Baukalk

Baustoff aus Kalkstein
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Baukalk ist ein Bindemittel, das im Bauwesen als Baustoff verwendet wird. Es dient zur Herstellung von Kalkmörtel, der als Mauer- und Putzmörtel eingesetzt wird. Im Bereich der Baugrundverbesserung kann Baukalk zur Bodenverfestigung verwendet werden. Des Weiteren wird er bestimmten Zementsorten beigegeben, um deren Eigenschaften zu verändern.

Reiner Kalkmörtel besitzt bei gleichen Mischungsverhältnissen im erhärteten Zustand eine erheblich geringere Festigkeit als Zementmörtel. Die Druckfestigkeit von Luftkalkmörtel beträgt rund 1 N/mm2, von hydraulischem Kalkmörtel (Wasserkalkmörtel) 5 N/mm2 und von C-25-Zementmörtel 25 N/mm2.

Beim Umgang mit Baukalken ist zu beachten, dass diese Baustoffe stark alkalisch wirken und zur Verätzung der Haut führen können.[1] Kalk kann zur Erblindung führen, wenn er in die Augen gerät. Besondere Vorsicht ist im Umgang mit Branntkalk – ist gleich – ungelöschtem Kalk (CaO) geboten, da dieser beim Mischen mit Wasser, dem sog. „Löschen“, durch Bildung des Hydroxids viel Wärme freisetzt und beigefügtes Wasser zum spritzenden Aufkochen führen kann.

Herstellung

 
Alter Kalkofen im Wienerwald
 
Überreste eines Kalkbrennofens bei Limone sul Garda (Italien)

Luftkalk wird aus Kalkstein (Calciumcarbonat) gewonnen, der bei ca. 900 °C gebrannt und anschließend gelöscht wird. Beim Brennen entweicht das Kohlenstoffdioxid und man erhält Calciumoxid (Branntkalk). Zum Löschen wird dem Calciumoxid Wasser beigegeben, wodurch es sich in Calciumhydroxid (Löschkalk) umwandelt und dabei große Mengen Wärme abgibt. Dieser Herstellvorgang ist Teil des technischen Kalkkreislaufes – die Wiedererhärtung des Baukalks findet statt, wenn sich das Calciumhydroxid anschließend unter Aufnahme von Kohlenstoffdioxid aus der Luft und Abgabe von Wasser (siehe „Trockenwohnen“) zu Calciumcarbonat verbindet.[1]

Formen und Benennung des Kalks 88

Branntkalk wurde früher üblicherweise in Brockenform geliefert (Stückkalk) und auf der Baustelle gelöscht, um Kalkbrei zu erhalten, der dann mit Sand vermischt wurde. Teilweise wurde dem Stückkalk zur Mörtelherstellung schon vor dem Löschen Sand beigemengt, was zu besseren Mörteleigenschaften führen soll und wohl die heftige Lösch-Reaktion etwas abmildert.

Die Eigenschaften des gelöschten Kalks verbessern sich mit der Zeitdauer des „Einsumpfens“ (Sumpfkalk, Fettkalk), was wichtig ist, wenn der Kalk nicht zur Herstellung von Mörtel, sondern als Kalkfarbe verwendet werden soll. Eingesummpft wurde früher in Kalkgruben, die vielerorts vorhanden waren. Der Kalkbrei muss während des Einsumpfens immer unter einer Wasserschicht lagern, um nicht mit dem Kohlenstoffdioxid der Luft zu reagieren. Zur Mörtelherstellung werden heute überwiegend pulverförmige, mit Wasserdampf „trocken“ gelöschte Kalke (Kalkhydrat) verwendet. Je nach Reinheit der Kalke spricht man von Weißkalk oder Graukalk bzw. Schwarzkalk, letzterer hat Anteile an Kohlenstoffen, was zu besserer Durchhärtung führt. Dolomitkalk ist aus Dolomit gebrannt, und zwar Hochweiß, aber magnesiahaltig.

Reine Kalkbrände werden Luftkalk genannt. Sie können nur in feuchter Umgebung unter gleichzeitiger Luftzufuhr erhärten, da das Kohlendioxid aus der Luft mit Wasser Kohlensäure bildet, welche zur Carbonatisierung des Calciumhydroxids gebraucht wird.

Hydraulisch härtende Bindemittel sind meist härter als Luftkalke.

Mit Wasserkalk wurden früher schwach hydraulisch härtende Kalke bezeichnet, welche unterhalb von 1250 °C aus tonhaltigem Kalkstein (Kalkmergel) gebrannt wurden. Sie erhärten sowohl durch Carbonatisierung als auch durch Hydratation.[2]

Hydraulische Kalke enthalten zusätzlich zum Calciumhydroxid sogenannte Hydraulefaktoren, etwa Silikate (z. B. SiO2), Aluminate (z. B. Al2O3) und Eisenoxide (z. B. Fe2O3) aus denen sich Calciumsilikate und Calciumaluminate bilden. Der hydraulische Anteil der Bindemittel kann auch unter Wasser aushärten, da kein Zutritt von Kohlendioxid notwendig ist.[3]

Um ein hydraulisch härtendes Bindemittel zu erhalten, kann Kalk auch mit Zement oder mit latent hydraulischen Zusätzen wie Ziegelmehl, Hüttensand und Puzzolanen (Trasskalke, Vulkanasche oder Flugasche) vermischt werden. Die Herstellungsweise von hydraulischem Baukalk aus Kalkstein und Vulkanerde ist schon seit der Antike bekannt.

Nomenklatur nach DIN

In Deutschland wird gemäß der Kalknorm DIN EN 459-1 (alte DIN 1060) bei den acht genormten Baukalken grundsätzlich zwischen Luftkalk und hydraulischem Kalk unterschieden. Luftkalke werden weiterhin unterschieden in Weißkalk (Kurzzeichen CL) und Dolomitkalk (Kurzzeichen DL).

Entsprechend der DIN wird wie folgt unterschieden:

Benennung Kurzbezeichnung Bemerkung
Weißkalk 90 CL 90 Gehalt an 90 % Calciumhydroxid
Weißkalk 80 CL 80 Gehalt an 80 % Calciumhydroxid
Weißkalk 70 CL 70 Gehalt an 70 % Calciumhydroxid
Dolomitkalk 85 DL 85 Gehalt an 85 % Calciummagnesiumcarbonat
Dolomitkalk 80 DL 80 Gehalt an 80 % Calciummagnesiumcarbonat
Hydraulischer Kalk 2 HL 2 Druckfestigkeit von 2 N/mm²
Hydraulischer Kalk 3,5 HL 3,5 Druckfestigkeit von 3,5 N/mm²
Hydraulischer Kalk 5 HL 5 Druckfestigkeit von 5 N/mm²

Zu den hydraulischen Kalken (Kurzzeichen HL) kommt noch die Untergruppe der natürlichen hydraulischen Kalke (Kurzzeichen NHL, engl. natural hydraulic lime) hinzu. Im Fall einer Beimengung des hydraulischen Stoffes Puzzolan erhält das Material die Bezeichnung natürlicher hydraulischer Kalk mit puzzolanischen Zusätzen (Kurzzeichen NHL-Z).

Sumpfkalk versus Kalkhydrat

Traditionell wurde Kalk bis zu drei Jahre vor Gebrauch als Sumpfkalk gelagert. Heute soll gelöschter Kalk wenigstens einige Wochen, besser aber Monate einsumpfen. Zu kurz gelagerter Sumpfkalk kann noch ungelöschte Partikel enthalten, welche sich bei der Verarbeitung zu Putzmörtel oder Kalkfarbe bemerkbar machen.

Durch das Einsumpfen verbessert sich die Plastizität des Kalkbreis. Ursächlich hierfür ist wohl die veränderte Morphologie und die Größe der Calciumhydroxid-Kristalle.

Bei trocken gelöschtem Kalkhydrat in Pulverform hingegen genügt eine eintägige Lagerung unter Wasser. Danach tritt offenbar keine weitere Veränderung mehr ein.[4]

Ein Chemiebuch erklärt die Vorgänge so: Beim Ablöschen von Branntkalksteinen mit Wasser entsteht Kalziumhydroxid, welches in Form eines Hydrogels vorliegt, weswegen wesentlich mehr Wasser zum Löschen benötigt wird, als sich aus dem stöchiometrischen Verhältnis ergibt. Dieses Hydrogel bewirkt, dass das Hydroxid wesentlich reaktiver ist, als das kristalline Hydroxid, was durch Eindampfen von Kalkwasser entsteht. Das gleiche Hydroxid entsteht wohl auch beim Löschen von Branntkalk mit Wasserdampf zwecks Herstellung von Weißkalkhydrat.

Weißkalkhydrat bildet durch vorheriges Einweichen kein Hydrogel, aber die Aufschlämmung wird verbessert.

Verwendung

Abbindevorgang

Beim Luftkalkmörtel ist ein langsames Abbinden von besonderer Bedeutung, damit sich eine saubere mikrokristalline Struktur ausbilden kann. Ein auf stark saugendem Grund aufgetragener oder direkter Sonneneinstrahlung ausgesetzter Kalkputz kann „aufbrennen“, d. h., er trocknet aus, bevor er ausreichend abgebunden hat. Auch härtet Kalk nur bei Temperaturen von über 4 °C sauber aus und „erfriert“ bei Frost. In beiden Fällen bilden sich lose Kristalle ohne Verbund, so dass der Putz kreidet oder bröselt. Luftkalkmörtel ist elastischer als andere Mörtel und kann leichte Bewegungen im Untergrund, die beispielsweise durch Wärmespannungen, durch das Quellen und Schwinden bei Nässeeinwirkung oder Setzungserscheinungen hervorgerufen werden, bis zu einem gewissen Grad ausgleichen, ohne zu reißen. Die Festigkeit von Luftkalkmörteln steigt in den ersten Jahren noch leicht an. Da Kalk geringfügig in Wasser löslich ist, lagert sich das Bindemittel in von Regen beaufschlagten Putzfassaden langsam um, so dass feine Risse im Putz über lange Zeiträume hinweg wieder „zuwachsen“ können. Reiner Luftkalkmörtel wurde in der gewerblichen Anwendung weitgehend von Mörteln mit Zusätzen von hydraulischen Kalken, Zement oder Kunstharzen verdrängt, da Luftkalk lange feucht gehalten werden muss, die Festigkeit sich nur sehr langsam entwickelt und der Mörtel nur erhärtet, wenn der Zutritt von Kohlendioxid gewährleistet ist, so dass Mörtel im Inneren von dicken Mauern oft nach Jahren noch nicht abgebunden hat.

Mit den technischen Bezeichnungen der Materialien zeigt sich der Kalkkreislauf in folgender Form:

 
Der technische Kalkkreislauf

Baukalkprodukte

Eingesumpfter Kalkbrei oder pulverförmiges Weißkalkhydrat werden durch Zugabe von Wasser zu Kalkschlämme oder weiter zur Kalkmilch verdünnt, welche als Kalkfarbe zum Weißeln bzw. Kalken von Wänden verwendet werden.

Gibt man zum Fettkalk, Kalkhydrat oder Hydraulkalk Sand und gegebenenfalls Kies (Gesteinskörnung), erhält man Kalkmörtel, einen der ältesten Baustoffe überhaupt.
Löschkalk verbindet die Sandkörner und festigt die Masse. Sand erhöht die Druckfestigkeit, verhindert das Reißen des Mörtels und reduziert die Menge des benötigten Kalks.

Normen und Standards

  • DIN VEN 459-1 – Baukalk
  • DIN 1060 -1

Einzelnachweise

  1. a b Balder Batran: Grundwissen Bau. Handwerk und Technik Verlag, Stuttgart 2003, ISBN 3-582-03500-X, S. 111 und 112.
  2. Baustoff-Skript (PDF; 568 kB) der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur, Leipzig
  3. Hansjörg Frey: Bautechnik – Fachkunde Bau. Europa-Lehrmittel Verlag, Haan-Gruiten 2003, ISBN 3-8085-4460-0, S. 85.
  4. Kalkmörtel, von Elert, K.; Cazalla, O.; Rodriguez. C.; Hansen, E.; Sebastian, E.; Quelle: Restauro, 2002. ISSN 0933-4017