„Schnellboot“ – Versionsunterschied
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Ein '''Schnellboot''' ist ein kleines [[Kriegsschiff]], das von [[Verbrennungsmotor]]en ([[Dieselmotor|Diesel]]-
== Geschichte bis 1945 ==
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=== Großbritannien ===
[[Datei:Mtbspatrolingforeboats.jpg|mini|MTB kehren von einer Schnellbootabwehrpatrouille zum Schutz der Invasionskräfte
{{Hauptartikel|Motortorpedoboot (Großbritannien)}}
Schon vor dem Ersten Weltkrieg entwickelte die [[Royal Navy]] kleine Boote, die als Beiboote von [[Kreuzer (Schiffstyp)|Kreuzern]] zum Einsatzort an die Küste gebracht werden sollten. Während des Krieges sollten diese durch ihren geringen [[Tiefgang]] die [[Seemine|Minenfelder]] vor der deutschen Küste überfahren können. Zunächst meist noch ohne [[Torpedo]]bewaffnung, wurden sie als ''CMB'' (''Coastal Motor Boats'') bezeichnet. Noch während des Ersten Weltkrieges wuchsen sie auf Größen um 17 t [[Schiffsmaße#Verdrängung|Verdrängung]] mit Torpedobewaffnung an. Diese Boote operierten schon selbstständig zur Überwachung der Küste. Die kleineren CMB von unter 10 t Verdrängung trugen dabei einen einzelnen Torpedo, die Größeren zwei Torpedos in einer Rinne im Achterschiff, die von dort einfach rückwärts ins Wasser glitten, und hatten sonst höchstens ein oder zwei [[Maschinengewehr|MG]] zur Bewaffnung.
Im [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] setzte die Royal Navy unterschiedliche Boote ein. Die Spannbreite ging dabei von einigen Booten, die etwa den größeren CMB des Ersten Weltkrieges entsprachen, bis zu für Schnellboote sehr langsamen Einheiten (unter 30 kn) mit fast 100 t Verdrängung. Überwiegend waren es jedoch kleine [[Gleitboot]]e von 40 bis 50 t Verdrängung, die unter den Bedingungen der [[Nordsee]] und des [[Atlantik]]s auch wetterbedingt nur eingeschränkt einsetzbar waren. Sie wurden mit Ottomotoren angetrieben, was
Die Royal Navy setzte bei ihren Schnellbooten überwiegend auf eine Spezialisierung der Bewaffnung. Die MTB (Motortorpedoboote) waren meistens mit zwei Torpedorohren, MGs und im Verlauf des Krieges auch mit ein bis zwei [[Maschinenkanone]]n sowie [[Wasserbombe (Kampfmittel)|Wasserbomben]] ausgerüstet. Die MGB (Motorkanonenboote) trugen keine Torpedos, dafür mehr Maschinenwaffen und Geschütze bis zu einem [[Kaliber]] von 7,5 cm. Diese beiden Varianten sollten sich im Gefecht mit ihren jeweiligen Stärken ergänzen.
Nach dem Krieg wurden auch Boote mit leistungsfähigen Dieselmotoren
=== Italien ===
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Die Entwicklung der in Italien als '''MAS''' bezeichneten Boote begann schon vor dem Ersten Weltkrieg.
Die Abkürzung stand ursprünglich für „'''M'''otobarca '''A'''rmata '''S'''VAN“ (Bewaffnetes Motorschiff SVAN), wobei S.V.A.N. eine italienische [[Werft]] war (Società Veneziana Automobili Nautiche), wurde später aber als [[Akronym]] für „'''M'''otoscafo '''a'''nti '''s'''ommergibile“ (Anti-U-Boot-Motorboot) aufgefasst. Zunächst sah man ebenfalls die Hauptaufgabe der MAS in der U-Boot-Abwehr, und die Bewaffnung bestand dementsprechend aus [[Kanone]]n. Die Boote wurden aber bald auch mit Torpedos ausgestattet, dann stand MAS auch für: „[[Motoscafo Armato Silurante|'''M'''otoscafo '''A'''rmato '''S'''ilurante]]“ (bewaffnetes torpedierendes Motorboot). Mit einem Boot dieses Typs gelang der italienischen Marine 1918 ein spektakulärer Erfolg, als ''MAS 15'' das [[Österreich-Ungarn|österreichisch-ungarische]] [[Schlachtschiff]] ''[[
[[Datei:MAS 96 2.jpg|mini|links| MAS 96, das beim Angriff auf den k.u.k. Marinestützpunkt [[Bucht von Bakar|Bakar]] 1918 zum Einsatz kam]]
Die Typenvielfalt der italienischen Schnellboote ist gewaltig. Praktisch jede Werft brachte eigene Entwürfe in Kleinserien heraus (zum Teil auch nur einzelne Boote). In Bewaffnung und Leistungen bietet sich ein verwirrendes Bild, auch weil die Boote zum Teil erheblich umgerüstet und neuklassifiziert wurden.
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=== Sowjetunion ===
[[Datei:Komsomolets torpedo boat.JPG|mini|
Nachdem die Sowjets in den Auseinandersetzungen infolge der [[Oktoberrevolution]] Bekanntschaft mit englischen CMBs gemacht hatten, die gegen sie eingesetzt wurden, entwickelten sie schon Mitte der 1920er Jahre eigene Entwürfe. Diese stammten vom Flugzeugkonstrukteur [[Andrei Nikolajewitsch Tupolew|Tupolew]] und wiesen viele Merkmale aus dem Flugzeugbau auf. Diese Boote bewährten sich allerdings im Zweiten Weltkrieg nicht. Stattdessen erhielt die UdSSR während des Krieges MTB und PT-Boote im Rahmen der [[Leih- und Pachtgesetz|Rüstungsunterstützung]] durch die USA.<ref name="Sea warfare" />
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=== Deutschland ===
{{Hauptartikel|Schnellboote der Reichs- und Kriegsmarine}}
Die Entwicklung der deutschen Schnellboote
Deutschland experimentierte mit kleinen motorisierten Booten für ganz verschiedene Zwecke. Unterschiedliche Bewaffnungen und Motorisierungen wurden ausgeführt, ab 1916 auch mit leistungsstarken [[Luftschiff]]-Motoren. Die deutschen Boote sollten in [[Flandern]] britische [[Monitor (Schiffstyp)|Monitore]] angreifen und durch den geringen Tiefgang in der Lage sein, die Netzsperren vor den Monitoren zu überfahren. Boote mit Torpedobewaffnung wurden vom [[Reichsmarineamt]] 1916 in Auftrag gegeben und vom selben Jahr bis 1918 als ''LM 1''–''LM 28'' in Dienst gestellt. Sie waren 7 t groß, mit einem Torpedorohr oder einem 3,7-cm-Geschütz bestückt, und liefen bei 700 PS etwa 30 kn.
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[[Datei:Bundesarchiv Bild 101II-MW-6307-32, Minen auf S-Booten im Bunker.jpg|mini|Minenladung eines deutschen Schnellboots]]
Die Entwicklung des typischen deutschen Schnellbootes des Zweiten Weltkrieges begann 1928, als das Schnellboot ''S 1'', basierend auf dem Plan der schnellen Motorjacht ''Oheka II'', entwickelt wurde. Das Boot wurde 1930 als „UZ (S) 16“ – U-Boot-Zerstörer in Dienst gestellt. Ab 1932 bildete es mit sieben verbliebenen Booten aus dem Ersten Weltkrieg und inzwischen vier neu hinzugekommenen Booten die [[Schnellbootverbände der Reichs- und Kriegsmarine#1. Schnellboot-Flottille|1. S-Flottille]].<ref>Die Boote ''S 1'' bis ''S 6'' wurden 1936 im spanischen Bürgerkrieg an Spanien verkauft, sechs weitere 1943 an Spanien verkaufte Boote blieben dort bis 1956/57 im Dienst; siehe [http://s-boot.net/sboote-kriegsmarine-verbleib.html]</ref> Gleichzeitig wurde die offizielle Typbezeichnung „Schnellboot“ eingeführt.
Die neuen Schnellboote wurden von drei [[Ottomotor]]en mit zusammen 3000 PS auf drei Schrauben angetrieben und hatten etwa 40 Tonnen (t) Verdrängung, zwei Torpedorohre und liefen circa 37 kn. Der Linienriss des Rumpfes erwies sich als sehr gelungen und wurde bei allen Booten bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges beibehalten. Da bei den Ottomotoren aufgrund von Benzindämpfen ein erhöhtes Risiko von Bränden und Explosionen bestand, erhielten die nachfolgenden Bauten erstmals die wesentlich sichereren [[Dieselmotor]]en. Ein weiterer Vorteil lag im geringeren Verbrauch der Dieselmotoren. Dieser ermöglicht eine größere Reichweite von bis zu 700 [[Seemeile]]n. Zuerst experimentierte man mit 7-[[Zylinder (Technik)|Zylinder]]-[[Reihenmotor]]en von [[MAN]] und 20-Zylinder-[[V-Motor]]en von [[Daimler-Benz]]. Da sich letztere als deutlich brauchbarer erwiesen, wurde die Motorenbaureihe MB 501 mit 2000 [[Pferdestärke|PS]] zum Standardmotor für deutsche Schnellboote. Die Höchstgeschwindigkeit mit diesen Motoren lag bei 39 kn. Im Rahmen der Weiterentwicklung zum [[Mercedes-Benz MB 518|MB 518]] wurden die Motoren durch [[Motoraufladung|Aufladung]] auf eine Leistung von 2500 PS gebracht und damit die Höchstgeschwindigkeit auf 42 kn erhöht. Mit dieser Motorisierung erweiterte sich der Aktionsraum auf die gesamte Nordsee und Ostsee bis hinauf in den Finnischen Meerbusen.
[[Datei:German E-Boat S 204 surrenders at Felixstowe on 13 May 1945.jpg|mini
Die deutsche [[Kriegsmarine]] stellte während des Zweiten Weltkriegs insgesamt 14 Schnellboot-Flottillen auf, die anfangs truppendienstlich dem [[Führer der Schnellboote]] unterstanden.
▲[[Datei:German E-Boat S 204 surrenders at Felixstowe on 13 May 1945.jpg|mini|links|S 204 mit weißer Flagge nach der Übergabe an die britische Marine]]
Die deutschen Schnellboote, die im Zweiten Weltkrieg schließlich eine Länge von etwa 35 m und ein Gewicht von 100 t hatten, erhielten (ab ''S 26'') zwei zur Verbesserung der Seefähigkeit in der [[Back]] eingebaute Torpedorohre mit charakteristischen Aussparungen für die Klappen der Torpedorohre und (ab ''S 68'') eine Brücke. Dazu kamen mehrere leichte Rohrwaffen verschiedenen Kalibers, deren Anzahl während des Krieges laufend zunahm. Ab der mit ''S 100'' beginnenden Bauserie hatten die Boote eine mit 10 bis 12 Millimeter ''Wotan''-Stahl gepanzerte [[Kugelkalotte|Kalottenbrücke]], um zumindest das Brückenpersonal vor der Waffenwirkung von [[Tiefflieger]]n zu schützen. Der Rumpf war in [[Verbundwerkstoff|Komposit]]-Bauweise mit Spantengerüst aus einer [[Aluminiumlegierung]] und mehrlagiger Holzbeplankung ([[Kraweel|Diagonalkraweel]]) gebaut.
Diese Schnellboote, von denen über 200 Exemplare zum Einsatz kamen, griffen vor allem nachts die Küstenschifffahrt um die britischen Inseln an, wurden aber auch über
Die Alliierten nannten die deutschen Schnellboote „E-Boats“, eine Abkürzung für „Enemy-Boats“ (dt.: „Feindboote“). Ab etwa 1943 ging die Hauptlast der Offensive durch Überwasserkräfte auf die Schnellboote über, da die großen Einheiten entweder vernichtet waren oder nicht mehr mit Aussicht auf Erfolg operieren konnten. Entsprechend hoch waren die Verluste der Schnellbootfahrer, obwohl sich die Boote selbst als sehr widerstandsfähig erwiesen.
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[[Datei:Leichtes Torpedoschnellboot (LTS) Typ Iltis.jpg|mini|LTS Typ „Iltis“]]
In der Aufbauphase übernahm die deutsche [[Bundesmarine]] noch zwei Schnellboote aus dem Zweiten Weltkrieg und sechs modifizierte Nachbauten der späteren [[Silbermöwe-Klasse]] (Klasse 149) vom unter alliierter Aufsicht aufgebauten [[Bundesgrenzschutz]] und dem [[BBFPS]]. Danach folgten erste Neuentwürfe mit den 30 Booten der [[Jaguar-Klasse]] (Klasse 140/141) und 10 Booten der [[Zobel-Klasse]] (Klasse 142). Diese Konstruktionen waren noch typische Torpedo-Schnellboote mit vier (zwei an jeder Seite) V-förmig nach vorne zielenden Torpedo-Rohren und zwei [[Schnellfeuerkanone|Schnellfeuer-Geschützen]] des Kalibers [[40-mm-Bofors-Geschütz|40 mm/L70]].
Die Schnellbootflottille, in der alle Schnellboote zusammengefasst waren, bestand aus drei bis vier Geschwadern an der [[Ostsee]] und zeitweise einem Geschwader an der Nordsee. In der [[NATO]]-Strategie waren diese Boote für den Schutz der Ostsee-Zugänge um [[Dänemark]] sowie zur Abwehr von Landungsunternehmen vorgesehen.
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=== Deutsche Marine ===
Nachdem sich 1990 die sicherheitspolitische Lage erheblich verändert hatte, und West-Deutschlands Küsten nicht mehr durch den [[Warschauer Pakt]] bedroht wurden, verloren die Schnellboote ihre ursprüngliche Verteidigungsaufgabe im Bereich der Ostseezugänge. Die älteren Schnellboote sind ins Ausland verkauft oder verschrottet worden (z. B. die Tiger-Klasse). Lediglich zehn Boote der [[Gepard-Klasse (1981)|''Gepard''-Klasse]] verblieben im Dienst. Diese waren im 7. Schnellboot-Geschwader mit einem [[Versorgungsschiff|Tender]] der [[
In den vergangenen Jahren wurden die Schnellboote zur Seeraumüberwachung im Rahmen der [[Der Krieg der USA gegen den Terrorismus|internationalen Terrorbekämpfung]] im [[Golf von Aden]] und der Straße von [[Gibraltar]] eingesetzt. Zwei bis vier deutsche Schnellboote gehörten bis 2016 zum [[UNIFIL]]-Verband zur Überwachung der Küste des [[Libanon]]s.
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== Andere Staaten nach 1945 ==
Wegen der relativ geringen Kosten und Ansprüche an eine militärische Infrastruktur waren Schnellboote besonders auch für kleine Marinen und Länder mit geringem Militäretat interessant. Schon vor und während des Zweiten Weltkrieges kam es darum zu einer Verbreitung dieses Typs. Nach dem Krieg übernahmen einige Länder, z. B. die [[Philippinen]] und Indonesien, Schnellboote der Alliierten. Später exportierte auch die Bundesrepublik Schnellboote in viele Länder, unter anderem nach Schweden
Nach Schwierigkeiten mit dem [[Kriegswaffenkontrollgesetz]] kam es zu Beginn der 1960er Jahre auch zu einer Zusammenarbeit der deutschen Schnellbootwerft Lürssen mit der „Chantiers des Constructions Mechaniques de Normandie“ in [[Cherbourg-Octeville|Cherbourg]]. Daraus ging die [[La-Combattante-II-Klasse]] hervor, die in Deutschland als [[Tiger-Klasse|Klasse 148]] eingeführt wurde. Diese Klasse war für Frankreich im Export sehr erfolgreich und wurde bis heute fortentwickelt.
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[[Datei:Norwegian missile patrol craft KNM Skjold (P 690) at speed.jpg|mini|Norwegische ''Skjold'' in Fahrt]]
* Die norwegische Marine hat die aus sechs Einheiten bestehende [[Skjold-Klasse]] bis 2009 in Dienst gestellt. Die Boote haben ein sogenanntes „SES-Design“, eine Mischung aus [[Katamaran]] und [[Luftkissenboot]]. Links und rechts befinden sich je zwei sehr schmale Rümpfe (wesentlich schmaler als bei Katamaranen) und dazwischen wird, sobald etwas höhere Geschwindigkeiten gefordert sind, ein Luftkissen aufgeblasen. Dadurch reduziert sich der Tiefgang und es können extrem hohe Geschwindigkeiten erreicht werden.
* Die [[United States Navy|US-amerikanische Marine]] erprobt momentan die fünfrümpfigen Boote der [[M80 Stiletto]]-Klasse, die bei zunehmender Geschwindigkeit ein „Schaumkissen“ unter dem Rumpf bilden, das das Boot von etwa 1 m Tiefgang im Stillstand bis zu 50 cm hochhebt, wobei angeblich bis zu 50 kn erreicht werden können.
== Siehe auch ==
* [[Schnellbootverbände der Reichs- und Kriegsmarine]]
== Einzelnachweise ==
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