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Anonym: Edda

15. Rîgsmâl.
Das Lied von Rigr.

So wird gesagt in alten Sagen, daß Einer der Asen, der Heimdall hieß, auf seiner Fahrt zu einer Meeresküste kam. Da fand er ein Haus und nannte sich Rigr. Und nach dieser Sage wird dieß gesungen:


1
Einst, sagen sie, ging   auf grünen Wegen

Der kraftvolle, edle,   vielkundige As,
Der rüstige, rasche   Rigr einher.

2
Weiter wandelnd   des Weges inmitten

Traf er ein Haus   mit offener Thür.
Er ging hinein,   am Estrich glüht’ es;
Da saß ein Ehpaar,   ein altes, am Feuer,
Ai und Edda   in übelm Gewand.

3
Zu rathen wuste   Rigr den alten;

Er saß zu beiden   der Bank inmitten,
Die Eheleute   zur Linken und Rechten.

4
Da nahm Edda   einen Laib aus der Asche,

Schwer und klebricht,   der Kleien voll.
Mehr noch trug sie   auf den Tisch alsbald:
Schlemm in der Schüßel   ward aufgesetzt,
Und das beste Gericht   war ein Kalb in der Brühe.

5
Auf stand darnach   des Schlafes begierig

Rigr, der ihnen   wohl rathen konnte,
Legte zu beiden   ins Bett sich mitten,
Die Eheleute   zur Linken und Rechten.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 111. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/119&oldid=- (Version vom 31.7.2018)