen, die 1818 den Namen Feste Kaiser Alexander erhielt. Nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg wurde die Gesamtanlage weitgehend beseitigt. Heute sind nur noch das Haupttor, das Löwentor, und ein Teil der zur Stadt gelegenen Seite des Reduits vorhanden. Der Verlauf des Hauptwalls ist aber noch deutlich in den Straßenzügen (Am Löwentor, Am Spitzberg, Görtzstraße sowie Sperlingsgasse und Merodestraße) erkennbar. Da vor allem die feuchten Kasematten der Forts zur Truppenunterkunft ungeeignet waren, errichtete man zwischen den Werken Konstantin und Alexander verschiedene Kasernen. Es entstand die Fachwerkkaserne am Spitzberg, 1890 erbaut, 1932 abgetragen, die Erbgroßherzog Friedrich Kaserne vor dem Fort Großfürst Konstantin, 1902–1903 erbaut, 1982/83 bis auf eine Exerzierhalle abgebrochen und die Spitzberg-Kaserne, 1911–1914 erbaut, heute als Wohngebäude bzw. Justizvollzugsanstalt genutzt.[12]

Nach dem gewonnen Krieg 1870/71 wurden auf der Karthause ein großes Lager für etwa 10.000 französische Kriegsgefangene angelegt. Die Unterkünfte befanden sich oberhalb der Simmerner Straße, von der heutigen Sporthalle am Schulzentrum bis zum Bundesarchiv. Der Lazarett- und Küchentrakt stand im unteren Teil der heutigen Rüsternallee. Die französischen Soldaten legten in dieser Zeit die großen Schießstände zur Moselseite hin an. Diese wurden noch von der Bundeswehr und später von Privatleuten bis in die 1990er Jahre hinein genutzt. Zahlreiche Gefangene verstarben an Ruhr und Pocken und wurden auf dem Franzosenfriedhof im oberen Teil des Koblenzer Hauptfriedhofes (heutiger Alliierten-Ehrenfriedhof neben der Straße Am Vogelschutzpark) beigesetzt.

Auf dem riesigen Exerzierplatz südlich der Feste Kaiser Alexander landete am 7. Oktober 1909 mit der Parseval 3 das erste Luftschiff in Koblenz. Während der Prinz-Heinrich-Flugwoche 1913 flogen 21 Maschinen auf die Karthause. Seit 1934 war das Flugfeld Karthause in den planmäßigen Passagier- und Frachtflugverkehr angeschlossen. Im Ersten und Zweiten Weltkrieg wurde das Gelände zeitweise von der Luftwaffe, danach von der amerikanischen Besatzung und bis 1957 von französischen Streitkräften genutzt. Im Jahr 1952 ließen die Alliierten den deutschen Segelflug- und 1955 auch den Motorflugsport sowie den Reiseflugverkehr wieder zu. Das Flugfeld wurde 1965 geschlossen und mit Eröffnung des Flugplatzes Koblenz-Winningen 1971 nach Winningen verlegt.[13]

Wohnbauliche Nutzung

Als die Arbeitslosigkeit 1932 auch in Koblenz ihren Höhepunkt erreichte, bot die Stadt zu einem sehr günstigen Preis Bauland auf dem ehemaligen Pionierübungsplatz an. Die Siedler bauten selbst ihre Häuser und die mitten durch die Siedlung führende Straße Pionierhöhe. Ähnliches war für das noch weitgehend brach liegende Gelände der Feste Kaiser Alexander geplant. Der Reichsarbeitsdienst verfüllte Gräben und trug Wälle ab. Die Stadt verkaufte 1934 etwa 70.000 m² an eine Gemeinnützige Heimstätten-Spar und Bau-AG (GEHAG), die 91 Kleinsiedlerstellen und 48 Volkswohnungen errichtete (Am Drosselgang, Am Amselsteg, Am Wachtelschlag sowie an der Zeppelinstraße und Sperlingsgasse). 40 Siedlungsparzellen erhielt die GEHAG kostenlos zum Bau einer SA-Dankopfersiedlung, für verdiente SA-Frontkämpfer, die Am Vogelschutzpark sowie an der Görtz-, Merode-, Lippe- und Zeppelinstraße entstand. Im Jahr 1935 erhielt die Gemeinnützige Kriegersiedlung der nationalsozialistischen Kriegsopferversorgung GmbH (GKS) von der Stadt Baugelände am Hüberlingsweg und Meisenlauf, um dort eine Siedlung für Schwer- und Leichtkriegsbeschädigte sowie für verdiente SA- und SS-Frontkämpfer zu errichten.[14] Im Jahr 1953 stellte die Stadt der Christlichen Siedlervereinigung Baugelände am Schwalben- und Kuckucksweg zur Verfügung. Um 1956 entstand entlang der Rüsternallee für Bundesbedienstete die Theodor–Blank–Siedlung. Auf dem etwa 75 Hektar großen Gelände des früheren Flugfeldes erfolgte am 14. September 1965 der erste Spatenstich zu einer von Prof. Gather entworfenen Siedlung für etwa 12.000 Bewohner. Im Jahr 1986 entstand auf dem verbleibenden Teil der Neubau des Bundesarchives.

Sehenswürdigkeiten

Kirchengemeinden

Die katholische Kirche unterhält auf der Karthause die Pfarreiengemeinschaft St. Beatus / St. Hedwig:

  • St. Beatus, hervorgegangen aus einer Notkirche von 1948, selbstständige Pfarrei seit 1961
  • St. Hedwig, 1969 gegründete Tochter-Gemeinde von St. Beatus, Kirchengebäude von 1978

Das ebenfalls zur Pfarreiengemeinschaft gehörende Kirchengebäude St. Michael musste 1996 wegen Baufälligkeit abgerissen werden. Es wurde durch das neue Kirchengebäude St. Bruno auf dem Gelände des Altenheimes der Geschwister de Haye'schen Stiftung ersetzt.

Sitz der Evangelischen Kirchengemeinde auf der Karthause ist das Dreifaltigkeitshaus.

Literatur

  • Hans Bellinghausen (Hrsg.): 2000 Jahre Koblenz. Boldt, Boppard 1973, ISBN 3-7646-1571-0.
  • Ulrike Weber (Bearb.): Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz. Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Band 3.3: Stadt Koblenz. Stadtteile. Werner, Worms 2013, ISBN 978-3-88462-345-9.
Commons: Koblenz-Karthause – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Statistisches Jahrbuch der Stadt Koblenz 2014 - Kleinräumige Gliederung, S. 0–7
  2. Hans Bellinghausen: Der Merkurtempel im Coblenzer Stadtwald [Teil 1]. In: Koblenzer Heimatblatt. Nr. 47. Koblenz 15. November 1925 (dilibri.de).
  3. Hans Bellinghausen: Der Merkurtempel im Coblenzer Stadtwald [Teil 2]. In: Koblenzer Heimatblatt. Nr. 48. Koblenz 22. November 1925 (dilibri.de).
  4. Dieter Marcos: Die Klosteranlage auf dem Beatusberg. In: Kloster-Festung, Ausstellungskatalog des Pro Konstantin e.V., 11. September 1994. Koblenz 1994.
  5. Andreas Schüller: Das Schwarze Bildgen auf der Karthause bei Coblenz. In: Koblenzer Heimatblatt. Nr. 22. Koblenz 10. August 1924 (dilibri.de).
  6. Philipp Seibel: Die Karthäuser Schwarz' Muttergottes. In: Aus vergangenen Tagen. Band 4. Niederspay 1963, S. 17–19.
  7. Philipp Seibel: Das Käse–Essen auf dem Karthäuser Berghof. In: Aus vergangenen Tagen. Band 4. Niederspay 1963, S. 7–8.
  8. Tranchot von Müffling'sche Karte von 1810, im Maßstab 1 : 25000 vom Landesvermessungsamt Koblenz 1968 veröffentlicht.
  9. Hans Konter: Der Werwolf auf der Karthause. In: Aus vergangenen Tagen. Band 4. Niederspay 1963, S. 21–22.
  10. Karl Zimmermann: Koblenz im Herbst 1792 [Teil 1]. In: Koblenzer Heimatblatt. Nr. 6. Koblenz 15. März 1931 (dilibri.de).
  11. Karl Zimmermann: Koblenz im Herbst 1792 [Teil 2]. In: Koblenzer Heimatblatt. Nr. 7. Koblenz 29. März 1931 (dilibri.de).
  12. Rüdiger Wischemann: Die Festung Koblenz. Koblenz 1978, DNB 790163306, S. 135–139.
  13. Bellinghausen: 2000 Jahre Koblenz. 1973, S. 286 u. 379.
  14. Hartwig Haubrich: Der Großraum Koblenz in Luftbildern. Koblenz 1972, DNB 730097846, S. 50.

Koordinaten: 50° 20′ 29″ N, 7° 34′ 7″ O