Helmut Bischoff wurde am 1. März 1908 im niederschlesischen [[Glogau]] geboren. Er besuchte dort das [[Gymnasium]] und begann nach dem [[Abitur]] 1926 mit einem Studium der [[Rechtswissenschaft]]en in [[Leipzig]] und [[Genf]]. Nach Ablegung der beiden Staatsexamen und [[Promotion (Doktor)|Promotion]] war er als Jurist in den Landratsämtern in [[Schweidnitz]] und Strehlenau tätig.
Schon am 1. März 1930 wurde Dr. Bischoff Mitglied der [[NSDAP]] (Mitglieds-Nr. 203122203.122). Der [[SS]] trat er im November 1935 bei (Mitglieds-Nr. 272403272.403).
== Bei der Gestapo ==
Am 1. Oktober 1935 wechselte er zur [[Gestapo]] nach [[Berlin]]. Bereits ab Dezember des gleichen Jahres wurde Dr. Bischoff zum Leiter der Staatspolizeistelle [[Liegnitz]] bestellt. Bis zum Beginn des Krieges gegen die [[UdSSR]] hatte er die Leitung folgender Staatspolizeistellen inne: ab 1. Oktober 1936 [[Harburg-Wilhelmsburg]], ab 1. Oktober 1937 [[Koszalin|Köslin]], ab 1940 [[Posen]] und ab 29. September 1941 [[Magdeburg]].
== Bei den Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei in Polen ==
Unterbrochen wurde seine Tätigkeit als Staatspolizeistellenleiter im September 1939, als er – mittlerweile im Rang eines [[SS-Obersturmbannführer]]s – im Krieg gegen [[Polen]] zum Führer des [[Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD|Einsatzkommandos]] 1 (EK 1) der Einsatzgruppe IV (EGr IV) bestellt wurde. Die Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei hatten die als ''[[Unternehmen Tannenberg]]'' bezeichnete Aufgabe der „Bekämpfung aller reichs- und deutschfeindlichen Elemente rückwärts der fechtenden Truppe“ und gleichzeitig die möglichst umfassende Dezimierung der polnischen Intelligenzschicht.
Das EK 1 wurde im pommerschen [[Dramburg]] aufgestellt und folgte im Verband der EGr IV der 4. Armee nach [[Polen]]. DieBischoffs Einheit Dr. Bischoffs war maßgeblich an den Repressalien beteiligt, die durch den „[[Bromberger Blutsonntag]]“ ausgelöst wurden. In einer Ansprache an die Angehörigen seines Einsatzkommandos bereits zu Beginn ihres Einsatzes machte er deutlich, dass verdächtige polnische Männer zu erschießen seien, unabhängig davon, ob sie Waffen trügen oder nicht. Im Spätherbst 1939 wurden die Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei aufgelöst und in stationäre Einheiten gewandelt.
In seiner Funktion als Leiter der Staatspolizeistelle [[Posen]], die er bis zum 21. September 1941 wahrnahm, war Dr. Bischoff auch Chef des Forts VII, das zunächst als „KZ Posen“ und Mitte November 1939 als „Übergangslager Fort VII“ bezeichnet wurde. Dies war der Exekutionsort für viele Polen und Juden sowie im Herbst 1939 die erste Vergasungsstätte für Geisteskranke. Erster Kommandant dieses KZ’s war ab dem 10. Oktober 1939 SS-Untersturmführer [[Herbert Lange]], der schon am 16. Oktober 1939 von SS-Hauptsturmführer Hans Weibrecht abgelöst wurde. Das KZ war auf Befehl des Reichsstatthalters und Gauleiters der NSDAP im Reichsgau Wartheland, [[Arthur Greiser]], im Fort VII, der alten preußischen Befestigungsanlage von Posen eingerichtet worden. Im einen als Gaskammer hergerichteten Bunker des Forts wurden ab der zweiten Oktoberhälfte 1939 die Psychiatriepatienten der in der Nähe gelegenen Heilanstalt Owinska getötet. Diese wurden mit Lastkraftwagen herangeschafft und in die Gaskammer verbracht, deren Türe jeweils provisorisch mit Lehm abgedichtet wurde. Die Tötung erfolgte vermutlich mit Kohlenmonoxidgas (s. Weblink).
== Abwehrbeauftragter für das A4-Programm ==
Im Dezember 1943 wurde Dr.Helmut Bischoff als [[Sicherheitsdienst Reichsführer-SS|SD]]-Beauftragter für das A4-Programm im Außenlager Dora des [[KZ Buchenwald]] bzw. dem ab Oktober 1944 selbständigen [[KZ Dora-Mittelbau]] eingesetzt. Beim A4-Programm handelte es sich um die Herstellung der von [[Walter Dornberger]] und [[Wernher von Braun]] entwickelten ersten ballistischen Fernrakete, die unter dem Namen [[V2]] bekannt wurde. Zum Schutz vor den allgegenwärtigen alliierten Luftbombardements, war die Raketenproduktion in die neu geschaffenen Stollen des Kohnsteins bei [[Nordhausen]] in [[Thüringen]] verlegt worden.
In seiner Funktion als Abwehrbeauftragter war Dr. Bischoff auch der Vertreter des Leiters des A4-Programms, SS-Obergruppenführer [[Hans Kammler]] und „Kommandeur der Sicherheitspolizei z. B.V.“. So führte er auf Anordnung des KZ-Kommandanten Einzel- und Massenexekutionen durch. Von Kammler hatte er vermutlich die Vollmacht für die Verhängung von eigenständigen Todesurteilen gegen Häftlinge.
== Nach dem Krieg ==
Dr.Helmut Bischoff gelang es nach dem Krieg zunächst unterzutauchen. 1946 wurde er jedoch von der sowjetischen Geheimpolizei in [[Magdeburg]] verhaftet und bis 1948 in einem in der Nähe gelegenen Lager interniert. Danach kam er bis 1950 in das Speziallager Nr. 2, der sowjetischen NachfolgeeinrichtungLager auf dem Gelände des [[KZ Buchenwald]], um anschließend in die [[UdSSR]] verschleppt zu werden. 1955 wurde er mit den letzten deutschen Kriegsgefangenen entlassen. Er fand eine Beschäftigung beim Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes, wo er von 1957 bis 1965 tätig war.
Im Prozess gegen die Täter des [[KZ Dora-Mittelbau]] von 1967 bis 1970 in [[Essen]] war er Hauptangeklagter. Wegen Verhandlungsunfähigkeit wurde der Prozess gegen ihn am 055. Mai 1970 vier Tage vor der Urteilsverkündung zunächst ausgesetzt. Am 26. Mai 1970 wurde das Verfahren mit folgender Begründung eingestellt:
''„Die Hauptverhandlung ist inzwischen soweit gediehen, daß mit der Verkündigung des Urteils gerechnet werden kann. Sollte dieses Urteil, was nach den bisherigen Ermittlungen der Hauptverhandlung zumindest nicht unwahrscheinlich ist, dahin lauten, daß der Angeklagte Dr. Bischoff als Mörder verurteilt wird, so ist nach dem Ergebnis der Begutachtung durch den Sachverständigen de Boor damit zu rechnen, daß es bei dem Angeklagten Dr. Bischoff infolge des Urteils zu einer exzessiven Blutdrucksteigerung kommt, die seinen Tod möglicherweise noch im Gerichtssaal zur Folge hat“.''
*Müller, Ingo: Furchtbare Juristen – Die unbewältigte Vergangenheit unserer Justiz, 1987, ISBN: 3463400383
== Weblinks ==
* [http://www.deathcamps.org/euthanasia/owinska_d.html Heilanstalt Owinska und Poznan Fort VII]
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