„Kohlekrise“ – Versionsunterschied

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Einen ersten Höhepunkt erreichte die Kohlekrise 1963, als dreizehn Zechen geschlossen wurden und ca. 10.000 [[Bergmann|Bergleute]] ihren Arbeitsplatz verloren. Um auf die Krise effektiver reagieren zu können, schlossen sich 1968 die Zechen des Ruhrgebiets zur Ruhrkohle-AG (RAG – heutige [[RAG Aktiengesellschaft]]) zusammen. Die finanziellen Verluste der RAG werden von der [[öffentliche Hand|öffentlichen Hand]] ausgeglichen, die Gewinne und die Grundstücke verbleiben bei den Zechen.
Einen ersten Höhepunkt erreichte die Kohlekrise 1963, als dreizehn Zechen geschlossen wurden und ca. 10.000 [[Bergmann|Bergleute]] ihren Arbeitsplatz verloren. Um auf die Krise effektiver reagieren zu können, schlossen sich 1968 die Zechen des Ruhrgebiets zur Ruhrkohle-AG (RAG – heutige [[RAG Aktiengesellschaft]]) zusammen. Die finanziellen Verluste der RAG werden von der [[öffentliche Hand|öffentlichen Hand]] ausgeglichen, die Gewinne und die Grundstücke verbleiben bei den Zechen.


In den folgenden Jahren kam es zu zahlreichen [[Streik]]s und [[Mahnwache]]n von Bergleuten, die gegen den Verlust von Arbeitsplätzen protestierten. So kam es 1987 beispielsweise zu einem Streik von ca. 100.000 Bergleuten, die anlässlich der geplanten Schließung zweier [[Hochofen|Hochöfen]] des [[Friedrich Krupp AG|Krupp]]-[[Stahlerzeugung|Stahlwerk]]s in [[Duisburg-Rheinhausen]] ihre Arbeit niederlegten (Besetzung einer Rheinbrücke: „Brücke der Solidarität“, zeitweilige Blockade von Autobahnen). Die Streiks, Menschenketten und Fackelzüge der nächsten Jahre verhinderten jedoch nicht die Schließung weiterer Standorte der Montanindustrie, so dass sich die Zahl der Zechen im Ruhrgebiet bis 1998 auf elf und bis 2007 auf sechs reduzierte. Anfang 2012 sind noch drei Zechen in Betrieb: [[Bergwerk West]] wurde Ende 2012 stillgelegt, [[Zeche Auguste Victoria|Auguste Victoria]] und [[Bergwerk Prosper-Haniel|Prosper-Haniel]] werden 2015{{Zukunft|2015}} bzw. 2018{{Zukunft|2018}} folgen.
In den folgenden Jahren kam es zu zahlreichen [[Streik]]s und [[Mahnwache]]n von Bergleuten, die gegen den Verlust von Arbeitsplätzen protestierten. So kam es 1987 beispielsweise zu einem Streik von ca. 100.000 Bergleuten, die anlässlich der geplanten Schließung zweier [[Hochofen|Hochöfen]] des [[Friedrich Krupp AG|Krupp]]-[[Stahlerzeugung|Stahlwerk]]s in [[Duisburg-Rheinhausen]] ihre Arbeit niederlegten (Besetzung einer Rheinbrücke: „Brücke der Solidarität“, zeitweilige Blockade von Autobahnen). Die Streiks, Menschenketten und Fackelzüge der nächsten Jahre verhinderten jedoch nicht die Schließung weiterer Standorte der Montanindustrie, so dass sich die Zahl der Zechen im Ruhrgebiet bis 1998 auf elf und bis 2007 auf sechs reduzierte. Anfang 2012 waren in Nordrhein-Westfalten noch vier Zechen in Betrieb: [[Bergwerk West]] wurde Ende 2012 stillgelegt, [[Zeche Auguste Victoria|Auguste Victoria]], [[Bergwerk Ibbenbüren]] und [[Bergwerk Prosper-Haniel|Prosper-Haniel]] werden 2015{{Zukunft|2015}} bzw. 2018{{Zukunft|2018}} folgen.
Im [[Aachener Revier]] wurde die letzte Zeche bereits 1997 geschlossen, die letzte Grube im [[Saarrevier]], das [[Bergwerk Saar]], stellte die Förderung zum 30. Juni 2012 ein.
Im [[Aachener Revier]] wurde die letzte Zeche bereits 1997 geschlossen, die letzte Grube im [[Saarrevier]], das [[Bergwerk Saar]], stellte die Förderung zum 30. Juni 2012 ein.



Version vom 6. Mai 2015, 20:45 Uhr

Die Kohlekrise (umgangssprachlich auch „Zechensterben“) beschreibt den wirtschaftlichen Niedergang des Steinkohle-Bergbaus in West- und Mitteleuropa.

Ursachen

Mögliche Ursachen für die Kohlekrise gibt es viele, dazu zählen u.a.:

  • die Subventionen, mit denen der deutsche Staat bis zum Jahr 1957 den Steinkohlebergbau aktiv unterstützt und zur Expansion bewegt hat, um dem durch die wachsende Nachfrage der Nachkriegsindustrie des deutschen Wirtschaftswunders drohenden Kohle-Engpass entgegenzuwirken. Das führte möglicherweise zu einer Übersättigung des Steinkohlemarktes, weil noch weiter expandiert wurde, als es marktwirtschaftlich nicht mehr nötig war,
  • Schutzzölle auf Erdöl, die aus Angst vor hohen Energiepreisen, die das deutsche Wirtschaftswunder hätten hemmen können, seitens der deutschen Regierung abgeschafft wurden. Aufgrund der in Folge sinkenden Ölpreise etablierte sich Erdöl sowohl in Haushalten als auch in der Schifffahrt und zahlreichen weiteren Industriezweigen als primärer Energielieferant. In direkter Folge sank die Nachfrage nach Steinkohle drastisch und der Kohleanteil am Energiemarkt ging im Zeitraum von 1950 bis 1964 von ca. 87 % auf 60 % zurück und sank danach noch weiter,
  • deutsche Steinkohle ist teurer als ausländische Steinkohle. Das hat wiederum verschiedene Gründe:
    1. Die geologischen Bedingungen zur Förderung der Steinkohle sind nicht (mehr) optimal. Nach Norden hin liegen die Kohleflöze tiefer als im südlichen Ruhrgebiet. Man förderte in Fördertiefen von bis zu 1.000 Meter; dagegen kann in anderen Ländern die Steinkohle bisweilen in Oberflächennähe oder im Tagebau abgebaut werden.
    2. deutsche Bergleute erhielten und erhalten deutlich höhere Löhne als Bergleute in anderen Ländern.
    3. Durch sinkende Transportkosten als Folge größerer Schiffe (Massengutfrachter) und besserer Infrastruktur wurden die Förderkosten ausschlaggebend für den Steinkohlenabsatz.
  • durch den steigenden Anteil von Braunkohle und Kernkraft an der Energieerzeugung halbierte sich der deutsche Steinkohlenbedarf von Beginn der 1960er bis Ende der 1990er Jahre (von 120 Millionen Tonnen auf circa 70 Millionen Tonnen). In den Jahren 1975 bis 1989 gingen die großen Kernkraftwerke in Deutschland ans Netz: (Näheres hier).

Verlauf

Steinkohle

Als Beginn der Kohlekrise gelten allgemein die Jahre 1957 und 1958, in denen eine Dauerkrise der Montanindustrie begann, die in den kommenden Jahrzehnten zu Schließungen von Zechen, Hochöfen und Stahlwerken führte.

Einen ersten Höhepunkt erreichte die Kohlekrise 1963, als dreizehn Zechen geschlossen wurden und ca. 10.000 Bergleute ihren Arbeitsplatz verloren. Um auf die Krise effektiver reagieren zu können, schlossen sich 1968 die Zechen des Ruhrgebiets zur Ruhrkohle-AG (RAG – heutige RAG Aktiengesellschaft) zusammen. Die finanziellen Verluste der RAG werden von der öffentlichen Hand ausgeglichen, die Gewinne und die Grundstücke verbleiben bei den Zechen.

In den folgenden Jahren kam es zu zahlreichen Streiks und Mahnwachen von Bergleuten, die gegen den Verlust von Arbeitsplätzen protestierten. So kam es 1987 beispielsweise zu einem Streik von ca. 100.000 Bergleuten, die anlässlich der geplanten Schließung zweier Hochöfen des Krupp-Stahlwerks in Duisburg-Rheinhausen ihre Arbeit niederlegten (Besetzung einer Rheinbrücke: „Brücke der Solidarität“, zeitweilige Blockade von Autobahnen). Die Streiks, Menschenketten und Fackelzüge der nächsten Jahre verhinderten jedoch nicht die Schließung weiterer Standorte der Montanindustrie, so dass sich die Zahl der Zechen im Ruhrgebiet bis 1998 auf elf und bis 2007 auf sechs reduzierte. Anfang 2012 waren in Nordrhein-Westfalten noch vier Zechen in Betrieb: Bergwerk West wurde Ende 2012 stillgelegt, Auguste Victoria, Bergwerk Ibbenbüren und Prosper-Haniel werden 2015[veraltet] bzw. 2018[veraltet] folgen. Im Aachener Revier wurde die letzte Zeche bereits 1997 geschlossen, die letzte Grube im Saarrevier, das Bergwerk Saar, stellte die Förderung zum 30. Juni 2012 ein.

Folgen

Literatur

  • Akademie für Raumforschung und Landesplanung (Hrsg.): Deutscher Planungsatlas. Band 1: Herbert Reiners (Red.): Nordrhein-Westfalen. Lieferung 21: Steinkohle. Kohlenwirtschaft im Ruhrgebiet und im Aachener Steinkohlenrevier, Eigentumsverhältnisse, Zechenbelegschaft und Strukturwandel. Vincentz, Hannover 1979, ISBN 3-507-91432-8.
  • Wilhelm Hermann, Gertrude Hermann: Die alten Zechen an der Ruhr. Vergangenheit und Zukunft einer Schlüsseltechnologie. Mit einem Katalog der „Lebensgeschichten“ von 477 Zechen. 6., um einen Exkurs nach S. 216 erweiterte und in energiepolitischen Teilen aktualisierte Auflage 2008 der 5., völlig neu bearb. u. erweiterten Auflage 2005. In: Die Blauen Bücher. Verlag Langewiesche, Königstein im Taunus 2008, ISBN 978-3-7845-6994-9.
  • Hans Ulrich Lücke (u. a.): Thesen zur Steinkohlenwirtschaft. Entwicklung und Tendenzen. Kommunalverband Ruhrgebiet, Essen 1983, ISBN 3-9234-9441-6.
  • Meinhard Miegel: Kurswechsel in der Kohlepolitik? Schlußfolgerung aus einer Diskussion. Verlag Bonn Aktuell, Bonn 1986, ISBN 3-8795-9268-3.
  • Christoph Nonn: Die Ruhrbergbaukrise. Entindustrialisierung und Politik 1958-1969, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2001, ISBN 978-3-525-35164-2
  • Europäisches Parlament (Generaldirektion Wissenschaft): Die Kohle und der Binnenmarkt für Energie. September 1991, Reihe 'Energie und Forschung Nr. 11'. ISBN 92-823-0301-2. (siehe europa.eu: Link zu pdf (140 Seiten))