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Anonym: Edda

61
Zu sagen und zu fragen   verstehe Jeder,

Der nicht dumm will dünken.
Nur Einem vertrau er,   nicht auch dem Andern;
Wißens dreie, so weiß es die Welt.

62
Verlangend lechzt   eh er landen mag

Der Aar auf der ewigen See.
So geht es dem Mann   in der Menge des Volks,
Der keinen Anwalt antrifft.

63
Der Macht muß   der Mann, wenn er klug ist,

Sich mit Bedacht bedienen,
Denn bald wird er finden,   wenn er sich Feinde macht,
Daß dem Starken ein Stärkrer lebt.

64
Umsichtig und verschwiegen   sei ein Jeder

Und im Zutraun zaghaft.
Worte, die Andern   anvertraut wurden,
Büßt man oft bitter.

65
An manchen Ort   kam ich allzufrüh;

Allzuspät an andern.
Bald war getrunken   das Bier, bald zu frisch;
Unlieber kommt immer zur Unzeit.

66
Hier und dort   hätte mir Labung gewinkt,

Wenn ich des bedurfte.
Zwei Schinken noch hingen   in des Freundes Halle,
Wo ich Einen schon geschmaust.

* * *

67
Feuer ist das Beste   dem Erdgebornen,

Und der Sonne Schein;
Nur sei Gesundheit   ihm nicht versagt
Und lasterlos zu leben.

68
Ganz unglücklich ist Niemand,   ist er gleich nicht gesund:

Einer hat an Söhnen Segen,
Einer an Freunden,   Einer an vielem Gut,
Einer an trefflichem Thun.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 45. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/053&oldid=- (Version vom 31.7.2018)