„Władysław Raczkiewicz“ – Versionsunterschied

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'''Władysław Raczkiewicz''' (* [[16. Januar]] [[1885]] in [[Kutaissi]], [[Georgien]]; † [[9. Juni]] [[1947]] in [[Ruthin]], [[Wales]], [[Vereinigtes Königreich]]) war ein [[Polen|polnischer]] [[Beamtentum|Beamter]] und [[Politiker]]; von September 1939 bis zu seinem Tod im Juni 1947 war er Präsident der [[Polnische Exilregierung|Polnischen Exilregierung]].
'''Władysław Raczkiewicz''' (* [[16. Januar]] [[1885]] in [[Kutaissi]], [[Russisches Kaiserreich]], heute [[Georgien]]; † [[9. Juni]] [[1947]] in [[Ruthin]], [[Vereinigtes Königreich]]) war ein [[Polen|polnischer]] [[Jurist]] und [[Politiker]]; von September 1939 bis zu seinem Tod im Juni 1947 war er Präsident der [[Polnische Exilregierung|Polnischen Exilregierung]].


== Werdegang ==
Von Beruf Jurist, war er um 1910 einer der Gründer des [[Polnischer Jugendbund in Russland|Polnischen Jugendbundes in Russland]]. Von 1914 bis 1917 diente er als Offizier in der [[Kaiserlich Russische Armee|russischen Armee]]. Nach der [[Oktoberrevolution]] war er Schöpfer des [[Oberstes Polnisches Militärkomitee|Obersten Polnischen Militärkomitees]], einer Organisation, die polnischstämmige Offiziere und Soldaten in der ehemaligen Zarenarmee vereinigte. 1918–1920 diente er in der polnischen Armee während des polnisch-sowjetischen Krieges. 1921, 1925–1926 und 1935–1936 war er Innenminister in verschiedenen Kabinetten und 1935–1936 [[Polnischer Senat (Zweite Republik)|Senatsmarschall]]. In verschiedenen Zeitperioden war er auch Woiwode, zuletzt 1936 bis 1939 in [[Woiwodschaft Pommerellen (1919–1939)|Pommerellen]] ([[Bydgoszcz|Bromberg]]). Ab 1934 war er auch Präsident des [[Weltkongress der Auslandspolen|Weltkongresses der Auslandspolen]].
Raczkiewicz wuchs in [[Twer]] auf und schloss 1911 ein Studium der [[Rechtswissenschaft]] an der [[Universität Tartu]] ab. Anschließend praktizierte er bis 1914 in [[Minsk]] als [[Rechtsanwalt]]. Bereits während seines Studiums hatte er 1910 unter anderem den [[Polnischer Jugendbund in Russland|Polnischen Jugendbund in Russland]] mitgegründet und engagierte sich für weitere konspirative Organisationen, die sich für die Belange der im Einflussbereich des Russischen Kaiserreiches lebenden [[Polen (Volk)|Polen]] einsetzten.


Nach dem Ausbruch des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieges]] diente Raczkiewicz zunächst von 1914 bis 1917 als Offizier in der [[Kaiserlich Russische Armee|Zaristischen Armee]]. Nach der [[Oktoberrevolution|Oktoberrevolution 1917]] war er Mitgründer des [[Oberstes Polnisches Militärkomitee|Obersten Polnischen Militärkomitees]], einer Organisation, die polnischstämmige Offiziere und Soldaten der ehemaligen Zaristischen Armee vereinigte. Im Zuge der Ausrufung der [[Zweite Polnische Republik|Zweiten Polnischen Republik]] trat er 1918 der [[Polnische Streitkräfte|Polnischen Armee]] bei und diente für diese während des [[Polnisch-Sowjetischer Krieg|Polnisch-Sowjetischen Krieges]] als Offizier an der Verteidigung von [[Vilnius]] mit.
Im September 1939 wurde er Nachfolger des scheidenden [[Staatspräsident von Polen im Exil|Staatspräsidenten im Exil]] [[Ignacy Mościcki]], er übte diese Funktion als Präsident der Polnischen Exilregierung bis zu seinem Tode in 1947 aus. Er wurde 1941 zum [[Ehrendoktor]] der [[Universität Edinburgh]] und 1943 zum Ehrendoktor der [[Fordham University]] in New York ernannt.


1921 sowie erneut von 1925 bis 1926 und von 1935 bis 1936 war Raczkiewicz Innenminister in verschiedenen Kabinetten und von 1935 bis 1936 [[Polnischer Senat (Zweite Republik)|Senatsmarschall]]. Nach dem [[Maiputsch|Maiputsch 1926]] war Raczkiewicz übergangsweise auch Woiwode, zuletzt von 1936 bis 1939 in [[Woiwodschaft Pommerellen (1919–1939)|Pommerellen]]. Ab 1934 fungierte er zudem als Vorsitzender des [[Weltkongress der Auslandspolen|Weltkongresses der Auslandspolen]].
Vier Jahre nach Beginn des Krieges, am 9. Dezember 1943 empfing er [[Jan Karski]], einen polnischen Kurier und Widerstandskämpfer, der ihm eine geheime Bitte des [[Allgemeiner jüdischer Arbeiterbund|BUND]]-Vorsitzenden und zionistischer Führer in Warschau übermittelte. Die Juden forderten Raczkiewicz auf, bei Papst [[Pius XII.]] zu intervenieren. {{Zitat|Polen ist ein katholisches Land, und einige von denen, die man gerade umbringt, sind Christen jüdischer Herkunft…Viele Deutsche sind ebenfalls Katholiken; sogar Hitler ist ein getaufter Christ|Wood/Jankowski a.a.O., S. 207}}

Mit moralischer Überzeugungskraft - oder zur Not mit der Androhung von Exkommunikation müsse es dem Papst doch gelingen, einige Nazis zum Umschwenken zu bringen. In seinem Tagebuch machte sich der Präsident ausführliche Notizen über die politische Diskussion mit Karski. Die Notlage der Juden erwähnte er nicht. Raczkiewicz starb im britischen Exil.<ref>E. Thomas Wood, Stanislaw M. Jankowski: ''Jan Karski – Einer gegen den Holocaust. Als Kurier in geheimer Mission'', 2. Auflage, Gerlingen 1997, Bleicher Verlag, ISBN 3-88350-042-9</ref>
Nach der Flucht und dem Rücktritt [[Ignacy Mościcki]]s in Folge des [[Überfall auf Polen|Überfalls Deutschlands auf Polen 1939]] und des Ausbruchs des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieges]] übernahm Raczkiewicz das Amt des [[Staatspräsident von Polen im Exil|Präsidenten im Exil]]. Er übte diese Funktion bis zu seinem Tod 1947 im britischen Exil aus.

Vier Jahre nach Beginn des Zweiten Weltkrieges, am 9. Dezember 1943, empfing er [[Jan Karski]], einen polnischen Kurier und Widerstandskämpfer, der ihm eine geheime Bitte des [[Allgemeiner Jüdischer Arbeiterbund|Allgemeinen Jüdischen Arbeiterbundes]] und weiterer zionistischer Organisationen in Warschau übermittelte. Die Juden forderten Raczkiewicz auf, bei Papst [[Pius XII.]] zu intervenieren. {{Zitat|Polen ist ein katholisches Land, und einige von denen, die man gerade umbringt, sind Christen jüdischer Herkunft…Viele Deutsche sind ebenfalls Katholiken; sogar Hitler ist ein getaufter Christ|Wood/Jankowski<ref>E. Thomas Wood, Stanislaw M. Jankowski: ''Jan Karski – Einer gegen den Holocaust. Als Kurier in geheimer Mission.'' 2. Auflage. Bleicher, Gerlingen 1997, ISBN 3-88350-042-9, S. 207.</ref>}}
Mit moralischer Überzeugungskraft oder zur Not mit der Androhung von Exkommunikation müsse es dem Papst doch gelingen, einige Nazis zum Umschwenken zu bringen. In seinem Tagebuch machte sich Raczkiewicz ausführliche Notizen über die politische Diskussion mit Karski. Die Notlage der Juden erwähnte er nicht.

== Ehrungen ==
* [[Ehrendoktor]]würde der [[Universität Edinburgh]]
* Ehrendoktorwürde der [[Fordham University|Fordham-Universität in New York]]

== Literatur ==
* E. Thomas Wood und Stanisław M. Jankowski: ''Jan Karski – Einer gegen den Holocaust. Als Kurier in geheimer Mission.'' 2. Auflage. Bleicher, Gerlingen 1997, ISBN 3-88350-042-9.


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
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Aktuelle Version vom 27. Januar 2023, 19:25 Uhr

Władysław Raczkiewicz (1944)

Władysław Raczkiewicz (* 16. Januar 1885 in Kutaissi, Russisches Kaiserreich, heute Georgien; † 9. Juni 1947 in Ruthin, Vereinigtes Königreich) war ein polnischer Jurist und Politiker; von September 1939 bis zu seinem Tod im Juni 1947 war er Präsident der Polnischen Exilregierung.

Raczkiewicz wuchs in Twer auf und schloss 1911 ein Studium der Rechtswissenschaft an der Universität Tartu ab. Anschließend praktizierte er bis 1914 in Minsk als Rechtsanwalt. Bereits während seines Studiums hatte er 1910 unter anderem den Polnischen Jugendbund in Russland mitgegründet und engagierte sich für weitere konspirative Organisationen, die sich für die Belange der im Einflussbereich des Russischen Kaiserreiches lebenden Polen einsetzten.

Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges diente Raczkiewicz zunächst von 1914 bis 1917 als Offizier in der Zaristischen Armee. Nach der Oktoberrevolution 1917 war er Mitgründer des Obersten Polnischen Militärkomitees, einer Organisation, die polnischstämmige Offiziere und Soldaten der ehemaligen Zaristischen Armee vereinigte. Im Zuge der Ausrufung der Zweiten Polnischen Republik trat er 1918 der Polnischen Armee bei und diente für diese während des Polnisch-Sowjetischen Krieges als Offizier an der Verteidigung von Vilnius mit.

1921 sowie erneut von 1925 bis 1926 und von 1935 bis 1936 war Raczkiewicz Innenminister in verschiedenen Kabinetten und von 1935 bis 1936 Senatsmarschall. Nach dem Maiputsch 1926 war Raczkiewicz übergangsweise auch Woiwode, zuletzt von 1936 bis 1939 in Pommerellen. Ab 1934 fungierte er zudem als Vorsitzender des Weltkongresses der Auslandspolen.

Nach der Flucht und dem Rücktritt Ignacy Mościckis in Folge des Überfalls Deutschlands auf Polen 1939 und des Ausbruchs des Zweiten Weltkrieges übernahm Raczkiewicz das Amt des Präsidenten im Exil. Er übte diese Funktion bis zu seinem Tod 1947 im britischen Exil aus.

Vier Jahre nach Beginn des Zweiten Weltkrieges, am 9. Dezember 1943, empfing er Jan Karski, einen polnischen Kurier und Widerstandskämpfer, der ihm eine geheime Bitte des Allgemeinen Jüdischen Arbeiterbundes und weiterer zionistischer Organisationen in Warschau übermittelte. Die Juden forderten Raczkiewicz auf, bei Papst Pius XII. zu intervenieren.

„Polen ist ein katholisches Land, und einige von denen, die man gerade umbringt, sind Christen jüdischer Herkunft…Viele Deutsche sind ebenfalls Katholiken; sogar Hitler ist ein getaufter Christ“

Wood/Jankowski[1]

Mit moralischer Überzeugungskraft – oder zur Not mit der Androhung von Exkommunikation müsse es dem Papst doch gelingen, einige Nazis zum Umschwenken zu bringen. In seinem Tagebuch machte sich Raczkiewicz ausführliche Notizen über die politische Diskussion mit Karski. Die Notlage der Juden erwähnte er nicht.

  • E. Thomas Wood und Stanisław M. Jankowski: Jan Karski – Einer gegen den Holocaust. Als Kurier in geheimer Mission. 2. Auflage. Bleicher, Gerlingen 1997, ISBN 3-88350-042-9.

Einzelnachweise

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  1. E. Thomas Wood, Stanislaw M. Jankowski: Jan Karski – Einer gegen den Holocaust. Als Kurier in geheimer Mission. 2. Auflage. Bleicher, Gerlingen 1997, ISBN 3-88350-042-9, S. 207.