Ian Paisley

presbyterianischer Pfarrer und Politiker, MdEP
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Ian Richard Kyle Paisley, Baron Bannside (* 6. April 1926 in Armagh, Nordirland; † 12. September 2014) war ein presbyterianischer Pfarrer und Politiker in Nordirland. Von 2007 bis 2008 leitete er als First Minister die nordirische Regionalregierung.

Ian Paisley

Biografie

Paisley gründete nach seinem Theologiestudium Anfang der 1950er Jahre die Freie Presbyterianische Kirche und wurde deren gewählter Sprecher (engl. moderator). Ebenso gründete er seine eigene Zeitung, Protestant Telegraph. Die heute (2014) größte protestantisch-unionistische Partei Nordirlands, die Demokratisch-Unionistische Partei (DUP, engl. Democratic Unionist Party), geht auf ihn zurück; er war von 1971 bis 2008 ihr Vorsitzender.

In den 1960er-Jahren kämpfte er gegen eine Annäherung zwischen Nordirland und der Republik Irland (Gespräche zwischen dem Regierungschef Nordirlands Terence O'Neill und dem irischen Politiker Sean Lemass). Er setzte sich gegen eine Gleichberechtigung der katholisch-irischen Nordiren ein. Seit seiner Jugend widersetzte er sich jeder Kooperation mit Katholiken als „Pakt mit dem Teufel“. Als das nordirische Parlament 1972 unter dem britischen Premierminister Edward Heath aufgelöst wurde, stellte Paisley sich dagegen. Auch das Abkommen von Sunningdale (ein dreiseitiges Abkommen zwischen der Republik Irland, dem Vereinigten Königreich und Nordirland) wollte Paisley verhindern. Der Plan war, einen Irischen Rat (engl. Council of Ireland) zu schaffen, der Regelungen für Irland und Nordirland hätte beschließen können. Die Organisatoren eines großen Streiks (engl. Ulster Worker’s Strike), bei dem die Wasser- und Stromversorgung getroffen wurde, beriefen sich auf ihn. Das Abkommen von Sunningdale kam nicht zustande.

Nach Gründung der DUP wurde Paisley 1970 ins britische Unterhaus, ins Nordirische Parlament sowie 1979 ins Europäische Parlament gewählt. Er gehörte dem Europäischen Parlament 25 Jahre an. Unvergessen bleibt sein erster Auftritt im Parlament, bei dem er sich polternd darüber beschwerte, dass der Union Jack vor dem Parlamentsgebäude auf dem Kopf stehend ("upside down") aufgezogen sei.

Als es 1985 zum Anglo-Irischen Vertrag kam (engl. Anglo-Irish Agreement), stellte er sich dagegen. Unter dem Motto „Nordirland sagt Nein!“ (Ulster says No!) organisierte Paisley große öffentliche Kundgebungen mit seinem Rivalen von der Ulster Unionist Party, James (Jim) Molyneaux. Später gründete er die paramilitärische Einheit „Dritte Kraft“ (engl. Third force), die sich allerdings bald wieder auflöste. Die politische Gefahr sieht Paisley darin, Irland und das Vereinigte Königreich könnten gemeinsam über die Köpfe der protestantischen Bevölkerung von Nordirland hinweg handeln.

Zu den Verhandlungen zum Karfreitagsabkommen 1998 wurde Paisley eingeladen, seine DUP zog sich jedoch sofort zurück, als auch Gerry Adams und seine Sinn Féin erschienen. Als das Ergebnis sowohl in Nordirland wie in der Republik Irland zur Abstimmung gestellt wurde, forderte Paisley die Wähler auf, dem Referendum nicht zuzustimmen. Sie taten es dennoch.

Seit 2005 ist Ian Paisley Mitglied im britischen Kronrat (Privy Council).

Recht früh ging man davon aus, dass er aller Voraussicht nach im Mai 2007 zum Ersten Minister von Nordirland gewählt würde. Seine mangelnde Gesprächsbereitschaft gegenüber der Sinn Féin blockierte längere Zeit die Bildung einer Allparteienregierung. Am 8. Mai 2007 bildeten Ian Paisley und Martin McGuinness von der Sinn Féin, dem politischen Flügel der Irisch-Republikanischen Armee (IRA), als Regierungschefs die nordirische Allparteienregierung. Im Kabinett besetzte die DUP fünf Ministerposten, die Sinn Féin entsendete vier Minister, während die protestantische Partei Ulster Unionist Party zwei sowie die katholische Social Democratic and Labour Party einen Kabinettssitz aufzuweisen hatten. Einig waren sich Paisley und McGuinness bereits zu diesem Zeitpunkt im Bedrängen des britischen Schatzkanzlers, die Körperschaftssteuer auf 12,5 Prozent abzusenken, um die Wirtschaft wie in der Republik Irland anzukurbeln. Auch wenn sich Paisley nach außen hin geradezu freundlich gegenüber dem einstigen Gegner gab, sprachen die Äußerungen Robin Newtons, des Fraktionschefs der DUP, eine andere Sprache: „Es ist die Politik der DUP, mit Sinn Féin lediglich formelle Geschäftsbeziehungen in den verschiedenen Ausschüssen zu unterhalten.“[1]

Am 4. März 2008 kündigte Paisley seinen Rücktritt sowohl als Erster Minister Nordirlands als auch als Vorsitzender der DUP für den kommenden Mai an. Paisley galt zuletzt innerhalb der DUP als umstritten, nachdem sein Sohn Ian Paisley jr., der weithin als Paisleys Rechte Hand galt, in politische Skandale verwickelt wurde und Mitte Februar 2008 sein Regierungsamt aufgeben musste. Paisley erklärte aber, dass sein Rücktritt in keinem Zusammenhang mit dieser Affäre stünde.[2]

Kritik an Paisley

Auf Paisleys Blockadehaltung ist das Scheitern diverser Versuche, die Lage in Nordirland zu verbessern, zurückzuführen. Seinen Gegnern gilt Paisley als Hardliner, ein Blockierer aus dem Bewusstsein der Erwählung.

Privates

Paisley und seine Frau Eileen haben fünf Kinder.

Sonstiges

Als Papst Johannes Paul II. 1988 eine Rede vor dem Europäischen Parlament hielt, stand Paisley plötzlich auf und schrie, „Antichrist, I denounce you and your false teaching!“ (Antichrist, ich verurteile Dich und Deine verkehrte Lehre). Gleichzeitig hielt er ein Poster, worauf stand „POPE JOHN PAUL II ANTICHRIST“ (Papst Johannes Paul II. Antichrist). Nachdem Paisley aus dem Saal gewiesen wurde, fuhr der Papst mit seiner Rede fort.[3]

Literatur

  • Steve Bruce: God Save Ulster! The Religion and the Politics of Paisleyism. Oxford 1986, ISBN 0-19-827487-4.
  • Noel Davidson: As our heads are bowed. Life transformed through the ministry of Ian Paisley. Belfast 1998, ISBN 1-84030-030-2.
  • Steve Bruce: Paisley. Oxford 2007, ISBN 978-0-19-928102-2.
Commons: Ian Paisley – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Nachweise

  1. www.spiegel.de - Allparteienregierung Nordirland. Versöhnung voller Misstrauen
  2. BBC: Paisley to quit as first minister vom 4. März 2008.
  3. The Guardian