„August der Starke“ – Versionsunterschied

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{{Begriffsklärungshinweis}}
[[Datei:Louis de Silvestre-August II.jpg|mini|August der Starke, Gemälde von [[Louis de Silvestre]], um 1720.<br />Augusts Unterschrift: [[Datei:Augustus II signature.svg|rahmenlos|klasse=skin-invert-image]]]]
 
'''August der Starke''' (* [[12. Mai]] [[1670]] in [[Dresden]]; † [[1. Februar]] [[1733]] in [[Warschau]]) aus der [[Albertiner|albertinischen Linie]] des [[Haus Wettin|Hauses Wettin]] war vom 27. Aprilvon 1694 bis 1. Februar 1733 als '''Friedrich August I.''' [[Kurfürst]] von [[Kurfürstentum Sachsen|Sachsen]] sowie vom 15. Septembervon 1697 bis 1706 und neuerlicherneut von 1709 bis 1. Februar 1733 in [[Personalunion]] als '''August VII.''' in [[Personalunion]] [[Liste der polnischen Herrscher|König von Polen]] und [[Liste der Herrscher Litauens|Großfürst von Litauen]]. Er gilt als eine der schillerndsten Figuren höfischer Prachtentfaltung des späten 17. und frühen 18. Jahrhunderts und begründete als Prototyp [[Absolutismus|absolutistischer]] Selbstdarstellung durch seine ausgeprägte Kunst- und Bauleidenschaft den Ruf Dresdens als prunkvolle [[Dresdner Barock|barocke Metropole]], der bis heute nachwirkt. Unter ihm erlebte der Kurstaat eine enorme wirtschaftliche, infrastrukturelle und kulturelle Blüte. Gleichzeitig verwickelte er seine Länder in den [[Großer Nordischer Krieg|Dritten Nordischen Krieg von 1700 bis 1721]], in dessen Verlauf er, nachdem er vom protestantischen zum römisch-katholischen Glauben konvertiert war, die [[Polen-Litauen|polnische Krone]] wieder für sich gewinnen konnte, was aber bald darauf zu weiteren Kriegen und zur Stärkung des [[Geschichte Russlands#Russland als neue Nordische Großmacht|russischen]] Einflusses in Polen führte.
 
Er gilt als eine der schillerndsten Figuren höfischer Prachtentfaltung des ausgehenden 17. und beginnenden 18. Jahrhunderts und begründete als Prototyp [[Absolutismus|absolutistischer]] Selbstdarstellung durch seine rege Bautätigkeit und sehr ausgeprägte [[Sammeln|Sammelleidenschaft]] im Wesentlichen den Ruf Dresdens als prunkvolle [[Dresdner Barock|barocke Metropole]], der bis heute nachwirkt. Unter ihm erlebte der Kurstaat eine enorme wirtschaftliche, infrastrukturelle und kulturelle Blüte. Gleichzeitig verwickelte er seine Länder jedoch glücklos in den [[Großer Nordischer Krieg|Nordischen Krieg]], in dessen Verlauf er, nachdem er vom protestantischen zum römisch-katholischen Glauben konvertiert war, die [[Polen-Litauen|polnische Krone]] wieder für sich gewinnen konnte, was aber bald darauf zu weiteren Kriegen und zur Stärkung des [[Geschichte Russlands#Russland als neue Nordische Großmacht|russischen]] Einflusses in Frankreich führte.
 
== Leben ==
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Er genoss schon früh eine standesgemäße Ausbildung, zu der 1676 unter anderem die folgenden Erzieher berufen wurden:
* [[Johann Ernst von Knoch|v. Knoch]] für Fremdsprachen ([[Italienische Sprache|Italienisch]], [[Französische Sprache|Französisch]] und [[Spanische Sprache|Spanisch]])
* [[Christoph Bernhard (Komponist)|Christoph Bernhard]] für [[Musik]]
* [[Wolf Caspar von Klengel|v. Klengel]] für [[Militärwesen]], [[Zeichnung (Kunst)|Zeichnen]], [[Befestigung|Fortifikationswesen]] und [[Mathematik]]
Darüber hinaus erhielt er Unterricht in [[Theologie]] und [[Geschichte]], vor allem der [[Dynastie|regierenden Häuser]] Europas.
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==== Regierungsantritt ====
Während der Vorbereitungen eines weiteren Feldzuges gegen Frankreich im [[Pfälzischer Erbfolgekrieg|Pfälzischen Erbfolgekrieg]] (1688–1697) starb Augusts älterer Bruder [[Johann Georg IV. (Sachsen)|Johann Georg IV.]] am 27. April 1694 an den Pocken.<ref>{{Literatur |Autor=[[Reiner Groß]] |Titel=Die Wettiner |Datum=2007 |ISBN=978-3-17-018946-1 |Seiten=171}}</ref> Er hatte sich am Totenbett seiner Mätresse [[Magdalena Sibylla von Neitschütz]] angesteckt. Da Johann Georg IV. wegen der Beziehung mit seiner Mätresse keinen legitimen Thronfolger gezeugt hatte, stieg nun sein jüngerer Bruder August unerwartet vom Titularherzog, auf den wohl eine militärische Karriere oder ein Leben am Hof des Bruders zugekommen wäre, zum regierenden Kurfürsten von Sachsen auf. Damit begann in Sachsen das sogenannte [[Augusteisches Zeitalter (Kurfürstentum Sachsen)|Augusteische Zeitalter (1694–1763)]], das die Regierungszeiten der beiden sächsischen Kurfürsten umfasst, die auch zu Königen von Polen aufsteigen sollten.<ref>{{Literatur |Autor=[[Volker Klimpel]] |Titel=Berühmte Dresdner: historisch-biographisches Handbuch bedeutender Persönlichkeiten, geboren in Dresden |Verlag=Hellerau-Verlag |Datum=2002 |ISBN=3-910184-85-5 |Seiten=44}}</ref> Der Begriff bezieht sich auf Friedrich August I. (Regierungszeit: 1694–1733) und seinen Sohn [[August III.|Friedrich August II.]] (Regierungszeit: 1733–1763). Das wirtschaftlich und kulturell hochentwickelte [[Kurfürstentum Sachsen]] war Ende des 17. Jahrhunderts der viertgrößte Territorialstaat im [[Heiliges Römisches Reich|Heiligen Römischen Reich]] und ging weit über den heutigen [[Freistaat Sachsen]] hinaus. Von den Verwüstungen und Entvölkerungen des [[Dreißigjähriger Krieg|Dreißigjährigen Krieges]] (1618–1648) hatte es sich schnell erholt. Dazu entscheidend beigetragen hatten die reichen [[Montanregion Erzgebirge/Krušnohoří|Bodenschätze des Erzgebirges]], die vielen hochentwickelten [[Manufaktur]]en sowie der Handel, der in den vergleichsweise vielen Städten blühte und mit der [[Leipziger Messe#Geschichte der Leipziger Messe|Leipziger Messe]], die sich seit dem Jahr 1165 aus zwei jährlichen Märkten entwickelt hatte, eine europäische Dimension besaß. Dazu kamen noch steigende landwirtschaftliche Erträge. Jedoch trat August sein Regierungsamt an, ohne darauf vorbereitet worden zu sein.
 
Als offizielle Zeremonien des Amtsantrittes dienten sogenannte Ständehuldigungen, bestehend aus Vertretern des Adels und der städtischen Bürgerschaft. In den wichtigsten Städten Sachsens ([[Dresden]], [[Torgau]], [[Lutherstadt Wittenberg|Wittenberg]], [[Leipzig]] und [[Bautzen]]) leisteten sie feierlich einen Treueeid auf den neuen Kurfürsten.<ref>{{Literatur |Autor=Karl Czok |Titel=August der Starke und seine Zeit |Datum=2006 |Seiten=41}}</ref>
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==== Glaubenswechsel und konfessionspolitische Folgen ====
[[Datei:Bernardo Bellotto, il Canaletto - Dresden vom rechten Elbufer unterhalb der Augustusbrücke (National Gallery of Ireland).jpg|mini|[[Bernardo Bellotto]], genannt Canaletto: ''[[Dresden vom rechten Elbufer unterhalb der Augustusbrücke]]'' (links die evangelische [[Frauenkirche (Dresden)|Frauenkirche]], rechts die [[Katholische Hofkirche]]).<br /> „Im damaligen Europa, in dem noch immer konfessionelle Auseinandersetzungen aufflammten, gab es keine andere Hauptstadt, in der zwei der repräsentativsten Kirchen der beiden großen Konfessionen auf engem altstädtischen Raum gemeinsam das Stadtbild bestimmten“ ([[Joachim Menzhausen]]).<ref>[[Joachim Menzhausen]], ''Kulturlandschaft Sachsen, Ein Jahrtausend Geschichte und Kunst'', Amsterdam/Dresden 1999, S. 164.</ref> ]]
 
Eine Voraussetzung für die polnische Königswürde war die [[Konversion (Religion)|Konversion]] Augusts von der [[Evangelisch-lutherische Kirchen|evangelisch-lutherischen]] Konfession zum [[Katholizismus]]. Das [[Kurfürstentum Sachsen]] galt jedoch als „Mutterland der [[Reformation]]“.<ref>{{Literatur |Autor=Enno Bünz |Titel=Der Humanismus an der Universität Leipzig |Datum=2009 |ISBN=978-3-447-06079-0 |Seiten=12}}</ref> Im 16. Jahrhundert hatten die sächsischen Kurfürsten den Reformator [[Martin Luther]] unter ihren landesherrlichen Schutz gestellt und den [[Schmalkaldischer Bund|Schmalkaldischen Bund]], ein Verteidigungsbündnis der protestantischen Fürsten und Städte, angeführt. Da Kurfürst und sächsische Untertanen unterschiedlichen Konfessionen angehören würden, hätten die sächsischen Landstände beim Bekanntwerden der Königspläne Augusts eine [[Rekatholisierung]] des Kurfürstentums auf Basis des [[Augsburger Reichs- und Religionsfrieden|Augsburger Religionsfriedens]] von 1555 befürchtet. Allerdings hatte bereits der [[Westfälischer Friede|Westfälische Frieden]] von 1648 den Grundsatz ''[[cuius regio, eius religio]]'' („wessen Land, dessen Religion“), nach dem der Landesherr die Konfession der Untertanen hatte bestimmen können, durch ein [[Normaljahr]] ersetzt: die territoriale Konfessionszugehörigkeit des Jahres 1624 sollte im [[Heiliges Römisches Reich|Heiligen Römischen Reich]] unverändert bleiben. [[Heiliges Römisches Reich#Verfassungsordnung|Reichsrechtlich]] gesehen hätte August das Kurfürstentum Sachsen daher nicht rekatholisieren können.<ref>{{Literatur |Autor=Rudolf Vierhaus |Titel=Deutschland im Zeitalter des Absolutismus (1648–1763) |Datum=1984 |ISBN=3-525-33504-0 |Seiten=85}}</ref> Diese wichtige Rahmenbedingung berücksichtigte er in dem sogenannten ''Religionsversicherungsdekret'' vom 29. September 1697, das den Untertanen in Sachsen zugestand, ihren evangelischen Glauben behalten zu dürfen. Sein Glaubenswechsel, so erklärt das Dekret, sei lediglich ein „Personalwerk“.<ref>{{Literatur |Hrsg=Rex Rexheuser |Titel=Die Personalunionen von Sachsen-Polen 1697–1763 und Hannover-England 1714–1837 : ein Vergleich |Datum=2005 |Seiten=107}}</ref> Dennoch entfremdete der Glaubenswechsel, der nur aus machtpolitischem Kalkül heraus geschehen war, den Landesherren von seinen protestantischen Untertanen.
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Friedrich August I. soll die Wahl durch den polnischen Adel 39 Millionen Reichstaler gekostet haben, großenteils aufgebracht durch seinen Hofbankier [[Issachar Berend Lehmann]].<ref>{{Literatur |Autor=Walter Fellmann |Titel=Heinrich Graf Brühl: ein Lebens- und Zeitbild |Datum=1989 |ISBN=3-7338-0091-5 |Seiten=96}}</ref> Die Summen wurden über Steuern bei der sächsischen Bevölkerung wieder eingetrieben. Um kurzfristig an das Geld zu kommen, veräußerte er sogar seine Ansprüche auf das [[Herzogtum Sachsen-Lauenburg]], das durch Aussterben der dortigen Herzogsdynastie der [[Askanier]] eigentlich an die kurfürstliche Linie der Wettiner gefallen wäre, aber auch von [[Welfen]] und Dänen beansprucht wurde, endgültig an den Herzog [[Georg Wilhelm (Braunschweig-Lüneburg)|Georg Wilhelm]] von Braunschweig-Lüneburg, der es bereits besetzt hatte.<ref>{{Literatur |Autor=Herbert Rosendorfer |Titel=Deutsche Geschichte. Ein Versuch |Band=Band 5: ''Die Zeit des spanischen Erbfolgekriegs'' |Datum=2015 |ISBN=978-3-485-01083-2 |Seiten=233}}</ref> Auch trat er noch weitere Gebiete (siehe unten) gegen Zahlung ab.
 
Friedrich Augusts Generaladjutant [[Jacob Heinrich von Flemming]], der fließend Polnisch sprach und mit wichtigen polnischen [[Magnat]]enfamilien verschwägert war, wurde 1697 als Gesandter nach Warschau entsandt, um die Verhandlungen zu führen. Als er sah, dass nur etwa ein Viertel der Stimmen auf August entfallen würde, bediente er sich einer unkonventionellen Taktik: Anstatt seinen Herrscher direkt zu begünstigen, half er immer neuen Kandidaten, bis es am Ende noch mindestens acht weitere gab und die Konkurrenz zersplittert war. Die Bemühungen des Fürsten Livio [[Odescalchi]], eines Neffen von Papst [[Innozenz XI.]], sowie des Sohnes des vormaligen Königs [[Johann III. Sobieski]], Prinz [[Jakob Louis Heinrich Sobieski|Louis Sobieski]] oder des KurfürstenFürsten [[JohannKarl WilhelmIII. Philipp (Pfalz)|Johann WilhelmKarl-Philipp von der Pfalz-Neuburg]] und des Herzogs [[Leopold (Lothringen)|Leopold von Lothringen]] oder auch des Markgrafen [[Ludwig Wilhelm (Baden-Baden)|Ludwig Wilhelm von Baden-Baden]] und des Kurfürsten [[Maximilian II. Emanuel (Bayern)|Max II. von Bayern]] und weiterer Kandidaten blieben daher hoffnungslos.
 
[[Datei:Jean-Pierre Norblin de La Gourdaine 001.jpg|mini|hochkant=1.5|Königswahl von August von Sachsen in [[Wola (Warschau)|Wola]] im Jahre 1697<br />''Ölgemälde von Jean-Pierre Norblin de La Gourdaine, ca. 1790'']]
Trotz dieses Umstandes und den gewaltigen Zahlungen an die Wahlberechtigten wurde es am Ende ein Kopf-an-Kopf-Rennen: Als die polnischen Stände in Senat und [[Sejm]] zu [[Wola (Warschau)|Warschau-Wola]] im Juni 1697 zur Wahl schritten, waren nur noch zwei Bewerber um die polnische Krone als ernsthafte Konkurrenten übriggeblieben: August der Starke und Prinz [[François Louis de Bourbon, prince de Conti|François Louis de Bourbon-Conti]], der ungeliebte Vetter [[Ludwig XIV.|Ludwigs XIV.]], den dieser nach Polen abschieben wollte. Prinz Conti konnte sogar eine größere Stimmenzahl als August auf sich vereinen, doch stellte ihn Flemming vor vollendete Tatsachen: Während Conti aus Frankreich erst über den [[Öresund]] heransegelte, schwor Flemming stellvertretend für August öffentlich den Eid auf die ''[[Pacta conventa (Polen-Litauen)|Pacta conventa]]''. Als aber ein Teil des polnischen Adels den französischen Prinzen am 26./27. Juni 1697 in Wola zum König ausrief, marschierte August mit 8 000 Soldaten in Polen ein. Im [[Kloster Oliva]] bei Danzig konnten die Soldaten Augusts das Gefolge des Prinzen Conti überwältigen und zur Umkehr nötigen.<ref>{{Literatur |Autor=Dagmar Sommer |Titel=Fürstliche Bauten auf sächsischen Medaillen: Studien zur medialen Vermittlung landesherrlicher Architektur und Bautätigkeit |Reihe=Schriften zur Residenzkultur |Datum=2007 |ISBN=978-3-86732-014-6 |Seiten=201}}</ref> Der Prinz musste ohne Erfolg in seine Heimat zurückkehren. Am 15. September 1697 wurde Kurfürst Friedrich August in der [[Wawel-Kathedrale]] in [[Krakau]] unter dem Namen ''August II. Mocny'' zum polnischen König gekrönt. Die Umstände der Wahl ließen allerdings Zweifel an seiner Legitimität unter den polnischen Magnaten aufkommen. Nicht zuletzt dies führte später dazu, dass August nach der Niederlage gegen die [[Schwedisches Reich|Schweden]] im [[Großer Nordischer Krieg|Großen Nordischen Krieg]] im [[Altranstädter Friede|Frieden zu Altranstädt 1706]] auf den polnischen Thron verzichten musste, den er allerdings 1709 wiedergewann.
 
[[Datei:Friedrich August I., Reichstaler 1708, CNG.jpg|mini|hochkant=1.4|König August II., Speciesreichstaler von 1708 aus seiner [[Münzstätte Dresden]] mit Königstitel in der Umschrift, jedoch ohne Bezug auf Polen. Diesen Taler ließ Friedrich August prägen, nachdem er auf den polnischen Thron verzichten musste. (Siehe dazu auch [[Schmetterlingstaler]])]]
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[[Datei:Sachsen-Polen.png|mini|hochkant=1.7|Personalunion Sachsen-Polen, jeweils grün-weiß umrandet]]
 
Am [[Spanischer Erbfolgekrieg|Reichskrieg gegen Frankreich]] beteiligte sich Kursachsen 1703 mit einem Regiment unter [[Matthias Johann von der Schulenburg]] in der Oberpfalz und am Oberrhein.
August hatte bereits 1704 den Plan gefasst, seinen Sohn mit der [[Maria Josepha von Österreich (1699–1757)|österreichischen Erzherzogin]] zu vermählen, um sich damit besser gegen das immer stärker werdende Preußen behaupten zu können. Zudem erhoffte er sich davon im Falle eines Aussterbens des Hauses [[Habsburg]] die Möglichkeit zum Gewinn der Kaiserkrone für sich selbst oder seinen Sohn&nbsp;– diese Absichten mussten jedoch bald wieder aufgegeben werden. Nach dem Tode Kaiser [[Joseph I. (HRR)|Josephs I.]] 1711 nahm August bis zur Wahl des Nachfolgers das mit der sächsischen [[Kurfürst|Kurwürde]] verbundene Amt des [[Reichsvikar]]s wahr. Er nutzte das Ereignis zum Anlass für die Prägung zahlreicher [[Vikariatsmünzen (Sachsen)|Vikariatsmünzen]] in Gold und Silber, die er auch für das Königreich Polen schlagen ließ. In der [[Pragmatische Sanktion|Habsburgischen Erbfolgefrage]] nahm er gleichzeitig eine scheinbar neutrale Position im [[Heiliges Römisches Reich|Reich]] ein. August plante zwar insgeheim, Kaiser [[Karl VI. (HRR)|Karl VI.]] beiseitezusetzen, aber ihm fehlten dazu die Mittel; auch machte seine angeschlagene Gesundheit nach 1726 weitere Schritte in diese Richtung unmöglich. Auch scheiterten Pläne, das Königreich Polen in eine [[Erbmonarchie]] umzuwandeln und so der [[Haus Wettin|wettinischen Familie]] dauerhaft zu sichern.
 
August hatte bereits 1704 den Plan gefasst, seinen Sohn mit der [[Maria Josepha von Österreich (1699–1757)|österreichischen Erzherzogin]] zu vermählen, um sich damit besser gegen das immer stärker werdende Preußen behaupten zu können. Zudem erhoffte er sich davon im Falle eines Aussterbens des Hauses [[Habsburg]] die Möglichkeit zum Gewinn der Kaiserkrone für sich selbst oder seinen Sohn&nbsp;– diese Absichten mussten jedoch bald wieder aufgegeben werden. Nach dem Tode Kaiser [[Joseph I. (HRR)|Josephs I.]] 1711 nahm August bis zur Wahl des Nachfolgers das mit der sächsischen [[Kurfürst|Kurwürde]] verbundene Amt des [[Reichsvikar]]s wahr. Er nutzte das Ereignis zum Anlass für die Prägung zahlreicher [[Vikariatsmünzen (Sachsen)|Vikariatsmünzen]] in Gold und Silber, die er auch für das Königreich Polen schlagen ließ. In der [[Pragmatische Sanktion|Habsburgischen Erbfolgefrage]] nahm er gleichzeitig eine scheinbar neutrale Position im [[Heiliges Römisches Reich|Reich]] ein. August plante zwar insgeheim, Kaiser [[Karl VI. (HRR)|Karl VI.]] beiseitezusetzen, aber ihm fehlten dazu die Mittel; auch machte seine angeschlagene Gesundheit nach 1726 weitere Schritte in diese Richtung unmöglich. AuchFerner scheiterten Pläne, das Königreich Polen in eine [[Erbmonarchie]] umzuwandeln und so der [[Haus Wettin|wettinischen Familie]] dauerhaft zu sichern.
 
1722 verschärfte sich der seit 1721 schwelende Zollkrieg mit [[Königreich Preußen|Preußen]]. 1725 übertrug der Kaiser Kursachsen die Vertretung der Interessen der [[Herzogtum Magdeburg|Magdeburger]] Ritterschaft gegen deren Lehnsherrn, [[Friedrich Wilhelm I. (Preußen)|König Friedrich Wilhelm I. in Preußen]].
 
August ließ das, bereits seit 1682 bestehende, sächsische [[Stehendes Heer|stehende Heer]] um 1700/01 erheblich verstärken und 1706 reorganisieren. 1712 wurde ein Ingenieurkorps und 1723 zu Dresden die [[Ritterakademie]] zur [[Offizier]]sausbildung gegründet, beides unter der Ägide des Generals [[August Christoph von Wackerbarth|Wackerbarth]]. Letzterer Schritt mündete dann in die ''AugusteischenAugusteische Heeresreform'', die auf Grund steigender Wirtschaftskraft bis 1732 nach preußischem Vorbild angegangen werden konnte und mit der sich August auf die Auseinandersetzung mit Habsburg und Preußen im drohenden [[Österreichischer Erbfolgekrieg|Österreichischen Erbfolgekrieg]] vorzubereiten suchte.
 
[[Datei:Lager bei Zeithain 1730 von Alexander Thiele.jpg|mini|[[Zeithainer Lustlager|Lager bei Zeithain]], Gemälde von [[Johann Alexander Thiele]], 1730]]
Im Sommer 1730 führte August II. im ''[[Zeithainer Lustlager]]'', dem „Spektakel des Jahrhunderts“, unter dem Motto ''Sic fulta manebit. Sic pax'' („Auf solches (gemeint ist die Armee) gestützt, bleibt der Friede“) 48 geladenen europäischen Fürsten und deren Militärs eine starke, 30.000 Mann umfassende Armee in [[Manöver (Militär)|Manöveraktionen]] vor. DieseDie Truppenschau, zu der die gesamte [[sächsische Armee]] angerückt war, dauerte einen Monat lang und war begleitet von großartigen Festlichkeiten, abgeschlossen mit einem mehrstündigen Feuerwerk auf der Elbe. Organisiert vom Generalfeldmarschall Wackerbarth, stelltenwurde nicht nur dieSachsens militärische Leistungsfähigkeit, sondern auch dender hohenhohe Stand der sächsischen Kunst und Kultur zur Schau gestellt. Der Soldatenkönig [[Friedrich Wilhelm I. (Preußen)|Friedrich Wilhelm I. in Preußen]], notierte hierzu anerkennend: „Die drei Regimenter Kronprinz gut, Weissenfeld[[Johann Adolf II. (Sachsen-Weißenfels)|Weißenfels]] gut, sehr gut. [[Pflugk]] sehr miserabel, schlecht. Befehlsgebung gut. Von der Kavallerie habe ich Kommandos gesehen, die finde ich sehr propre“ – Bemerkungen, aus denen bereits das Interesse spricht, Auskunft über die militärischen Schwachstellen des südlichen Nachbarn zu gewinnen. Der ebenfalls anwesende preußische [[Friedrich II. (Preußen)|preußische Kronprinz Friedrich]], erfuhrder damalsmit aufseinem demtyrannischen diplomatischenVater Parkettim einigeStreit Kränkungenlag, dieversuchte aus Zeithain zu fliehen. Doch wurde dieser [[Friedrich II. (Preußen)#Konflikt mit dem Vater (1728–1733)|erste Fluchtversuch]] durch [[Heinrich von Brühl]] verraten und vereitelt; Friedrich Wilhelm I. verprügelte Friedrich vor der versammelten höfischen Gesellschaft unter Beisein Brühls. Dies dürfte zu seiner Abneigung gegen SachsenBrühl und Sachsen sowie später zu seinem rücksichtslosen Vorgehen gegen das durch Brühl regierte Land im [[Siebenjähriger Krieg|Siebenjährigen Krieg]] beigetragen haben dürften.
 
Am [[Spanischer Erbfolgekrieg|Reichskrieg gegen Frankreich]] beteiligte sich Kursachsen 1703 mit einem Regiment unter [[Matthias Johann von der Schulenburg]] in der Oberpfalz und am Oberrhein.
 
=== Legendäre Kraft und Tod des Herrschers ===
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Der König war mit 1,76 Metern Körpergröße für einen Mann seiner Zeit überdurchschnittlich großgewachsen.<ref>[[Leonhard Horowski]]: ''Das Europa der Könige. Macht und Spiel an den Höfen des 17. und 18. Jahrhunderts.'' Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2017, ISBN 978-3-498-02835-0, S. 563.</ref> Sein Beiname „der Starke“ bezieht sich auf die mitunter zur Schau gestellte körperliche Kraft. So soll er am 15. Februar 1711 ein [[Hufeisen]] mit den bloßen Händen zerbrochen haben. Darüber ließ er ein Zertifikat anfertigen und Hufeisen sowie Zertifikat in der Kunstkammer aufbewahren. Seine Stärke wird bisweilen mit seiner entfernten Vorfahrin [[Cimburgis von Masowien]] verglichen, die mit bloßer Hand Eisennägel aus der Wand gezogen und Heufuder gestemmt haben soll. August kam seine Körperstärke auch als Symbol zustatten: Auf dem Dach des [[Wallpavillon]]s im [[Zwinger (Dresden)|Dresdner Zwinger]] steht [[Balthasar Permoser]]s ''Hercules Saxonicus'', der die Weltkugel trägt, die Figur ist 5,5 Tonnen schwer. Im [[Barockgarten Großsedlitz]] ließ August eine Kopie des [[Herkules Farnese]] aufstellen.
 
[[Datei:Herz-Kapsel August der Starke (1).jpg|mini|links|180px|mini|Kapsel mit dem Herz Augusts des Starken in der Hofkirche in Dresden]]
 
August litt unter [[Diabetes mellitus]]&nbsp;– weshalb ihm bereits eine Zehe amputiert werden musste –, [[Arterielle Hypertonie|Bluthochdruck]], [[Fettverdauung|Fettstoffwechselstörungen]] und wog zuletzt über 110 Kilogramm. Er starb am 1. Februar 1733 um 4 Uhr nach einem Schwächeanfall im Alter von 62 Jahren in [[Warschau]] und wurde am 25. Januar 1734 im Beisein seines Sohnes in der Königskrypta der [[Wawel-Kathedrale]] des [[Wawel|Schlosses zu Krakau]] feierlich beigesetzt. Seine Eingeweide wurden separat in einer Urne in der Warschauer ''[[Verklärung-Christi-Kirche (Warschau)|Kapuzinerkirche zur Verklärung des Herrn]]'' bestattet.
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[[Datei:August der Starke (7949098050).jpg|mini|[[Goldener Reiter (Reiterstandbild)|„Goldener Reiter“&nbsp;– Reiterstandbild Augusts des Starken]] in Dresden-Neustadt]]
Als [[Ehrenfried Walther von Tschirnhaus|von Tschirnhaus]] und [[Johann Friedrich Böttger|Böttger]] das Geheimnis der Porzellanherstellung entdeckt hatten und August daraufhin 1710 die [[Meissener Porzellan|Manufaktur Meißen]] gegründet hatte, erwarb er 1717 das [[Japanisches Palais|Japanische Palais]] als [[Lustschloss]], das zum „Porzellanschloss“ werden sollte. Den Garten ließ er mit 100 prachtvollen Marmorskulpturen ausstatten und schenkte das Palais 1719 seiner Schwiegertochter zur Hochzeit. Als letztes seiner Bauprojekte ließ er es von 1729 bis 1733 zur Vierflügelanlage erweitern, um dort seine umfangreiche Sammlung ostasiatischen Porzellans auszustellen, den Grundstock der [[Porzellansammlung (Dresden)|Dresdner Porzellansammlung]], die heute im Zwinger zu sehen ist. Dort kann man Vasen und andere Gefäße aus [[Chinesisches Porzellan|chinesischem Porzellan]] der [[Kangxi]]-Ära bewundernsehen, von denen August in einem Tauschgeschäft mit dem [[Friedrich Wilhelm I. (Preußen)|Soldatenkönig]] 151 Stück erhielt, als er 1717 diesem 600 sächsische Landeskinder inklusive Pferden und Ausrüstung als [[Dragoner]]-Regiment überließ, darunter die besonders prachtvollen sogenannten „Dragonervasen“. Umgekehrt stimulierte der Bau des „Porzellanschlosses“ die Produktion von Augusts eigener Meißener Manufaktur; sie lieferte insgesamt 35.798 Stück Porzellan für das Japanische Palais.
 
1728 erwarb er 160 antike Skulpturen aus dem Nachlass des römischen Fürsten [[Agostino Chigi]] und 34 Werke aus der Sammlung von Kardinal [[Alessandro Albani]]. Die damit begründete Antikensammlung (heutige [[Skulpturensammlung (Dresden)|Dresdner Skulpturensammlung]]) stellte er ab 1729 im [[Palais im Großen Garten]] aus; heute ist sie im [[Sempergalerie|Semperbau]] am Zwinger zusammen mit den Werken der [[Gemäldegalerie Alte Meister]] zu sehen. Die augusteische Malerschule, die sich 1705 gebildet hatte, institutionalisierte sein Enkel Kurfürst [[Friedrich Christian (Sachsen)|Friedrich Christian]] 1764 als ''„Allgemeine Kunst-Akademie der Malerei, Bildhauer-Kunst, Kupferstecher- und Baukunst“'' (heutige [[Hochschule für Bildende Künste Dresden]]). Dank der Sammelleidenschaft Augusts und seines Sohnes gehören die Dresdner Sammlungen, die die Bombardierungen durch die Preußen im 18.&nbsp;Jahrhundert ebenso überstanden haben wie die [[Napoleonische Kriege|Napoleonischen Kriege]] und später die [[Luftangriffe auf Dresden]], seitdem zu den reichsten und größten Europas.
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== Ehe, Mätressen und Nachkommen ==
[[Datei:Christiane Eberhardine of Brandenburg-Bayreuth.jpg|mini|[[Christiane Eberhardine von Brandenburg-Bayreuth]], Ehefrau]]
[[Datei:Anna Cosel.jpeg|miniaturmini|Anna Constantia Reichsgräfin von Cosel, vielleicht die einflussreichste Mätresse]]
 
Am 20. Januar 1693 heiratete er in [[Bayreuth]] [[Christiane Eberhardine von Brandenburg-Bayreuth|Christiane Eberhardine]] (* 29. Dezember 1671 in Bayreuth; † 5. September 1727 in [[Pretzsch (Elbe)|Pretzsch]]), Prinzessin von [[Hohenzollern#Die Markgrafen von Brandenburg-Kulmbach (Bayreuth)|Brandenburg-Bayreuth]]. Sie hatten zusammen nur ein Kind:
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* vor 1694 mit Anna Eleonore von Kessel, geborene von Horn (einer Sächsin), später Frau von Haugwitz
* 1694–1696 mit Gräfin [[Aurora von Königsmarck|Maria Aurora von Königsmarck]]
* 1696–1699 mit Gräfin [[Maximiliane Hiserle von Chodau|Maximiliane Gräfin Hi(es)serle/Esterle von Chodau]]
* 1698–1704 mit [[Katharina von Altenbockum|Ursula Katharina von Altenbockum]], spätere Fürstin von Teschen
* 1701–1706 mit der Türkin [[Maria Aurora Spiegel|Fatima]], getauft Maria Aurora, später verh. Spiegel
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== Weblinks ==
{{Commonscat|August II the Strong|August der Starke|audio=01|video=0}}
{{Wikisource|Erneuertes Mandat wieder das unbefugte Trompeten-Blasen und Heer-Paucken-Schlagen|Erneuertes Mandat wieder das unbefugte Trompeten-Blasen und Heer-Paucken-Schlagen (1711)}}
* {{DNB-Portal|118505084|NAME=August II.}}
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[[Kategorie:Person in den Türkenkriegen]]
[[Kategorie:Person im Großen Nordischen Krieg (Sachsen-Polen)]]
[[Kategorie:Person (Dresden)]]
[[Kategorie:Träger des Weißen Adlerordens|Polen]]
[[Kategorie:Ritter des Schwarzen Adlerordens]]
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[[Kategorie:Herrscher (17. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Herrscher (18. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Constantia von Cosel]]
[[Kategorie:Person (Dresden)]]
[[Kategorie:Geboren 1670]]
[[Kategorie:Gestorben 1733]]
[[Kategorie:Mann]]
[[Kategorie:Constantia von Cosel]]
 
{{Personendaten