„Baugenehmigung“ – Versionsunterschied
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Eine '''Baugenehmigung''' (''Bauerlaubnis'' in Österreich; ''Baubewilligung'' in der Schweiz und der [[Freie Hansestadt Bremen|Freien Hansestadt Bremen]]) ist die [[Behörde|behördliche]] (staatliche) [[Erlaubnis]], auf einem [[Baugrundstück]] eine bauliche Maßnahme durchzuführen. Eine solche Maßnahme kann die Errichtung, die Änderung, der Abbruch, die Beseitigung, die Nutzungsänderung oder die Instandhaltung einer [[Bauliche Anlage|baulichen Anlage]] oder eines Teils einer baulichen Anlage sein.
Die Voraussetzungen und das Genehmigungsverfahren sind in Deutschland im [[Baugesetzbuch]] und in den [[Bauordnungen (Deutschland)|Bauordnungen]] der einzelnen [[Land (Deutschland)|Bundesländer]] geregelt. Diese lehnen sich an die von den zuständigen Landesbauministern beschlossene Musterbauordnung an.<ref>vgl. [https://www.dibt.de/fileadmin/dibt-website/Dokumente/Rechtsgrundlagen/MBO.PDF ''Musterbauordnung - MBO.''] Zuletzt geändert durch Beschluss der [[Bauministerkonferenz]] vom 22./23. September 2022.</ref>
== <!-- Dieser Abschnitt wurde im Wege der Überarbeitung nach der Qualitätssicherung neu angelegt. Er dient der Erklärung. -->Bedeutung ==
[[Datei:Baugenehmigung.jpg|mini|Baupolizeilich geprüfter Bauplan einer Garage, 1932]]
Das Recht, sein Grundstück zu bebauen oder bauliche Veränderungen vorzunehmen, wird durch die in {{Art.|14|GG|dejure}} Abs. 1 des Grundgesetzes enthaltene Eigentumsfreiheit garantiert.<ref>Leisner, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR, Bd. 8, 3. Aufl. 2010, § 173 Rn. 194 f.</ref> Inhalt und Schranken dieses Grundrechts werden durch das [[Öffentliches Baurecht (Deutschland)|öffentliche Baurecht]] bestimmt, um Gefahren zu verhüten und mögliche Spannungen mit den Grundstücksnachbarn zu bewältigen.<ref>[https://www.rehm-verlag.de/eLine/portal/start.xav?start=%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27lbonrw_9d1376e0ad48bf20a3b4c4fedf74b43e%27%20and%20%40outline_id%3D%27lbonrw%27%5D ''Verfassungsrechtliche Aspekte.''] § 74 BauO NRW, Kommentar. Rehm-Verlag, Rz. 5–16.</ref> Das [[Bauplanungsrecht]] schützt die kommunale Planungshoheit, das [[Bauordnungsrecht]] ist Teil des klassischen [[Polizei- und Ordnungsrecht|Gefahrenabwehrrechts]] und wurde früher auch ''Baupolizeirecht'' genannt.
Bauliche Anlagen müssen nicht nur mit den bauplanerischen Entscheidungen der Gemeinde, die sie in Ausübung ihres [[Kommunale Selbstverwaltung|kommunalen Selbstverwaltungsrechts]] trifft, vereinbar sein, sondern auch aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung bestimmten Anforderungen genügen. Dazu zählen etwa die Gestaltung, die Standsicherheit, Brand-,
Bei der Errichtung, Änderung, Nutzungsänderung und der Beseitigung von Anlagen ist neben den anderen am Bau Beteiligten ([[Entwurfsverfasser]], [[Bauunternehmen|Bauunternehmer]] und [[Bauleitung|Bauleiter]]) insbesondere der [[Bauherr]] dafür verantwortlich, dass die öffentlich-rechtlichen Vorschriften eingehalten werden. Ihm obliegen die nach den öffentlich-rechtlichen Vorschriften erforderlichen Anträge, Anzeigen und Nachweise. Für die Entscheidung über den [[Bauantrag]] ist die [[Bauaufsichtsbehörde]] zuständig.
== <!-- Dieser Abschnitt wurde im Wege der Überarbeitung nach der Qualitätssicherung neu angelegt. Er dient der Erklärung und gibt die Definition wieder. -->Rechtsnatur und Wirkung der Baugenehmigung ==
Die Baugenehmigung ist ein [[Verwaltungsakt (Deutschland)|Verwaltungsakt]]. Es handelt sich um ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Vor Zugang der Baugenehmigung darf mit der Bauausführung in der Regel nicht begonnen werden. Das Verbot des Bauens ohne Bauerlaubnis dient dem Zweck, vorab zu prüfen, ob ein Bauvorhaben mit Vorschriften des öffentlichen Rechts vereinbar ist. Trifft das zu, besteht ein [[Anspruch (Recht)|Anspruch]] auf Erteilung der Baugenehmigung. Grundlage für diesen Anspruch ist Art. 14 Abs. 1 GG, der materielle Baufreiheit gewährt.<ref>[[Markus Heintzen]]: [https://www.jura.fu-berlin.de/fachbereich/einrichtungen/oeffentliches-recht/lehrende/heintzenm/veranstaltungen/archiv/0607ws/Grundkurs___ffentliches_Recht_III/Grundkurs_061113.pdf ''Allgemeines Verwaltungsrecht.''] FU Berlin, 2006, S. 9 ff.</ref><ref>Joachim Lege: [https://www.zjs-online.com/dat/artikel/2012_1_517.pdf ''Art. 14 GG für Fortgeschrittene: 45 Fragen zum Eigentum, die Sie nicht überall finden. Unter besonderer Berücksichtigung des Baurechts.''] [[Zeitschrift für das Juristische Studium|ZJS]] 2012, S. 45, Ziff. 8.</ref>
Die Baugenehmigung besteht aus der feststellenden Regelung, dass dem Vorhaben öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen und einer verfügenden (rechtsgestaltenden) Regelung, der Freigabe des Vorhabens zur Bauausführung. Sie ist für den Bauherrn begünstigend.
Die Baugenehmigung ist nicht personen-, sondern vorhaben- und grundstücksbezogen (dinglicher Verwaltungsakt). Sie gilt deshalb auch für einen möglichen [[Rechtsnachfolger]] des
Da mit der Durchführung des Bauvorhabens Rechte und Interessen Dritter (Nachbarn) betroffen sein können, hat sie für diese unter Umständen belastende Wirkung. Damit ist die Baugenehmigung ein Verwaltungsakt mit Drittwirkung ({{§|80a|vwgo|juris}} VwGO).
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Wird über die baurechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens in einem anderen Genehmigungsverfahren mit [[Konzentrationswirkung]] entschieden, bedarf es keiner separaten Baugenehmigung. So ersetzt der [[Planfeststellung]]sbeschluss für eine öffentliche Verkehrsanlage (Straße oder Eisenbahn) die Baugenehmigung, {{§|75|vwvfg|juris}} Abs. 1 Satz 1 VwVfG (formelle Konzentration). Die [[Bundes-Immissionsschutzgesetz#Genehmigungsverfahren|immissionsschutzrechtliche]] Anlagengenehmigung schließt die Baugenehmigung für die Betriebsstätte ein, {{§|13|bimschg|juris}} BImschG.
Das Baugenehmigungsverfahren ersetzt wiederum andere Zulassungsverfahren in Fällen des sog. aufgedrängten sonstigen öffentlichen Rechts, beispielsweise gem. Art. 6 Abs. 3 Satz 1 [[Denkmalschutzgesetz (Bayern)|BayDSchG]]. Ist für eine bauliche Maßnahme an einem [[Baudenkmal]] eine Baugenehmigung erforderlich, entfällt die denkmalschutzrechtliche Erlaubnis für die Maßnahme.<ref>vgl. [[Dieter Martin|Dieter J. Martin]], Jörg Spennemann: [https://www.denkmalrechtbayern.de/wp-content/uploads/2020/07/5-1-BY-6-Beitrag-Martin-und-Spennemann-Art-6-BayDSchG-Maßnahmen-an-Baudenkmaelern-2015-48-S.pdf ''Bayerisches Denkmalschutzgesetz, Art. 6 Maßnahmen an Baudenkmälern.''] 2015, Rz. 61 ff.</ref>
Personenbezogene Entscheidungen wie die [[Gaststättenkonzession]] sind von vornherein nicht Gegenstand des Baugenehmigungsverfahrens.<ref>BVerwG, Urteil vom 4. Oktober 1988 = E 80, 259 = NVwZ 1989, 258</ref>
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===== Einzelne bodenrechtliche Bereiche =====
Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines Bauvorhabens ist im
* Im Geltungsbereich eines [[Bebauungsplan (Deutschland)|Bebauungsplans]] (Planbereich) ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dessen Festsetzungen nicht widerspricht ({{§|30|bbaug|juris}} Abs. 1 BauGB).
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== Baugenehmigungsverfahren ==
[[Datei:Baustellenschild NRW rot.png|mini|[[Baustellenschild (Deutschland)|Baustellenschild]] für ein genehmigungspflichtiges Vorhaben in NRW mit Angaben zur Baugenehmigung]]
Die Bauaufsichtsbehörde prüft die Bauvorlagen auf ihre Vereinbarkeit mit dem öffentlichen Baurecht, d. h. auf das Vorliegen der Erteilungsvoraussetzungen. Dazu muss der Bauantrag mit den beizufügenden Bauvorlagen der Bauaufsichtsbehörde eingereicht werden. Der Bauantrag wird auf Vollständigkeit geprüft. Fehlende Unterlagen kann die Baubehörde gegebenenfalls nachfordern.
Die Baubehörde kann zur Klärung von Fragen des Bauvorhabens eine Bauverhandlung durchführen.
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Die schriftliche Baugenehmigung wird dem Bauhhern [[Bekanntgabe von Verwaltungsakten (Deutschland)|bekanntgegeben]]. In Baden-Württemberg stellt die Erteilung der Baugenehmigung noch keine Baufreigabe dar. Erst mit der anschließenden Erteilung des Baufreigabescheins („roter Punkt“), welcher erteilt wird, wenn bestimmte weitere Formalitäten erfüllt werden (z. B. Benennung des [[Bauleiter]]s), darf mit dem Bau tatsächlich begonnen werden.
Während die Baumaßnahme durchgeführt wird, müssen Baugenehmigung und Bauvorlagen an der Baustelle vorgelegt werden können.
===
Die Bauaufsichtsbehörde [[Anhörung|hört]] zum Bauantrag diejenigen Behörden und Stellen an, deren Beteiligung für die Entscheidung über den Bauantrag durch Rechtsvorschrift vorgeschrieben ist, oder ohne deren Stellungnahme die Genehmigungsfähigkeit der Baumaßnahme nicht beurteilt werden kann. Für Vorhaben außerhalb des Geltungsbereichs eines Bebauungsplans ist das [[Einvernehmen]] der Gemeinde, auf deren Gebiet das Vorhaben ausgeführt werden soll, erforderlich ({{§|36|bbug|juris}} BauGB). Ein rechtswidrig versagtes Einvernehmen der Gemeinde kann ersetzt werden ({{§|36|bbaug|juris}} Abs. 2 Satz 3 BauGB).<ref> Julian Krüper: [https://www.zjs-online.com/dat/artikel/2010_5_370.pdf ''Das Einvernehmen der Gemeinde nach § 36 BauGB – Materiell-, verfahrens- und prozessrechtliche Aspekte.''] ZJS 2010, S. 582–591.</ref>
Bedarf eine Maßnahme an einem Baudenkmal der Baugenehmigung und tritt diese an die Stelle der denkmalschutzrechtlichen Genehmigung, muss die Denkmalschutzbehörde gegenüber der Bauaufsichtsbehörde dem Bauvorhaben zustimmen.<ref>vgl. § 12 Abs. 3 des [https://www.revosax.sachsen.de/vorschrift/5198-Saechsisches-Denkmalschutzgesetz#p12 Sächsischen Denkmalschutzgesetzes.]</ref>
Liegt die materielle Prüfungskompetenz bzw. Prüfungspflicht nicht allein bei der Bauaufsichtsbehörde, sondern auch bei einer anderen Behörde, die die Bauaufsichtsbehörde nicht bloß im Innenverhältnis unterstützt, sondern gegenüber dem Bauherrn eine eigenständige Genehmigungsentscheidung trifft, bedarf es vor Erteilung der Baugenehmigung zwingend der bauaufsichtlichen Feststellung, dass die erforderliche weitere Genehmigung vorliegt. Es gilt nach ständiger Rechtsprechung des [[Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht|Niedersächsischen OVG]] die ''Schlusspunkttheorie'', nach der die Baugenehmigung am Ende des gesamten Zulassungsverfahrens steht und eine umfassende und abschießende Entscheidung über alle öffentlich-rechtlichen Fragen zu enthalten hat.<ref name="OVG" >[https://openjur.de/u/2383921.html Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 17. Januar 2022 - 1 ME 142/21] Rz 21 f.</ref><ref>BVerwG, Beschluss vom 25. Oktober 1995 - 4 B 216.95</ref> Erteilt die Bauaufsichtsbehörde eine Baugenehmigung, obwohl eine erforderliche weitere Genehmigung fehlt, führt dies zur Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung.<ref name="OVG" /> Der [[Bayerischer Verwaltungsgerichtshof|BayVGH]] dagegen hat die Schlusspunkttheorie aufgegeben.<ref>[https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2022-N-8528?hl=true VGH München, Beschluss vom 14. April 2022 – 15 ZB 21.2827] Rz. 10.</ref>
=== Nachbarbeteiligung ===
Die Beteiligung der Nachbarn am Baugenehmigungsverfahren ist in den Bundesländern unterschiedlich geregelt: So werden in Baden-Württemberg grundsätzlich alle Nachbarn durch die jeweilige Gemeinde von einem vorliegenden Bauantrag informiert, während z. B. in Hessen eine Nachbarbeteiligung nur bei einer Befreiung von [[Nachbarschützende Vorschrift|nachbarschützenden Vorschriften]] vorgesehen ist. In Niedersachsen dürfen die Nachbarn die Bauvorlagen [[Akteneinsicht (Deutschland)|einsehen]] (§ 68 NBauO), in Bayern
sind den Eigentümern der benachbarten Grundstücke vom Bauherrn oder seinem Beauftragten der Lageplan und die Bauzeichnungen zur Zustimmung vorzulegen (Art. 66 BayBO).
Stimmt der Nachbar dem Bauvorhaben zu, bedeutet dies einen materiellen Verzicht auf Einwendungen aufgrund öffentlichen [[Nachbarrecht]]s gegenüber dem im Plan konkretisierten Vorhaben.<ref>[[Ingo Kraft]]: [http://www.ingokraft.de/Docs/BauR_22-25.pdf ''24. Nachbarbeteiligung im Baugenehmigungsverfahren.''] Materialien zur Vorlesung ''Öffentliches Baurecht'', Leipzig 2013, [http://www.ingokraft.de/Pages/BauR.htm Baurecht 22–25], abgerufen am 3. Juli 2024.</ref> Stimmt der Nachbar nicht zu, kann die Baugenehmigung dennoch erteilt werden.
Auch bei erteilter Zustimmung bleibt eine Zivilklage des Nachbarn gegen den Bauherrn möglich, denn bürgerlich-rechtliche Wirkungen kommen der Zustimmung nicht zu.<ref>BayObLG, Urteil vom 2. Juli 1990, BayVBl. 1991, 28</ref>
=== Elektronische Verfahren ===
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== Rechtsschutz ==
=== Bauherr ===
Wird der Bauantrag abgelehnt, kann der Bauherr vor dem [[Verwaltungsgericht (Deutschland)|Verwaltungsgericht]] den zuständigen [[Rechtsträgerprinzip|Rechtsträger]] auf Erteilung der Baugenehmigung verklagen. Das ist das Bundesland, dessen Baugenehimgungsbehörde den Bauantrag abgelehnt hat ({{§|78|vwgo|juris}} Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Zuvor muss er jedoch bei der Behörde selbst gegen den [[Ablehnungsbescheid]] binnen eines Monats [[Widerspruch (Recht)|Widerspruch]] einlegen. Wenn das Landesrecht dies vorsieht, kann unmittelbar Klage erhoben werden ({{§|68|vwgo|juris}} Abs. 1 Satz 2 VwGO).<ref>vgl. die Tabelle bei Sigrid Wienhues: [https://www.brak.de/fileadmin/01_ueber_die_brak/aus-der-arbeit-der-ausschuesse/as-verwr/wienhues-brak_mitt_3_2009.pdf ''Gibt es das Widerspruchsverfahren noch? Bestandsaufnahme, Überblick, Erfahrungen und Empfehlungen.''] BRAK-Mitteilungen 2009, S. 111–116, S. 113 f.</ref> Wird der Widerspruch zurückgewiesen, kann der Bauherr binnen eines Monats eine kombinierte [[Anfechtungsklage|Anfechtungs-]] und [[Verpflichtungsklage]] auf Erteilung der Baugenehmigung erheben ({{§|74|vwgo|juris}} VwGO).<ref>[https://www.haufe.de/recht/deutsches-anwalt-office-premium/9-oeffentliches-baurecht-vi-muster-verpflichtungsklage-auf-baugenehmigung-innenbereich-aussenbereich_idesk_PI17574_HI14741610.html ''Öffentliches Baurecht/VI. Muster: Verpflichtungsklage auf Baugenehmigung (Innenbereich – Außenbereich).''] Haufe.de, abgerufen am 4. Juli 2024.</ref>
Ist ohne zureichenden Grund nach Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung sachlich nicht über den Widerspruch entschieden worden, so kann der Bauherr [[Untätigkeitsklage]] erheben ({{§|75|vwgo|juris}} VwGO).
War die Ablehnung rechtswidrig und ist der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt, verurteilt das Verwaltungsgericht das beklagte Bundesland zur Erteilung der Baugenehmigung, wenn die Sache [[Spruchreife|spruchreif]] ist. Andernfalls verurteilt das Gericht den Beklagten dazu, den Bauherrn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden ({{§|113|vwgo|juris}} Abs. 5 VwGO). Ein solches [[Bescheidungsurteil]] ergeht insbesondere dann, wenn der Kläger keinen gebundenen Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung hat, sondern nur einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung, etwa weil er eine Ausnahme oder === Nachbar ===
==== Öffentliches Recht ====
Hat ein Nachbar Einwendungen gegen die Baumaßnahme erhoben, so ist die Baugenehmigung mit dem Teil der Bauvorlagen, auf den sich die Einwendungen beziehen, auch dem Nachbarn mit einer [[Rechtsbehelfsbelehrung]] zuzustellen. Der Nachbar, der dem Bauvorhaben nicht zugestimmt hat, kann – soweit nach Landesrecht erforderlich – Widerspruch gegen die Baugenehmigung einlegen. Gemäß {{§|212a|bbaug|juris}} BauGB hat ein solcher Widerspruch jedoch keine [[aufschiebende Wirkung]]. Der Bauherr kann also mit den Bauarbeiten beginnen, sobald er die Baugenehmigung erhalten hat.
Will der Nachbar den Beginn der Bauarbeiten verhindern, so kann er bei der Baugenehmigungsbehörde und danach bei Gericht [[Vorläufiger Rechtsschutz|vorläufigen
Bleibt der Widerspruch erfolglos, kann der Nachbar gegen die dem Bauherrn erteilte Baugenehmigung mit einer [[Drittanfechtungsklage]] vorgehen.<ref>[[Udo Steiner]], [[Gerrit Manssen]]: [http://www.uni-regensburg.de/rechtswissenschaft/oeffentliches-recht/manssen/medien/pdfdateien/__ffentliches_baurecht_text_2012.pdf ''Öffentliches Baurecht nach bayerischer Rechtslage''] Regensburg 2012, Rdnr. 434 ff.</ref> Dazu muss die Baugenehmigung rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt sein ({{§|113|vwgo|juris}} Abs. 1 VwGO). Das ist der Fall, wenn die Baugenehmigung öffentlich-rechtliche Vorschriften verletzt, die gerade darauf abzielen, den jeweiligen Nachbarn individuell zu schützen. Anerkannte [[nachbarschützende Vorschrift]]en sind z. B. die landesbaurechtlichen Vorschriften über die Grenz- bzw. Gebäudeabstände, das planungsrechtliche [[Gebot der Rücksichtnahme|Rücksichtnahmegebot]] sowie in überplanten Bereichen die Wahrung der Gebietsart (ebenso im unbeplanten Innenbereich, dessen Eigenart der näheren Umgebung einem Baugebiet der Baunutzungsverordnung entspricht, {{§|34|bbaug|juris}} Abs. 2 BauGB).<ref>Anja Baars: [https://www.arge-baurecht.com/baurecht-wissen/fachartikel/artikel/nachbarschutz-im-baugenehmigungsverfahren ''Nachbarschutz im Baugenehmigungsverfahren.''] Arbeitsgemeinschaft für Bau- und Immobilienrecht im [[Deutscher Anwaltverein|Deutschen Anwaltverein]], 25. Juli 2019.</ref> Ob Festsetzungen über das Maß der baulichen Nutzung auch darauf gerichtet sind, dem Schutz des Nachbarn zu dienen, hängt vom Willen der Gemeinde als Plangeber ab.<ref>[https://www.bverwg.de/090818U4C7.17.0 BVerwG, Urteil vom 9. August 2018 - 4 C 7.17] LS 1.</ref>
==== Zivilrecht ====
Die Verletzung nachbarschützender Vorschriften des öffentlichen Baurechts kann einen [[Quasinegatorischer Unterlassungsanspruch|quasinegatorischen Unterlassungsanspruch]] des Nachbarn gemäß {{§|1004|bgb|juris}} Abs. 1 Satz 1 BGB analog i. V. m. {{§|823|bgb|juris}} Abs. 2 BGB begründen. Dieser kommt jedoch nicht in Betracht, wenn und soweit die Grundstücksnutzung von einer bestandskräftigen Baugenehmigung gedeckt ist.<ref>[https://openjur.de/u/2394759.html BGH, Urteil vom 21. Januar 2022 - V ZR 76/20] Rz. 20.</ref> Soweit der Unterlassungsanspruch auf die Verletzung einer nachbarschützenden Norm des öffentlichen Rechts als [[Schutzgesetz]] i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB gestützt wird, ist dieser Anspruch streng [[Akzessorietät|akzessorisch]] zum öffentlichen Recht, denn er setzt voraus, dass die Grundstücksnutzung, deren Unterlassung begehrt wird, gegen die öffentlich-rechtliche Norm verstößt, auf deren Schutz sich der Nachbar beruft. Dies ist ausgeschlossen, wenn die Norm im Baugenehmigungsverfahren geprüft worden, die Grundstücksnutzung öffentlich-rechtlich bestandskräftig genehmigt und die Genehmigung nach wie vor wirksam ist.<ref>[https://openjur.de/u/2394759.html BGH, Urteil vom 21. Januar 2022 - V ZR 76/20] Rz. 22, 27.</ref> An diese Feststellung sind die Zivilgerichte aufgrund der Tatbestandswirkung der Baugenehmigung gebunden.<ref>[https://openjur.de/u/2394759.html BGH, Urteil vom 21. Januar 2022 - V ZR 76/20] Rz. 25.</ref><ref>[https://rsw.beck.de/aktuell/daily/meldung/detail/bgh-nachbarliche-duldungspflicht-bei-bestandskraeftiger-baugenehmigung ''Nachbarliche Duldungspflicht bei bestandskräftiger Baugenehmigung.''] beck-aktuell, 27. April 2022.</ref>
Ohne Bindung an die Baugenehmigung kann der Nachbar jedoch Abwehrrechte etwa aus den §§ 905 ff. BGB und aus den Nachbarrechtsgesetzen der Länder geltend machen, wenn und soweit deren Voraussetzungen vorliegen. Denn die Baugenehmigung ergeht unbeschadet privater Rechte Dritter. Sie hat keine privatrechtsgestaltende Ausschlusswirkung. Ebenso kann er den Bau zivilrechtlich untersagen lassen, wenn er durch diesen in einer vertraglich (etwa durch einen Miet- oder Pachtvertrag) oder dinglich (etwa durch eine Grunddienstbarkeit) geschützten Rechtsposition beeinträchtigt würde.<ref>[https://openjur.de/u/2394759.html BGH, Urteil vom 21. Januar 2022 - V ZR 76/20] Rz. 21.</ref>
== Bauabnahme ==
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Eine Baugenehmigung wird nach einer bestimmten Zeit ungültig, wenn mit dem Bau nicht begonnen wird. Verlängerungen sind teilweise möglich. Eine Abweichung von genehmigten Plänen bedarf der erneuten Zustimmung der Behörde (sog. [[Tektur (Bauplanung)|Tekturgenehmigung]]). Näheres regeln die entsprechenden Landesbauordnungen.
== Nachträgliche Genehmigung ==
Ein ohne Baugenehmigung errichtetes Gebäude (Schwarzbau) ist im Nachhinein regelmäßig nicht genehmigungsfähig. Möglich ist in wenigen Fällen jedoch die [[Legalisierung (Baurecht)|Legalisierung]] durch nachträgliche [[Bauleitplanung]], etwa den Erlass einer Außenbereichssatzung gem. {{§|35|bbaug|juris}} Abs. 6 BauGB.<ref>Norbert Schwaldt, Michael Fabricius: [https://www.welt.de/finanzen/immobilien/article127972757/Abriss-von-Schwarzbauten-ist-schwer-zu-verhindern.html ''Keine Baugenehmigung: Abriss von Schwarzbauten ist schwer zu verhindern''] [[Die Welt]], 14. Mai 2014.</ref>
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Nach Angaben des [[Statistisches Bundesamt|Statistischen Bundesamtes]] vom November 2007 gab es in Deutschland von Januar bis September 2007 einen Rückgang bei den erteilten Baugenehmigungen gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 31,4 %. Hauptgrund hierbei war der Wegfall der staatlichen [[Eigenheimzulage]] zum 1. Januar 2006, die sich aber erst im Jahr 2007 auswirkte.
Im April 2024 wurde in Deutschland der Bau von 17 600 Wohnungen genehmigt. Das waren 17,0 % oder 3 600 Baugenehmigungen weniger als im April 2023.<ref>[https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2024/06/PD24_232_3111.html ''Baugenehmigungen für Wohnungen im April 2024: -17,0 % zum Vorjahresmonat.''] Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes, abgerufen am 5. Juli 2024.</ref>
== Österreich und Schweiz ==
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In Belgien wird die behördliche Genehmigung, eine bauliche Anlage zu errichten oder zu ändern, als [[Städtebaugenehmigung]] bezeichnet (in Kurzform mitunter auch Baugenehmigung genannt).
== Literatur ==
* Olaf Bühler: ''Das Recht der Baugenehmigung.'' Verlag Mittelstand und Recht, 2015. ISBN 978-3-939384-37-3.
* [[Martin Kment]]: ''Öffentliches Baurecht I: Bauplanungsrecht.'' München, 8., neu bearbeitete Auflage, 2022. ISBN 978-3-406-78332-6.
* Christian-W. Otto: ''Öffentliches Baurecht II: Bauordnungsrecht, Nachbarschutz, Rechtsschutz.'' München, 8., neu bearbeitete Auflage, 2023. ISBN 978-3-406-78384-5.
* Sigurd König: ''Drittschutz: Der Rechtsschutz Drittbetroffener gegen Bau- und Anlagengenehmigungen im öffentlichen Baurecht, Immissionsschutzrecht und Atomrecht.'' Berlin: Duncker & Humblot, 2020. ISBN 978-3-428-47844-6.
== Weblinks ==
{{Wiktionary}}
* [[Statistisches Bundesamt]]: [https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/Wirtschaftsbereiche/Bauen/Bauen.html
▲* [https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/Wirtschaftsbereiche/Bauen/Bauen.html Statistisches Bundesamt (Destatis): Themenbereich Bauen, inklusive Daten zu Baugenehmigungen.]
== Einzelnachweise ==
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