„Heinrich Quistorp“ – Versionsunterschied

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'''Heinrich Quistorp''' (* [[30. April]] [[1836]] in [[Wolgast]]; † [[5. Dezember]] [[1902]] in [[Berlin-Westend]]) war ein deutscher Kaufmann und Bankier.

'''Heinrich August Julius Quistorp''' (* [[30. April]] [[1836]] in [[Wolgast]]; † [[5. Dezember]] [[1902]] in [[Berlin-Charlottenburg|Charlottenburg]]) war ein deutscher [[Kaufmann]] und [[Privatbankier|Bankier]].


== Leben ==
== Leben ==
Heinrich Quistorp war ein Sohn des Wolgaster Kommissionsrates August Heinrich Quistorp (1783-1853) und seiner Ehefrau Johanne Hecht (1798-1877). Sein Urgroßvater war der Rostocker Professor [[Johann Jakob Quistorp]]. Der spätere Stettiner Unternehmer [[Johannes Quistorp]] war sein Bruder.
Heinrich Quistorp war ein Sohn des Wolgaster Kommissionsrates August Heinrich Quistorp (1783–1853) und dessen Ehefrau Johanne Hecht (1798–1877). Sein Urgroßvater war der Rostocker Professor [[Johann Jakob Quistorp]]. Der spätere Stettiner Unternehmer [[Johannes Quistorp]] war sein Bruder.


Heinrich Quistorp wurde Kaufmann und ging nach [[Glasgow]]. 1862 heiratete er die Engländerin Emma Lumb (* 1837).
Heinrich Quistorp wurde Kaufmann und ging nach [[Glasgow]]. 1862 heiratete er die Engländerin Emma Lumb (* 1837).


Später ging er nach Berlin. Dort war er ab 1866 Bauentwickler von [[Berlin-Westend]]. Dort entstand ein Villenvorort. Die architektonische Planung übernahm der Mitgesellschafter der Baugesellschaft, [[Martin Gropius]]. Um die Wasserversorgung sicherzustellen, ließ er am [[Teufelssee (Grunewald)|Teufelssee]] im Grunewald gegen anfänglichen Widerstand der Stadtverwaltung von Charlottenburg ein Wasserwerk errichten. Er betrieb die Westend-Gesellschaft Quistorp & Co. und profitierte von den Immobilien- und Aktienspekulationen der [[Gründerzeit]]. Nach dem Vorbild des Berliner Westendes wurden ähnliche Projekte in Wannsee, [[Berlin-Reinickendorf|Reinickendorf]] und weiteren Berliner Stadtteilen aber auch in [[Magdeburg]], [[Breslau]], [[Stettin]], [[Danzig]] oder [[Frankfurt am Main]] entwickelt. Der Höhepunkt der Westend-Gesellschaft war 1872 erreicht, als das Aktienkapital um 1,5 Millionen Taler erhöht wurde. Der Gewinnanteil stieg von 40 auf 50 % und die Dividende lag bei 17 %.
Später ging er nach Berlin. Dort war er ab 1866 Bauentwickler von [[Berlin-Westend]]. Dort entstand ein Villenvorort. Die architektonische Planung übernahm der Mitgesellschafter der Baugesellschaft, [[Martin Gropius]]. Um die Wasserversorgung sicherzustellen, ließ er am [[Teufelssee (Grunewald)|Teufelssee]] im Grunewald gegen anfänglichen Widerstand der Stadtverwaltung von Charlottenburg ein [[Wasserwerk Teufelssee|Wasserwerk]] errichten. Er betrieb die Westend-Gesellschaft Quistorp & Co. und profitierte von den Immobilien- und Aktienspekulationen der [[Gründerzeit]]. Nach dem Vorbild des Berliner Westendes wurden ähnliche Projekte in Wannsee, [[Berlin-Reinickendorf|Reinickendorf]] und weiteren Berliner Stadtteilen aber auch in [[Magdeburg]], [[Breslau]], [[Stettin]], [[Danzig]] oder [[Frankfurt am Main]] entwickelt. Der Höhepunkt der Westend-Gesellschaft war 1872 erreicht, als das Aktienkapital um 1,5 Millionen Taler erhöht wurde. Der Gewinnanteil stieg von 40 auf 50 % und die Dividende lag bei 17 %.


[[Datei:Vereins Bank Quistorp 1872.jpg|mini|alternativtext=Aktie der Vereins-Bank, Quistorp & Co. über 200 Taler, ausgegeben am 11. April 1872 in Charlottenburg, eingetragen auf das im Gründungsgeschäft sehr aktive Berliner Privatbankhaus Marx & Goldstein, im Original unterschrieben von Heinrich Quistorp |Aktie der Vereins-Bank, Quistorp & Co. über 200 Taler, ausgegeben am 11. April 1872 in Charlottenburg, eingetragen auf das im Gründungsgeschäft sehr aktive Berliner Privatbankhaus Marx & Goldstein, im Original unterschrieben von Heinrich Quistorp ]]
1870 gründete er die ''Vereinsbank Quistorp & Co.'' (Einlage 200.000 Thaler - ein Thaler entsprach etwa drei Mark) zum Zweck der Finanzierung von Bankgesellschaften. Sie trug mehr als 29 Unternehmen des Bau- und Transportsektors aber auch industrielle Betriebe mit einer Kapitalsumme von über 66 Millionen Mark. Darunter war mit der Firma Chemischen Fabrik auf Actien (vorm. E. Schering) eine Vorläuferunternehmen der [[Schering AG]]. Die Aktien der Unternehmen platzierte sie an der Berliner Börse und kümmerte sich um die Geldgeschäfte der Unternehmen. Sein Geschäft beruhte auf dem kurzfristigen Börsengewinn und war wenig solide.<ref>Markus Baltzer: ''Der Berliner Kapitalmarkt nach der Reichsgründung 1871.'' Berlin u.a., 2005 S. 35</ref>
1870 gründete er die ''Vereinsbank Quistorp & Co.'' (Einlage 200.000 [[Taler|Thaler]] ein Thaler entsprach etwa drei [[Goldmark|Mark]]) zum Zweck der Finanzierung von Bankgesellschaften. Sie trug mehr als 29 Unternehmen des Bau- und Transportsektors aber auch industrielle Betriebe mit einer Kapitalsumme von über 66 Millionen Mark. Darunter war mit der Firma Chemische Fabrik auf Actien (vorm. E. Schering) ein Vorläuferunternehmen der [[Schering AG]]. Die Aktien der Unternehmen platzierte sie an der Berliner Börse und kümmerte sich um die Geldgeschäfte der Unternehmen. Sein Geschäft beruhte auf dem kurzfristigen Börsengewinn und war wenig solide.<ref name="baltzer">Markus Baltzer: ''Der Berliner Kapitalmarkt nach der Reichsgründung 1871.'' Berlin u.&nbsp;a., 2005, S. 35.</ref>


Quistorp brachte es in dieser Zeit zu großem Reichtum. In Potsdam ließ er in der Nauener Vorstadt 1872 vom Hofbaumeister [[Ernst Petzholtz]] eine prachtvolle Villa errichten.<ref>Catrin During, Albrecht Ecke: ''Gebaut!: Architekturführer Potsdam.'' Berlin, 2008 S.74</ref> Der Zusammenbruch der Vereinsbank löste eine Serie von Firmenzusammenbrüchen aus. Über 70 Banken verloren über 470 Millionen Mark an Krediten. Der Zusammenbruch der Bank wird in der Literatur als ''auslösendes Element'' der [[Gründerkrise]] beschrieben.<ref> Baltzer a.a.O.; sieh auch Massimo Ferrari Zumbini: ''Die Wurzeln des Bösen: Gründerjahre des Antisemitismus.'' Frankfurt am Main, 2003 S.142</ref>
Quistorp brachte es in dieser Zeit zu großem Reichtum. In Potsdam ließ er in der Nauener Vorstadt 1872 vom Hofbaumeister [[Ernst Petzholtz]] eine prachtvolle Villa errichten<ref>Catrin During, Albrecht Ecke: ''Gebaut!: Architekturführer Potsdam.'' Berlin, 2008, S. 74.</ref> und im gleichen Jahr begann der Bau seines 1892 letztlich unvollendet wieder abgerissenen [[Germaniaturm]]s in Charlottenburg. In den [[Wolgaster Anlagen]] ließ er 1873 den Bau eines Aussichtsturms beginnen.<ref>[[Berthold Heberlein]]: ''Beiträge zur Geschichte der Burg und Stadt Wolgast''. Hans Elsner, Wolgast 1892, S. 241.</ref>


Der Zusammenbruch der Vereinsbank löste eine Serie von Firmenzusammenbrüchen aus. Über 70 Banken verloren über 470 Millionen Mark an Krediten. Der Zusammenbruch der Bank wird in der Literatur als ''auslösendes Element'' der [[Gründerkrise]] beschrieben.<ref name="baltzer" /><ref>Massimo Ferrari Zumbini: ''Die Wurzeln des Bösen: Gründerjahre des Antisemitismus.'' Frankfurt am Main, 2003, S. 142.</ref>
Der Zusammenbruch der Bank 1873 bedeutete auch für den persönlich haftenden Quistorp als Kommanditisten den Bankrott. Im Jahr 1883 lotete er in [[Paraguay]] die Möglichkeit zur Errichtung einer Siedlerkolonie aus und veröffentlichte unter dem Namen Henry Quistorp auf englisch eine entsprechende Broschüre.<ref>Jens Meyer-Aurich: ''Wahlen, Parlamente und Elitenkonflikte: Die Entstehung der ersten politischen Parteien in Paraguay, 1869–1904.'' Stuttgart, 2006 S.131</ref> Es gelang ihm die Unterstützung der Regierung zu gewinnen. Diese stellte staatlichen Grundbesitz zur Verfügung und trug durch Anleihen und Subventionen zur Finanzierung bei. Es wurde sogar eine Schifffahrtslinie nach Deutschland eingerichtet. Die Siedlung Neu-Germania zog einige Dutzend Siedler an, erwies sich aber unter anderem wegen des Klimas als Fehlschlag. Daraufhin kehrte Quistorp nach Deutschland zurück. er lebte von Grundstücksvermittlungen, Bauberatung und Geldern der Konkursverwaltung seiner ehemaligen Unternehmen.


Der Zusammenbruch der Bank 1873 bedeutete auch für den persönlich haftenden Quistorp als Komplementär den Bankrott. Im Jahr 1883 lotete er in [[Paraguay]] die Möglichkeit zur Errichtung einer Siedlerkolonie aus und veröffentlichte unter dem Namen Henry Quistorp auf Englisch eine entsprechende Broschüre.<ref>Jens Meyer-Aurich: ''Wahlen, Parlamente und Elitenkonflikte: Die Entstehung der ersten politischen Parteien in Paraguay, 1869–1904.'' Stuttgart, 2006, S. 131.</ref> Es gelang ihm, die Unterstützung der Regierung zu gewinnen. Diese stellte staatlichen Grundbesitz zur Verfügung und trug durch Anleihen und Subventionen zur Finanzierung bei. Es wurde sogar eine Schifffahrtslinie nach Deutschland eingerichtet. Die Siedlung [[Nueva Germania|Neu-Germania]] zog einige Dutzend Siedler an, erwies sich aber unter anderem wegen des Klimas als Fehlschlag.<ref>Ben Macintyre: ''Vergessenes Vaterland. Die Spuren der Elisabeth Nietzsche'', Leipzig 1994. ISBN 3-379-01510-5.</ref> Daraufhin kehrte Quistorp nach Deutschland zurück. Er lebte von Grundstücksvermittlungen, Bauberatung und Geldern der Konkursverwaltung seiner ehemaligen Unternehmen.
Im Dezember 1885 ließ sich seine Frau von ihm scheiden, weil er nicht mehr für einen standesgemäßen Unterhalt sorgen konnte.

Im Dezember 1885 ließ sich seine Frau von ihm scheiden, weil er nicht mehr für einen standesgemäßen Unterhalt sorgen konnte.


Quistorp hatte drei Söhne. Der jüngste Sohn ertrank 1882 als Kadett in der Kieler Bucht. Die beiden anderen Söhne wurden Kaufleute in Argentinien.
Quistorp hatte drei Söhne. Der jüngste Sohn ertrank 1882 als Kadett in der Kieler Bucht. Die beiden anderen Söhne wurden Kaufleute in Argentinien.

== Literatur ==
* [http://www.quistorp.de/QuistorpArgentinischerZweig.htm Der Argentinische Zweig der Familie Quistorp]
* [http://www.quistorp.de/Quistorpia/Heinrich107Quistorp.pdf Biografische Darstellung] (PDF; 533&nbsp;kB)
* {{Gartenlaube |Wikisource=Der Börsen- und Gründungsschwindel in Berlin/7. Baugeschichten |Titel=Der Börsen- und Gründungsschwindel in Berlin, 7. Berliner Baugeschichten |Autor=Otto Glagau |Jahr=1875 |Heft=26 |Seite=438–440}}

== Weblinks ==
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== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references />
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== Literatur ==
* [http://www.quistorp.de/QuistorpArgentinischerZweig.htm Der Argentinische Zweig der Familie Quistorp]
*[http://www.quistorp.de/Quistorpia/Heinrich107Quistorp.pdf Biographische Darstellung]


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Aktuelle Version vom 25. Januar 2024, 02:29 Uhr

Heinrich Quistorp

Heinrich August Julius Quistorp (* 30. April 1836 in Wolgast; † 5. Dezember 1902 in Charlottenburg) war ein deutscher Kaufmann und Bankier.

Heinrich Quistorp war ein Sohn des Wolgaster Kommissionsrates August Heinrich Quistorp (1783–1853) und dessen Ehefrau Johanne Hecht (1798–1877). Sein Urgroßvater war der Rostocker Professor Johann Jakob Quistorp. Der spätere Stettiner Unternehmer Johannes Quistorp war sein Bruder.

Heinrich Quistorp wurde Kaufmann und ging nach Glasgow. 1862 heiratete er die Engländerin Emma Lumb (* 1837).

Später ging er nach Berlin. Dort war er ab 1866 Bauentwickler von Berlin-Westend. Dort entstand ein Villenvorort. Die architektonische Planung übernahm der Mitgesellschafter der Baugesellschaft, Martin Gropius. Um die Wasserversorgung sicherzustellen, ließ er am Teufelssee im Grunewald gegen anfänglichen Widerstand der Stadtverwaltung von Charlottenburg ein Wasserwerk errichten. Er betrieb die Westend-Gesellschaft Quistorp & Co. und profitierte von den Immobilien- und Aktienspekulationen der Gründerzeit. Nach dem Vorbild des Berliner Westendes wurden ähnliche Projekte in Wannsee, Reinickendorf und weiteren Berliner Stadtteilen aber auch in Magdeburg, Breslau, Stettin, Danzig oder Frankfurt am Main entwickelt. Der Höhepunkt der Westend-Gesellschaft war 1872 erreicht, als das Aktienkapital um 1,5 Millionen Taler erhöht wurde. Der Gewinnanteil stieg von 40 auf 50 % und die Dividende lag bei 17 %.

Aktie der Vereins-Bank, Quistorp & Co. über 200 Taler, ausgegeben am 11. April 1872 in Charlottenburg, eingetragen auf das im Gründungsgeschäft sehr aktive Berliner Privatbankhaus Marx & Goldstein, im Original unterschrieben von Heinrich Quistorp
Aktie der Vereins-Bank, Quistorp & Co. über 200 Taler, ausgegeben am 11. April 1872 in Charlottenburg, eingetragen auf das im Gründungsgeschäft sehr aktive Berliner Privatbankhaus Marx & Goldstein, im Original unterschrieben von Heinrich Quistorp

1870 gründete er die Vereinsbank Quistorp & Co. (Einlage 200.000 Thaler – ein Thaler entsprach etwa drei Mark) zum Zweck der Finanzierung von Bankgesellschaften. Sie trug mehr als 29 Unternehmen des Bau- und Transportsektors aber auch industrielle Betriebe mit einer Kapitalsumme von über 66 Millionen Mark. Darunter war mit der Firma Chemische Fabrik auf Actien (vorm. E. Schering) ein Vorläuferunternehmen der Schering AG. Die Aktien der Unternehmen platzierte sie an der Berliner Börse und kümmerte sich um die Geldgeschäfte der Unternehmen. Sein Geschäft beruhte auf dem kurzfristigen Börsengewinn und war wenig solide.[1]

Quistorp brachte es in dieser Zeit zu großem Reichtum. In Potsdam ließ er in der Nauener Vorstadt 1872 vom Hofbaumeister Ernst Petzholtz eine prachtvolle Villa errichten[2] und im gleichen Jahr begann der Bau seines 1892 letztlich unvollendet wieder abgerissenen Germaniaturms in Charlottenburg. In den Wolgaster Anlagen ließ er 1873 den Bau eines Aussichtsturms beginnen.[3]

Der Zusammenbruch der Vereinsbank löste eine Serie von Firmenzusammenbrüchen aus. Über 70 Banken verloren über 470 Millionen Mark an Krediten. Der Zusammenbruch der Bank wird in der Literatur als auslösendes Element der Gründerkrise beschrieben.[1][4]

Der Zusammenbruch der Bank 1873 bedeutete auch für den persönlich haftenden Quistorp als Komplementär den Bankrott. Im Jahr 1883 lotete er in Paraguay die Möglichkeit zur Errichtung einer Siedlerkolonie aus und veröffentlichte unter dem Namen Henry Quistorp auf Englisch eine entsprechende Broschüre.[5] Es gelang ihm, die Unterstützung der Regierung zu gewinnen. Diese stellte staatlichen Grundbesitz zur Verfügung und trug durch Anleihen und Subventionen zur Finanzierung bei. Es wurde sogar eine Schifffahrtslinie nach Deutschland eingerichtet. Die Siedlung Neu-Germania zog einige Dutzend Siedler an, erwies sich aber unter anderem wegen des Klimas als Fehlschlag.[6] Daraufhin kehrte Quistorp nach Deutschland zurück. Er lebte von Grundstücksvermittlungen, Bauberatung und Geldern der Konkursverwaltung seiner ehemaligen Unternehmen.

Im Dezember 1885 ließ sich seine Frau von ihm scheiden, weil er nicht mehr für einen standesgemäßen Unterhalt sorgen konnte.

Quistorp hatte drei Söhne. Der jüngste Sohn ertrank 1882 als Kadett in der Kieler Bucht. Die beiden anderen Söhne wurden Kaufleute in Argentinien.

Commons: Heinrich Quistorp – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b Markus Baltzer: Der Berliner Kapitalmarkt nach der Reichsgründung 1871. Berlin u. a., 2005, S. 35.
  2. Catrin During, Albrecht Ecke: Gebaut!: Architekturführer Potsdam. Berlin, 2008, S. 74.
  3. Berthold Heberlein: Beiträge zur Geschichte der Burg und Stadt Wolgast. Hans Elsner, Wolgast 1892, S. 241.
  4. Massimo Ferrari Zumbini: Die Wurzeln des Bösen: Gründerjahre des Antisemitismus. Frankfurt am Main, 2003, S. 142.
  5. Jens Meyer-Aurich: Wahlen, Parlamente und Elitenkonflikte: Die Entstehung der ersten politischen Parteien in Paraguay, 1869–1904. Stuttgart, 2006, S. 131.
  6. Ben Macintyre: Vergessenes Vaterland. Die Spuren der Elisabeth Nietzsche, Leipzig 1994. ISBN 3-379-01510-5.