„Duodecim scripta“ – Versionsunterschied

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'''Duodecim Scripta''' (deutsch: „zwölf Linien“), auch '''Ludus duodecim scriptorum''', war der lateinische Name für eine Ur-Form des heutigen Spiels [[Backgammon]]. Es wird angenommen, dass die [[Römisches Reich|Römer]] das Spiel aus dem alt-ägyptischen Brettspiel [[Senet]] ableiteten.
'''Duodecim Scripta''' (deutsch: „zwölf Markierungen“), auch '''XII scripta''' oder '''Ludus duodecim scriptorum''', war ein [[Römisches Reich|römisches]] Spiel, das als Vorläufer des heutigen Spiels [[Backgammon]] gilt.<ref>Schädler 1995</ref><ref>Crist/Dunn-Vaturi/de Voogt 2016, S. 133</ref> Antike Spielregeln dafür sind nicht erhalten. Es wird aber angenommen, dass es sich um ein Spiel für zwei Personen handelt, die mit ihren Steinen auf dem Spielbrett um die Wette laufen. Wie weit die Spielsteine sich bewegen, wird mit zwei Würfeln bestimmt.


Im Gegensatz zu Senet spielten die Römer das Duodecim Scripta bereits auf dem klassischen Backgammon-Brett mit jeweils 12 Linien im eigenen Spielfeld. Das Duodecim Scripta unterscheidet sich vom heutigen Backgammon im Wesentlichen dadurch, dass es mit drei [[Spielwürfel|Würfeln]] gespielt wurde und dass man die Steine des Gegners nicht schlagen konnte.


[[Datei:Roman Game of 12 Lines Board - Aphrodisias.jpg|miniatur|Ludus duodecim Spiel aus dem [[Zweites Jahrhundert|Zweiten Jahrhundert]].]] Erhaltene Spielbretter sind überwiegend steinern; nur wenige hölzerne Bretter für dieses Spiel haben sich erhalten. Auf den Brettern sind jeweils drei Reihen von zwölf Markierungen (z.&nbsp;B. Quadrate oder Buchstaben), wobei jede Reihe in der Mitte geteilt ist und so zwei Sechsergruppen bildet. In vielen Fällen dienen sechsbuchstabige Wörter als Markierungen.<ref>Austin 1934, S. 31–33</ref> Oft wurde der Name des Spiels als „zwölf Linien“ gedeutet. Allerdings sind keine Spielbretter mit 12 Linien überliefert. Es ist unklar, ob mit den zwölf Markierungen die Zeichen auf dem Brett oder der höchste Wurf mit zwei sechsseitigen Würfeln gemeint ist.<ref>Austin 1934, S. 31</ref><ref>Schädler 1995, S. 83–84</ref>
Eine Weiterentwicklung dieses Duodecim Scripta stellte das römische Spiel [[Tabula]] dar, was als direkter Vorläufer des Backgammon gilt.

Eine Weiterentwicklung von Duodecim Scripta stellte das römische Spiel Alea dar, das etwa im 4. Jahrhundert aufkam und bei dem das Spielfeld auf zwei Zwölferreihen reduziert ist. Dafür wurde Alea wahrscheinlich mit drei Würfeln gespielt.<ref>Crist/Dunn-Vaturi/de Voogt 2016, S. 133</ref>


Wie alle [[Glücksspiel]]e war auch Duodecim Scripta im antiken [[Rom]] offiziell verboten und durfte daher nur „privat“ gespielt werden.
Wie alle [[Glücksspiel]]e war auch Duodecim Scripta im antiken [[Rom]] offiziell verboten und durfte daher nur „privat“ gespielt werden.


== 36-Felder-Spiel aus Jiroft ==
== Regeln ==
[[Datei:Roman Game of 12 Lines Board - Aphrodisias.jpg|miniatur|Ludus duodecim Spiel aus dem [[Zweites Jahrhundert|Zweiten Jahrhundert]].]]
Das Spiel wurde von zwei Personen ausgeführt, wobei das Spielfeld drei Reihen mit 12 Feldern aufwies. Während die mittlere Reihe nur als Ablage- und Startfeld für die Spielersteine diente, waren die beiden äußeren Reihen das eigentliche Spielfeld. Jeder Spieler spielte mit 12 Steinen. Das Ziel des Spiels bestand darin, die Steine vom rechten oberen Spielfeld entgegen dem Uhrzeigersinn über das rechte untere Feld hinauszuspielen. Gewürfelt wurde abwechselnd mit zwei Sechserwürfeln. Bei einem [[Pasch (Spiel)|Pasch]] durfte abermals gewürfelt werden. Den Spielern stand frei, beide gewürfelten Zahlen nacheinander mit einem Stein oder einzeln mit zwei Steinen zu spielen. Kam er dabei auf einem Feld zum Stehen, auf dem bereits ein gegnerischer Stein lag, so konnte dieser geschlagen werden und musste von vorne beginnen. Lagen auf einem Feld zwei oder mehr gegnerische Steine, so war dieses für die eigenen Steine nicht betretbar.


Unter den Artefakten aus illegalen Grabungen, die um 2000 im Iran konfisziert wurden, befindet sich auch ein kleiner Spieltisch (35 × 13 cm). Obwohl der archäologische Kontext nicht gesichert ist, wird angenommen, dass der Spieltisch aus dem 3. vorchristlichen Jahrtausend aus [[Dschiroft|Jiroft]] stammt.
Eine weitere Variation des Spiels bestand darin, mit jeweils 15 Steinen und drei Würfeln zu spielen.

Gewundene Schlangen formen drei Reihen mit zwölf Feldern, wobei die Reihen mittig in zweimal sechs Felder geteilt sind.<ref>Ein vergleichbares Spielbrett befindet sich in der Sammlung des [[Schweizer Spielmuseum]]s, vgl. Ulrich Schädler: Zwischen perfekter Balance und Hochspannung. Die Geschichte des Backgammon im Überblick. In: ders. (Hg.): ''Spiele der Menschheit. 5000 Jahre Kulturgeschichte der Gesellschaftsspiele.'' La Tour-de-Peilz 2007, S. 31–42, hier 32–33.</ref> Strukturell entspricht der Spieltisch damit dem rund 2500 Jahre jüngeren römischen XII scripta. Die formalen Übereinstimmungen legen eine Verwandtschaft nahe, aber mangels weiteren Funden, die die Verbreitung und Überlieferung dieses Spieltyps bis in die römische Zeit erhellen könnten, bleibt das 36-Felder-Spiel aus Jiroft bislang ein Rätsel.<ref>Ulrich Schädler & Anne-Elizabeth Dunn-Vaturi, “BOARD GAMES in pre-Islamic Persia,” Encyclopædia Iranica, online edition, 2016, http://www.iranicaonline.org/articles/board-games-in-pre-islamic-persia</ref><ref>Irving Finkel: “The World Conqueror Emerges: Backgammon in Persia,” in ''Asian Games: The Art of Contest,'' ed. C. MacKenzie and I. Finkel, New York, 2004, S. 88–95.</ref><ref>A.-E. Dunn-Vaturi & U. Schädler, “Nouvelles perspectives sur les jeux à la lumière de plateaux du Kerman,” Iranica Antiqua 41, 2006, S. 1–29. [https://www.researchgate.net/publication/240790704_Nouvelles_perspectives_sur_les_jeux_a_la_lumiere_de_plateaux_du_Kerman PDF]</ref>
== Einzelnachweise ==

<references/>


== Literatur ==
== Literatur ==

* R. G. Austin (1934). Roman Board Games. I. ''Greece and Rome,'' 4, S. 24–34, hier S. 30–34. {{doi|10.1017/S0017383500002941}}. Austins Beschreibung und Rekonstruktion ist in einigen Punkten durch jüngere Arbeiten überholt.

* Walter Crist, Anne-Elizabeth Dunn-Vaturi und Alex de Voogt: ''Ancient Egyptians at Play. Board Games Across Borders.'' London etc.: Bloomsbury 2016, S. 135–138.

* [[Erwin Glonnegger]]: ''Das Spiele-Buch, Brett- und Legespiele aus aller Welt Herkunft, Regeln und Geschichte'' Drei Magier Verlag, Uehlfeld 1999, S. 30, ISBN 3-9806792-0-9
* [[Erwin Glonnegger]]: ''Das Spiele-Buch, Brett- und Legespiele aus aller Welt Herkunft, Regeln und Geschichte'' Drei Magier Verlag, Uehlfeld 1999, S. 30, ISBN 3-9806792-0-9

* Ulrich Schädler: XII Scripta, Alea, Tabula: New Evidence for the Roman History of ‘Backgammon’, in: Alex de Voogt (ed.): ''New Approaches to Board Games Research: Asian Origins and Future Perspectives.'' Working Papers Series 3. International Institute for Asian Studies, University of Leiden 1995, S. 73–98. [https://www.researchgate.net/publication/280303336_XII_Scripta_Alea_Tabula_--_New_Evidence_for_the_Roman_History_of_Backgammon PDF]

* Ulrich Schädler: Zwischen perfekter Balance und Hochspannung. Die Geschichte des Backgammon im Überblick. In: ders. (Hg.): ''Spiele der Menschheit. 5000 Jahre Kulturgeschichte der Gesellschaftsspiele.'' La Tour-de-Peilz 2007, S. 31–42


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* [[Römische Spiele]]
* [[Römische Spiele]]

== Weblinks ==
== Weblinks ==
* [https://www.hs-augsburg.de/~harsch/Chronologia/Lspost01/LausPisonis/lau_lud2.html Duodecim scipta:] Lateinische Spielregel von [[Caelestis Eichenseer]]
* [https://www.hs-augsburg.de/~harsch/Chronologia/Lspost01/LausPisonis/lau_lud1.html Ludus latrunculorum:] Lateinische Spielregel von [[Caelestis Eichenseer]]



* [https://ludii.games/details.php?keyword=XII%20Scripta XII Scripta] in der Ludii-Datenbank: Überblick, Verbreitung archäologischer Funde, Literaturliste
[[Kategorie:Historisches Spiel]]
[[Kategorie:Historisches Spiel]]
[[Kategorie:Backgammon]]
[[Kategorie:Backgammon]]

Aktuelle Version vom 23. März 2024, 18:20 Uhr

Scriptatisch (Museum Ephesos)

Duodecim Scripta (deutsch: „zwölf Markierungen“), auch XII scripta oder Ludus duodecim scriptorum, war ein römisches Spiel, das als Vorläufer des heutigen Spiels Backgammon gilt.[1][2] Antike Spielregeln dafür sind nicht erhalten. Es wird aber angenommen, dass es sich um ein Spiel für zwei Personen handelt, die mit ihren Steinen auf dem Spielbrett um die Wette laufen. Wie weit die Spielsteine sich bewegen, wird mit zwei Würfeln bestimmt.


Ludus duodecim Spiel aus dem Zweiten Jahrhundert.

Erhaltene Spielbretter sind überwiegend steinern; nur wenige hölzerne Bretter für dieses Spiel haben sich erhalten. Auf den Brettern sind jeweils drei Reihen von zwölf Markierungen (z. B. Quadrate oder Buchstaben), wobei jede Reihe in der Mitte geteilt ist und so zwei Sechsergruppen bildet. In vielen Fällen dienen sechsbuchstabige Wörter als Markierungen.[3] Oft wurde der Name des Spiels als „zwölf Linien“ gedeutet. Allerdings sind keine Spielbretter mit 12 Linien überliefert. Es ist unklar, ob mit den zwölf Markierungen die Zeichen auf dem Brett oder der höchste Wurf mit zwei sechsseitigen Würfeln gemeint ist.[4][5]

Eine Weiterentwicklung von Duodecim Scripta stellte das römische Spiel Alea dar, das etwa im 4. Jahrhundert aufkam und bei dem das Spielfeld auf zwei Zwölferreihen reduziert ist. Dafür wurde Alea wahrscheinlich mit drei Würfeln gespielt.[6]

Wie alle Glücksspiele war auch Duodecim Scripta im antiken Rom offiziell verboten und durfte daher nur „privat“ gespielt werden.

36-Felder-Spiel aus Jiroft

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Unter den Artefakten aus illegalen Grabungen, die um 2000 im Iran konfisziert wurden, befindet sich auch ein kleiner Spieltisch (35 × 13 cm). Obwohl der archäologische Kontext nicht gesichert ist, wird angenommen, dass der Spieltisch aus dem 3. vorchristlichen Jahrtausend aus Jiroft stammt.

Gewundene Schlangen formen drei Reihen mit zwölf Feldern, wobei die Reihen mittig in zweimal sechs Felder geteilt sind.[7] Strukturell entspricht der Spieltisch damit dem rund 2500 Jahre jüngeren römischen XII scripta. Die formalen Übereinstimmungen legen eine Verwandtschaft nahe, aber mangels weiteren Funden, die die Verbreitung und Überlieferung dieses Spieltyps bis in die römische Zeit erhellen könnten, bleibt das 36-Felder-Spiel aus Jiroft bislang ein Rätsel.[8][9][10]

Einzelnachweise

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  1. Schädler 1995
  2. Crist/Dunn-Vaturi/de Voogt 2016, S. 133
  3. Austin 1934, S. 31–33
  4. Austin 1934, S. 31
  5. Schädler 1995, S. 83–84
  6. Crist/Dunn-Vaturi/de Voogt 2016, S. 133
  7. Ein vergleichbares Spielbrett befindet sich in der Sammlung des Schweizer Spielmuseums, vgl. Ulrich Schädler: Zwischen perfekter Balance und Hochspannung. Die Geschichte des Backgammon im Überblick. In: ders. (Hg.): Spiele der Menschheit. 5000 Jahre Kulturgeschichte der Gesellschaftsspiele. La Tour-de-Peilz 2007, S. 31–42, hier 32–33.
  8. Ulrich Schädler & Anne-Elizabeth Dunn-Vaturi, “BOARD GAMES in pre-Islamic Persia,” Encyclopædia Iranica, online edition, 2016, http://www.iranicaonline.org/articles/board-games-in-pre-islamic-persia
  9. Irving Finkel: “The World Conqueror Emerges: Backgammon in Persia,” in Asian Games: The Art of Contest, ed. C. MacKenzie and I. Finkel, New York, 2004, S. 88–95.
  10. A.-E. Dunn-Vaturi & U. Schädler, “Nouvelles perspectives sur les jeux à la lumière de plateaux du Kerman,” Iranica Antiqua 41, 2006, S. 1–29. PDF
  • R. G. Austin (1934). Roman Board Games. I. Greece and Rome, 4, S. 24–34, hier S. 30–34. doi:10.1017/S0017383500002941. Austins Beschreibung und Rekonstruktion ist in einigen Punkten durch jüngere Arbeiten überholt.
  • Walter Crist, Anne-Elizabeth Dunn-Vaturi und Alex de Voogt: Ancient Egyptians at Play. Board Games Across Borders. London etc.: Bloomsbury 2016, S. 135–138.
  • Ulrich Schädler: XII Scripta, Alea, Tabula: New Evidence for the Roman History of ‘Backgammon’, in: Alex de Voogt (ed.): New Approaches to Board Games Research: Asian Origins and Future Perspectives. Working Papers Series 3. International Institute for Asian Studies, University of Leiden 1995, S. 73–98. PDF
  • Ulrich Schädler: Zwischen perfekter Balance und Hochspannung. Die Geschichte des Backgammon im Überblick. In: ders. (Hg.): Spiele der Menschheit. 5000 Jahre Kulturgeschichte der Gesellschaftsspiele. La Tour-de-Peilz 2007, S. 31–42
  • XII Scripta in der Ludii-Datenbank: Überblick, Verbreitung archäologischer Funde, Literaturliste