Trou Madame

Geschicklichkeitsspiel
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Alternative Schreibungen: Troumadame, Trou-madame, Troumadam

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Trou Madame ist ein Geschicklichkeitsspiel, bei dem eine kleine Wand mit eine Reihe von Toren aufgestellt ist. Die Tore haben unterschiedliche Punktwerte. Mit den Händen werden Kugeln auf diese Tore zu gerollt, um möglichst viele Punkte zu erzielen.

In neuerer Zeit sind auch Varianten wie Jakkolo (Sjoelen) bekannt, bei denen die Kugeln durch Scheiben ersetzt werden. Dadurch entsteht eine größere Ähnlichkeit zu Pielkentafel-Spielen, die aber statt Toren nur bestimmte Bereiche am Ende der langgezogenen Spielfläche haben, auf die gezielt wird.

Spielvarianten: Lhôte (mit welchen Quellen?), de Vroede?

Geschichte

Das Spiel ist erstmals in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts in Frankreich, den Niederlanden und Großbritannien belegt. Die frühen Belege und erhaltene Exemplare der „Torwand“ mit den Löchern legen nahe, dass das Spiel damals auf einer Tischfläche gespielt wurde. Die Anzahl der Löcher betrug im 16. und 17. Jahrhundert beispielsweise elf (so im folgenden Zitat von John Jones) oder dreizehn.

Trol in Madam. The Ladyes, Gentle Women, Wyues, and Maydes, maye (...) haue in the ende of a Benche, eleuen holes made, intoo the which to trowle pummetes, or Bowles of leade, bigge, little, or meane, or also, of Copper, Tynne, Woode, eyther vyolent, or softe, after their owne discretion, the pastyme Troule in Madame is termed.

Troll in Madame. Die adligen Damen, Frauen aus gutem Hause, Ehefrauen und Dienerinnen können (...) sich an das Ende eines Brettes elf Löcher machen lassen, in welche Kugeln hineinzurollen, oder Bällchen aus Blei, groß, klein, oder mittel, oder auch aus Kupfer, Zinn, Holz, entweder mit Wucht oder sanft, wie es ihnen gefällt. Der Zeitvertreib wird Troll in Madame (roll hinein, meine Dame) genannt.“

John Jones: The benefit of the auncient bathes of Buckstones, 1572[1]

Zu welchen Zeiten in welchen Regionen welche Bevölkerungsschichten Trou Madame gespielt haben, ist kaum erforscht. Auch die Entwicklungslinien und Verwandschaftsverhältnisse zu anderen Geschicklichkeitsspielen, bei denen mit Kugeln auf bestimmte Ziele "geschossen" wird (z.B. Bagatelle), sind bisher nur wenig untersucht.

Bezeichnungen

Jones 1572 („Trol in Madam“ und „Troule in Madame“) und weitere englische Belege aus dem 16. und frühen 17. Jahrhundert („Trol-Madame“ 1606, „Troll-my-dames“ 1616)[2] verweisen auf das englische Verb to troll „etw. rollen, (eine Kugel) bewegen“[3] Das erste Wort der in der Folgezeit dominierenden, französischen Form Trou Madame hingegen bedeutet „Loch“. Als alternative Bezeichnungen sind im Deutschen belegt: Löcherspiel[4], Narrenspiel[5][6] , in den Narren werfen [7][8]; Brückenschießen[9], Kammer-Spiel[10][11]

  • Interim (Gedicht von Paul Fleming [1], Beschreibung bei Riemer, politische Colica 1681 [2]; jüngere Erklärung als Bezugnahme auf die Interims der Religionskonflikte im 16. Jh.: Graesse, Sagenbuch Bd. 1, 1867 [3]; W. Raabe in Westermanns Monatshefte, Dez 1861 [4])
  • Croc Madame (Rabelais) - was ist das für ein Spiel?
  • Nine Holes (anderes Spiel?),
  • pigeon holes?

Sexuelle Interpretationen/ Wortspiele mit Trou Madame (Loch-Dame), übertragen auf die Vagina: de Vroede, S. 52; Annegret Baumert: Pierre Motin. Ein Dichter zwischen Petrarkismus und Libertinismus. Gunter Narr, Tübingen 2006, ISBN 978-3-8233-6241-8, S. 129 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).

Literatur

  • Erik de Vroede: Ball and bowl games in the Low Countries: past and present. In: Ball- und Kugelspiele (= Günther G. Bauer [Hrsg.]: Homo Ludens. Der spielende Mensch. Internationale Beiträge des Instituts für Spielforschung und Spielpädagogik an der Hochschule "Mozarteum" Salzburg. Band VI). Emil Katzbichler, München/ Salzburg 1996, ISBN 3-87397-338-3, S. 39–76, hier 49–52.
  • Karin Lackner: Spielzeug und Spielformen im Mittelalter. Diplomarbeit Univ. Wien. 2012, S. 85–87, doi:10.25365/thesis.19990, urn:nbn:at:at-ubw:1-29365.09214.757459-1.
  • Jean-Marie Lhôte: Dictionnaire des Jeux de Société. Flammarion, Paris 1996, ISBN 2-08-010140-4, S. 527 f.
  • Christiane Racine: Kegeln, Trou-Madame und Bagatelle, 16. bis 20. Jh. In: Ulrich Schädler (Hrsg.): Spiele der Menschheit. 5000 Jahre Kulturgeschichte der Gesellschaftsspiele. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2007, ISBN 978-3-89678-615-9, S. 93–103, hier 101–103.
  • Caitlyn: bagatelle notes: Trou Madam, Mississippi, Pigeon Hole. In: pinballnovice.blogspot.com. 30. Oktober 2021 (blogspot.com).

---Für einzelne Aussagen:

James Masters: The Game of Bagatelle, Youtube video of a presentation given on 10th August 2022 for the Field House Museum, St. Louis, Missouri.

Einzelnachweise

  1. John Jones: The benefit of the auncient bathes of Buckstones, vvhich cureth most greeuous sicknesses. Tho. East/ Henry Myddleton, London 1572, f. 12 (Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3D~IA%3Db30343707~MDZ%3D%0A~SZ%3D22~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D).
  2. "troll-madam, n." OED Online, Oxford University Press, March 2020, www.oed.com/view/Entry/206625. Accessed 25 April 2020. Vgl. dort jedoch auch die Form „trowe maddam“ von 1573.
  3. "troll, v." OED Online, Oxford University Press, March 2020, www.oed.com/view/Entry/206615. Accessed 25 April 2020.
  4. Josef Leonhard Hilpert: Englisch-Deutsches und Deutsch-Englisches Wörterbuch, 1. Band: Englisch-Deutsch, Karlsruhe/ London 1831, S. 511 s.v. Trolmydames, Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3D77Ul2eKvQ5IC~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3DPA511~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D
  5. (Europäischer Sprach-Schatz) Jean Redlein: Tresor de Langues Europeen ou Dictionaire des plus principales langues de l'Europe. Leipzig: J.F.Braun 1711, S. 854 s.v. Trou-Madame, Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3Dz7tRAAAAcAAJ~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3DPA834~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D
  6. Chr.M. Wieland, Zur ausländischen Literatur Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3DD9ZY45HVJwQC~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3DPA45~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D
  7. Moscherosch: Philanders von Sittewald wunderliche und wahrhaftige Gesichte. Sechstes Gesicht: Höllenkinder. Ausgabe 1883, S. 209f. Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3DuVQHAAAAQAAJ~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3DPA209~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D - Nicht an der entsprechenden Stelle in der Ausgabe von 1640 Digitalisat Halle, S. 405, wohl aber 1677 Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3D0sts18XPJgkC~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3DPA395~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D, Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3DmPN2vTJ4SKcC~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3DPA395~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D, o.J. Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3DXl9cAAAAcAAJ~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3DPA393~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D
  8. Josef Hirn: Erzherzog Ferdinand II. von Tirol: Geschichte seiner Regierung und seiner Länder, Band 1. Innsbruck: Wagner 1885, S. 491, Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3DxlFIAAAAYAAJ~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3DPA491~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D
  9. Hermann Wagner, Illustrirtes Spielbuch für Knaben, 1. Aufl. 1864, S. 109 (Nr. 310) Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3DqFVeAAAAcAAJ~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3DPA109~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D
  10. Herders Konversations-Lexikon 1854, Zeno.org
  11. Pierer's Universal-Lexikon, Band 17. Altenburg 1863, S. 871, Zeno.org