Parti radical valoisien

Partei in Frankreich
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Die Parti radical (deutsch Radikale Partei, häufig auch Parti radical valoisien genannt) ist eine politische Partei in Frankreich. Die Partei ist seit 2012 Teil des Parteienbündnisses Union des démocrates et indépendants, zuvor war sie assoziierte Partei der UMP.

Parti radical
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Partei­vorsitzender Jean-Louis Borloo
Gründung 1901 (als Parti républicain, radical et radical-socialiste), 1972 (als Parti radical)
Gründungs­ort Paris
Haupt­sitz 1, place de Valois
75001 Paris
Mitglieder­zahl 7.903 Mitglieder (2009)
Website www.partiradical.net

Geschichte und Bündnisse

Die Partei entstand 1972, als sich das Mouvement de la gauche radicale-socialiste von der Parti radical abspaltete: Die verkleinerte Radikale Partei bestand weiter und wird, zur Unterscheidung, oftmals Parti radical valoisien genannt. Das valoisien stammt von der Adresse ihres Pariser Hauptquartiers an der Place de Valois. Rechtlich ist sie identisch mit der 1901 gegründeten Parti républicain, radical et radical-socialiste und damit die älteste noch bestehende Partei Frankreichs. Sie reicht aber bei weitem nicht mehr an den Einfluss ihrer Vorgänger heran. Ihr erster Vorsitzender war Jean-Jacques Servan-Schreiber.

Während sich die inzwischen in Parti radical de gauche umbenannte Linksabspaltung der sozialdemokratischen PS annäherte, war die Parti radical valoisien lange Zeit Teil der bürgerlich-zentristischen Union pour la démocratie française (UDF).[1] Diese bestand außerdem aus Christdemokraten, gemäßigten Sozialdemokraten sowie liberal-konservativen Republikanern und verhalf Valéry Giscard d’Estaing 1974 zur Präsidentschaft. Trotz ihrer rapide schwindenden Wählerschaft war die Parti radical durch dieses Bündnisses stets in Nationalversammlung, Senat und Europaparlament vertreten. In letzterem saßen ihre Abgeordneten bis 1994 in der Liberalen und Demokratischen Fraktion, anschließend in der Fraktion EVP-ED. An dem Zusammenschluss einiger UDF-Mitgliedsparteien zu einer einzigen Partei (Nouvelle UDF) im Jahr 1998 beteiligte sich die Radikale Partei nicht, sondern blieb locker mit ihr assoziiert.[2]

Als Staatspräsident Jacques Chirac im Jahr 2002 das Bündnis Union pour la majorité présidentielle (UMP) gründete, um das bürgerliche Lager von der Mitte bis zur Rechten zu einen, verließ die Parti radical die UDF und schloss sich der UMP an. Dabei behielt sie jedoch ihren Status als eigenständige Partei und wurde daher als parti associé, also „verbundene Partei“, der UMP betrachtet. Die Abgeordneten der Parti radical saßen anschließend in der Nationalversammlung in der UMP-Fraktion, die Mehrzahl ihrer Senatoren verblieb dagegen in der RDSE (Europäischer, demokratischer und sozialer Zusammenschluss), dem letzten gemeinsamen, eigenständigen Gremium der „radikalen Familie“ (gemeinsam mit der Parti radical de gauche). Bis 2008 hatte sie auch den Vorsitz dieser Fraktion inne, dann verlor sie ihn an die PRG.

Während der Präsidentschaft Nicolas Sarkozys stellte die Radikale Partei mit ihrem Vorsitzenden Jean-Louis Borloo bis November 2010 den Ministre d’Etat (stellvertretenden Premierminister), der zugleich Umweltminister in den Regierungen Fillon I und II war. Am 29. November 2009 hatte die Partei nach eigenen Angaben 7.903 Mitglieder.[3] Innerhalb der UMP und des Mitte-rechts-Lagers galt die Parti radical als am stärksten sozial und ökologisch orientiert. Aus diesem Grund gab es Pläne, Borloo als Kandidaten bei der Präsidentschaftswahl 2012 aufzustellen, um Wähler des zentristischen Mouvement démocrate (MoDem) und der Grünen anzulocken und dann für den zweiten Wahlgang an Sarkozy zu binden.[4]

Im November 2010 verließ zunächst Jean-Louis Borloo die Regierung, aus Protest gegen die erneute Ernennung Fillons zum Premierminister. Einen Tag später forderte Borloo vor Abgeordneten der UMP aus dem liberalen und zentristischen Umfeld eine gemeinsame Koordinierung der liberalen, zentristischen und radikalen Parteien. Auf ihrem Parteikongress am 14. und 15. Mai 2011 beschloss die Parti radical ihren Austritt aus der UMP. Am 26. Juni war sie Gründungsmitglied der Alliance républicaine, écologiste et sociale (gemeinsam mit Nouveau Centre, Convention démocrate und La Gauche moderne), die sich als zentristische Alternative sowohl zur UMP als auch zur PS verstand. In der Folge verließ sie auch die Senatsfraktion RDSE und schloss sich der Fraktion Union centriste an, der auch die Senatoren des NC und der LGM angehören. Diese Alliance war jedoch nur kurzlebig. Sie erwog zunächst, Borloo als Präsidentschaftskandidaten aufzustellen. Dieser gab die Kandidatur jedoch auf[5] und die Parti radical unterstützte schließlich eine Wiederwahl Sarkozys (der jedoch verlor).

Bei der Parlamentswahl im Juni 2012 wurden nur 7 Abgeordnete der Parti radical gewählt (zuvor waren es 17 gewesen). Sie schlossen sich der Fraktion der Union des démocrates et indépendants (UDI) an, einem Zusammenschluss von Parteien der Mitte und rechten Mitte, die sich sowohl vom linken als auch vom konservativen Lager abgrenzen. Im Europaparlament ist die Parti radical seit der Europawahl im Mai 2014 mit einem Mitglied vertreten. Der Abgeordnete Dominique Riquet hat sich dort der liberalen ALDE-Fraktion angeschlossen. Infolge der Senatswahl im September 2014 stieg die Zahl der Senatoren der Radikalen Partei auf 10.

Vorsitzender der Partei ist seit April 2014 Laurent Hénart, der Bürgermeister von Nancy. Er löste Jean-Louis Borloo ab, der die Partei ab 2005 geführt hatte. Generalsekretärin ist Nathalie Delattre.

Weitere bekannte Mitglieder sind der ehemalige Bürgermeister von Nancy André Rossinot und der ehemalige Überseeminister Yves Jégo. Die ehemalige Staatssekretärin Rama Yade ist im Dezember 2010 von der UMP zur Parti radical übergetreten, weil sich die UMP ihrer Meinung nach zu sehr nach rechts geöffnet hatte.

Die Partei La Gauche moderne (LGM) des Senators und ehemaligen Staatssekretärs Jean-Marie Bockel hat seit Dezember 2012 den Status einer mit der Parti radical assoziierten Partei. Ein Vertreter der LGM gehört auch dem Vorstand der Radikalen Partei an. Außerdem mit der Partei verbunden sind die Jugendorganisation Nouvelle Génération – Jeunes Radicaux (Junge Radikale), die Fraueninitiative Vivent les femmes sowie die Vereinigung Écologie Radicale.

Ideologie

Das radical im Namen ist in der Bedeutung zu verstehen, die dieser Begriff im Frankreich des 19. Jahrhunderts hatte. Es steht für die vom fortschrittlichen Bürgertum getragene strikte Ablehnung der Monarchie und Feudalherrschaft, Eintreten für bürgerliche Freiheiten und allgemeines Wahlrecht sowie die Trennung von Kirche und Staat. Die Partei steht damit in der Tradition der Französischen Revolution und der Verfechter der republikanischen Staatsform.[6][7] Im heutigen Sinne ist die Partei keineswegs radikal, sondern in der Mitte des politischen Spektrums verortet. In deutscher Terminologie könnte sie als liberal bezeichnet werden,[8] dieses Etikett verwendet sie jedoch – aufgrund anderer historischer Konnotationen in Frankreich – nicht.[9]

Einzelnachweise

  1. Mehr dazu auf der Webseite der Partei, im Umfeld eines Treffens zwischen den Chefs beider Parteien im Jahre 2007 [1]
  2. Christine Pütz. Parteienwandel in Frankreich: Präsidentschaftswahlen und Parteien zwischen Tradition und Anpassung. VS Verlag, Wiesbaden 2004, S. 212–213.
  3. Laut Presseheft des 110. Parteitags, auf der Webseite vom PRV-Abgeordneten Francois Scellier ([2]PDF)
  4. 2012: l'hypothèse Borloo. In: Libération, 16. April 2010.
  5. Pascal Riché: Borloo n'est pas candidat pour « ne pas ajouter de la confusion ». In: Rue 89 (Online), 2. Oktober 2011.
  6. Günther Haensch, Hans J. Tümmers: Frankreich. Politik, Gesellschaft, Wirtschaft. 3. Auflage, C.H. Beck, München 1998, S. 198.
  7. Christine Pütz. Parteienwandel in Frankreich: Präsidentschaftswahlen und Parteien zwischen Tradition und Anpassung. VS Verlag, Wiesbaden 2004, S. 111.
  8. Haensch, Tümmers: Frankreich. 1998, S. 198
  9. Klaus von Beyme: Politische Theorien im Zeitalter der Ideologien, 1789-1945. Westdeutscher Verlag, Wiesbaden 2002, S. 982.