Johann Smidt

deutscher Politiker und Theologe, Bürgermeister von Bremen und Gründer von Bremerhaven
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Johann Smidt (* 5. November 1773 in Bremen; † 7. Mai 1857 ebenda) war ein bedeutender Bremer Politiker, Theologe und Gründer von Bremerhaven.

Bürgermeister Johann Smidt, um 1848
Denkmal von Johann Smidt in Bremerhaven

Leben

Familie, Jugend und Ausbildung

Smidt war der Sohn des gleichnamigen, auch Johannes Smith[1] (1712–1796) genannten Pastors der St. Stephanikirche in Bremen. Er absolvierte das Gymnasium Illustre. Nach dem Abitur studierte er ab 1792 in Jena Theologie. Er war dort Gründungsmitglied der Gesellschaft der freien Männer. 1794 bestand er sein „Kandidatenexamen“ in Bremen und setzte sein Studium dann in Jena fort. 1797 wurde er in Zürich zum Predigtamt ordiniert.

Smidt heiratete 1798 Wilhelmine Rhode (1777–1848), Tochter von Johann Conrad Rhode, dem Eigentümer der Sonnen-Apotheke in der Sögestraße Nr. 37 (heute 18). Beide wohnten hier von 1804 bis 1821. Sie hatten zehn Kinder, von denen sie sechs überlebten.[2] Ihr Sohn Heinrich Smidt (1806–1878) war Senator in Bremen.[3]

Früher Aufstieg

Smidt wurde danach Professor für Philosophie und Geschichte am Gymnasium illustre in Bremen. Er war darauf Syndikus der Elterleute in Bremen. 1799 gründete er das Hanseatische Magazin. Er wurde Mitglied im Bremer Bürgerconvent als Vorläufer der Bremer Bürgerschaft. Mit nur 27 Jahren wurde er 1800 überraschend zum Ratsherrn von Bremen gewählt. Ab 1806 war er für Bremen zunehmend außenpolitisch tätig. 1811 – Bremen war Teil des französischen Kaiserreichs – vertrat er in Paris bremische Interessen und huldigte zugleich Napoleon. Er nahm Einfluss auf die Entwicklung der Hansestädte in staatlicher und kommerzieller Hinsicht. 1811 gab er kurzzeitig sein Senatorenamt auf, um als Notar zu wirken.

Smidt als Senator

Nach der Völkerschlacht bei Leipzig 1813 verhandelte er mit dem russischen Generalmajor Freiherr Friedrich Karl von Tettenborn – der gerade Bremen besetzte – über die Neuerrichtung eines Bremer Staates. Tettenborn setzte 1813 in Bremen einen provisorischen Senat mit sieben Senatoren. Smidt war nun Senator für die auswärtigen Angelegenheiten Bremens. Er verhandelte ab 1814 in Frankfurt, dann im Hauptquartier in Frankreich und 1814/15 beim Wiener Kongress und erreichte den Erhalt der Selbständigkeit der Hansestädte und ihre Aufnahme in den Deutschen Bund. Smidt ließ – eigenmächtig und ohne Abstimmung – bei der Endredaktion der Beschlüsse des Wiener Kongresses zu den Rechten der Juden, den Text „Es werden den Bekennern des jüdischen Glaubens die denselben in den einzelnen Bundesstaaten bereits eingeräumten Rechte erhalten“, geringfügig aber folgenschwer ändern in: „Es werden den Bekennern des jüdischen Glaubens die denselben von den einzelnen Bundesstaaten bereits eingeräumten Rechte erhalten“.[4] Da der französische, und nicht der bremische Staat die Juden Bremens emanzipiert hatte, widerrief Bremen – wie viele andere Bundesstaaten – die Emanzipation der Juden. 1815 arbeitete er mit anderen deutschen Persönlichkeiten die Deutsche Bundesakte für den Deutschen Bund.

Ab November 1815 war Smidt der bremische Gesandte im Bundestag von Frankfurt am Main. Hier bekämpfte er die Metternichsche Politik. Er war bis 1820 bei den Verhandlungen tätig, welche die freie Weserschifffahrt begründeten und die damit verbundene Aufhebung des vom Großherzogtum Oldenburg erhobenen Elsflether Weserzolls.

Smidt als Bürgermeister

 
Smidts Wohnhaus an der Contrescarpe im Jahre 1848
 
Bremerhaven 1849

1821 wurde Smidt Bremer Bürgermeister und er blieb in diesem Amt bis zu seinem Tod, ausgenommen in der Zeit der Revolution von 1849 bis 1852. Er verblieb aber zunächst auch der Vertreter von Bremen im Deutschen Bundestag.

Er gab dem Handel Bremens wichtige Impulse. Da die Stromverhältnisse der Unterweser es verhinderten, dass die Seeschiffe Bremen erreichen konnten, plante Oldenburg den Ausbau des Hafens von Brake. Smidt kaufte vom Königreich Hannover ein Stück Land an der Geestemündung und Bremerhaven wurde im Jahr 1827 gegründet. Der „Alte Hafen“ wurde 1830 als künstliches Hafenbecken fertiggestellt.

Er konnte durch den Abschluss vorteilhafter Handelsverträge mit fremden Ländern die Ausbreitung der konsularischen Vertretung erreichen. Der sehr konservative Smidt konnte 1849 nicht verhindern, dass sich Bremen eine demokratischere und liberale Verfassung gegeben hatte. So schied er aus seinem Bürgermeisteramt bis 1852 aus. Nach der Restauration und mit Hilfe des Deutschen Bundes wurden die demokratischen Errungenschaften auch in Bremen wieder abgeschafft und es blieb bei den starken Rechten des Senats. 1854 wirkte er mit bei der neuen Verfassung, mit seinem Achtklassenwahlrecht und der starken Stellung der bremischen Kaufmannschaft (siehe auch: Geschichte der Stadt Bremen). 1850, 1853, 1855 und 1857 war er Präsident des Senats.

Unrühmlich ist Smidts Ablehnung von Juden und Lutheranern in Bremen. Nachdem er die Rechtsgrundlage für den Widerruf der Emanzipation der Juden Bremens erfälscht hatte (s. o.), betrieb er seit 1821 die „völlige Austreibung der Kinder Israels“ als eine „angelegentliche Staatssorge“. In seinem Antijudaismus betrachtete er die Juden als „Fremdkörper in einem christlichen Staatswesen“. 1826 hatte er sein Ziel bis auf zwei von Hannover übernommene Schutzjuden erreicht.[5] Der lutherischen Domgemeinde, die mit der Domfreiheit 1803 an den damals noch calvinistischen bremischen Staat gefallen war, bestritt Smidt bis 1830 den Status einer Gemeinde und ihr Vermögen an bebauten und unbebauten Grundstücken.[6]

Smidt starb 1857 und wurde auf dem Herdentorsfriedhof beerdigt und 1891 auf den Riensberger Friedhof umgebettet. Smidt war einer der bedeutendsten Staatsmänner von Bremen. Seine konservative, antijüdische und antilutherische Haltung haben jedoch sein Bild in der Geschichte getrübt.[7]

Ehrungen

 
Das nach Smidt benannte Traditionsschiff Johann Smidt

Literatur

  • Zur Säkularfeier seines Geburtstags wurden seine Präsidialreden (Patriotische Mahnungen und Rückblicke. Bremen 1873, hrsg. von Heinrich Smidt) und seine Biographie (Bremen 1873) veröffentlicht.
  • Einen Einblick in das Privatleben Smidts aus seinen Briefen bietet B. Schulze-Smidt: Bürgermeister Johann Smidt, das Lebensbild eines Hanseaten. Bremen: Verlag Franz Leuwer 1914.
  • Monika M. Schulte, Nicola Wurthmann (Bearb.): Nachlass Johann Smidt (1773–1857), Bürgermeister der Freien Hansestadt Bremen (Staatsarchiv Bremen, Bestand 7,20). Bremen 2004 (= Kleine Schriften des Staatsarchivs Bremen, Heft 34)
  • Eine detaillierte Darstellung von Smidts Wirken während der Revolutionszeit finden wir bei Werner Biebusch: Revolution und Staatsstreich. Verfassungskämpfe in Bremen von 1848 bis 1854. Schünemann, Bremen 1973 (Veröffentlichungen aus dem Staatsarchiv der Freien Hansestadt Bremen. 40.)
  • Herbert Schwarzwälder: Das Große Bremen-Lexikon. Edition Temmen, Bremen 2003, ISBN 3-86108-693-X.
  • Aufsätze (Auszug) in: Bremisches Jahrbuch. Staatsarchiv Bremen, Band 87, Bremen 2008, ISSN 0341-9622.
    • Andreas Schulz: Johann Smidt, Bremen und der Deutsche Bund (1848–1866).
    • Nicola Wurthmann: Johann Smidt und die Bremer Politik am Deutschen Bundestag.
    • Frank Hatje: Ferdinand Beneke, Johann Smidt und die Beziehungen zwischen Hamburg und Bremen.
    • Andreas Lennert: Johann Smidt und die Vertreibung der Juden aus Bremen.
  • Wilhelm von BippenSmidt, Johann. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 34, Duncker & Humblot, Leipzig 1892, S. 488–494.
  • Frank Eisermann: Johann Smidt und die „Barbareskenstaaten“ (1814–1820). In: Arbeiterbewegung und Sozialgeschichte 19 (2007), S. 5–34.
  • Monika M. Schulte: Smidt, Johann. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 24, Duncker & Humblot, Berlin 2010, ISBN 978-3-428-11205-0, S. 511 f. (Digitalisat).
Commons: Johann Smidt – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: Johann Smidt – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1. Kunder Adrianus Gort: Peroden uit het leven van dominee Johannes Johannes Smith, Selbstverlag: Putten 2016
  2. Edith Laudowicz: Smidt, Johanne Wilhelmine, geb. Rhode. In: Frauen Geschichte(n), Bremer Frauenmuseum (Hrsg.). Edition Falkenberg, Bremen 2016, ISBN 978-3-95494-095-0.
  3. Hans Hermann Meyer: Die Bremer Altstadt. Edition Temmen, Bremen 2003, ISBN 3-86108-686-7, S. 118 f.
  4. Heinrich Graetz: Geschichte der Juden von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart. 11 Bände. Leiner, Leipzig 1900. Band 11: Geschichte der Juden vom Beginn der Mendelssohnschen Zeit (1750) bis in die neueste Zeit (1848), S. 317. Hervorhebung nicht im Original. Nachdruck der Ausgabe letzter Hand: arani, Berlin 1998, ISBN 3-7605-8673-2.
  5. Die Jüdische Gemeinde im Lande Bremen
  6. Johann Christian Bosse, Hans Henry Lamotte: Der Dom zu Bremen. 6. Auflage. Deutscher Kunstverlag, München / Berlin 1990, S. 12 f. (Große Baudenkmäler; Nr. 340)
  7. „Was schert mich die Rechtslage, das lösen wir bremisch!“ (Memento des Originals vom 4. November 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.radiobremen.de Radio Bremen.de, 15. März 2012