„Antibürokratische Revolution“ – Versionsunterschied

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
[ungesichtete Version][gesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
Boris R. (Diskussion | Beiträge)
K Buch statt Link
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Markierungen: Mobile Bearbeitung Mobile Web-Bearbeitung
 
(90 dazwischenliegende Versionen von 45 Benutzern werden nicht angezeigt)
Zeile 1: Zeile 1:
Die '''Antibürokratische Revolution''' war eine politische Entwicklung, mit nationalistischem Hintergrund, in [[Serbien]], in deren Laufe im den Jahr [[1989]] Großdemonstrationen in Serbien und Montenegro stattfanden, welche die Beendigung der seit den Jahren 1849 und 1945/46 bestehenden [[Autonomie]] der serbischen Provinzen [[Vojvodina]] (seit 1919/20 erstmals zu Serbien, vorher zu Österreich-Ungarn) und [[Kosovo]] einläuteten.
Die '''Antibürokratische Revolution''' war eine politische Entwicklung in [[Sozialistische Republik Serbien|Serbien]] und [[Sozialistische Republik Montenegro|Montenegro]], in deren Verlauf in den Jahren 1987 und 1989 Großdemonstrationen durch den damaligen serbischen Machthaber [[Slobodan Milošević]] inszeniert wurden, welche die Beendigung der seit 1974 bestehenden extensiven [[Autonomie]] der serbischen Provinzen [[Vojvodina]] und [[Kosovo]] einläuteten. Der Höhepunkt dieser Veranstaltungen war die 600-Jahr-Feier anlässlich der [[Schlacht auf dem Amselfeld (1389)|Schlacht auf dem Amselfeld]] im Jahre 1989.


Unterstützung erfuhr die Kampagne von serbischen Intellektuellen, die bereits 1986 im [[SANU-Memorandum]] die angebliche Diskriminierung der Serben in „nichtserbischen“ Teilen Jugoslawiens beklagt hatten, und der serbisch-orthodoxen Kirche.
Diese beiden autonomen Provinzen wurden, wie [[Kosovo]] bereits vor 1946, unter serbische Zentralverwaltung gestellt, die bisherigen Regierungen entlassen und durch [[Slobodan Milošević]] – loyale Parteifunktionäre ersetzt. Der Autonomiestatus der Vojvodina, die seit 1974 faktisch den Teilrepubliken gleichgestellt war, wurde wieder auf den Status vor 1974 zurückgesetzt.


Der Autonomiestatus der Vojvodina und des Kosovo wurde 1989 wieder auf den Status vor 1974 zurückgesetzt. Die beiden autonomen Provinzen wurden unter serbische Zentralverwaltung gestellt, die bisherigen Provinzregierungen entlassen und durch Milošević-loyale Parteifunktionäre ersetzt.
Im Frühjahr 1989 wurde im Kosovo staatliche Institutionen wie z. B. die Polizei und das Schulwesen serbisiert und als [[Amtssprache]] wurde Serbisch wiedereingeführt.


Das bedeutete vor allem für das Kosovo große Veränderungen, denn mit dem Autonomiestatus seit 1974 war unter anderem auch ein eigenes Schulwesen verbunden. Im Frühjahr 1989 wurde im Kosovo als [[Amtssprache]] Serbisch wiedereingeführt.
In der Folge kam es im Frühjahr 1989 zu großen [[Autonomie]]kundgebungen der breiten albanischen Bevölkerungsmehrheit im [[Kosovo]]. Diese wurden brutal niedergeschlagen, und der Ausnahmezustand über die Region verhängt. Es gab viele Todesopfer. Kosovo-albanische [[Aktivist]]en wurden zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.
Am 3. März [[1991]] beschloss die Regierung Jugoslawiens „spezielle Maßnahmen“, um den Widerstand der Kosovaren zu brechen.


In der Folge kam es zu großen Demonstrationen der breiten albanischen Bevölkerungsmehrheit im Kosovo. Diese wurden niedergeschlagen, es gab Angriffe auf Polizisten, daraufhin wurde der Ausnahmezustand über die Region verhängt. Kosovo-albanische [[Aktivist]]en wurden zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Am 3. März 1989 beschloss die Regierung Jugoslawiens „spezielle Maßnahmen“, um gegen den Widerstand der Kosovo-Albaner vorzugehen.
Am 22. 1. [[1990]] wurden beim außerordentlichen Kongress der Kommunistischen Partei Jugoslawiens sämtliche [[Reform]]vorschläge der slowenischen und der kroatischen Delegation von den Gefolgsleuten Miloševićs niedergestimmt. Serbien und Montenegro hatten nach der Auflösung der autonomen Provinzen gemeinsam die absolute Stimmenmehrheit im jugoslawischen Parlament. Daraufhin verließ zunächst die slowenische, wenig später auch die kroatische [[Delegation]] das Parlament. Dies gilt als das faktische Ende [[Jugoslawien]]s. Im Sommer [[1990]] wurden sowohl in Slowenien als auch Kroatien Referenden über deren staatliche Unabhängigkeit abgehalten. In beiden Staaten stimmte eine überwältigende Mehrheit der Wähler für den Austritt aus Jugoslawien. Am 25. Juni 1991 erklärten die beiden Staaten ihre Unabhängigkeit. Am 6. März [[1992]] erklärte [[Bosnien-Herzegowina]] nach dem ebenfalls abgehaltenen Referendum seine Unabhängigkeit.


Beim [[14._Kongress_des_Bundes_der_Kommunisten_Jugoslawiens| außerordentlichen Kongress des Bundes der Kommunisten Jugoslawiens am 22. Januar 1990]] wurden sämtliche [[Reform]]vorschläge der [[Slowenien|slowenischen]] und der [[Kroatien|kroatischen]] [[Delegation (Abordnung)|Delegation]] von der Stimmenmehrheit des sogenannten „Serbischen Blocks“ abgelehnt. Diese Abgeordneten aus Serbien inklusive denen der beiden Provinzen sowie denjenigen aus Montenegro waren Unterstützer des von Milošević vertretenen politischen Kurses. Daraufhin verließen zunächst die slowenischen, wenig später auch die kroatischen Delegierten den Parteitag.
==Literatur==


== Literatur ==
*Laura Silber, Allan Little: Bruderkrieg. Der Kampf um Titos Erbe. Deutsche Bearbeitung von Walter Erdelitsch. Verlag Styria, Graz 1995. 464 Seiten. 49 DM.
* Josip Furkes, Karl-Heinz Schlarp (Hrsg.): ''Jugoslawien: Ein Staat zerfällt. Der Balkan – Europas Pulverfaß''. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 1991. ISBN 3-499-13074-2
* Laura Silber, Allan Little: ''Bruderkrieg. Der Kampf um Titos Erbe''. Deutsche Bearbeitung von Walter Erdelitsch. Graz: Styria, 1995. 464 Seiten.
* Nebojša Vladisavljević: ''Serbia's Antibureaucratic Revolution. Milošević, the Fall of Communism and Nationalist Mobilization.'' Hampshire / New York: Palgrave Macmillan, 2008. ISBN 978-0-230-20521-5


{{SORTIERUNG:Antiburokratische Revolution}}
[[Kategorie:Jugoslawien]]
[[Kategorie:Politik (Jugoslawien)]]

Aktuelle Version vom 16. Juli 2023, 09:18 Uhr

Die Antibürokratische Revolution war eine politische Entwicklung in Serbien und Montenegro, in deren Verlauf in den Jahren 1987 und 1989 Großdemonstrationen durch den damaligen serbischen Machthaber Slobodan Milošević inszeniert wurden, welche die Beendigung der seit 1974 bestehenden extensiven Autonomie der serbischen Provinzen Vojvodina und Kosovo einläuteten. Der Höhepunkt dieser Veranstaltungen war die 600-Jahr-Feier anlässlich der Schlacht auf dem Amselfeld im Jahre 1989.

Unterstützung erfuhr die Kampagne von serbischen Intellektuellen, die bereits 1986 im SANU-Memorandum die angebliche Diskriminierung der Serben in „nichtserbischen“ Teilen Jugoslawiens beklagt hatten, und der serbisch-orthodoxen Kirche.

Der Autonomiestatus der Vojvodina und des Kosovo wurde 1989 wieder auf den Status vor 1974 zurückgesetzt. Die beiden autonomen Provinzen wurden unter serbische Zentralverwaltung gestellt, die bisherigen Provinzregierungen entlassen und durch Milošević-loyale Parteifunktionäre ersetzt.

Das bedeutete vor allem für das Kosovo große Veränderungen, denn mit dem Autonomiestatus seit 1974 war unter anderem auch ein eigenes Schulwesen verbunden. Im Frühjahr 1989 wurde im Kosovo als Amtssprache Serbisch wiedereingeführt.

In der Folge kam es zu großen Demonstrationen der breiten albanischen Bevölkerungsmehrheit im Kosovo. Diese wurden niedergeschlagen, es gab Angriffe auf Polizisten, daraufhin wurde der Ausnahmezustand über die Region verhängt. Kosovo-albanische Aktivisten wurden zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Am 3. März 1989 beschloss die Regierung Jugoslawiens „spezielle Maßnahmen“, um gegen den Widerstand der Kosovo-Albaner vorzugehen.

Beim außerordentlichen Kongress des Bundes der Kommunisten Jugoslawiens am 22. Januar 1990 wurden sämtliche Reformvorschläge der slowenischen und der kroatischen Delegation von der Stimmenmehrheit des sogenannten „Serbischen Blocks“ abgelehnt. Diese Abgeordneten aus Serbien inklusive denen der beiden Provinzen sowie denjenigen aus Montenegro waren Unterstützer des von Milošević vertretenen politischen Kurses. Daraufhin verließen zunächst die slowenischen, wenig später auch die kroatischen Delegierten den Parteitag.

  • Josip Furkes, Karl-Heinz Schlarp (Hrsg.): Jugoslawien: Ein Staat zerfällt. Der Balkan – Europas Pulverfaß. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 1991. ISBN 3-499-13074-2
  • Laura Silber, Allan Little: Bruderkrieg. Der Kampf um Titos Erbe. Deutsche Bearbeitung von Walter Erdelitsch. Graz: Styria, 1995. 464 Seiten.
  • Nebojša Vladisavljević: Serbia's Antibureaucratic Revolution. Milošević, the Fall of Communism and Nationalist Mobilization. Hampshire / New York: Palgrave Macmillan, 2008. ISBN 978-0-230-20521-5