Wilhelm Nestle

deutscher Altphilologe
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Wilhelm Albrecht Nestle (* 16. April 1865 in Stuttgart; † 18. April 1959 ebenda) war ein deutscher Altphilologe.

Biografie

Nestle war der einzige Sohn des Obertribunalprokurators Christian Gottlieb Nestle († 1879) und der Maria Christiane Steudel († 1889), die beide bereits Kinder aus erster Ehe in ihre Beziehung eingebracht hatten. Sein Halbbruder war der Theologe und Orientalist Eberhard Nestle. Nach seiner Schulzeit studierte Nestle Klassische Philologie in Tübingen und Berlin. 1888 absolvierte er das Professoratsexamen und trat in den württembergischen Schuldienst an wechselnden Stellen ein, unter anderem in Heilbronn, Tübingen, Stuttgart, Maulbronn und Ulm. Dort heiratete er 1899 Klara Neuffer und unternahm im selben Jahr Studienreisen nach Griechenland und Italien. 1900 nahm er eine Lehrerstelle als Präzeptor in Schwäbisch Hall an. Dort veröffentlichte er sein erstes von zahlreichen Werken, Euripides, der Dichter der griechischen Aufklärung, das 1902 zum Ruf als Professor an das evangelisch-theologische Seminar in Schöntal führte, wo er sechs Jahre unterrichtete. Von 1909 bis 1913 war er Oberstudiendirektor am Karls-Gymnasium Stuttgart, von 1913 bis 1919 war er Rektor des Heilbronner Karlsgymnasiums, danach kehrte er als dritter Rektor an das Stuttgarter Karls-Gymnasium zurück. Nach seiner Pensionierung 1932 wurde er Honorarprofessor für griechische Philosophie an der Universität Tübingen. Nach der Herausgabe zahlreicher philologischer Schriften erschienen 1940 und 1944 seine Hauptwerke Vom Mythos zum Logos, die Selbstentfaltung des griechischen Denkens von Homer bis auf die Sophistik und Sokrates und Griechische Geistesgeschichte von Homer bis Lukian in ihrer Entfaltung vom mythischen zum rationalen Denken dargestellt. 1947 wurde er von der Universität Heidelberg für Vom Mythos zum Logos mit dem Kuno-Fischer-Preis ausgezeichnet. Im selben Jahr begann er jedoch auch zu erblinden. Im hohen Alter von 94 Jahren verstarb er.

Werk

Der Umfang von Nestles Werk wird in der von seinem Sohn 1965 herausgegebenen Bibliografie zu seinem 100. Geburtstag auf 34 selbstständige Arbeiten, 212 Aufsätze und Abhandlungen in Zeitschriften und Zeitungen sowie 628 Rezensionen beziffert. In seinem Nachlass sollen sich darüber hinaus noch zahlreiche unveröffentlichte Manuskripte befinden. Den Schwerpunkt seines Werkes bilden bereits beginnend mit seinem ersten Werk von 1903 Schriften zur griechischen Philosophie, wobei er auch mit Otto Crusius 1913 den dritten Band von Friedrich Nietzsches Philologica und eine Reihe weiterer Grundlagenwerke wie die vierbändige Auswahl Die griechischen Philosophen, das dreibändige Werk Griechische Religiosität in ihren Grundzügen und Hauptvertretern sowie eine Geschichte der griechischen Literatur herausgab. Seine erst spät, 1940 und 1944, entstandenen Hauptwerke Vom Mythos zum Logos, die Selbstentfaltung des griechischen Denkens von Homer bis auf die Sophistik und Sokrates und Griechische Geistesgeschichte von Homer bis Lukian in ihrer Entfaltung vom mythischen zum rationalen Denken dargestellt werden als Ergebnis seiner jahrzehntelangen griechischen Studien gewertet. Zu seinem Spätwerk gehören auch theologische Schriften wie Die Krisis des Christentums, ihre Ursache, ihr Werden und ihre Bedeutung von 1947.

Literatur

  • Erwin Nestle: Nestle, Wilhelm. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 19, Duncker & Humblot, Berlin 1999, ISBN 3-428-00200-8, S. 79 f. (Digitalisat).
  • Andreas Schneck: Wilhelm Nestle 1913–1919. In: 350 Jahre Gymnasium in Heilbronn. Festschrift zum Jubiläum des Theodor-Heuss-Gymnasiums. Stadtarchiv Heilbronn, Heilbronn 1971 (Veröffentlichungen des Archivs der Stadt Heilbronn, 17)