Lyktos (Vorlage:ELSalt) oder Lyttos (Vorlage:ELSalt), lateinisch Lyctus, ist der Name einer antiken Stadt auf Kreta. Heute trägt ein nahe gelegenes Dorf den Namen.
Lyktos | |
Buleuterion, Lyktos | |
Bedeutung | Antike griechische Stadt |
Baubeginn: | 13. Jahrhundert v. Chr. |
Gründung | 6. Jahrhundert v. Chr. |
Blütezeit | 2. Jahrhundert n. Chr. |
Aufgegeben | um 1200 |
Entdeckung | 16. Jahrhundert |
Höhe: | 620 m |
Lage: | 35° 12′ 28″ N, 25° 22′ 7″ O |
Anfahrt | Iraklio−Kastelli |
Öffnungszeiten | frei zugänglich |
Eintritt | frei |
Mythologie
In der griechischen Mythologie nahm Lyktos eine zentrale Rolle im Mythos des olympischen Zeus ein. Nach Hesiods Theogonie war Lyktos der Ort, an dem Rhea auf der Flucht vor ihrem Gemahl Kronos ihren dritten Sohn Zeus gebar und in einer Höhle des Dikti-Gebirges verbarg;[1] nach Polybios und Pausanias war Lykaion in Arkadien der Geburtsort, und Zeus wurde von Rheas Mutter Gaia nach Kreta gebracht und dann im Aigaischen Gebirge bei Lyktos versteckt und dort von Amalthea aufgezogen.[2]
Geschichte
In der Ortsnamenliste im Totentempel des Pharao Amenophis III. wird der Ort als Rikata erwähnt, ein Handelsort der Keftiu (Kreter).[3] Auf Linear B-Tontäfelchen aus Knossos, die in mykenischem Griechisch geschrieben sind, taucht der Ort als ru-ki-to (Vorlage:Linear B) auf.[4] In Homers Ilias, wie auch in den meisten antiken Handschriften, wird die Stadt Lyktos (Λύκτος) genannt, auf Münzen und in Inschriften fast durchweg Lyttos (Λύττος),[5] wobei Lyktos die ältere Namensform ist.
In antiker Zeit galt Lyktos als älteste Stadt Kretas und als dorische Gründung durch lakedaimonische Kolonisten.[6] Die griechische Mythologie berichtet von einer dorischen Einwanderung auf Kreta unter Tektamos, zwei Generationen vor Minos, was in die dritte Palastzeit oder Nachpalastzeit der minoischen Kultur fiele. Homer nennt Lyktos im Schiffskatalog der Ilias,[7] der Aufzählung der entsendeten Schiffe im Trojanischen Krieg um 1200 v. Chr. Koiranos, der Wagenlenker des Meriones, stammte aus Lyktos und wurde von Hektor getötet.[8] In der Odyssee gibt Homer an, dass ein Teil der Einwohner Kretas in dieser Zeit Dorer waren.[9] Zu einer verstärkten dorischen Einwanderung auf Kreta kam es nach neuerer Forschung erst um 1000 v. Chr. Zu dieser Datierung passen die Ausführungen des Geographen Strabon, der berichtete, dass Althaimenes, der Sohn des Keisos, nach Kreta kam und Städte gründete.[10] Die Lage von Lyktos auf einem Bergrücken ist jedoch typisch für Stadtgründungen der Dorer.
Als Gesetzgeber von Lyktos gilt der Spartaner Lykurg, der eine Zeit lang auf Kreta verweilte.[11] Auf einigen Steinblöcken aus Lyktos sind Teile von Gesetzeskodizes aus dem 6. und 5. Jahrhundert v. Chr. erhalten. Die Bürger waren in Hetärien geteilt und hielten Syssitien ab, die durch Steuern finanziert wurden. Lyktos wurde sehr einflußreich. Sein Herrschaftsbereich reichte zeitweise von der Nord- bis zur Südküste und im Osten bis zur Stadt Minoa.[12] Auch die Stadt Arsinoe gehörte zum Machtbereich. Die Hafenstadt von Lyktos war das an der Nordküste Kretas gelegene Chersonesos. Kurz vor 411 v. Chr. schloss die Stadt mit Lindos auf Rhodos einen Vertrag.[13]
344 v. Chr. wurde Lyktos von Knossos mit Hilfe eines phokischen Heeres unter Führen von Phalaikos erobert. Archidamos III. von Sparta, der sich mit seinen Streitkräften auf dem Weg nach Tarent befand landete kurzer Hand auf Kreta, besiegte die Angreifer und gab die Stadt wieder an ihre Bewohner.[14] Im 3. Jahrhundert v. Chr. schloss man mit dem Seleukiden Antiochos I. und seinem Nachfolger ein Bündnis. Auch mit den Städten Malla[15] und Praisos[16] kam es zu Bündnissen. Lyktos stieg zu einer der einflussreichsten Poleis auf Kreta auf. Gelangte jedoch in die Abhängigkeit von Gortyn und mit dem nordwestlich gelegenen Knossos lag es im ständigen Zwist. Unterstützung erfuhr es von Philipp V. von Makedonien.
Die Koalition aus Gortyn und Knossos brachten ganz Kreta unter ihre Kontrolle. Nur Lyktos weigerte sich zu unterwerfen was schließlich im sog. Lyttischen Krieg (221-219 v. Chr.) endete. Die Städte Polyrrhenia, Keraia und Lappa verließen jedoch bald die Koalition mit Knossos und in Gortyn kam es zu Kämpfen zwischen Koalitionstreuen und Koalitionsgegnern. Knossos schickte deshalb Truppen nach Gortyn zur Unterstützung ihrer Verbündeten. Lyktos verheerte zu dieser Zeit das knossische Gebiet. Nachdem Gortyn wieder befriedet nutzte die Koalition die Abwesenheit der Truppen und zog gegen Lyktos. Man eroberte die Stadt mit Leichtigkeit, zerstörte sie komplett und versklavte Frauen und Kinder. Nachdem die lyktischen Truppen ihre zerstörte Heimatstadt vorfanden ging die Bevölkerung nach Lappa ins Exil[17]
Nicht viel später wurde die Stadt wieder errichtet und kurz vor 200 v. Chr. erscheint die Stadt wieder als Bündnispartner von Hierapytna. 184 v. Chr. eroberte es zusammen mit Gortyn die knossischen Orte Lykastos und Diatonion. Ein Jahr später wurde sie im Zusammenhang mir einem Vertrag mit Eumenes II. erwähnt. Bei der Eroberung Kretas durch die Römer wurde Lyktos 67 v. Chr. von Truppen unter dem Konsul Quintus Caecilius Metellus Creticus eingenommen.[18] In römischer Zeit spielte die Stadt noch eine beträchtliche Rolle, aus dieser Zeit stammen auch alle noch sichtbaren Überreste (Theater, Tempel, Häuser). In der Spätantike wurde Lyktos Bischofssitz. Am Anfang der venetianischen Zeit wurde sie verlassen.
Das moderne Lyttos
Nach der antiken Stadt wurde das Dorf Xidas (Ξιδάς) unterhalb der antiken Stadt in Lyttos Irakliou (Λύττος Ηρακλείου) umbenannt. Es gehört heute zur Gemeinde Kastelli. Der Fußballverein Lyttos Ergotelis aus Iraklio führt ebenfalls den Namen.
Literatur
- Ian F. Sanders: Roman Crete. Warminster 1982, S. 147–149.
- Holger Sonnabend: Lyktos, Lyttos. In: Der Neue Pauly (DNP). Band 7, Metzler, Stuttgart 1999, ISBN 3-476-01477-0, Sp. 577–578.
- Lambert Schneider: Kreta. 4. Auflage. DuMont, Ostfildern 2006, ISBN 978-3-7701-3801-2, S. 144 (online [abgerufen am 16. Mai 2014]).
- Hartmut Beister: Lyttos. In: Siegfried Lauffer (Hrsg.): Griechenland. Lexikon der historischen Stätten. Weltbild, Augsburg 1999, ISBN 3-8289-4144-3, S. 399.
- Alberta Galla, Michele Buonsanti: Das römische Kreta. Römische Spuren zwischen Geschichte und Geschichten. Mystis, Iraklio, ISBN 978-960-88292-5-1, S. 100−111.
Weblinks
- Porträt der modernen Ortschaft auf den Seiten der Gemeinde Kastelli (griechisch)
Einzelnachweise
- ↑ Hesiod: Theogonie 477 (deutsche Übersetzung)
- ↑ Robert von Ranke-Graves: Griechische Mythologie, Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1960, ISBN 3-499-55404-6, S. 32.
- ↑ Elmar Edel, Manfred Görg: Die Ortsnamenlisten im nördlichen Säulenhof des Totentempels Amenophis III. Harrassowitz, Wiesbaden 2005, ISBN 3-447-05219-8.
- ↑ ru-ki-to. Minoan Linear A & Mycenaean Linear B. minoan.deaditerranean.com, abgerufen am 15. Mai 2014 (englisch).
- ↑ Georg Busolt: Die Geschichte Griechenlands bis zur Schlacht von Chaeroneia, Bd. 1, Perthes, Gotha 1885–1904, S. 332.
- ↑ Polybios 4, 53−56; Aristoteles: Politik, 1271b.
- ↑ Homer: Ilias, 2, 647; Edzard Visser: Homers Katalog der Schiffe. B. G. Teubner, Stuttgart und Leipzig 1997, ISBN 3-519-07442-7, S. 616 (online [abgerufen am 17. Mai 2014]). ; Claude Brügger, Magdalene Stoevesandt, Edzard Visser: Lyktos. In: Joachim Latacz (Hrsg.): Homers Ilias. Gesamtkommentar (Basler Kommentar / BK). Band 2. de Gruyter, Berlin 2010, ISBN 978-3-11-022495-5, S. 210 (online [abgerufen am 16. Mai 2014]).
- ↑ Homer: Ilias, 17, 611
- ↑ Homer: Odyssee, 19, 177
- ↑ Strabo: Geographica, 10, 4, 15 (p. 480)
- ↑ Strabon: Geographica, 10, 4, 17−19 (p. 481−2)
- ↑ Strabo: Geographica, 10, 4, 14 (p. 479)
- ↑ Inschrift Lindos II 13
- ↑ Diodor: Bibliotheca historica, 16, 62 (online) (en)
- ↑ IC I xix 1; IC I xix 3
- ↑ IC III vi 11; IC III vi 12
- ↑ Polybios 4, 53-54.
- ↑ Livius periochae 99.