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'''Moctezuma II.''' (spanisch; eigentlich {{lang|nah-Latn|''Motēcuhzōma Xōcoyōtzin''}} [{{IPA|moteːkʷˈsoːma ʃoːkoˈjoːtsin}}], in deutschen Texten meist {{lang|es|'''Montezuma'''}}; * um [[1465]]; † [[30. Juni]] [[1520]] in [[Tenochtitlán]], [[Mexiko]]) war von 1502 bis zu seinem Tod 1520 der neunte Herrscher über das [[Aztekenreich|Reich der Azteken]]. Während der ersten siebzehn Jahre seiner Herrschaft führte er die rigide Expansionspolitik seiner Vorgänger fort; wesentlich bekannter ist er jedoch aufgrund seiner Rolle im [[Spanische Eroberung Mexikos|Kampf gegen die Spanier]] unter [[Hernán Cortés]] während der letzten beiden Jahre seines Lebens.
 
Der Name {{lang|nah-Latn|''MotecuzomaMoteuczoma''}} bedeutet auf [[Nahuatl]] „Er schaut finster drein wie ein Fürst“; den Beinamen {{lang|nah-Latn|''Xocoyotzin''}} „der Jüngere“ trug er zur Unterscheidung gegenüber seinem Vorgänger [[Moctezuma I.]] Sein Name wurde schrittweise durch [[phono-semantische Angleichung]] und Vereinfachung zu ''Moctezuma'' und {{lang|es|''Montezuma''}}.
 
== Leben ==
=== Moctezumas frühe Herrschaft ===
Moctezuma war der Sohn des Herrschers [[Axayacatl]], der von 1471 bis 1482 über [[Tenochtitlán]] regierte. Über seinen Werdegang vor seiner Thronbesteigung ist kaum etwas bekannt, bis auf die Tatsache, dass er bis zum Tod seines Onkels [[Auítzotl]] im Jahre 1502 [[Hohepriester]] der höchsten aztekischen Gottheit [[Huitzilopochtli]] war. Während der ersten zehn Jahre seiner Herrschaft schloss Moctezuma die Eroberungszüge seiner Vorgänger in das Bergland des heutigen mexikanischen Bundesstaates [[Oaxaca]] ab und führte sie selbst an.<ref>{{Literatur |Autor=Erik Velásquez García, Enrique Nalda, Pablo Escalante Gonzalbo, Bernardo García Martínez, Bernd Hausberger |Titel=Nueva historia general de México |Verlag=El Colegio de Mexico AC |Datum=2010 |ISBN=978-607-462-379-6 |Online=h{{Google Buch |BuchID=815HAwAAQBAJ |SeitenID=PT141}}}}</ref> Er verfolgte damit zum einen das Ziel, die schon vor seiner Herrschaft eroberten Durchgangswege und das Tal von Oaxaca zu sichern, das reiche [[Tribut]]e lieferte. Zum anderen sollten die bereits unterworfenen Völker durch die Demonstration seiner militärischen Macht eingeschüchtert werden.
 
Nach den Feldzügen gegen die Völker im Gebiet des heutigen Oaxaca, vor allem die [[Mixteken]] und [[Zapoteken]],<ref>{{Literatur |Autor=H. Micheal Tarver Ph.D, Emily Slape |Titel=The Spanish Empire: A Historical Encyclopedia [2 volumes]: A Historical Encyclopedia |Verlag=ABC-CLIO |Datum=2016 |ISBN=978-1-61069-422-3 |Online={{Google Buch |BuchID=1LCJDAAAQBAJ |Seite=172}}}}</ref> konzentrierte sich Moctezuma auf die Schwächung der [[Tlaxcalteken]] und ihrer Verbündeten. Es gelang ihm, die Tlaxcalteken von fast allen Handelsverbindungen abzuschneiden. Da bei diesen Unternehmungen auch Krieger aus der 1473 von den Azteken eroberten Nachbarstadt [[Tlatelolco]] teilnahmen, erließ ihnen Moctezuma 1519 alle seitdem auferlegten Tributzahlungen, beendete die Herrschaft der Militärgouverneure und setzte dafür seinen Vetter [[Cuauhtémoc]] als neuen Herrscher ein.
 
[[Datei:Aztecexpansion.png|mini|300px|Die Ausdehnung des Reiches der Azteken bei Ankunft der Spanier 1519 (das unter Moctezuma II. unterworfene Gebiet ist hellgrün unterlegt.)]]
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Nach den Berichten von [[Bernal Díaz del Castillo]] führte der Spanier [[Francisco Hernández de Córdoba (Entdecker von Yucatán)|Francisco Hernández de Córdoba]] 1517 eine Expedition von [[Kuba (Insel)|Kuba]] aus Richtung Westen und entdeckte dabei die Halbinsel [[Yucatán (Halbinsel)|Yucatán]]. Obwohl die Spanier nicht weiter nach Westen vordrangen, erhielt Moctezuma genaue Berichte über die Fremden und wusste exakt über die Stationen ihrer Reise Bescheid.<ref>[[Bernal Díaz del Castillo]]: ''Geschichte der Eroberung von Mexiko'' (herausgegeben und bearbeitet von [[Georg von Narciß|Georg A. Narziß]], spanischer Originaltitel: ''[[Historia verdadera de la conquista de la Nueva Espana|Historia verdadera de la conquista de la Nueva España]]''). [[Insel Verlag|Insel-Verlag]], Frankfurt am Main 1988, S. 42 f.</ref> Er befahl, im Falle einer Rückkehr der Fremden mit ihnen Handel zu treiben und sie genau über ihre Absichten auszufragen. Bei der Ankunft der Schiffe unter dem Kommando des [[Juan de Grijalva]] im Jahr darauf wurden die Spanier, die hier erstmals von den Azteken beherrschtes Land betraten, dann auch von offiziellen Abgesandten des Moctezuma begrüßt und betrieben Tauschhandel mit den Einwohnern.
 
Am Gründonnerstag 1519 landete eine dritte Expedition auf [[San Juan de Ulúa]], diesmal unter der Führung des [[Hernán Cortés]]. Sie wurden wiederum von Abgesandten des Moctezuma empfangen, der sogleich von der erneuten Ankunft der Spanier erfahren hatte. Sieben Tage nach der Landung übermittelte ihnen der Gesandte Tendile Moctezumas Wunsch, von einer direkten Begegnung mit ihm abzusehen. Da die Azteken bei dieser zweiten Begegnung auch reiche Geschenke an Gold und kostbaren Stoffen für die Neuankömmlinge mitbrachten, wurde aber deren Drang, nach Tenochtitlán zu gelangen, nur noch größer. Außerdem war nach Darstellung des Historikers [[William H. Prescott]] die tiefe Überzeugung der Spanier&nbsp;– jedenfalls, soweit es ihre Anführer betraf&nbsp;–, „Ungläubigen“ zu deren eigenem Heil das Christentum nahezubringen, eine maßgebliche Triebfeder.<ref>[[William Hickling Prescott|William H. Prescott]]: ''Die Eroberung Mexikos''. [[Deutsche Buch-Gemeinschaft|DBG]], Berlin 1956.</ref> Moctezuma versuchte in Folge noch mehrmals vergeblich, die Truppe durch Übersendung großzügiger Geschenke von einem „Besuch“ Tenochtitláns abzubringen; seine implizite Weigerung, mit Cortés persönlich zu sprechen, fassten die Spanier zudem als Beleidigung auf.
 
=== Begegnung mit Cortés ===
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=== Familie ===
Moctezuma II. (Motēcuhzōma Xōcoyōtzin) hatte mehrere Haupt- und Nebenfrauen, dazu einige [[Konkubine]]n, entsprechend groß war die Anzahl seiner Kinder. Zeitgenössische Chronisten geben teilweise bis zu 100 Kinder an. Diese unterschieden sich nach der sozialen Stellung der jeweiligen Mutter entsprechend in Rang und Erbfolge. Die Namen der Mütter und Kinder sind nurin vielen Fällen teilweisenicht übermitteltüberliefert. Nachstehend genannt werden lediglich die bekanntesten der Kinder mit Enkelkindern.
 
* [[Axayacatl]] († 1482), [[Tlatoani]] von [[Tenochtitlán]]
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[[Datei:Houghton Typ 625.99.800 Istoria della conquista del Messico - Motezuma.jpg|mini|Phantasiedarstellung Moctezumas II., Kupferstich von Antonio de Solis aus dem Jahr 1699]]
 
In der aztekischen Mythologie soll auch die Überlieferung bestanden haben, der Schöpfer [[Quetzalcoatl]]&nbsp;– eine Gottheit mit heller Gesichtsfarbe und langem Bart&nbsp;– hätte bei seiner Einschiffung und Abreise nach dem geheimnisvollen [[Tlapallan]] verkündet, dereinst über den Atlantischen Ozean mit seinem Gefolge zurückzukehren, um sein Reich wieder in Besitz zu nehmen. Gerade zur Zeit vor Cortés’ Landung hätten sich Naturereignisse und andere Erscheinungen gehäuft, die seitens der mexikanischen Priesterschaft als Vorboten interpretiert worden seien. Angesichts der Berichte über Herkunft und Aussehen der Spanier habe Moctezuma nicht ausschließen können, es mit den Gesandten des Gottes zu tun zu haben<ref>William H. Prescott: ''Die Eroberung Mexikos''. [[Deutsche Buch-Gemeinschaft|DBG]], Berlin 1956;, S. 68 f.</ref> – zumal, wenn man die unwahrscheinliche Durchschlagskraft dieser zahlenmäßig kleinen Truppe bedachte, und ihre „Feuer speienden“ Waffen. Später begründete er&nbsp;– als er den Ankömmlingen bereits Quartier in der Hauptstadt gewährt hatte&nbsp;– seine Fügsamkeit (trotz aller Macht, über die er gebot) eben damit, dass sie offenkundig Nachkommen des Gottes seien.<ref>William H. Prescott: ''Die Eroberung Mexikos''. DBG, Berlin 1956;, S. 213.</ref> Schon bei ihrer ersten Begegnung hätte, wie [[Bernardino de Sahagún]] überliefert, Moctezuma daher in einer Rede formell die Herrschaft an Cortés übergeben. In der neueren Forschung wird dies bezweifelt. Cortés habe demnach sowohl die Rede als auch die Identifizierung mit dem wiedergekehrten Quetzalcoatl erfunden, um sich selbst vor dem König als rechtmäßiger Statthalter präsentieren zu können.<ref>Matthew Restall: ''Seven Myths of the Spanish Conquest.'' Oxford University Press, Oxford 2003, S. 7 ff. u.&nbsp;ö.; Hanns J. Prem: ''Die Azteken: Geschichte – Kultur – Religion.'' 4. Auflage. C.&nbsp;H. Beck, München 2006, S. 111 f.; Daniel Grana-Behrens: ''Der Zerfall des aztekischen Staates in Zentralmexiko 1516–1521.'' In: [[John Akude|John Emeka Akude]] et al. (Hrsg.): ''Politische Herrschaft jenseits des Staates. Zur Transformation von Legitimität in Geschichte und Gegenwart.'' Springer VS, Wiesbaden 2011, S. 83 ff.</ref> Gleichwohl ist dieser [[Geschichtsmythos]] als Erklärung für die rasche Unterwerfung des Aztekenreiches auch im 21. Jahrhundert noch weit verbreitet.<ref>Roland Bernhard: ''Geschichtsmythen über Hispanoamerika. Entdeckung, Eroberung und Kolonisierung in deutschen und österreichischen Schulbüchern des 21. Jahrhunderts.'' Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 2013, S. 120 ff.</ref>
 
Vom eigenen Volk wurde Moctezuma seine zögerliche und unentschlossene Haltung bald als Schwäche ausgelegt; besonders aber von den Spaniern selbst. [[Francisco López de Gómara]], der Biograph von Hernán Cortés, schrieb über ihn: „Moctezuma muss wohl ein schwacher und kleinmütiger Mann gewesen sein, denn er ließ sich ohne weiteres gefangen nehmen, und als Gefangener versuchte er nie freizukommen, nicht einmal, als Cortés ihm die Freiheit anbot und seine eigenen Leute ihn darum anflehten.“<ref>Zitiert in: Tzvetan Todorov: ''Die Eroberung Amerikas. Das Problem des Anderen.'' 8. Auflage. Edition suhrkamp, Frankfurt am Main 2002, S. 73 f., nach Francisco López de Gómara: ''Historia de la conquista de México.'' P. Robredo, Mexiko-Stadt 1943.</ref> Für die Beweggründe Moctezumas hatte er jedoch keine Erklärung. Der bulgarisch-französische Wissenschaftler [[Tzvetan Todorov]] sieht seine Ablehnung, mit den Spaniern selbst Kontakt aufzunehmen, zum Teil in einem alten Gesetz begründet, das es seinen Untertanen verbot, direkt mit ihm zu sprechen oder ihn gar anzusehen: Ein Verstoß gegen diese Regel würde ihn auf die Ebene seiner Subjekte herablassen und ihn auf diese Weise verletzbar machen. Warum Moctezuma wirklich so unschlüssig handelte, ist in der Forschung immer noch umstritten.<ref>Hanns J. Prem: ''Die Azteken: Geschichte – Kultur – Religion.'' 4. Auflage. C.&nbsp;H. Beck, München 2006, S. 112.</ref>
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* {{Anker|Montezumas Rache}}Da die Eroberung Tenochtitláns, bei der Moctezuma schließlich starb, dadurch begünstigt wurde, dass viele Eingeborene an den von den Europäern eingeschleppten [[Pocken]] erkrankt waren und Moctezuma einer Legende zufolge kurz vor seinem Tod den [[Fluch]] ausgesprochen haben soll, alle Eindringlinge in seinem Land würden seine Rache zu spüren bekommen, spricht man bei dem [[Durchfall]], an dem viele [[Tourismus|Touristen]] in [[Mittelamerika]] [[Reisedurchfall|reisebedingt]] erkranken, in solchen Fällen (scherzhaft) von „Moctezumas Rache“ bzw. meist „Montezumas Rache“.<ref>[http://www.navigator-allgemeinwissen.de/die-wichtigsten-fragen-und-antworten-zur-weltgeschichte/fruehe-neuzeit-1450-1789/entdecker-und-eroberer/cortes-pizarro-velazquez/2244-was-ist-eigentlich-unter-moctezumasmontezumas-rache-zu-verstehen.html ''Was ist eigentlich unter Moctezumas/Montezumas Rache zu verstehen?''] In: ''Navigator-Allgemeinwissen.de.'' Abgerufen am 22. April 2017.</ref><ref>[http://www.gesundheit.de/wissen/haetten-sie-es-gewusst/krankheiten/haeufige-erkrankungen/was-ist-montezumas-rache ''Was ist Montezumas Rache?''] In: ''Gesundheit.de.''</ref> Seither findet diese Redewendung zunehmend auch Anwendung bei der Erkrankung an Reisedurchfall in anderen Ländern.<ref>[http://www.redensarten-index.de/suche.php?suchbegriff=~~Montezumas%20Rache&bool=relevanz&suchspalte%5B%5D=rart_ou ''Montezumas Rache.''] In: ''Redensarten-Index.de.''</ref>
* Der fälschlich als „[[Federkrone Moctezumas|Moctezumas Federkrone]]“ bekannte Kopfschmuck, der ursprünglich aus wenigstens 459 Federn des [[Quetzal (Vogel)|Quetzal]]-Vogels bestand, ist erstmals 1575 in der süddeutschen Kunstkammer des Herzog Ulrich von Montfort in Tettnang als „mörsche Rüstung von Federwerk“ nachweisbar und gelangte 1806 über Schloss Ambras nach [[Wien]], wo er heute im [[Weltmuseum Wien|Weltmuseum]] Wien (ehemals ''Museum für Völkerkunde Wien'') ausgestellt ist. Im Anthropologischen Museum in Mexiko-Stadt ist eine 1940 hergestellte Kopie des Kopfschmucks zu sehen.<ref>{{Literatur |Autor=[[Sabine Haag]], Alfonso de Maria y Campos, Lilia Rivero Weber, [[Christian F. Feest]] |Titel=Der altmexikanische Federkopfschmuck |Verlag=ZKF Publishers |Ort=Altenstadt |Datum=2012 |ISBN=978-3-9811620-5-9}}</ref>
* [[Neil Young]] thematisierte 1975 in dem Song ''Cortez the Killer'' vom Album [[Zuma (Album)|Zuma]] den Kampf zwischen Cortés und Moctezuma.