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== Häresieprozess ==
Schon kurz nach Bonifaz’ Amtsantritt kursierten Gerüchte über ketzerische Äußerungen. Sein Interesse für Naturwissenschaften (wozu im ausgehenden dreizehnten Jahrhundert auch Magie und Alchemie zu zählen sind) sorgte für die üblichen Verdächtigungen. Nach dem Tod des Papstes setzte König Philipp IV. von Frankreich – der auch den [[Templerorden|Templerprozess]] inszenieren ließ – im Jahr 1310 durch, dass Clemens V. einen posthumenpostumen Prozess gegen Bonifatius VIII. wegen Häresie eröffnete. Philipps Motiv dafür war persönlicher Hass auf seinen früheren Feind, der den Exkommunikationsprozess gegen ihn betrieben hatte, doch sind die zahlreichen gesammelten Zeugenaussagen über Bonifatius zum Teil glaubwürdig, wenn auch der größere Teil nachweislich falsch ist (u. a. der [[Teufelspakt]], sexuelle Übergriffe u. ä.) und die Übereinstimmung der verschiedenen Berichte offenbar auf Absprachen beruht. Es lässt sich aber nicht ausschließen, dass er sich tatsächlich mit manchmal nihilistisch-hedonistischen, manchmal auch mit kritisch-freigeistigen Äußerungen hervorgetan hat, wie sie ähnlich auch von anderen Personen dieser Zeit überliefert werden. Die durch die Kreuzzüge unvermeidliche Begegnung mit dem Orient brachte die mittelalterliche Harmonie der Weltordnung bereits merklich ins Wanken. Besonders ergiebig war in dieser Hinsicht die Zeugenbefragung von Groseau im August und September 1310.

Nicht nur die oben zitierten Aussagen des Papstes sind in den Protokollen dieses Verhörs überliefert, sondern auch weitere Aussprüche wie:
* „Geschlechtsverkehr und die Befriedigung der Naturtriebe ist so wenig ein Vergehen wie Händewaschen“;
* „Paradies und Hölle gibt es nur in dieser Welt, nicht im Jenseits; wer gesund, reich und glücklich ist, hat das Paradies auf Erden“;