„Graue Literatur“ – Versionsunterschied

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Als '''graue Literatur''', gelegentlich auch '''graue Materialien''', bezeichnet man in der [[Bibliothekswissenschaft]] Privatdrucke, Firmenschriften, Kongressberichte, akademische Schriften und andere [[Publikation]]en, die in elektronischer beziehungsweise gedruckter Form herausgegeben werden, nicht durch das kommerzielle [[Verlag]]s&shy;wesen kontrolliert werden<ref>{{Internetquelle |autor=Grey Literature International Steering Committee |url=https://www.tib.eu/fileadmin/Daten/dokumente/publizieren-archivieren/Glisc-de.pdf |titel=Richtlinien für die Erstellung wissenschaftlicher und technischer Berichte: Verfassen und Verbreiten grauer Literatur |datum=2007 |seiten=1 |abruf=2018-09-27 |format=PDF |sprache=de}}</ref> und nicht im [[Buchhandel]] erhältlich sind.<ref>{{Literatur |Autor=Helmut Hiller, [[Stephan Füssel]] |Titel=Wörterbuch des Buches |Auflage=7. Auflage |Ort=Frankfurt am Main |Datum=2006 |ISBN=978-3-465-03495-7 |Seiten=146, 258-259}}</ref> Privatdrucke werden im Auftrag und auf Kosten von Privatpersonen ohne kommerzielle Absicht hergestellt. Die Auflage ist oft sehr klein.
Als '''graue Literatur''', gelegentlich auch '''graue Materialien''', bezeichnet man in der [[Bibliothekswissenschaft]] unveröffentlichte Texte und [[Publikation]]en, die nicht vom kommerziellen [[Verlag]]swesen kontrolliert werden<ref>{{Internetquelle |autor=Grey Literature International Steering Committee |url=https://www.tib.eu/fileadmin/Daten/dokumente/publizieren-archivieren/Glisc-de.pdf |titel=Richtlinien für die Erstellung wissenschaftlicher und technischer Berichte: Verfassen und Verbreiten grauer Literatur |datum=2007 |seiten=1 |abruf=2018-09-27 |format=PDF |sprache=de}}</ref> und nicht im [[Buchhandel]] erhältlich sind.<ref>{{Literatur |Autor=Helmut Hiller, [[Stephan Füssel]] |Titel=Wörterbuch des Buches |Auflage=7. Auflage |Ort=Frankfurt am Main |Datum=2006 |ISBN=978-3-465-03495-7 |Seiten=146, 258-259}}</ref> Sie werden meist von Institutionen oder Organisationen veröffentlicht. Dabei handelt es sich vor allem um Regierungsstellen, Behörden, nationale und internationale Organisationen, Forschungseinrichtungen, Hochschulen, Schulen, Museen, Bibliotheken, Firmen, Verbände, Vereine, Parteien und Gewerkschaften. Beispiele für solche graue Literatur sind: Forschungsberichte, Privatdrucke, Firmenschriften, Kongressberichte und bestimmte akademische Schriften. Privatdrucke werden teilweise auch im Auftrag und auf Kosten von Privatpersonen ohne kommerzielle Absicht hergestellt. Die Auflage ist oft sehr klein.
Viele [[Studienabschlussarbeit|Abschlussarbeiten]] bleiben unveröffentlicht, eine Publikationspflicht besteht nur in manchen Ländern für Dissertationen und Habilitationsschriften.


Deutsche Titel werden in Deutschland in der [[Deutsche Nationalbibliografie|Deutschen Nationalbibliografie]], Reihe B, veröffentlicht. [[Online-Publikation|Internetpublikationen]] werden dabei nicht vollständig von der Deutschen Nationalbibliografie erfasst.
Deutsche Titel werden in Deutschland in der [[Deutsche Nationalbibliografie|Deutschen Nationalbibliografie]], Reihe B, veröffentlicht. [[Online-Publikation|Internetpublikationen]] werden dabei nicht vollständig von der Deutschen Nationalbibliografie erfasst.


Texte, die der grauen Literatur zuzuordnen sind, werden heute in hohem Maß in Form von [[Elektronische Publikation|elektronischen Veröffentlichungen]] publiziert.
== Graue Literatur in der Forschung ==
Auch Schriften, die wissenschaftlichen Ansprüchen nicht genügen (und womöglich auch gar keinen wissenschaftlichen Anspruch erheben wollten), können für die Forschung relevant sein, wenn sie etwa Informationen enthalten, die sonst nirgendwo publiziert sind oder nur dem Autor zugänglich waren. Dies kann z.&nbsp;B. bei familiengeschichtlichen Abhandlungen der Fall sein, wenn der Verfasser auf Material in Privatbesitz zurückgreifen konnte.
Viele [[wissenschaftliche Arbeit]]en bleiben unveröffentlicht und sind nur direkt über die entsprechenden Institute erhältlich. Gründe dafür können sein, dass wissenschaftliche Mindestanforderungen (z.&nbsp;B. die [[Statistische Signifikanz#Wissenschaftliches Publizieren|statistische Signifikanz]], Angemessenheit der Methodik, Qualität der Präsentation) nicht erreicht werden oder dass die Inhalte der Arbeit ideologischen Vorstellungen nachgehen und keinen Verlag finden.

Wenn man sich einen Überblick über den Stand der Forschung zu einem Themenbereich verschaffen will, bedient man sich häufig sogenannter [[Metaanalyse]]n und Überblicksarbeiten ([[Review-Artikel]]). Bei Metaanalysen werden mehrere Statistiken mit kleineren Stichproben zu einer großen Stichprobe zusammengefasst und über deren Ergebnisse ein Mittelwert gebildet. Bei Überblicksarbeiten werden mehrere Forschungsarbeiten zu einem Thema zusammengefasst. Hier werden die Arbeiten allerdings nicht statistisch verarbeitet, sondern inhaltlich zueinander in Beziehung gesetzt und diskutiert.

Sofern nur veröffentlichte Arbeiten in Metaanalysen und Überblicksarbeiten einbezogen werden, können die wissenschaftlichen Ergebnisse zu einem Themenbereich übereinstimmender erscheinen, als sie tatsächlich sind. Im Extremfall könnten nicht existierende Unterschiede zwischen Gruppen oder beobachtete Zusammenhänge nur durch Zufall beobachtet worden sein, während Untersuchungen, in denen nichts dergleichen beobachtet werden konnte, niemals veröffentlicht wurden. Für Beobachtungen, die eigentlich durch Zufall erklärbar sind, würde dann fälschlicherweise eine Korrelation festgestellt und möglicherweise sogar ein falscher Kausalzusammenhang abgeleitet. Wenn einige unpopuläre Meinungen durch Zensur nicht zu Wort kommen, entsteht fälschlicherweise der Eindruck von Einhelligkeit, da Meinungsverschiedenheiten nicht berücksichtigt werden.

Dieser falsche Eindruck wird als [[Publikationsbias]] bezeichnet. Um einem möglichen Publikationsbias entgegenzuwirken, sollten unveröffentlichte Arbeiten mit einbezogen werden. „Das Ergebnis einer Metaanalyse ist selbstverständlich von der Auswahl der einbezogenen Primäruntersuchungen abhängig“.<ref name="Bortz S.674">Jürgen Bortz, Nicola Döring: ''Forschungsmethoden und Evaluation.'' Springer Verlag, Heidelberg 2006, S. 674 ({{Google Buch |BuchID=13GbPUYAUHsC |Seite=674}}).</ref> Dasselbe gilt analog für Überblicksarbeiten (Reviews).

Darüber hinaus können auch Schriften, die wissenschaftlichen Ansprüchen nicht genügen (und womöglich auch gar keinen wissenschaftlichen Anspruch erheben wollten), für die Forschung relevant sein, wenn sie etwa Informationen enthalten, die sonst nirgendwo publiziert sind, oder nur dem Autor zugänglich waren. Dies kann z.&nbsp;B. bei familiengeschichtlichen Abhandlungen der Fall sein, wenn der Verfasser auf Material in Privatbesitz zurückgreifen konnte.


== Beispiele ==
== Beispiele ==
* [[Programmheft]]e

* [[Programmheft|Programmhefte]]
* [[Tagung|Tagungs- und Kongressberichte]]
* [[Tagung|Tagungs- und Kongressberichte]]
* [[Vorlesungsverzeichnis]]se
* [[Skriptum|Vorlesungsskripte]]
* Präsentationen
* technische Berichte
* Lehrmaterialien
* [[Institutsschrift]]en
* [[Institutsschrift]]en
* [[Preprint]]s
* [[Preprint]]s
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* [[Flugblatt|Flugblätter]]
* [[Flugblatt|Flugblätter]]
* Firmenschriften
* Firmenschriften
* [[Festschrift]]en
* [[Gelegenheitsschrift]]en
* [[Gelegenheitsschrift]]en
* [[Schülerzeitung]]en
* [[Website|Websites]], sofern sie z. B. keine zuvor auch in Buchform veröffentlichte Texte enthalten
* [[Website]]s, sofern sie z.&nbsp;B. keine zuvor auch in Buchform veröffentlichten Texte enthalten
* (noch) nicht im Buchhandel veröffentlichte [[Doktorarbeit]]en, Seminararbeiten, [[Diplomarbeit]]en und andere Texte aus dem universitären Umfeld, die direkt oder über andere Vertriebskanäle an ihre [[Zielgruppe]] gelangen.
* nicht im Buchhandel erhältliche [[Habilitationsschrift]]en, [[Dissertation]]en, Seminararbeiten, [[Diplomarbeit]]en und andere Texte aus dem universitären Umfeld, die direkt oder über andere Vertriebskanäle an ihre [[Zielgruppe]] gelangen
* [[Samisdat]], nicht systemkonforme Literatur in der [[UdSSR]] und später auch in anderen realsozialistischen Staaten, die handschriftlich, „abgetippt“ oder fotokopiert vervielfältigt und auf nichtoffiziellen Kanälen weitergegeben wurde.
* [[Newsletter]]
* [[Samisdat]], nicht systemkonforme Literatur in der [[UdSSR]] und später auch in anderen realsozialistischen Staaten, die handschriftlich, „abgetippt“ oder fotokopiert bzw. vervielfältigt und auf nichtoffiziellen Kanälen weitergegeben wurde.


== Weblinks ==
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== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references />4. Klaus Gantert: ''Bibliothekarisches Grundwissen''. 9. Auflage. [[De]] Gruyter, Berlin 2016, ISBN 978-3-11-032145-6. S. 78{{Normdaten|TYP=s|GND=4158089-8}}
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[[Kategorie:Publikation]]
[[Kategorie:Publikation]]

Aktuelle Version vom 6. November 2024, 07:30 Uhr

Als graue Literatur, gelegentlich auch graue Materialien, bezeichnet man in der Bibliothekswissenschaft unveröffentlichte Texte und Publikationen, die nicht vom kommerziellen Verlagswesen kontrolliert werden[1] und nicht im Buchhandel erhältlich sind.[2] Sie werden meist von Institutionen oder Organisationen veröffentlicht. Dabei handelt es sich vor allem um Regierungsstellen, Behörden, nationale und internationale Organisationen, Forschungseinrichtungen, Hochschulen, Schulen, Museen, Bibliotheken, Firmen, Verbände, Vereine, Parteien und Gewerkschaften. Beispiele für solche graue Literatur sind: Forschungsberichte, Privatdrucke, Firmenschriften, Kongressberichte und bestimmte akademische Schriften. Privatdrucke werden teilweise auch im Auftrag und auf Kosten von Privatpersonen ohne kommerzielle Absicht hergestellt. Die Auflage ist oft sehr klein. Viele Abschlussarbeiten bleiben unveröffentlicht, eine Publikationspflicht besteht nur in manchen Ländern für Dissertationen und Habilitationsschriften.

Deutsche Titel werden in Deutschland in der Deutschen Nationalbibliografie, Reihe B, veröffentlicht. Internetpublikationen werden dabei nicht vollständig von der Deutschen Nationalbibliografie erfasst.

Texte, die der grauen Literatur zuzuordnen sind, werden heute in hohem Maß in Form von elektronischen Veröffentlichungen publiziert. Auch Schriften, die wissenschaftlichen Ansprüchen nicht genügen (und womöglich auch gar keinen wissenschaftlichen Anspruch erheben wollten), können für die Forschung relevant sein, wenn sie etwa Informationen enthalten, die sonst nirgendwo publiziert sind oder nur dem Autor zugänglich waren. Dies kann z. B. bei familiengeschichtlichen Abhandlungen der Fall sein, wenn der Verfasser auf Material in Privatbesitz zurückgreifen konnte.

Einzelnachweise

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  1. Grey Literature International Steering Committee: Richtlinien für die Erstellung wissenschaftlicher und technischer Berichte: Verfassen und Verbreiten grauer Literatur. (PDF) 2007, S. 1, abgerufen am 27. September 2018.
  2. Helmut Hiller, Stephan Füssel: Wörterbuch des Buches. 7. Auflage. Frankfurt am Main 2006, ISBN 978-3-465-03495-7, S. 146, 258–259.

4. Klaus Gantert: Bibliothekarisches Grundwissen. 9. Auflage. De Gruyter, Berlin 2016, ISBN 978-3-11-032145-6. S. 78