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{{Begriffsklärungshinweis}}
[[Datei:Statue of Truth.jpg|mini|[[Walter Seymour Allward]], ''Veritas'' (lateinisch für „Wahrheit“), 1920]]
 
Der Begriff der '''Wahrheit''' wird in verschiedenen Zusammenhängen gebraucht und unterschiedlich gefasst. Gemeinhin wird die Übereinstimmung von Aussagen oder Urteilen mit einem [[Sachverhalt]],<ref name="Wahrheit" /><ref name="Kosing" /> einer [[Tatsache]] oder der [[Wirklichkeit]] im Sinne einer korrekten Wiedergabe als ''Wahrheit'' bezeichnet. Im Weiteren wird unter „Wahrheit“ auch die Übereinstimmung einer Äußerung mit einer Absicht oder einem bestimmten Sinn beziehungsweise einer normativ als richtig ausgezeichneten Auffassung („[[Truismus|truism]]“ oder [[Gemeinplatz]]) oder mit den eigenen Erkenntnissen, Erfahrungen und Überzeugungen verstanden (auch „Wahrhaftigkeit“ genannt). Tiefergehende Betrachtungen sehen Wahrheit als Ergebnis eines offenbarenden, freilegenden oder entdeckenden Prozesses des Erkennens ursprünglicher Zusammenhänge oder wesenshafter Züge.
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==== Aristoteles ====
[[Datei:Busto di Aristotele conservato a Palazzo Altemps, Roma. Foto di Giovanni Dall'Orto.jpg|mini|Aristoteles formulierte das Grundprinzip der Korrespondenztheorie.]]
Als erster Korrespondenztheoretiker wird vielfach [[Aristoteles]] genannt, der in seiner ''[[Metaphysik (Aristoteles)|Metaphysik]]'' formulierte:
{{Zitat
|Text=Zu sagen nämlich, das Seiende sei nicht oder das Nicht-Seiende sei, ist falsch, dagegen zu sagen, das Seiende sei und das Nichtseiende sei nicht, ist wahr. Wer also ein Sein oder Nicht-Sein prädiziert, muss Wahres oder Falsches aussprechen.<ref>Aristoteles: ''Metaphysik'' 1011b (Übers. H. Bonitz).</ref><br />[…] Nicht darum nämlich, weil unsere Meinung, du seiest weiß, wahr ist, bist du weiß, sondern darum, weil du weiß bist, sagen wir die Wahrheit, indem wir dies behaupten.<ref name="Aristoteles">Aristoteles: ''Metaphysik'' 1051b (Übers. H. Bonitz).</ref>}}
 
Aristoteles spricht in dieser berühmten Formulierung allerdings nicht von Korrespondenz oder Adäquation. Daher gibt es über die Zuordnung des Aristoteles zur Korrespondenztheorie keinen wissenschaftlichen Konsens.
 
==== Thomas von Aquin ====
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Für das Wahrheitskriterium der ''Nützlichkeit in der Praxis'' wurde auf eine mögliche Verbindung zu den Wahrheitstheorien von [[Georg Wilhelm Friedrich Hegel|Hegel]] und [[Karl Marx|Marx]] hingewiesen.<ref>Lothar Kreiser, Pirmin Stekeler-Weithofer: ''Wahrheit/Wahrheitstheorie''. In: Hans Jörg Sandkühler (Hrsg.): ''Enzyklopädie Philosophie''. Bd. 2: O–Z, Meiner, Hamburg 1999, S. 1712–1722, hier S. 1717.</ref>
 
[[Bertrand Russell]] kritisierte diese Vermischung von Definition und Kriterium der Wahrheit. Festzustellen, ob die Wirkungen eines Glaubens (auf lange Sicht) gut seien, könne noch schwieriger sein als andere Formen der Verifikation. Andere Menschen könnten zudem solche Wirkungen für schädlich halten, die wir als positiv erachten. „Intersubjektive Wahrheit setzt daher voraus, daß alle Einzelinteressen harmonieren.“<ref>Gunnar Skirbekk: ''Einleitung''. In: Gunnar Skirbekk (Hrsg.): ''Wahrheitstheorien. Eine Auswahl aus den Diskussionen über Wahrheit im 20. Jahrhundert''. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1977, S. 8–34, hier S. 14. Vgl. Bertrand RusselRussell: ''William James. (Auszug –1946)''. In: Gunnar Skirbekk (Hrsg.): ''Wahrheitstheorien. Eine Auswahl aus den Diskussionen über Wahrheit im 20. Jahrhundert''. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1977, S. 59–62 (ursprünglich aus Bertrand Russels ''History of Western Philosophy'').</ref> Für [[Herbert Keuth]] stellt die pragmatistische Wahrheitstheorie im Grunde eine Theorie des Fürwahrhaltens dar; auch kommen wir, um den Erfolg einer Aussage beurteilen zu können, nicht darum herum, die Übereinstimmung mit den Tatsachen zu überprüfen.<ref>Herbert Keuth: ''Wissenschaft und Werturteil. Zu Werturteilsdiskussion und Positivismusstreit.'' J. C. B. Mohr (Paul Siebeck): Tübingen 1989. ISBN 3-16-345453-4. S. 130ff.</ref>
 
Ausgehend von den Überlegungen des Pragmatismus und der Sprachphilosophie Wittgensteins entwickelte sich im deutschsprachigen Raum die ''Intersubjektivitätstheorie der Wahrheit'' vor allem als [[Konsenstheorie der Wahrheit|Konsensustheorie]] ([[Jürgen Habermas]], [[Karl-Otto Apel]]<ref>Vgl. dazu, insbesondere mit Blick auf eine resultierende Kritik an der Konsensustheorie der Wahrheit, [[Vittorio Hösle]]: ''Die Krise der Gegenwart und die Verantwortung der Philosophie. Transzendentalpragmatik, Letztbegründung, Ethik''. Beck, München 1990, S. 179ff.</ref>) und als dialogische Theorie ([[Erlanger Konstruktivismus|Erlanger Schule]]).
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„Wahrheit“ ist damit bei Hegel ein „immanenter“ Prozess „der Sache selbst“. Hegel unterscheidet in diesem Zusammenhang zwischen dem „gewöhnlichen“ und dem „philosophischen oder spekulativen“ Satz. Der gewöhnliche Satz hat die Form eines Urteils. Es werden seine Komponenten, Subjekt und Prädikat, zuerst als voneinander getrennt verstanden und als solche in eine Beziehung zueinander gesetzt.<ref>Vgl. Georg Wilhelm Friedrich Hegel: ''Wissenschaft der Logik I.'' Suhrkamp, Frankfurt am Main 1986, S. 93ff.</ref> Diese ist dann wahr oder falsch. Im ''positiv-vernünftigen'' oder ''spekulativen'' Satz wird dagegen die dialektische Bewegung der Sache selbst festgehalten.
 
Der „Begriff“ stellt im hegelschen Sinne die substantielle Verfasstheit aller „Dinge“ (Sachen) und des „Ganzen“ dar. Der Begriff einer Sache übertrifft prinzipiell und notwendigerweise diese Sache selbst, und zwar wegen des endlichen Momentes der Sache. Die absolute Wahrheit ist [[Gott]] als [[Geist]]. Er allein stellt die absolute Übereinstimmung des Begriffs und der Realität dar:
{{Zitat
|Text=Gott allein ist die wahrhafte Übereinstimmung des Begriffs und der Realität; alle endlichen Dinge aber haben eine Unwahrheit an sich, sie haben einen Begriff und eine Existenz, die aber ihrem Begriff unangemessen ist […].<ref name="Hegel.P24.S2">Georg Wilhelm Friedrich Hegel: ''Enzyklopädie''. §&nbsp;24, Zusatz 2.</ref>}}
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==== Christliche Theologie ====
===== Allgemein =====
In der Geschichte der christlichen Theologie stand die Wahrheit des christlichen Glaubens immer wieder im Zentrum heftiger Kontroversen. Schon im Mittelalter wurde versucht, den Streit so zu schlichten, dass man eine Theorie der „[[Doppelte Wahrheit|doppelten Wahrheit]]“ entwarf, nach der im subjektiven religiösen Glauben oder auch in der wissenschaftlichen Theologie durchaus wahr sein kann, was in der Philosophie falsch ist. Diese Auffassung wurde zwar auf dem [[Fünftes Laterankonzil|5. Laterankonzil]] 1513 als Irrlehre verurteilt. Aber
In der Zeit der [[Scholastik]] wurde durch Philosophen wie Thomas von Aquin für die Vernünftigkeit des [[Christentum]]s bzw. die Vereinbarkeit von Glaube und Vernunft argumentiert; siehe auch [[Apologetik]]. Die Frage nach der Einheit und Allgemeingültigkeit der religiösen Wahrheit wurde in der [[Reformation]] und [[Aufklärung]] wieder aufgenommen. Die konfessionelle Glaubensspaltung, die Emanzipation der Einzelwissenschaften von der traditionell beanspruchten sachlichen Priorität der Theologie, die neuzeitliche Religionskritik und die Konfrontation mit den Wahrheitsansprüchen anderer Religionen sind die wichtigsten Faktoren, die in der Neuzeit zur Entstehung und Erhaltung dieser Krise beigetragen haben.
 
In der modernen [[Religionsphilosophie]] wurde der Wahrheitsbegriff christlicher Theologien in unterschiedlichster Weise angegriffen, darunter:
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[[Datei:Wahrheitszuordnung der kath-Kirche de.svg|mini|Visualisierung der Wahrheitszuordnung nach [[Lumen Gentium]]<ref name="Lumen Gentium">{{Internetquelle |url=http://www.vatican.va/archive/hist_councils/ii_vatican_council/documents/vat-ii_const_19641121_lumen-gentium_ge.html |titel=Dogmatische Konstitution Lumen Gentium |hrsg=[[Römisch-katholische Kirche]] |datum=1964-11-21 |abruf=2014-01-08 |kommentar=Nr. 13 und Nr. 16 |zitat=Zu dieser katholischen Einheit des Gottesvolkes, die den allumfassenden Frieden bezeichnet und fördert, sind alle Menschen berufen. Auf verschiedene Weise gehören ihr zu oder sind ihr zugeordnet die katholischen Gläubigen, die anderen an Christus Glaubenden und schließlich alle Menschen überhaupt, die durch die Gnade Gottes zum Heile berufen sind.}}</ref> ]]
 
Die [[römisch-katholische Kirche]] erhob lange Zeit einen [[Absolutheitsanspruch]] für die eigene religiöse Wahrheit und Heilsvermittlung. Diese Position hat v.&nbsp;a. in der [[Fundamentaltheologie|fundamentaltheologischen]] Diskussion der 2. Hälfte des 20. Jh. unterschiedliche Präzisierungen und Modifikationen erfahren. Seit dem [[Zweites Vatikanisches Konzil|Zweiten Vatikanischen Konzil]] wird von offizieller Seite ein moderater [[Inklusivismus]] vertreten. Besonders in [[Nostra Aetate]], der Erklärung über die Haltung der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen, wird erklärt, dass die Menschen einzig in Christus, „der Weg, Wahrheit und Leben“ {{Bibel|Joh|14,6}} ist, die Fülle des religiösen Lebens finden. Doch auch andere Religionen haben Anteil am durch Christus unüberbietbar vermittelten [[Heil]], denn ihre Handlungs- und Lebensweisen können „nicht selten einen Strahl jener Wahrheit erkennen lassen, die alle Menschen erleuchtet“.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.vatican.va/archive/hist_councils/ii_vatican_council/documents/vat-ii_decl_19651028_nostra-aetate_ge.html |titel=Nostra Aetate |titelerg=Erklärung über die Haltung der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen |hrsg=[[Römisch-katholische Kirche]] |datum=1965-10-02 |abruf=2014-01-08 |kommentar=Kapitel 2}}</ref> Die Kirche sieht die Menschen auf verschiedene Weise der Wahrheit hin zugehörend und zugeordnet: Zuerst „die katholischen Gläubigen, die anderen an Christus Glaubenden und schließlich alle Menschen überhaupt, die durch die Gnade Gottes zum Heile berufen sind.“<ref name="Lumen Gentium" />
 
Einen wesentlichen Beitrag zur Klärung des Verhaltnisses von Glaube und Wahrheit lieferte auch die [[Enzyklika]] ''[[Fides et ratio]]'' (Glaube und Vernunft).
 
Der aktuelle [[Papst]] [[Franziskus (Papst)|Franziskus]]<ref>{{Internetquelle |url=http://www.repubblica.it/cultura/2013/09/12/news/lettera_papa_traduzione_tedesco-66358598/ |titel=Papst Franziskus schreibt an “la Repubblica” |titelerg=“Offener Dialog mit den Nichtgläubigen” |hrsg=[[La Repubblica]] |datum=2013-09-12 |abruf=2014-01-07 |zitat=Sie fragen mich auch, ob es ein Irrtum oder eine Sünde sei zu glauben, dass es keine absolute Wahrheit gebe. Ich würde zunächst auch für einen Glaubenden nicht von ,absoluter‘ Wahrheit sprechen – für den Christen ist die Wahrheit die Liebe Gottes zu uns in Jesus Christus, also eine Beziehung! Und jeder von uns geht von sich selbst aus, wenn er die Wahrheit aufnimmt und ausdrückt: von seiner Geschichte, Kultur, seiner Lage usw. Das heißt nicht, dass Wahrheit subjektiv oder veränderlich wäre, im Gegenteil. Aber sie gibt sich uns immer nur als Weg und als Leben. Hat nicht Jesus selbst gesagt: Ich bin der Weg, die Wahrheit, das Leben?}}</ref> und sein Vorgänger, Papst [[Benedikt&nbsp;XVI.]]<ref>{{Internetquelle |url=http://www.vatican.va/holy_father/benedict_xvi/homilies/2012/documents/hf_ben-xvi_hom_20120902_ratzinger-schuelerkreis_ge.html |titel=Predigt von Papst Benedikt XVI. |titelerg=Heilige Messe zum Abschluss der Begegnung mit dem “[[Joseph Ratzinger Papst Benedikt XVI.-Stiftung|Ratzinger-Schülerkreis]]” |hrsg=[[Römisch-katholische Kirche]] |datum=2012-09-02 |abruf=2014-01-07 |zitat=Niemand kann die Wahrheit haben, die Wahrheit hat uns, sie ist etwas Lebendiges! Wir sind nicht ihre Besitzer, sondern wir sind von ihr ergriffen; nur wenn wir uns von ihr führen und treiben lassen, bleiben wir in ihr; nur wenn wir mit ihr und in ihr Pilger der Wahrheit sind, dann ist sie in uns und durch uns da.}}</ref>, beschrieben Wahrheit als Beziehung der Menschen zu Gott, über die jedoch niemand absolut verfügt, sondern die im Rahmen eines Weges immer neu erschlossen werden muss.
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Glauben Sie nicht einfach an Traditionen, weil sie von Generationen akzeptiert wurden.
Glauben Sie an nichts, nur auf Grund der Verbreitung durch Gerüchte.
Glauben Sie nie etwas, nur weil es in [[Heilige Schriften|Heiligen Schriften]] steht.
Glauben Sie an nichts, nur wegen der Autorität der Lehrer oder älterer Menschen.
 
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Über die Definition und die Bedeutung der in der [[Islam|islamischen]] Welt verwendeten, mehrdeutigen Wahrheitsbegriffe, Haqq ([[Arabische Sprache|arabisch]] , Al-Haqq الحق) bzw. Haqqiqah ([[Arabische Sprache|arabisch]] , الحقيقه), diskutieren seit Jahrhunderten die [[Islamische Schule|Islamischen Schulen]], Koran-Exegeten und [[Ashāb al-hadīth|Traditionarier]], z. T. sehr kontrovers und mit Anfeindungen und [[Apostasie im Islam|Apostasie]]-Vorwürfen ([[Takfīr]], [[Arabische Sprache|arabisch]] تكفير).
 
Im Koran kommt der Begriff <nowiki>''</nowiki>Al-Haqq<nowiki>''</nowiki> insgesamt 227-mal vor. In vier Versen im Koran wird der Gott (Allah) als Haqq (Al-Haqq), die Wahrheit, bezeichnet.<ref>Koran, Sure 22, Vers 6; Sure 22, Vers 62; Sure 24, Verse 25; Sure 31, Vers 30.</ref> (Auch in den Überlieferungen erscheint Al-Haqq unter den 99 Namen,<ref>Bentley, David (September 1999). ''The 99 Beautiful Names for God for All the People of the Book''. William Carey Library. ISBN 0-87808-299-9</ref> die dem Gott zugeordnet werden.) Im Koran werden die Religion,<ref>Koran, Sure 8, Vers 8.</ref> die Lehren und die Worte Gottes<ref>Koran, Sure 28, Vers 48.</ref> als Al-Haqq beschrieben. Die Koran-Exegeten beanspruchen diese Wahrheitsdefinition für den Islam bzsbzw. für den Koran. Nach Definition dieser islamischen Theologen ist Gott und alles von ihm stammende die Wahrheit (Al-Haqq).<ref>[[Allameh Tabatabai|Tabataba'i, Muhammad Husayn]], Al-Mizan fi Tafsir al-Qur'an (Arabic: الميزان في تفسير القرآن, "The balance in interpretation of Quran"), Exegese von Sure 9, Vers 33 (in arabischArabisch und persischPersisch).</ref><ref>{{Literatur |Autor=Muḥammad Ibn Aḥmad Ibn Rassoul |Hrsg= |Titel=Tafsīr Al-Qur’ān Al-Karīm |Auflage=41. |Verlag=Islamische Bibliothek |Ort= |Datum=2008 |ISBN=978-3-8217-0233-9 |Seiten=39 |Sprache=de}}</ref>
 
== Wahrheit in der deutschen Literatur von der Aufklärung bis zur Moderne ==
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Bleibt die Wahrheit offen ([[non liquet]]), wird nach der (objektiven) Beweislast (in der freiwilligen Gerichtsbarkeit: [[Feststellungslast]]) entscheiden. Im Strafprozess wird der Angeklagte freigesprochen ([[in dubio pro reo]]), sofern nicht, weil jede denkbare Wahrheit eine Straftat darstellt, ausnahmsweise [[Wahlfeststellung]] möglich ist. Im Zivilprozess richtet sich die Beweislast nach dem materiellen Recht; kann der Kläger die Tatbestandsvoraussetzungen der geltend gemachten Anspruchsgrundlage nicht beweisen, wird die Klage abgewiesen; kann er das, der Beklagte aber nicht die Voraussetzungen der erheblichen Einwendungen beweisen, wird ihr stattgegeben.
 
Die Parteien im Zivilprozess stehen unter Wahrheitspflicht, ebenso [[Zeuge]]n und [[Sachverständiger|Sachverständige]]; unwahre Angaben können als [[Vermögensdelikt|Betrug]] bzw. [[Aussagedelikt]] strafbar sein, siehe auch [[Meineid]]. Der Angeklagte darf dagegen im Strafprozess nicht nur [[Schweigen (Recht)|schweigen]], sondern auch lügen ([[Nemo tenetur se ipsum accusare]]).
 
== Literatur ==
=== Wahrheit in der Philosophie ===
==== Klassiker (chronologisch geordnet) ====
* [[Thomas von Aquin]]: ''Von der Wahrheit'' (''De veritate'', [[Quaestio (Literaturgattung)|Quaestio]] I), Lateinisch – Deutsch, ausgewählt, übersetzt und herausgegeben von [[Albert Zimmermann (Philosophiehistoriker)|Albert Zimmermann]], Hamburg 1986, ISBN 3-7873-0669-2 [http://www.corpusthomisticum.org/qdv01.html (Online im ''Corpus Thomisticum'')]; deutsche Übertragung (von [[Edith Stein]]): [https://www.karmelitinnen-koeln.de/wp-content/uploads/2014/10/23_24_EdithSteinGesamtausgabe_UntersuchungenUeberDieWahrheit.pdf Untersuchungen über die Wahrheit].
* [[Friedrich Nietzsche]]: ''[[Über Wahrheit und Lüge im außermoralischen Sinne]]''. [1872].
* [[Kurt Gödel]]: ''Über formal unentscheidbare Sätze''. In: ''Monatshefte für Mathematik und Physik'', 38, 1931, S. 173–198.
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=== Wahrheit in der Erzählforschung ===
* Artikel „Wahrheit“ in: ''Enzyklopädie des Märchens. Handwörterbuch zur historischen und vergleichenden Erzählforschung'' {{Literatur |Autor=(Autor: Jürgen Beyer) |Titel=Band 14 Vergeltung - Zypern, Nachträge |Verlag=De Gruyter |Datum=2015 |ISBN=978-3-11-040828-7 |Seiten=412-418412–418 |Online=https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/9783110408287/html |Abruf=2023-04-19 |DOI=10.1515/9783110408287}}
 
=== Wahrheit im Verfassungsstaat ===