„Deportatio“ – Versionsunterschied

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Die '''deportatio''' war im [[Rechtswesen im antiken Rom| römischen Rechtswesen]] eine Kapitalstrafe, die in der späten [[Römische Republik|Republik]], initiiert durch den Diktator [[Sulla]], von einem ordentlichen Schwurgericht und später durch ein außerordentliches, [[Römische Kaiserzeit|kaiserliches]] [[Cognitio extra ordinem |Kognitionsgericht]] als Sanktion verhängt werden konnte.
Die '''deportatio''' war im [[Römisches Straf- und Strafverfahrensrecht|römischen Strafrechtswesen]] eine Kapitalstrafe, die in der [[Römische Republik|späten Republik]], initiiert durch den Diktator [[Sulla]], von einem ordentlichen Schwurgericht als Sanktion verhängt werden konnte. Während der [[Römische Kaiserzeit|Kaiserzeit]] war ein außerordentliches [[Kognitionsverfahren|Kognitionsgericht]] zuständig.
Diese modifizierte Strafform stellte eine Reform zu der in bereits früherer Zeit praktizierten Verbannung ([[Exil|''exilum'']]) dar. Hier wurde es dem Straftäter ermöglicht, vor seiner Verurteilung, die Flucht in das Ausland anzutreten. Ein darauf folgender [[Gewohnheits- und Sakralrechtswesen im antiken Rom|Sakralakt]] schloss die Person aus der Bürgergemeinde aus ([[Exil#Landesverweisung|''interdictio aqua et igni'']]) und verwehrte ihr auf Lebenszeit die Rückkehr.
Die Strafform der ''deportatio'' modifizierte die bereits in früherer Zeit praktizierten Verbannung (''[[exil]]ium'') rechtlich. Dem Straftäter wurde nunmehr ermöglicht, vor seiner Verurteilung die Flucht in das Ausland anzutreten. Ein darauf folgender [[Gewohnheits- und Sakralrechtswesen im antiken Rom|Sakralakt]] schloss die Person aus der Bürgergemeinde aus (''[[Exil#Landesverweisung|interdictio aquae et ignis]]'') und verwehrte ihr auf Lebenszeit die Rückkehr.


Die ''deportatio'', die sich als Rechtsfolge auf ein todeswürdiges Kapitaldelikt anschloss, wurde ausschließlich nur den Bürgern zugestanden, die den gehobenen Ständen (''honestiores'') angehört hatten. Sie bewirkte, dass der Verurteilte unter Aufsicht zu einer bestimmten, in der Regel auf eine Insel, oder zu einer anderen unwirtlichen Örtlichkeit, [[Deportation|deportiert]] wurde. Mit einer einhergehenden empfindlichen Einschränkung der körperlichen Bewegungsfreiheit, büßte die Person neben ihrem Vermögen, nach der Überlieferung seit dem Kaiser [[Tiberius]], auch ihr [[Römisches Bürgerrecht|römisches Bürgerrecht]] ein (''capitis deminutio media''). Die Bestrafung wirkte posthum nach, da selbst der Leichnam nicht ohne kaiserliche Genehmigung überführt werden durfte. Hingegen setzte eine kaiserliche [[Amnestie]] oder eine [[Begnadigung]] den Delinquenten, auf Grundlage des [[Ius postliminii|''ius postliminii'']], wieder in seine ursprünglichen Rechte ein.
Die ''deportatio'' wurde ausschließlich Bürgern zugestanden, die zuvor den gehobenen Ständen (''[[honestiores]]'') angehört hatten. Sie bewirkte, dass der Verurteilte unter Aufsicht an einen bestimmten abgelegenen Ort, oft auf eine Insel, [[Deportation|deportiert]] wurde. Neben der damit einhergehenden empfindlichen Einschränkung der körperlichen Bewegungsfreiheit büßte die Person außer ihrem Vermögen, der Überlieferung nach seit Kaiser [[Tiberius]], auch ihr [[römisches Bürgerrecht]] ein (''[[Infamie#Früherer Gebrauch als Rechtsbegriff|capitis deminutio media]]''). Die Bestrafung wirkte posthum nach, da selbst der Leichnam nicht ohne kaiserliche Genehmigung überführt werden durfte. Hingegen setzte eine kaiserliche [[Amnestie]] oder eine [[Begnadigung]] den Delinquenten auf Grundlage des ''[[ius postliminii]]'' wieder in seine ursprünglichen Rechte ein.


Eine abgemilderte Rechtsfolge stellte die [[Relegatio|''relegatio'']] dar. Hier wurde der Adressat lediglich aus der Stadt [[Rom]], oder aus seiner Heimatprovinz verwiesen, wobei er neben dem Erhalt seiner ursprünglichen Rechtsposition, in der Regel auch den Aufenthaltsort frei wählen konnte. Diese Sanktion stellte grundsätzlich nur einen zeitlich begrenzten oder dauerhaften Platzverweis dar.
Eine nochmals abgemilderte Form stellte die ''[[relegatio]]'' dar. Hier wurde der Adressat lediglich aus der Stadt [[Rom]] oder aus seiner Heimatprovinz verwiesen, wobei er neben dem Erhalt seiner ursprünglichen Rechtsposition in der Regel auch den Aufenthaltsort frei wählen konnte. Diese Sanktion stellte grundsätzlich nur einen zeitlich begrenzten oder dauerhaften Platzverweis dar.

== Weblinks ==
* [[:s:RE:Deportatio in insulam|Deportatio in insulam]] ([[Wikisource]])


== Literatur ==
== Literatur ==
* {{RE|V,1|231|233|Deportatio in insulam|[[Georg Kleinfeller]]|RE:Deportatio in insulam}}
* [[Max Kaser]]: ''Römische Rechtsgeschichte'': Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1976, 2. neubearbeitete Auflage, ISBN 3-525-18102-7, S. 128.
* {{KlP|1|1492||Deportatio|[[Fritz Raber]]|}}
* [[Wolfgang Kunkel]], [[Martin Schermaier]]: ''Römische Rechtsgeschichte.'' 13. Auflage, Böhlau, Köln u. a. 2001, ISBN 978-3-8252-2225-3, S. 92–93.
* [[Max Kaser]]: ''Römische Rechtsgeschichte.'' 2., neubearbeitete Auflage. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1976, ISBN 3-525-18102-7, S. 128.
* {{KlP|1|1492||Deportatio|[[ Fritz Raber]]|}}
* [[Ernst Ludwig Grasmück]]: ''Exilium. Untersuchungen zur Verbannung in der Antike.'' Schöningh, Paderborn 1978, ISBN 3-506-73330-3.
* {{DNP|3|479|480|Deportatio|Gottfried Schliemann|}}
* [[Wolfgang Kunkel]], [[Martin Schermaier]]: ''Römische Rechtsgeschichte.'' 13. Auflage. Böhlau, Köln u. a. 2001, ISBN 978-3-8252-2225-3, S. 92–93.


[[Kategorie:Römisches Recht]]
[[Kategorie:Römisches Recht]]

Aktuelle Version vom 6. Juli 2021, 15:20 Uhr

Die deportatio war im römischen Strafrechtswesen eine Kapitalstrafe, die in der späten Republik, initiiert durch den Diktator Sulla, von einem ordentlichen Schwurgericht als Sanktion verhängt werden konnte. Während der Kaiserzeit war ein außerordentliches Kognitionsgericht zuständig.

Die Strafform der deportatio modifizierte die bereits in früherer Zeit praktizierten Verbannung (exilium) rechtlich. Dem Straftäter wurde nunmehr ermöglicht, vor seiner Verurteilung die Flucht in das Ausland anzutreten. Ein darauf folgender Sakralakt schloss die Person aus der Bürgergemeinde aus (interdictio aquae et ignis) und verwehrte ihr auf Lebenszeit die Rückkehr.

Die deportatio wurde ausschließlich Bürgern zugestanden, die zuvor den gehobenen Ständen (honestiores) angehört hatten. Sie bewirkte, dass der Verurteilte unter Aufsicht an einen bestimmten abgelegenen Ort, oft auf eine Insel, deportiert wurde. Neben der damit einhergehenden empfindlichen Einschränkung der körperlichen Bewegungsfreiheit büßte die Person außer ihrem Vermögen, der Überlieferung nach seit Kaiser Tiberius, auch ihr römisches Bürgerrecht ein (capitis deminutio media). Die Bestrafung wirkte posthum nach, da selbst der Leichnam nicht ohne kaiserliche Genehmigung überführt werden durfte. Hingegen setzte eine kaiserliche Amnestie oder eine Begnadigung den Delinquenten auf Grundlage des ius postliminii wieder in seine ursprünglichen Rechte ein.

Eine nochmals abgemilderte Form stellte die relegatio dar. Hier wurde der Adressat lediglich aus der Stadt Rom oder aus seiner Heimatprovinz verwiesen, wobei er neben dem Erhalt seiner ursprünglichen Rechtsposition in der Regel auch den Aufenthaltsort frei wählen konnte. Diese Sanktion stellte grundsätzlich nur einen zeitlich begrenzten oder dauerhaften Platzverweis dar.