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„Kreuzschlepper“ – Versionsunterschied

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Als '''Kreuzschlepper''' (auch ''Kreuzträger'', ''Kreuzschleifer''; umgangssprachlich ''Kreuzschlager'', ''Kreuzschlaafer''<ref>Otto Veit: ''Sonstige Kleindenkmale, Ruhsteine, Grenzsteine, Kreuzschlepper und Heiligenfiguren im Landkreis Forchheim (= Mitteilungsblätter der Deutschen Steinkreuzforschung Nürnberg Bd. 2017)''. Forchheim 2017. S. 252.</ref>) bezeichnet man die Darstellung des [[Kreuztragung Christi|kreuztragenden Christus]] in Form einer [[Skulptur|Freifigur]]. Die im 17. Jahrhundert aufkommende Sonderform des [[Bildstock]]s ist insbesondere in [[Franken (Region)|Franken]] weitverbreitet und prägt, vor allem in den katholischen Bistümern [[Diözese Bamberg|Bamberg]] und [[Diözese Würzburg|Würzburg]], die Landschaft.
Als '''Kreuzschlepper''' (auch Kreuzträger, Kreuzschleifer; umgangssprachlich Kreuzschlager, Kreuzschlaafer<ref>Otto Veit: ''Sonstige Kleindenkmale, Ruhsteine, Grenzsteine, Kreuzschlepper und Heiligenfiguren im Landkreis Forchheim (= Mitteilungsblätter der Deutschen Steinkreuzforschung Nürnberg Bd. 2017)''. Forchheim 2017. S. 252.</ref>) bezeichnet man die Darstellung des [[Kreuztragung Christi|kreuztragenden Christus]] in Form einer [[Skulptur|Freifigur]]. Die im 17. Jahrhundert aufkommende Sonderform des [[Bildstock]]s ist insbesondere in [[Franken (Region)|Franken]] weitverbreitet und prägt, vor allem in den katholischen Bistümern [[Diözese Bamberg|Bamberg]] und [[Diözese Würzburg|Würzburg]], die Landschaft.


== Etymologie ==
== Etymologie ==
Die Bezeichnungen Kreuzschlepper, Kreuzträger oder Kreuzschleifer für die Skulpturen sind eine Erfindung des 20. Jahrhunderts, als die akademische Forschung auf sie aufmerksam wurde. [[Zeitgenosse|Zeitgenössische]] [[Quelle (Geschichtswissenschaft)|Quellen]] des 17. und 18. Jahrhunderts sprechen vielmehr einfach von „Bild“, „Bildnis“, „Biltnus“ oder „Marterbild“, was die geläufige, ikonografisch nicht festgelegte Beschreibung für einen Bildstock in [[Franken (Region)|Franken]] war. Zumeist wurde diese Umschreibung noch mit einem Hinweis auf das Motiv, den Kreuz tragenden Heiland, versehen.
Die Bezeichnungen Kreuzschlepper, Kreuzträger oder Kreuzschleifer für die Skulpturen sind eine Erfindung des 20. Jahrhunderts, als die akademische Forschung auf sie aufmerksam wurde. [[Zeitgenosse|Zeitgenössische]] [[Quelle (Geschichtswissenschaft)|Quellen]] des 17. und 18. Jahrhunderts sprechen vielmehr von „Bild“, „Bildnis“, „Biltnus“ oder „Marterbild“, die geläufige, ikonografisch nicht festgelegte Beschreibung des Bildstocks in [[Franken (Region)|Franken]]. Meist wurde diese Umschreibung noch mit einem Hinweis auf das Motiv, den das Kreuz tragenden Heiland, versehen.


Dabei tauchte der Kreuzschlepper allerdings in anderem Zusammenhang auch in den Quellen auf. Kreuzschlepper waren für die Menschen der Vormoderne Teilnehmer an den [[Prozession]]en während der [[Karwoche]], die als Symbol das Kreuz vor sich hertrugen und so den [[Passion Jesu|Leidensweg Christi]] bildlich der Gemeinde vor Augen führten.<ref>Achim Timmermann: ''Calvary in Kitzingen: Dragging your Cross through Eighteenth-Century Franconia''. In: ''Material Religion. Vol. 17, No. 3''. Ann Arbor, Michigan 2021. S. 319 f.</ref> Noch heute wird in der katholischen Liturgie der Ministrant mit dem Vortragekreuz als [[Kruziferar]] oder Kreuzträger bezeichnet. In den bayerischen Denkmalslisten ist die Bezeichnung Kreuzschlepper am geläufigsten. Lediglich im [[Landkreis Lichtenfels]] existiert parallel dazu der Terminus Kreuzträger. Der Kreuzschleifer ist eine umgangssprachliche Abwandlung der existierenden Begriffe.
Der Kreuzschlepper tauchte auch in anderem Zusammenhang in den Quellen auf. Kreuzschlepper waren für die Menschen der Vormoderne Teilnehmer an den [[Prozession]]en während der [[Karwoche]], die als Symbol das Kreuz trugen und so den [[Passion Jesu|Leidensweg Christi]] bildlich der Gemeinde vor Augen führten.<ref>Achim Timmermann: ''Calvary in Kitzingen: Dragging your Cross through Eighteenth-Century Franconia''. In: ''Material Religion. Vol. 17, No. 3''. Ann Arbor, Michigan 2021. S. 319 f.</ref> Noch heute wird in der katholischen Liturgie der Ministrant mit dem Vortragekreuz als [[Kruziferar]] oder Kreuzträger bezeichnet. In den bayerischen Denkmallisten ist die Bezeichnung Kreuzschlepper am häufigsten. Im [[Landkreis Lichtenfels]] existiert parallel dazu der Terminus Kreuzträger. Der Kreuzschleifer ist eine umgangssprachliche Abwandlung des Begriffs.


== Geschichte ==
== Geschichte ==
Die Darstellung des Leidenswegs Christi wurde bereits in Bildwerken der [[Spätgotik]] aufgegriffen. Das Sujet entwickelte sich zu einem Teil der sieben Fälle, die später zu den 14 Stationen eines [[Kreuzweg]]es umgewandelt wurden. Parallel zu dieser Entwicklung wurde das Motiv auch immer wieder in Bildstöcken verarbeitet. Die älteste bekannte Darstellung ist einem Bildstockaufsatz in [[Junkersdorf (Königsberg in Bayern)|Junkersdorf]] zugeordnet worden und stammt noch aus der Spätgotik. In den folgenden Jahrhunderten veränderte man das Motiv immer wieder.
Die Darstellung des Leidenswegs Christi wurde bereits in Bildwerken der [[Spätgotik]] aufgegriffen. Das [[Sujet]] entwickelte sich zu einem Teil der sieben Fälle, die später in die 14 Stationen eines [[Kreuzweg]]es umgewandelt wurden. Parallel zu dieser Entwicklung wurde das Motiv auch immer wieder in Bildstöcken verarbeitet. Die älteste bekannte Darstellung ist ein Bildstockaufsatz in [[Junkersdorf (Königsberg in Bayern)|Junkersdorf]] und stammt aus der Spätgotik. In den folgenden Jahrhunderten veränderte man das Motiv immer wieder.


Erst im ausgehenden 17. Jahrhundert begann man Freifiguren des kreuztragenden Christus zu errichten. Noch 1707 wurde auf einem Bildstock in [[Distelhausen]] bei [[Tauberbischofsheim]] der Kreuzschlepper lediglich als ein Element eines größeren [[Relief]]s gezeigt. In der Folgezeit erhielt der Kreuzträger immer mehr Raum innerhalb der Darstellung und wurde bald zur Freifigur weiterentwickelt. Zunächst gestaltete man allerdings Darstellung, die ihn in Kombination mit anderen biblischen Motiven, wie dem [[Schweißtuch der Veronika]] oder der [[Mater dolorosa]], zeigen.
Erst im ausgehenden 17. Jahrhundert begann man, Freifiguren des kreuztragenden Christus zu errichten. Noch 1707 wurde auf einem Bildstock in [[Distelhausen]] bei [[Tauberbischofsheim]] der Kreuzschlepper als ein Element eines größeren [[Relief]]s gezeigt. In der Folgezeit erhielt der Kreuzträger immer mehr Raum innerhalb der Darstellung und wurde bald zur Freifigur weiterentwickelt. Zunächst gestaltete man ihn in Kombination mit anderen biblischen Motiven, wie dem [[Schweißtuch der Veronika]] oder der [[Mater dolorosa]].


Dabei bestand ein obrigkeitliches Interesse, die Kreuzschlepper in der Landschaft sichtbar zu machen. Seit dem Ende des [[Dreißigjähriger Krieg|Dreißigjährigen Krieges]] war Franken zu einem konfessionell gemischten Landstrich geworden. Die Bildstöcke mit ihren Motiven machen beim Durchwandern klar, wo der Katholizismus vorherrscht. Daneben wirkte sich auch das vielfältige [[Bruderschaft]]swesen auf die Motivfindung der Bildhauer aus. Bis 1737 entstanden in vielen Pfarreien des Bistums Würzburg Corporis-Christi-Bruderschaften zur Verehrung der [[Eucharistie]]. Sie wurden mit Kreuzbruderschaften ergänzt, die sich insbesondere entlang von Wallfahrtswegen wie der Strecke zum Kreuzberg in der Rhön formierten.<ref>Annika Enßle, Ferdinand Leuxner: ''Ein Kreuzschleppertypus zwischen Main und Rhön''. In: ''Würzburger Diözesangeschichtsblätter 86. Band (2023)''. Echter Verlag, Würzburg 2023, ISBN 978-3-429-05933-0. S. 420.</ref>
Die frühesten Freifiguren können auf die Jahre um 1710 datiert werden, in Effeldorf hat sich ein Schlepper erhalten, der mit „1695“ bezeichnet wurde. Die Bildstocksetzungen entsprachen dabei den üblichen Motiven für eine solche [[Stiftung]]. Darunter fielen private [[Volksfrömmigkeit|Frömmigkeit]], Grenzmarkierung oder Wegmarken. Überaus häufig entstanden Kreuzschlepper entlang von Wallfahrtswegen und dienten den vorübergehenden Menschen als Orte der Andacht. Die Inschriften mit denen manche Kreuzschlepper ausgestattet wurden, unterstreichen diese Lesart.<ref>Josef Dünninger, Bernhard Schemmel: ''Bildstöcke und Martern in Franken''. Würzburg 1970. S. 28.</ref> Das Motiv blieb auch nach dem Ende des 18. Jahrhunderts beliebt.


Die frühesten Freifiguren können auf die Jahre um 1680 datiert werden, in [[Effeldorf]] hat sich ein Schlepper erhalten, der mit „1695“ bezeichnet ist. Die Bildstocksetzungen entsprachen dabei den üblichen Motiven für eine solche [[Stiftung]], private [[Volksfrömmigkeit|Frömmigkeit]], Grenzmarkierung oder Wegmarken. Häufig entstanden Kreuzschlepper entlang von Wallfahrtswegen und dienten den Menschen als Orte der Andacht. Die Inschriften auf manchen Kreuzschleppern unterstreichen dies.<ref>Josef Dünninger, Bernhard Schemmel: ''Bildstöcke und Martern in Franken''. Würzburg 1970. S. 28.</ref> Das Motiv blieb auch nach dem Ende des 18. Jahrhunderts beliebt.
Noch im 20. Jahrhundert entstanden moderne Kreuzschlepper, wie das Beispiel im Volkacher Gemeindeteil [[Rimbach (Volkach)|Rimbach]] belegt. Das Motiv fand nach dem Ersten Weltkrieg auch Eingang in die Gestaltung von [[Kriegerdenkmal|Kriegerdenkmälern]]. Dazu wurden unter anderem auch ältere Schlepper umfunktioniert. So zog man für das Ehrenmal für die Gefallenen des Zweiten Weltkriegs im mittelfränkischen [[Ebermannstadt]] den kreuztragenden Christus aus dem benachbarten Breitenbach von 1751 heran.<ref>Otto Veit: ''Sonstige Kleindenkmale, Ruhsteine, Grenzsteine, Kreuzschlepper und Heiligenfiguren im Landkreis Forchheim (= Mitteilungsblätter der Deutschen Steinkreuzforschung Nürnberg Bd. 2017)''. Forchheim 2017. S. 253.</ref>

Im 20. Jahrhundert entstanden moderne Kreuzschlepper wie zum Beispiel im Volkacher Gemeindeteil [[Rimbach (Volkach)|Rimbach]]. Das Motiv fand nach dem Ersten Weltkrieg auch Eingang in die Gestaltung von [[Kriegerdenkmal|Kriegerdenkmälern]]. Dafür wurden auch ältere Schlepper umfunktioniert. So zog man für das Ehrenmal für die Gefallenen des Zweiten Weltkriegs in [[Ebermannstadt]] den kreuztragenden Christus aus dem benachbarten [[Breitenbach (Ebermannstadt)|Breitenbach]] von 1751 heran.<ref>Otto Veit: ''Sonstige Kleindenkmale, Ruhsteine, Grenzsteine, Kreuzschlepper und Heiligenfiguren im Landkreis Forchheim (= Mitteilungsblätter der Deutschen Steinkreuzforschung Nürnberg Bd. 2017)''. Forchheim 2017. S. 253.</ref>


== Beschreibung ==
== Beschreibung ==
[[Datei:Kreuzschlepper, Kaulberg, Fahr.JPG|mini|hochkant|Kreuzschlepper von 1716 in Volkach-[[Fahr (Volkach)|Fahr]], Landkreis Kitzingen, Unterfranken mit typischer Inschriftentafel]]
[[Datei:Kreuzschlepper, Kaulberg, Fahr.JPG|mini|hochkant|Kreuzschlepper von 1716 in Volkach-[[Fahr (Volkach)|Fahr]], Landkreis Kitzingen, Unterfranken mit typischer Inschriftentafel]]
Das Motiv des kreuztragenden Christus existiert heute in den unterschiedlichsten Varianten. Selten läuft der, zumeist [[Dornenkrone|dornenbekrönte]] Christus unter der Last des Kreuzes noch, häufiger ist er bereits darüber zusammengebrochen. Besonders frühe Beispiele zeigen Christus zusammen mit den Henkersknechten. Eine solche Darstellung hat sich auf einem Stock in [[Obervolkach]] erhalten, ist aber auch in Aub, Euerfeld, Bad Brückenau und Oberschwarzach, aber auch in [[Forchheim]] belegt. Hier brachte man das Motiv allerdings oberhalb eines [[Prozessionsaltar]]s an, sodass er als Übergangsform gelten kann.
Das Motiv des kreuztragenden Christus existiert heute in Varianten. Selten geht der meist [[Dornenkrone|dornenbekrönte]] Christus noch unter der Last des Kreuzes, häufiger ist er bereits darüber zusammengebrochen. Besonders frühe Beispiele zeigen Christus zusammen mit den Henkersknechten. Eine solche Darstellung hat sich auf einem Stock in [[Obervolkach]] erhalten und ist auch in [[Aub]], [[Euerfeld]], [[Bad Brückenau]], [[Oberschwarzach]], und [[Forchheim]] belegt. Dort brachte man das Motiv oberhalb eines [[Prozessionsaltar]]s an, sodass er als Übergangsform gelten kann.


Typisch für den Darstellungstyp ist außerdem die [[Inschrift]]entafel, die den vorübergehenden Menschen an das Schicksal des Gekreuzigten ermahnt. Kreuzschlepper wurden oftmals auf hohen Säulen errichtet, die weithin sichtbar in die Landschaft ragten.<ref>Josef Dünninger, Karl Treutwein: ''Bildstöcke in Franken (= Thorbecke Kunstbücherei Bd. 9)''. Konstanz 1960. S. 90.</ref> Daneben sind die Figuren allerdings auch auf Hausmauern und breiten Sockeln zu finden. Die filigrane Gestaltung der Kreuzesbalken führte dazu, dass insbesondere diese Elemente häufig [[Vandalismus]] ausgesetzt sind und immer wieder erneuert werden müssen.<ref>Ute Feuerbach: ''Kreuzschlepper in Volkach''. In: Ute Feuerbach (Hrsg.): ''Unsere Mainschleife. 1993–2007 (= Volkacher Hefte Bd. 17)''. Volkach 2008. S. 360.</ref>
Typisch für den Darstellungstyp ist die [[Inschrift]]entafel, die den vorbeigehenden Menschen an das Schicksal des Gekreuzigten ermahnt. Kreuzschlepper wurden oftmals auf hohen Säulen errichtet, die weithin sichtbar aufragten.<ref>Josef Dünninger, Karl Treutwein: ''Bildstöcke in Franken (= Thorbecke Kunstbücherei Bd. 9)''. Konstanz 1960. S. 90.</ref> Die Figuren sind auch auf Hausmauern und breiten Sockeln zu finden. Die filigrane Gestaltung der Kreuzesbalken führte dazu, dass sie häufig dem [[Vandalismus]] ausgesetzt sind und immer wieder erneuert werden müssen.<ref>Ute Feuerbach: ''Kreuzschlepper in Volkach''. In: Ute Feuerbach (Hrsg.): ''Unsere Mainschleife. 1993–2007 (= Volkacher Hefte Bd. 17)''. Volkach 2008. S. 360.</ref>


Ursprünglich waren viele der Figuren farbig gefasst. Die Jesusfigur wurde lebensecht bemalt, wobei man [[Kalkfarbe]]n verwendete. Diese Pigmente hafteten nicht lange auf dem Stein, sodass einige Objekte bereits nach wenigen Jahrzehnten renoviert werden mussten. Heute hat sich die Farbschicht nur noch bei wenigen Kreuzschleppern erhalten, sie werden in der Regel auch nicht erneuert. Die Skulpturen sind heute teilweise mit metallenen [[Baldachin]]en vor Witterungseinflüssen geschützt, teilweise umgibt man die Kreuzschlepper in den Wintermonaten mit einer hölzernen [[Einhausung]].
Ursprünglich waren viele der Figuren farbig gefasst. Die Jesusfigur wurde lebensecht bemalt, wobei man [[Kalkfarbe]]n verwendete. Diese hafteten nicht lange auf dem Stein, sodass einige Objekte bereits nach wenigen Jahrzehnten renoviert werden mussten. Heute hat sich die Farbe nur bei wenigen Kreuzschleppern erhalten, sie wird in der Regel auch nicht erneuert. Die Skulpturen werden teilweise mit metallenen [[Baldachin]]en vor Witterungseinflüssen geschützt, teilweise umgibt man sie in den Wintermonaten mit einer hölzernen [[Einhausung]].


== Verbreitung und Beispiele ==
== Verbreitung und Beispiele ==
Die Kreuzschlepper sind insbesondere in den zwei katholischen Bistümern Bamberg und Würzburg weitverbreitet. Damit können sie heute in den bayerischen Regierungsbezirken [[Oberfranken|Ober-]] und [[Unterfranken]] gefunden werden. Wenige Exemplare weisen auch die ehemals zu Bamberg gehörenden Gebiete Mittelfrankens auf und den heute in [[Baden-Württemberg]] verorteten Einflussbereich des Würzburger Bischofs auf. Viele Schlepper werden vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege als [[Baudenkmal|Baudenkmäler]] eingeordnet in Baden-Württemberg sind sie zumeist Kleindenkmale.
Die Kreuzschlepper sind insbesondere in den beiden Bistümern Bamberg und Würzburg in [[Oberfranken|Ober-]] und [[Unterfranken]] weit verbreitet. Wenige Exemplare gibt es auch in den ehemals zu Bamberg gehörenden Gebieten Mittelfrankens und in den heute zu [[Baden-Württemberg]] gehörenden Einflussbereich des Würzburger Bischofs. Viele Schlepper sind vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege als [[Baudenkmal|Baudenkmäler]] eingeordnet, in Baden-Württemberg sind sie Kleindenkmale.


* [[Kreuzschlepper (Münnerstadt)]], aus dem Jahr 1755
* [[Kreuzschlepper (Münnerstadt)]], aus dem Jahr 1755
* [[Kreuzschlepper (Volkach)]], in Volkach haben sich noch besonders viele Kreuzschlepper erhalten, darunter ist auch der...
* [[Kreuzschlepper (Volkach)]], in Volkach haben sich besonders viele Kreuzschlepper erhalten, darunter ist auch der
* [[Kreuzschlepperbildstock (Obervolkach)]], der Stock wurde 1716 errichtet
* [[Kreuzschlepperbildstock (Obervolkach)]], der Stock wurde 1716 errichtet,
* [[Kreuzschlepper (Reiterswiesen)]], aus der Zeit um 1900
* [[Kissinger Straße 131 (Reiterswiesen)#Kreuzschlepper|Kreuzschlepper (Reiterswiesen, Kissinger Straße 131)]], aus der Zeit um 1900
* [[Kreuzschlepper (Reiterswiesen, Eichesberg)]], aus dem Jahr 1721
* [[Kreuzschlepper (Bad Kissingen, Platz Heimattreue)]], aus dem 18. Jahrhundert


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== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* [[Liste von Kreuzschleppern]]
* [[Bildstocklandschaft Franken]]
* [[Bildstocklandschaft Franken]]


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* Josef Dünninger, Bernhard Schemmel: ''Bildstöcke und Martern in Franken''. Würzburg 1970.
* Josef Dünninger, Bernhard Schemmel: ''Bildstöcke und Martern in Franken''. Würzburg 1970.
* Josef Dünninger, Karl Treutwein: ''Bildstöcke in Franken (= Thorbecke Kunstbücherei Bd. 9)''. Konstanz 1960.
* Josef Dünninger, Karl Treutwein: ''Bildstöcke in Franken (= Thorbecke Kunstbücherei Bd. 9)''. Konstanz 1960.
* Annika Enßle, Ferdinand Leuxner: ''Ein Kreuzschleppertypus zwischen Main und Rhön''. In: ''Würzburger Diözesangeschichtsblätter 86. Band (2023)''. Echter Verlag, Würzburg 2023, ISBN 978-3-429-05933-0. S. 415–436.
* Achim Timmermann: ''Calvary in Kitzingen: Dragging your Cross through Eighteenth-Century Franconia''. In: ''Material Religion. Vol. 17, No. 3''. Ann Arbor, Michigan 2021. S. 317–354.
* Achim Timmermann: ''Calvary in Kitzingen: Dragging your Cross through Eighteenth-Century Franconia''. In: ''Material Religion. Vol. 17, No. 3''. Ann Arbor, Michigan 2021. S. 317–354.


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[[Kategorie:Kreuztragung Christi]]
[[Kategorie:Kreuztragung Christi]]

Aktuelle Version vom 27. Juni 2024, 10:17 Uhr

Kreuzschlepper von 1728 bei Kolitzheim-Lindach, Landkreis Schweinfurt, Unterfranken

Als Kreuzschlepper (auch Kreuzträger, Kreuzschleifer; umgangssprachlich Kreuzschlager, Kreuzschlaafer[1]) bezeichnet man die Darstellung des kreuztragenden Christus in Form einer Freifigur. Die im 17. Jahrhundert aufkommende Sonderform des Bildstocks ist insbesondere in Franken weitverbreitet und prägt, vor allem in den katholischen Bistümern Bamberg und Würzburg, die Landschaft.

Die Bezeichnungen Kreuzschlepper, Kreuzträger oder Kreuzschleifer für die Skulpturen sind eine Erfindung des 20. Jahrhunderts, als die akademische Forschung auf sie aufmerksam wurde. Zeitgenössische Quellen des 17. und 18. Jahrhunderts sprechen vielmehr von „Bild“, „Bildnis“, „Biltnus“ oder „Marterbild“, die geläufige, ikonografisch nicht festgelegte Beschreibung des Bildstocks in Franken. Meist wurde diese Umschreibung noch mit einem Hinweis auf das Motiv, den das Kreuz tragenden Heiland, versehen.

Der Kreuzschlepper tauchte auch in anderem Zusammenhang in den Quellen auf. Kreuzschlepper waren für die Menschen der Vormoderne Teilnehmer an den Prozessionen während der Karwoche, die als Symbol das Kreuz trugen und so den Leidensweg Christi bildlich der Gemeinde vor Augen führten.[2] Noch heute wird in der katholischen Liturgie der Ministrant mit dem Vortragekreuz als Kruziferar oder Kreuzträger bezeichnet. In den bayerischen Denkmallisten ist die Bezeichnung Kreuzschlepper am häufigsten. Im Landkreis Lichtenfels existiert parallel dazu der Terminus Kreuzträger. Der Kreuzschleifer ist eine umgangssprachliche Abwandlung des Begriffs.

Die Darstellung des Leidenswegs Christi wurde bereits in Bildwerken der Spätgotik aufgegriffen. Das Sujet entwickelte sich zu einem Teil der sieben Fälle, die später in die 14 Stationen eines Kreuzweges umgewandelt wurden. Parallel zu dieser Entwicklung wurde das Motiv auch immer wieder in Bildstöcken verarbeitet. Die älteste bekannte Darstellung ist ein Bildstockaufsatz in Junkersdorf und stammt aus der Spätgotik. In den folgenden Jahrhunderten veränderte man das Motiv immer wieder.

Erst im ausgehenden 17. Jahrhundert begann man, Freifiguren des kreuztragenden Christus zu errichten. Noch 1707 wurde auf einem Bildstock in Distelhausen bei Tauberbischofsheim der Kreuzschlepper als ein Element eines größeren Reliefs gezeigt. In der Folgezeit erhielt der Kreuzträger immer mehr Raum innerhalb der Darstellung und wurde bald zur Freifigur weiterentwickelt. Zunächst gestaltete man ihn in Kombination mit anderen biblischen Motiven, wie dem Schweißtuch der Veronika oder der Mater dolorosa.

Dabei bestand ein obrigkeitliches Interesse, die Kreuzschlepper in der Landschaft sichtbar zu machen. Seit dem Ende des Dreißigjährigen Krieges war Franken zu einem konfessionell gemischten Landstrich geworden. Die Bildstöcke mit ihren Motiven machen beim Durchwandern klar, wo der Katholizismus vorherrscht. Daneben wirkte sich auch das vielfältige Bruderschaftswesen auf die Motivfindung der Bildhauer aus. Bis 1737 entstanden in vielen Pfarreien des Bistums Würzburg Corporis-Christi-Bruderschaften zur Verehrung der Eucharistie. Sie wurden mit Kreuzbruderschaften ergänzt, die sich insbesondere entlang von Wallfahrtswegen wie der Strecke zum Kreuzberg in der Rhön formierten.[3]

Die frühesten Freifiguren können auf die Jahre um 1680 datiert werden, in Effeldorf hat sich ein Schlepper erhalten, der mit „1695“ bezeichnet ist. Die Bildstocksetzungen entsprachen dabei den üblichen Motiven für eine solche Stiftung, private Frömmigkeit, Grenzmarkierung oder Wegmarken. Häufig entstanden Kreuzschlepper entlang von Wallfahrtswegen und dienten den Menschen als Orte der Andacht. Die Inschriften auf manchen Kreuzschleppern unterstreichen dies.[4] Das Motiv blieb auch nach dem Ende des 18. Jahrhunderts beliebt.

Im 20. Jahrhundert entstanden moderne Kreuzschlepper wie zum Beispiel im Volkacher Gemeindeteil Rimbach. Das Motiv fand nach dem Ersten Weltkrieg auch Eingang in die Gestaltung von Kriegerdenkmälern. Dafür wurden auch ältere Schlepper umfunktioniert. So zog man für das Ehrenmal für die Gefallenen des Zweiten Weltkriegs in Ebermannstadt den kreuztragenden Christus aus dem benachbarten Breitenbach von 1751 heran.[5]

Kreuzschlepper von 1716 in Volkach-Fahr, Landkreis Kitzingen, Unterfranken mit typischer Inschriftentafel

Das Motiv des kreuztragenden Christus existiert heute in Varianten. Selten geht der meist dornenbekrönte Christus noch unter der Last des Kreuzes, häufiger ist er bereits darüber zusammengebrochen. Besonders frühe Beispiele zeigen Christus zusammen mit den Henkersknechten. Eine solche Darstellung hat sich auf einem Stock in Obervolkach erhalten und ist auch in Aub, Euerfeld, Bad Brückenau, Oberschwarzach, und Forchheim belegt. Dort brachte man das Motiv oberhalb eines Prozessionsaltars an, sodass er als Übergangsform gelten kann.

Typisch für den Darstellungstyp ist die Inschriftentafel, die den vorbeigehenden Menschen an das Schicksal des Gekreuzigten ermahnt. Kreuzschlepper wurden oftmals auf hohen Säulen errichtet, die weithin sichtbar aufragten.[6] Die Figuren sind auch auf Hausmauern und breiten Sockeln zu finden. Die filigrane Gestaltung der Kreuzesbalken führte dazu, dass sie häufig dem Vandalismus ausgesetzt sind und immer wieder erneuert werden müssen.[7]

Ursprünglich waren viele der Figuren farbig gefasst. Die Jesusfigur wurde lebensecht bemalt, wobei man Kalkfarben verwendete. Diese hafteten nicht lange auf dem Stein, sodass einige Objekte bereits nach wenigen Jahrzehnten renoviert werden mussten. Heute hat sich die Farbe nur bei wenigen Kreuzschleppern erhalten, sie wird in der Regel auch nicht erneuert. Die Skulpturen werden teilweise mit metallenen Baldachinen vor Witterungseinflüssen geschützt, teilweise umgibt man sie in den Wintermonaten mit einer hölzernen Einhausung.

Verbreitung und Beispiele

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Die Kreuzschlepper sind insbesondere in den beiden Bistümern Bamberg und Würzburg in Ober- und Unterfranken weit verbreitet. Wenige Exemplare gibt es auch in den ehemals zu Bamberg gehörenden Gebieten Mittelfrankens und in den heute zu Baden-Württemberg gehörenden Einflussbereich des Würzburger Bischofs. Viele Schlepper sind vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege als Baudenkmäler eingeordnet, in Baden-Württemberg sind sie Kleindenkmale.

  • Josef Dünninger, Bernhard Schemmel: Bildstöcke und Martern in Franken. Würzburg 1970.
  • Josef Dünninger, Karl Treutwein: Bildstöcke in Franken (= Thorbecke Kunstbücherei Bd. 9). Konstanz 1960.
  • Annika Enßle, Ferdinand Leuxner: Ein Kreuzschleppertypus zwischen Main und Rhön. In: Würzburger Diözesangeschichtsblätter 86. Band (2023). Echter Verlag, Würzburg 2023, ISBN 978-3-429-05933-0. S. 415–436.
  • Achim Timmermann: Calvary in Kitzingen: Dragging your Cross through Eighteenth-Century Franconia. In: Material Religion. Vol. 17, No. 3. Ann Arbor, Michigan 2021. S. 317–354.
Commons: Kreuzschlepper – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Otto Veit: Sonstige Kleindenkmale, Ruhsteine, Grenzsteine, Kreuzschlepper und Heiligenfiguren im Landkreis Forchheim (= Mitteilungsblätter der Deutschen Steinkreuzforschung Nürnberg Bd. 2017). Forchheim 2017. S. 252.
  2. Achim Timmermann: Calvary in Kitzingen: Dragging your Cross through Eighteenth-Century Franconia. In: Material Religion. Vol. 17, No. 3. Ann Arbor, Michigan 2021. S. 319 f.
  3. Annika Enßle, Ferdinand Leuxner: Ein Kreuzschleppertypus zwischen Main und Rhön. In: Würzburger Diözesangeschichtsblätter 86. Band (2023). Echter Verlag, Würzburg 2023, ISBN 978-3-429-05933-0. S. 420.
  4. Josef Dünninger, Bernhard Schemmel: Bildstöcke und Martern in Franken. Würzburg 1970. S. 28.
  5. Otto Veit: Sonstige Kleindenkmale, Ruhsteine, Grenzsteine, Kreuzschlepper und Heiligenfiguren im Landkreis Forchheim (= Mitteilungsblätter der Deutschen Steinkreuzforschung Nürnberg Bd. 2017). Forchheim 2017. S. 253.
  6. Josef Dünninger, Karl Treutwein: Bildstöcke in Franken (= Thorbecke Kunstbücherei Bd. 9). Konstanz 1960. S. 90.
  7. Ute Feuerbach: Kreuzschlepper in Volkach. In: Ute Feuerbach (Hrsg.): Unsere Mainschleife. 1993–2007 (= Volkacher Hefte Bd. 17). Volkach 2008. S. 360.