„Konzentrationslager“ – Versionsunterschied
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[[Datei:Majdanek toren.jpg|mini|Wachturm des [[Konzentrations- und Vernichtungslager Lublin-Majdanek|Vernichtungslagers Majdanek]]]]
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[[Datei:German atrocities. Germany, Poland & Czechoslovakia - NARA - 292597.jpg|mini|Verbrennungsöfen, Buchenwald, 16. April 1945]]
Es wird angenommen, dass etwa zwei Drittel der geschätzt sechs Millionen [[Juden]], die der [[Endlösung der Judenfrage|deutschen Judenvernichtung]], später ''Shoah'' oder [[Holocaust]] genannt, zum Opfer fielen, in Vernichtungs- und Konzentrationslagern direkt ermordet wurden oder dort an den Folgen von systematischer Unterernährung, Misshandlungen und unbehandelten Krankheiten gestorben sind. Das verbleibende Drittel starb in – von der Schutzstaffel (SS) so genannten – „[[Liste der Ghettos im Nationalsozialismus|Ghettos]]“, bei Massenerschießungen vor allem durch die [[Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD]] ([[Massenmord]]) und in der letzten Kriegsphase bei den
Es wurden in den Konzentrationslagern auch viele andere Menschen ermordet, wie [[Kommunisten]], [[Sozialisten]], Pfarrer, Systemkritiker, damals sogenannte [[Zigeuner]] (siehe [[Porajmos]]), [[Homosexuelle während der Zeit des Nationalsozialismus|Homosexuelle]], [[Zeugen Jehovas im Nationalsozialismus|Zeugen Jehovas]], [[Geistige Behinderung|geistig Behinderte]] und angebliche „[[Asoziale (Nationalsozialismus)|Asoziale]]“ (siehe auch [[Aktion T4]] und „[[Invalidentransport]]e“). Die genaue Anzahl der Toten ist unklar, da die Täter und ihre Organisationen nicht über alle Opfer Akten führten, am Ende des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieges]] keine Ermordungen mehr dokumentarisch festgehalten wurden und viele Unterlagen durch Kriegsereignisse unwiederbringlich verloren gingen. Ebenso wurden viele Zeugen bei [[Bedingungslose Kapitulation der Wehrmacht|Kriegsende]] wegen deren Zeugeneigenschaft gezielt ermordet. Zahlreiche KZ-Häftlinge wurden bei Massakern und anderen [[Nationalsozialismus|nationalsozialistischen]] [[Endphaseverbrechen]] ermordet
Überlebende Häftlinge
== Gleichnamige Einrichtungen in Deutschland vor 1933 ==
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=== 1933 bis 1935 ===
Mit der [[Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat]] (''Reichstagsbrandverordnung'') setzte [[Reichspräsident]] [[Paul von Hindenburg]] am 28. Februar 1933 den Artikel 114 der [[Weimarer Verfassung]] (Schutz der persönlichen Freiheit) außer Kraft. Dies diente als legalistische Grundlage für die Schaffung der Konzentrationslager. Zuvor hatte der kommissarische preußische Innenminister [[Hermann Göring]] die Aufstellung einer aus „nationalen Verbänden“ (SA, SS und auch [[Stahlhelm, Bund der Frontsoldaten|Stahlhelm]]) rekrutierten ''[[Hilfspolizei]]'' angeordnet und diese mit hoheitlichen Befugnissen ausgestattet.<ref>Jörg Osterloh, [[Kim Wünschmann]]: ''... der schrankenlosesten Willkür ausgeliefert – Häftlinge der frühen Konzentrationslager 1933-1936/37.'' Campus, 2017, ISBN 978-3-593-50702-6, S. 12 f.</ref>
Während der ''ersten Phase'' in den frühen Jahren der NS-Diktatur bis zum Frühsommer 1934 begannen der NSDAP nahestehende Organisationen, vor allem die [[Sturmabteilung]] (SA) damit, überall in Deutschland zusätzlich zu staatlichen Gefängnissen größere oder kleinere Inhaftierungsstätten aufzubauen. Am 3. März 1933 wurde in einer Militärschule bei Weimar das [[KZ Nohra]] als erstes Konzentrationslager des Dritten Reiches eingerichtet.<ref>[[Wolfgang Benz]], Barbara Distel (Hrsg.): ''Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager.'' Band 2, S. 174 ff.; Udo Wohlfeld: ''Das Netz. Die Konzentrationslager in Thüringen 1933–1937.'' Weimar 2000, Seitenzahl fehlt.</ref> Am 13. März 1933 veranlasste der Münchner [[Kommissarische Amtsausübung|kommissarische]] [[Polizeipräsidium München|Polizeipräsident]] [[Heinrich Himmler]] die Errichtung des [[KZ Dachau|Konzentrationslagers Dachau]] (bei München).<ref>[[Peter Longerich]]: ''Heinrich Himmler. Biographie.'' Siedler, München 2008, S. 161.</ref> Am 21. März 1933 wurde dann mit dem [[KZ Oranienburg]] (nördlich von Berlin) das erste der SA unterstehende Konzentrationslager eingerichtet.<ref>Peter Longerich: ''Die braunen Bataillone. Geschichte der SA''. C.H. Beck, München 1989, S. 174.</ref> In dieser Zeit wurden zudem das [[KZ Ahrensbök]], [[KZ Alt-Daber]], [[KZ Bad Sulza]], [[KZ Benninghausen]], [[Altes Zuchthaus Brandenburg an der Havel|KZ Brandenburg an der Havel]], [[KZ Börnicke]], [[KZ Breitenau]], [[KZ Breslau-Dürrgoy]], [[KZ Esterwegen]], [[KZ Kemna]], [[KZ Sonnenburg]] und als letztes [[KZ Bredow]] errichtet.
Die frühen KZs ähnelten zum Teil Gefängnissen, zumeist bestanden sie aber in improvisierten Folterstätten in Scheunen, Kneipen, Kellern oder anderen Liegenschaften, die von der SA „übernommen“ worden waren. Hier wurden politische Gegner des Regimes
Seit Mai 1933 wurden diese so genannten „wilden KZs“ in Preußen verstaatlicht und dem neu gegründeten [[Gestapa]] unter [[Rudolf Diels]] unterstellt.<ref>Peter Longerich: ''Die braunen Bataillone. Geschichte der SA''. C.H. Beck, München 1989, S. 179.</ref> Spätestens mit der Entmachtung der SA im so genannten [[Röhm-Putsch]] 1934 unterstanden alle Konzentrationslager der SS; [[Theodor Eicke]] wurde
Auf Im August 1933 waren durch den Dachau-Ausbrecher [[Hans Beimler (Politiker)|Hans Beimler]] in der Broschüre ''Im Mörderlager Dachau'' die Zustände in einem KZ öffentlich beschrieben worden.<ref>[https://www.nzz.ch/schweiz/der-mysterioese-tod-eines-helden-ld.1375839 Lucien Scherrer, „Der mysteriöse Tod eines Helden“], [[Neue Zürcher Zeitung|NZZ]], 10. April 2018</ref>
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[[Datei:WW2 Holocaust Europe map-de.png|mini|hochkant=2.5|Transporte aus ganz Europa in die Todeslager]]
Die ''vierte Phase'' begann etwa Anfang 1942 und endete 1945. Sie war vor allem durch die massive Judenverfolgung und durch den [[Deutsch-Sowjetischer Krieg|Krieg gegen die Sowjetunion]] gekennzeichnet sowie die Einrichtung von [[Vernichtungslager]]n. In dieser letzten Phase lag die Verwaltung der Konzentrationslager beim [[SS-Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt]] (WVHA) unter der Leitung von [[Oswald Pohl]]. Bedeutsamer als die Produktion in KZ-eigenen Betrieben wurde der Häftlingseinsatz in Privatunternehmen, so dass mehrere Tausend [[KZ-Außenlager]] im Zusammenhang mit [[Decknamen nationalsozialistischer Geheimobjekte|Rüstungsprojekten]] entstanden. Jedes KZ-Außenlager bzw. KZ-Außenkommando war Teil seines Konzentrationslager-Stammlagers und dem dortigen KZ-Kommandanten untergeordnet.
Die Vernichtungslager der ''[[Aktion Reinhardt]]'' unterstanden den jeweiligen [[SS- und Polizeiführer|Höheren SS- und Die Anzahl der KZ-Häftlinge erreichte im August 1943 bereits 224.000, stieg im August 1944 auf 524.286 und lag kurz vor Kriegsende, im Januar 1945, bei 714.211 Menschen. Die Gefangenen kamen aus allen Teilen Europas. Deutsche und Österreicher umfassten am Ende des Krieges nur noch etwa 5–10 % der Häftlinge.<ref>Vgl. Tabelle 7 in: [[Michael Grüttner]]: ''Das Dritte Reich. 1933–1939.'' (= ''[[Handbuch der deutschen Geschichte]].'' Band 19). Klett-Cotta, Stuttgart 2014, S. 162, 167.</ref>
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==== Teile-und-Herrsche-Strategie ====
Bei einer weiteren, ''Teile-und-Herrsche-Strategie'' genannten Führungsmethode wurden ''[[Funktionshäftling]]e'' quasi als Hilfspolizei eingesetzt (siehe [[Kapo (KZ)|Kapo]]). Ein ''Kapo'' musste im Auftrag der SS die Arbeit der Häftlinge anleiten und wurde für die Ergebnisse verantwortlich gemacht. Bei „erfolgreich“ ausgeführtem „Auftrag“ wurden sie mit „besonderen“ Vergünstigungen, zum Beispiel Alkohol, besseren Essens[[Rationierung|ration]]en belohnt.
==== Der Tagesablauf ====
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* Jane Caplan, [[Nikolaus Wachsmann]] (Hrsg.): ''Concentration Camps in Nazi Germany. The New Histories.'' London 2009, ISBN 978-0-415-42651-0.<ref>Marc Buggeln: {{Webarchiv |url=http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2010-1-228 |text=''Rezension zu: Caplan, Jane; Wachsmann, Nikolaus (Hrsg.): Concentration Camps in Nazi Germany. The New Histories. London 2009'' |wayback=20130729153300}}. In: ''H-Soz-u-Kult.'' 24. März 2010.</ref>
* [[Ulrich Herbert]], [[Karin Orth]], [[Christoph Dieckmann (Historiker)|Christoph Dieckmann]] (Hrsg.): ''Die nationalsozialistischen Konzentrationslager.'' Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2002, ISBN 3-596-15516-9.<ref>Vgl. Angela Schwarz: [http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/id=4217 ''Rezension zu: Herbert, Ulrich; Karin Orth; Christoph Dieckmann (Hrsg.): Die nationalsozialistischen Konzentrationslager. Entwicklung und Struktur. Göttingen 1998'']. In: ''H-Soz-u-Kult.'' 11. Mai 1999.</ref>
* [[Eugen Kogon]]: ''Der SS-Staat. Das System der deutschen Konzentrationslager.'' [[Verlag Karl Alber]], München 1946. (44. Auflage. Heyne Verlag, München 2006, ISBN 3-453-02978-X).▼
* Französisches Büro des Informationsdienstes über Kriegsverbrechen (Hrsg.): ''Konzentrationslager Dokument F 321 für den Internationalen Militärgerichtshof Nürnberg.'' Frankfurt am Main 1988. (Erstveröffentlichung Paris 1945 unter dem Titel ''Camps de Concentration. Crimes contre la personne humaine.'' Erste deutsche Buchausgabe 1947, hrsg. von [[Eugène Aroneanu]])▼
* [[Stefan Hördler]]: ''Ordnung und Inferno – Das KZ-System im letzten Kriegsjahr.'' Wallstein Verlag, Göttingen 2015, ISBN 978-3-8353-1404-7 (Jens-Christian Wagner: [https://www.recensio.net/rezensionen/zeitschriften/einsicht/2016/16/ReviewMonograph460712742 Rezension], Einsicht. Bulletin des Fritz Bauer Instituts 16 (2016), S. 78–79).
▲* Französisches Büro des Informationsdienstes über Kriegsverbrechen (Hrsg.): ''Konzentrationslager Dokument F 321 für den [[Internationaler Militärgerichtshof Nürnberg|Internationalen Militärgerichtshof Nürnberg]].'' Frankfurt am Main 1988. (Erstveröffentlichung Paris 1945 unter dem Titel ''Camps de Concentration. Crimes contre la personne humaine.'' Erste deutsche Buchausgabe 1947, hrsg. von [[Eugène Aroneanu]])
▲* [[Eugen Kogon]]: ''[[Der SS-Staat
* [[Hermann Langbein]]: ''… nicht wie die Schafe zur Schlachtbank – Widerstand in den nationalsozialistischen Konzentrationslagern 1938–1945.'' Fischer, Frankfurt 1988, ISBN 3-596-23486-7.
* [[Geoffrey P. Megargee|Geoffrey Megargee]] (Hrsg.): ''The United States Holocaust Memorial Museum Encyclopedia of Camps and Ghettos, 1933–1945.'' Band 1: ''Early Camps, Youth Camps, Concentration Camps and Subcamps under the SS-Business Administration Main Office (WVHA)''. Indiana University Press, Bloomington 2009, ISBN 978-0-253-35328-3.<ref>Marc Buggeln: {{Webarchiv |url=http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2010-1-228 |text=''Rezension zu: Megargee, Geoffrey P. (Hrsg.): The United States Holocaust Memorial Museum Encyclopedia of Camps and Ghettos, 1933–1945. Volume I: Early Camps, Youth Camps, Concentration Camps and Subcamps under the SS-Business Administration Main Office (WVHA), 2 Parts. Bloomington 2009'' |wayback=20130729153300}}. In: ''H-Soz-u-Kult.'' 24. März 2010.</ref> Band 2 2012. Zwei weitere Bände erschienen.
* [[Karin Orth]]: ''Das System der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Eine politische Organisationsgeschichte.'' Pendo, Zürich/ München 2002, ISBN 3-85842-450-1.
* Karin Orth: ''Die Historiografie der Konzentrationslager und die neuere KZ-Forschung.'' In: ''[[Archiv für Sozialgeschichte]].'' 47, 2007, S. 579–598.
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