Bild (Zeitung)

überregionale deutsche Boulevardzeitung
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Die BILD bzw. Bild-Zeitung ist die auflagenstärkste deutsche und größte europäische Tageszeitung. Die Boulevardzeitung erscheint seit dem 24. Juni 1952 im Axel Springer Verlag.

Geschichte der BILD-Zeitung

Die Geburtsstunde der BILD

Die erste Ausgabe der BILD als gedruckte Antwort aufs Fernsehen (Axel Springer) erscheint am 24. Juni 1952 mit einer Gesamtauflage von 250.000 Exemplaren. Vorbild ist der englische Daily Mirror. Das Blatt hat vier Seiten und ist am ersten Tag kostenlos, später für 10 Pfennig zu erwerben. Die erste Schlagzeile lautet Grenze bei Helmstedt wird gesichert!. Inhaltlich bietet BILD vor allem Bilder, Human-Interest, Horoskop, Witze. Inhalt und Form sind noch weit entfernt von der heutigen BILD.

Anpassung an den Markt unter Chefredakteur Rudolf Michael

Unter Chefredakteur Rudolf Michael druckt BILD weniger Bilder und mehr Text, der verbale eye-catcher (= Schlagzeile) wird erfunden. Inhaltlich bietet BILD vor allem Human-Interest-Themen und wenig Politik. Die Techniken des Neuen Journalismus kommen zur Anwendung. Ab März 1953 kommt es zur Auflagenexplosion.

BILD sagt, wie es ist!

Unter dem konservativen Chefredakteur Karl Heinz Hagen (1960-1961) wird Politik in BILD wichtiger. Die Zeitung vertritt einen strikten Antikommunismus in Bezug auf DDR und Staaten des Warschauer Paktes. BILD tritt vehement gegen die innerdeutsche Teilung ein.

BILD als Rächer der Enterbten

Unter Chefredakteur Peter Boenisch gibt es wieder weniger Politik und mehr Human-Interest. BILD nimmt sich der Sorgen des kleinen Mannes an und setzt sie in Rächer-der-Enterbten-Kampagnen durch. Innerhalb von sechs Monaten steigt die Auflage auf vier Millionen Exemplare.

1967 formuliert Axel Springer vier Leitlinien des Verlages: das unbedingte Eintreten für die Wiederherstellung der deutschen Einheit und Freiheit, die Aussöhnung von Juden und Deutschen, die Ablehnung jeglicher Art von politischem Extremismus und die Bejahung der freien Marktwirtschaft.

Enteignet Springer! ? BILD und die Studentenunruhen

Ende der 60er Jahre polarisiert BILD gegen Studenten. Mitglieder der studentischen außerparlamentarischen Opposition (APO) werden als immatrikulierter Mob, Politgammler, Radikalinskis bezeichnet. 1966 empfiehlt BILD Polizeihiebe auf Krawallköpfe, um den möglichen noch vorhandenen Grips locker zu machen. 1968 wird Studentenfüher Rudi Dutschke von einem Arbeiter und bekennenden BILD-Leser angeschossen. Es folgen die schwersten Unruhen seit dem Bestehen der BRD. Noch am selben Abend kommt es zu Demonstrationen vor dem Berliner Verlagshaus, Auslieferung der Morgenausgaben der Springer-Blätter wird blockiert (BILD schoss mit). Der Spiegel, Die Zeit, Gewerkschaften und Sozialdemokraten distanzieren sich von Springer. Der Vorwurf der voreingenommenen Berichterstattung in Bezug auf die linke Bewegung und den Vietnamkrieg wird laut.

Chefredakteur Günter Prinz (ab 1971) ruft die Initiativen Ein Herz für Kinder und BILD kämpft für Sie ins Leben. BILD wird optisch klarer, nachrichtlicher und härter.

Boykott gegen BILD

Der Schriftsteller und Journalist Günter Wallraff begründet mit seiner Anti-BILD-Trilogie Der Aufmacher, Zeugen der Anklage und Das BILD Handbuch die Gegen-Bild-Initiative. Später schließen sich zahlreiche Künstler und Wissenschaftler zu einem Boykott gegen BILD zusammen (z.B. Günter Grass). Die Folge sind sinkende Verkaufszahlen (von 5,4 auf 4, 4 Millionen von 83 bis 93).

BILD Heute

Draufhauen ist immer besser, egal was die Leute empfinden, ist das Motto von Chefredaktuer Hans-Hermann Tiedje, die Folge ist eine sinkende Auflage.

Chefredakteur Claus Larass hat drei neue Grundsätze, die die Auflage wieder steigen lassen:

  1. Wecke keine falschen Emotionen.
  2. Nimm die Probleme der Leute ernst.
  3. In den Köpfen Ordnung schaffen

Chefredakteur Udo Röbel will mit BILD seriösen Journalismus machen, denn keine andere Zeitung wird so oft in den Nachrichtensendungen zitiert wie BILD, so Röbel.

2001 wird Kai Diekmann Chefredakteur.

Auflage und Reichweite

BILD erscheint montags bis samstags mit einer verkauften Auflage von ca. 4,5 Millionen Exemplaren täglich.

Sie erreicht damit etwa 18,8 % der deutschen Gesamtbevölkerung ab 14 Jahren, das sind 12,11 Mio. Menschen.

Tagtäglich erscheinen 23 unterschiedliche BILD-Stadtausgaben, davon 8 in den neuen Ländern.

Auf Mallorca und den kanarischen Inseln und in Verona werden Auslandsexemplare gedruckt, außerdem besteht die Möglichkeit, eine per Satellit übertragene BILDzeitung in Honkong auszudrucken.

Die BILD Familie

Bild am Sonntag (kurz BamS): Ersterscheinung: 1954. BamS will eine Zeitschrift für die ganze Familie sein, die sich den veränderten Lebensbedürfnissen am Sonntag anpasst. Deshalb ist sie familienfreundlicher konzipiert als BILD.

Bild der Frau: Ersterscheinung: 1983. BILD der Frau wird auf Anhieb auflagenstärkstes Frauenblatt Europas.

Auto Bild: Ersterscheinung: 1986. AutoBILD war die erste Fachzeitschrift der BILD Gruppe. Die Geschichten in Auto-BILD werden personalisiert, die Freude am Fahren steht im Mittelpunkt, AutoBILD wird zum Anwalt des Autofahrers. AutoBILD wird auf Anhieb Marktführer in Europa.

Sportbild: Ersterscheinung: 1988. Auch SportBILD wird gleich nach seiner Gründung europäischer Marktführer.

ComputerBild: Ersterscheinung: 1999. Illustrierte für Computer-/PC-Nutzer.

ComputerBildSpiele: Ersterscheinung: 1999. Zeitschrift um Pc & Videospiele. Europäischer Marktführer.

AudioVideFotoBild: Ersterscheinung: 2003. Zeitschrift rund um Fotographie, Heimkino & Audio.

BILD in wissenschaftlichen Analysen und Literatur

Die BILD-Zeitung war Gegenstand zahlreicher wissenschaftlicher Analysen. Thema war v. a. die Macht des Axel Springer Verlags und seine manipulativen Möglichkeiten (Urs Jaeggi: Macht und Herrschaft in der BRD, Jansen/Klönne: Imperium Springer), aber auch die Nachrichtenpolitik, die Sprache und der journalistische Stil der BILD. Das Urteil ist überwiegend negativ.

1977 schleust sich der Journalist und Schriftsteller Günter Wallraff unter dem Namen Hans Esser in die BILD-Redaktion im Hannover ein. Das Ergebnis seiner verdeckten Recherche ist der Bestseller Der Aufmacher - Der Mann, der bei BILD Hans Esser war. Dort beschreibt er die unverantwortlichen Recherchiermethoden, Verfälschungen und politischen Manipulationen der Boulevardzeitung.

Auch Heinrich Böll spielt in seiner 1976 erschienenen Erzählung Die verlorene Ehre der Katharina Blum, in der er die Gnadenlosigkeit des Boulevardjournalismus anprangert, unverhohlen auf die BILD an:

"Personen und Handlung dieser Erzählung sind frei erfunden. Sollten sich bei der Schilderung gewisser journalistischer Praktiken Ähnlichkeiten mit den Praktiken der 'Bild'-Zeitung ergeben haben, so sind diese Ähnlichkeiten weder beabsichtigt noch zufällig, sondern unvermeidlich."

Wer liest BILD?

Bild hat ein Bekennerdefizit, das heißt viele Menschen, die das Blatt regelmäßig lesen, geben das nicht zu. Der Springer-Konzern führt regelmäßig Untersuchungen durch, um die Zielgruppe von BILD auszumachen.

Die höchste Reichweite erzielt BILD bei Arbeitern und Angehörigen der Mittelschicht. Nur 8,1% der Abiturienten und Studenten lesen BILD, bei den Hauptschulabgängern und Azubis sind es 23,8%. 54 % der BILD-Leser sind Männer. Die meisten Leser hat BILD in Hamburg, die wenigsten in Bayern.

Der typische BILD-Leser ist also ein Mann, berufstätig, Facharbeiter mit Hauptschulabschluss mit dem entsprechenden Einkommen, hat einen Nebenjob und ist im Norden eher zu finden als im Süden.

Meinungen über BILD

Der deutschen Bevölkerung fällt zu BILD spontan eher etwas Negatives als etwas Positives ein. Negativ beurteilt wird vor allem die reißerische Aufmachung, mangelnde Glaubwürdigkeit und Objektivität, Sensationsdarstellung und die thematische Konzentration auf Unfälle, Verbrechen, Prominente, Klatsch, Tratsch und Sex. Positiv beurteilen die Deutschen an BILD vor allem Übersichtlichkeit und Lesbarkeit, Aktualität, Schnelligkeit, Kürze, allgemeine Art der Berichterstattung und die Ressorts Sportberichterstattung, Lebenshilfe, Horoskop, Fernsehprogramm und Regionales.

Themen in BILD

Sex, Crime and War spielen in BILD eine große Rolle, dasselbe gilt für Prominentenklatsch und Sport. Politik spielt eher eine untergeordnete Rolle ? auf der Titelseite wird ihr mit 30% der Fläche jedoch der meiste Platz eingeräumt. 27% der Fläche nimmt die Berichterstattung über Prominente ein, es folgt der Sport mit 8 % und Unfälle, Gesundheit und Wetter mit 7 %.

Methoden der BILD

In BILD wird die Technik des Neuen Journalismus verfolgt: BILD druckt vor allem Kürzestgeschichten ? die grammatikalisch und inhaltlich bis aufs Äußerste verkürzt sind. Wenn nicht menschliche Belange an sich das Thema dieser Kürzestgeschichten sind, werden abstrakte Ereignisse personifiziert.

BILD hat sich eine typische Sprache geschaffen. Besonders wichtig sind folgende Elemente:

1. Verständlichkeit
Sachverhalte werden grammatikalisch und auch inhaltlich verknappt und vereinfacht dargestellt. BILD schreibt gedruckte gesprochene Sprache. Nach Wolf Schneider haben 47 % der Sätze in BILD vier Wörter oder weniger. Die durchschnittliche Satzlänge im Schriftdeutschen beträgt zwölf Wörter.
2. Erzählen in Bildern
Das sprachliche Bild ist eines der wichtigsten Stilmittel in BILD. Häufig kommen diese Bilder und Metaphern beim szenischen Einstieg in eine Geschichte zum Einsatz.
3. Wortschöpfungen
Besonders bekannt sind die in BILD täglich angewandten ? oftmals sehr abstrusen Wortschöpfungen. Die bekanntesten sind wohl Blitzeis oder Ramba Zamba.
4. Emotionalisierung
Sowohl mit Inhalten, als auch durch eine ganz spezifische Sprache versucht BILD bei den Lesern Emotionen zu erzeugen, um sie immer wieder zum Kauf anzuregen. Das geschieht häufig durch eine direkte Ansprache des Lesers, z.B. durch das gemeinschaftsbildende wir.
5. Satzzeichen
Strategisch positionierte Satzzeichen sollen den Leser explizit in das Geschehen einbeziehen. Viele Ausrufe- und Fragesätze drängen den schlichten Aussagesatz in eine untergeordnete Stellung.
6. Wortschatz der Brachialgewalt
Immer wieder werden die Leser durch das gezielte Erzeugen von Grauen, Furcht und Entsetzen bis hin zum Ekel unmittelbar angesprochen.
7. Die Schlagzeile
In den Schlagzeilen wird häufig eine affektive Sprache, die reich an Stilmitteln ist verwendet. Oft kommen Ausrufe, Imperative, besonders hohe oder niedrige Zahlen und Fragen zur Anwendung. Beispiele für Schlagzeilen: Maurerstochter auf Monakko-Thron (1956, zur Hochzeit von Grace Kelly), Der Westen tut NICHTS! (1961 zum Mauerbau), Der Mond ist jetzt ein Ami (1969, zur Landung der Amerikaner auf dem Mond), Romys Sohn von Zaun aufgespießt ? tot (1981, zum Tod des Sohnes von Romy Schneider), Guten Morgen, Deutschland ? Es war ein schönes Wochenende (1989, zur Öffnung der DDR Grenze), War es Samenraub? (2001, zur unehelichen Tochter des Tennisspielers Boris Becker), Rudi, haudi Saudi (2002, Aufforderung an Teamchef Rudi Völler, bei der WM mit der Fußball-Nationalmannschaft Saudi-Arabien zu besiegen)

Das typische BILD-Layout wird häufig als gepflegtes Chaos bezeichnet. Bestimmt wird es vor allem durch die hart gegeneinander geschnittenen Farben schwarz, weiß und rot, so wird die BILD-typische Polarisierung auch optisch transportiert.

Die Bilder in BILD unterstützen die Verständlichkeit, dienen als eye-catcher und sollen ebenfalls Emotionen bei der Leserschaft wecken, da sie Gefühle unmittelbarer transportieren können als Text. Die Bilder in BILD sind fundamental für den Erfolg der Zeitung.

Skandale der BILD

BILD ist bekannt für ihre Skandale. Oftmals deckten BILD-Journalisten wirkliche Skandale auf, wie die Plansch-Affäre von Rudolf Scharping oder die Bonus-Meilen-Affäre. Damals entdeckte BILD zusammen mit dem ?Bund der Steuerzahler, dass Politiker mit ihren dienstlich angesammelten Bonusmeilen Privatreisen unternehmen. Dies führt u.a. zu Rücktritten von Gregor Gysi und Cem Özdemir. Kritisiert wurde, dass die BILD jeden Tag einen neuen Ageordneten abschoss, vorwiegend solche aus dem rot-grünen Lager. Allerdings hatten nicht alle Skandale, die in BILD als solche dargestellt wurden, einen wahren Hintergrund.

So berichtete BILD im November 2000, über die Ermordung eines kleinen Jungen im sächsischen Sebnitz durch Neonazis, Maik Hauke war einer der vermeintlichen Täter. BILD titelte: Hager, Bürstenhaarschnitt: Maik H. ? unter Mordverdacht verhaftet. Erst fünf Tage nach dieser Schlagzeile wird klar, dass Maik H. unschuldig ist, er bekommt 55 Euro Entschädigung für die Haft, auf eine Entschuldigung von BILD wartet er noch heute. Das Kindermörder-Image wird er nicht mehr los.

Im Januar 2001 fragt BILD in einer Schlagzeile Was macht Minister Trittin auf dieser Gewalt-Demo? BILD veröffentlicht ein Foto von Jürgen Trittin auf einer Demonstration in Göttingen: Das Original-Foto zeigt Trittin, als er versucht, zwischen Polizei und Demonstranten zu vermitteln. BILD druckt das Foto in schwarz-weiß, schlecht gerastert und an den Rändern stark beschnitten, mit einmontierten Hinweisen macht BILD auf einen Bolzenschneider (in Wirklichkeit ein Handschuh) und auf einen Schlagstock (in Wirklichkeit ein Tau) aufmerksam. Trittin wird von BILD als Sympathisant von Gewalttätern dargestellt. Chefredakteur Kai Diekmann entschuldigt sich später bei Trittin.

Umstritten ist, inwieweit das Blatt versucht, über seine Berichterstattung bewusst politischen Einfluss zu nehmen. Ebenso umstritten ist die tatsächliche Bedeutung der Bild als ein meinungsbildendes Organ. Als sicher gilt hingegen, dass die Bild-Zeitung traditionell eher dem konservativen politischen Lager zugeneigt ist.

Presserat und BILD

Diese vorschnelle Verurteilung von Verdächtigen und die Ausrichtung auf Skandaljournalismus mögen Gründe dafür sein, dass jede vierte Rüge des Presserats an die BILD Zeitung geht. Moniert werden vor allem mangelnde Sorgfaltspflicht und Missachtung von Persönlichkeitsrechten.

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Die Bild-Zeitung wirbt für sich mit dem Slogan "BILD dir deine Meinung!".

Zitate zu BILD

Hans Magnus Enzensberger: BILD ist ein Blatt, das nicht jedem etwas bietet, sondern allen nichts.

Frankfurter Rundschau: Der öffentliche Umgang mit BILD hat sich mächtig verändert.

Heinrich Böll: Inzwischen ist die BILD-Zeitung ja fast schon das regierungsamtliche Blatt.

Rudolf Augstein: BILD ist geworden, was es früher nicht war: eine informative Zeitung, die nicht zu lesen auch ich mir nicht erlauben könnte.

Günter Wallraff: Die lügen nicht mehr so dreist wie früher.

Golo Mann: Die Springerische Machtballung ist zu einem zentralen Problem der Republik geworden.


Siehe auch: Springerpresse, Boulevardjournalismus, Regenbogenpresse