„Kosmogonie“ – Versionsunterschied
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'''Kosmogonie''' ({{elS|κοσμογονία}} ''kosmogonía'' „Weltzeugung“; in älteren Texten auch '''Kosmogenie''') bezeichnet
Kosmogonische Mythen
Die philosophische Kosmologie der griechischen [[Vorsokratiker]] begann spekulativ unter Bezug auf weit ältere mythische Vorstellungen; beispielsweise existiert ein deutlicher Zusammenhang zwischen Thales’ Wasserwelt-Theorie und dem sumerischen [[Apsu]]. Der Vorsokratiker [[Parmenides]] überrascht mit der modern anmutenden Theorie eines Kosmos, der aus einer Entität seinen Anfang genommen habe und dahinein auch wieder enden werde. Diese Annahme entwickelte er auf dem Wege hochrationalen Denkens über die Beschaffenheit der Wahrheit sowie deren Abweichung: das nur noch „Wahrscheinliche“. Im Abstand von knapp 100 Jahren mündete dies in die Entwicklung der Ideen-Lehre Platons.
Am Beginn der [[Neuzeit]] war es [[René Descartes]], der erstmals ein Weltentstehungsmodell auf Grundlage einer [[Rationalismus|rationalistischen]] [[Metaphysik]] entwarf.<ref>Jan Rohls: ''Philosophie und Theologie in Geschichte und Gegenwart.'' Mohr Siebeck, Tübingen 2002, S. 322, ISBN 978-3-16-147812-3</ref> Deren Gemeinsamkeit mit Platons Lehre stellt die Annahme voraussetzungslos gegebener Urteilsformen (Erkenntnis-Kategorien) dar: weder ‚synthetisch‘ weiter erklärbarer noch ‚analytisch‘ weiter zerlegbarer noumenaler Einheiten (‚Ideen‘), anhand derer unser Verstand die aufgefangenen Sinnesreize beurteilt und dadurch sortiert. Dieser Prozess verläuft unbewusst und erzeugt mittels ‚synthetischem‘ Zusammenbau der Reize komplexe Vorstellungen wie eine Rose oder das All der [[Phänomen]]e, sowohl während des Schlafes – in Form symbolischer Handlungen unserer Träume – als auch im Wachen. Dies ist notwendig, um sinnvoll, d. h. gemäß einer Reihe natürlicher Bedürfnisse, auf die Quellen der Reize zu reagieren, sei es bei der Kommunikation, sei es bei der motorischen Kooperation, Theorie oder Praxis (reine Schau und Tun). Der Mensch ist ein Wesen, das wie der Kosmos gesetzmäßig einer unfassbar bleibenden Entität entstammt und aus dem Staub explodierter Sonnen evolutionierte, so genügt Darwins Theorie nicht, um fundiert zu erklären, was wir sind und was wir sollen, eigentlich wollen. Kosmologie ist auch die Lehre von der Evolution der unbelebten Materie, seit Äonen vor dem Beginn der Evolution der lebendigen Moleküle auf den dafür geeigneten Planeten.
In diesem Artikel geht es hauptsächlich um Mythologie. Religiöse Mythen vom Ursprung der Welt behandelt auch der Artikel [[Schöpfung]].
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Der Ausgangspunkt ist derselbe: die Entstehung der Welt liegt fernab einer Beobachtungsmöglichkeit
Alle Kulturen der Menschheit sind im Besitz mythischer Erzählungen, die seit je her von einer Generation zur nächsten weiter gegeben werden. Sie wandelten sich im Laufe der Jahrzehntausende, indem den ältesten Berichten neuere hinzukamen, die jeweils ein besonderes Ereignis kennzeichnet, so handeln die Mythen der Menschheit von einer Abfolge verschiedener Zeitalter. Levi Strauß stellte hierbei fest, dass weltweit jede Kultur einen Katalog von Mythen tradiert, der sich immer in sechs Abschnitte untergliedert, die sog. Mytheme. Das erste Mythem gilt immer als Inbegriff des Glücks auf Erden, welches aber im zweiten von einem politischen Konflikt erschüttert wird (''obere'', himmlische Götter geraten in Streit mit ''unteren'', erdenen Göttern) und nach und nach vollständig verloren ging.
Dieses erste Mythem berichtet stets, wenngleich auf verschiedene Weise, vom Anfang der Welt – entspringend aus einer monistischen Instanz wie ein Fluss oder Weltenbaum – und damit den der Kultur, deren Denker und Dichter die jeweilige Vorstellung ersannen. Ihre Erzählung beeindruckte die Zuhörer – weshalb sie sie an ihre Nachkommen weiter gaben. Ob bewusst oder unbewusst: Kosmogonischen Mythen hauchen der Welt „Sinn“ ein, indem sie alle spätere hinzugekommenen Erfahrung mit dem „Anfang von allem“ in Beziehung setzen. Dabei schildert der Mythos eine Realität, die den Autoren und ihren Zuhörern als Erklärung des Weltgeschehens genügte (subjektive Wahrheit).
Der Unterschied zu einer philosophisch-wissenschaftlichen Kosmogonie besteht darin, dass die Schöpfungsmythen nicht hauptsächlich rationale Einsicht in die Zusammenhänge anstreben oder bieten, sondern den lebensspendenden Aspekt ihrer Weltanfangs-Vorstellungen zum zentralen Gegenstand haben, sei es ein großer Fluss, ein Früchte tragender mächtiger Baum oder die Himmel und Erde noch unsichtbar in sich vereinigende [[Regenbogenschlange]] der Urvölker Australiens, die, indem sie vom Schlaf erwachte, sich zu bewegen und die Welt zu erschaffen begann.
Die Urmythen der Menschheit sind rein „animistisch“ (Anthropomorphisierung von ''der'' männliche Himmel und ''die'' weibliche Erde mittels projizierter menschlicher Eigenschaften wie Überblick und Gebärvermögen) und somit wesensverschieden von den „religiösen“ Kosmogonien. Letztere übernehmen zwar Teile der uranimistischen Erzählungen – die mosaische Genesis etwa den Schaluppu-''Baum des Lebens'' und kosmischen [[Süßwasserozean|''Süßwasser-Ozean'']] der Sumerer –, sie bedrohen aber die Menschen mit Strafen im Falle von Verstößen wider spezielle Verhaltensvorschriften und fordern – als religiöse Tugend – Ergebung. Der Mensch soll sich der Allmacht des Höchsten der 'guten' Götter und den 'bösen', als sein Racheinstrument dienenden Dämonen (welche unterirdisch hausen) unterwerfen, nicht fragen nach dem Warum. Das „Leiden“ hat einen absurden Sinn (den der Strafe für die Erbsünde z. B.); die „Erlösung“ wird auf das Jenseits nach dem Tode verschoben.
== Kosmogonie als Wissenschaft ==
Da die Naturwissenschaft als Methode der empirisch basierten Betrachtung im 17. Jahrhundert aus dem Bereich der Philosophie ausgegliedert wurde bzw. seither als eigenständige Disziplin gilt, die Königsdisziplin der Philosophie aber die ''Erkenntnistheorie'' darstellt, scheint die Naturwissenschaft außer Stande, eine Antwort auf die Frage nach dem Sinn oder Warum unserer und der Existenz des Kosmos zu liefern. Philosophische Stellungnahmen sollen nun im Zweifel als Ratgeber ohne Garantie der Form von Gewissheit dienen, die die „Fakten“ der empirischen Forschung liefern; im extremen Fall könne für Warum-Fragen Freuds Psychoanalyse konsultiert oder sonst ein Einwirken Gottes in Betracht gezogen werden (englisch: ''God of the gaps'' –„Gott als Lückenbüßer“<ref>Alvin Plantinga: [http://www.asa3.org/ASA/education/origins/gaps-ap.htm ''God of the gaps? (Precisely what is it?).'' American Scientific Affiliation, 1997]</ref>).
Wenn aber Gott ein Energiepotential ist – wie Gödel als starkes Indiz aus seinem [[Gödelscher Unvollständigkeitssatz|Unvollständigkeitssatz]] und Gottesbeweis ableitet –, dann verursacht diese von Platon als reine ''Dynamis'' bezeichnete Kraft zwar die Naturgesetze, den Kosmos und die Evolution der belebten Materie bis hin zu uns Menschen, nicht jedoch die Gesetze der Moral, wie zusammengefasst u. a. im Dekalog. Diese Verhaltensvorschriften sind von Menschen erfunden und erlassen worden, nicht entdeckt oder freigelegt aus den Phänomenen wie die natürlichen Gesetze; so scheinen die religiösen Götter und der eine Gott der mathematisch basierten Erkenntnistheorie miteinander unvereinbar. Götter wie [[Jehova]] traten in Verbindung mit [[dogma]]tischen Glaubenssätzen in die Menschheitsgeschichte ein und waren gemäß den Lehren ihrer Verfechter der Auffassung, ihre anhand „Offenbarung“ gewonnene Wahrheit sei unumstößlich, so galt ihre Hinterfragung als „Todsünde gegen den Himmel“. Im Gegensatz dazu ist der Gott der Erkenntnistheorie durch ein Prinzip präsent, das zuerst auf Ebene der Quanten Unberechenbarkeit impliziert, schöpferisch evolutioniert ('Try and Error') bis hin u. a. zum Homo sapiens und in diesem erforscht sein soll und will (triebhafte, nach Freud aus der Libido-Energie gespeiste Wissbegierde). Auch hierbei gilt: „Irren ist menschlich“: wiederum eine Implikation der Freiheit (Unberechenbarkeit des Willens).
=== Antike Naturphilosophie ===
Kosmogonie als Wissenschaft begann, als im [[Antikes Griechenland|antiken Griechenland]] dem [[Mythos]] mit seiner subjektiven Wahrheit die Vernunft entgegengestellt und der Versuch, die Welt auf ihre Weise zu erklären, über das Ziel, auf ''magische'' Weise Sinn zu stiften, gestellt wurde. Dies ist daran zu erkennen, dass nicht mehr ''Wunder''-tätige Götter oder Helden, sondern das Denken selbst als Prozess bewusst wurde, fähig, sich auf den einzigen dafür maßgeblichen Gedanken zu fokussieren: Als Inbegriff des ''Seins'' fasst sich das Denken mit diesem Gedanken als dasselbe auf. Dieser Monismus ist der Kern der Schrift [[Parmenides]]: ''das unerschütterliche Herz der Wahrheit'', so nennt Platon ihn insofern mit Recht „unseren Vater“. Parmenides ist Mitbegründer einer Kultur, die auf Vernunft basiert und darum ringt, die (prä)historischen Umstände, die zur Erfindung der religiösen Verhaltensvorschriften und damit zum Beginn der religiösen Strafangst (eklesiogene Menschheitsneurose) führten, diagnostisch zu durchleuchten.<ref>{{Internetquelle |autor=Klaus Englert |url=https://www.deutschlandfunk.de/sigmund-freuds-religionskritik-der-gottkomplex.2540.de.html?dram:article_id=409485 |titel=Sigmund Freuds Religionskritik – Der Gottkomplex |werk= |hrsg= |datum= |abruf=2021-06-12 |kommentar=Kapitel „Projektion des Himmelsvaters“: Herbert Will gemäß, seines Zeichens Psychoanalytiker, formulierte Freud die philosophische Religionskritik Feuerbachs und Karl Marx' wie folgt: Wir projizieren – so Freud – nicht lediglich ein menschliche Bild in den Himmel: Es ist der Vater, mit seinen Stärken und Schwächen, der zum allmächtigen und schutzspendenden Gott-Vater erhoben wird:„Wichtig ist das Argument der Vatersehnsucht: dass die Menschen, die einer Religion anhängen, im Grunde einem psychischen Infantilismus anhängen, also noch Kinder geblieben sind und nicht Erwachsene geworden sind, weil sie – wie ein Kind an seinem Vater hing –, so dann an dem Gott hängen.“}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Freud |Titel=Der Mann Moses und die monotheistische Religion |Hrsg= |Sammelwerk= |Band= |Nummer= |Auflage= |Verlag= |Ort= |Datum= |ISBN= |Seiten=72 ff}}</ref>
Die zur Erkenntnistheorie Parmenides' parallelen Strömungen in der griechischen Naturphilosophie definierten kleinste nicht weiter zerlegbare Teile (a tomos), um anhand ihres 'synthetischen' Zusammenbaus die Naturphänomene zu erklären, zu denen auch unser Gehirn und sein Denken zählt: Prinzipien, die sich der weiteren 'analytischen' Zerlegung durch den menschlichen Geist widersetzen. Es ging darum, alles mit allem zu verknüpfen und von einem einzigen ersten Grundstoff oder -prinzip her die Welt als System zu betrachten. Heraklit, einer der letzten Vorsokratiker, nennt das Welt-lenkende Prinzip ''Logos'', auch „Sinn“ oder das „Gemeinsame“ aller denkbaren Gegensätze: Schlafen und Wachen (Träumen und Tun), Vernunft und Verstand usw. ''Sie wandeln sich aber wie der Duft eines Feuers durch das beigemengte Kraut.''<ref>{{Literatur |Autor=Herman Diels |Titel=Die Vorsokratiker |Kapitel=Heraklit}}</ref>
[[Datei:Anaximander world map-de.svg|mini|Anaximander: Mittelpunkt der Welt]]
In seiner [[Timaios]]-Kosmologie stellt [[Platon]] (427–347 v. Chr.) eine systematische Naturordnung (Begriffspyramide der „Ideen“) auf, in der ein Schöpfergott (''[[Demiurg]]'') ähnlich wie bei Descartes auf planvolle Weise das Weltall, Sterne, Planeten und die lebendige Natur hier auf Erden konstruiert; die Wahrheit ergibt sich demnach zugleich aus dem Schönen (Ästhetik) und der Güte (Tüchtigkeit) der Dinge und Wesen bei ihrem Kampf um das Dasein. Auch jene Begriffe in Platons Modell, deren Klang noch an die mythischen Konzepte der Vorfahren erinnert, haben eine sachlich erklärende Funktion: im Dialog [[Phaidros]] erscheint der ''Demiurg'' als reine, form-, farb- und geruchlose ''Dynamis'', die noch über der Idee des [[Parmenides|parmenidschen]] Seins stehe. Diese Wahrheit lasse sich weder auf das bloß Empirische, Anfassbare reduzieren, noch auf dem Wege des Belehrens und äußerlichen Lernens vermitteln, jedoch von der Vergessenheit im Unbewussten wieder ausgraben, indem dem Denken beim Wiedererinnern methodisch Geburtshilfe geleistet wird ([[Anamnesis]], [[Sokratische Methode|Elenktik]]).
Die kosmologische Theorie des [[Aristoteles]] (384–322 v. Chr.) übernimmt vom griechischen Mathematiker [[Eudoxos von Knidos|Eudoxos]] die grundlegende Orientierung: eine räumlich endliche, aber zeitlich unendliche Welt, und Sphären, die sich schichtartig über der Erde im Mittelpunkt ausbreiten. Der erste kosmische unbewegt Bewegende beginnt außen an den Sphären anzusetzen, die Bewegung pflanzt sich nach innen fort, bis auch hier der ganze Kosmos durch eine göttliche Kraft, die in aller Natur enthalten ist, angetrieben wird. Diesen Gott setzt Aristoteles mit Logos, Vernunft, gleich. Für ihn waren die Kräfte (''Dynameis'') in der Welt noch rein psychischer Natur und im Mythos verwurzelt.
=== Descartes ===
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Noch [[Isaac Newton]] (1643–1727) unterschied zwischen universal gültigen Naturgesetzen und kosmogonischen Urgründen, zu denen es Geschichten, aber keine Erklärungen geben konnte. Hinter den Naturgesetzen sah Newton ein fortgesetztes Wirken Gottes (''[[Theistische Evolution|creatio continua]]'').<ref>Albrecht Beutel: ''Kirchengeschichte im Zeitalter der Aufklärung: Ein Kompendium.'' (UTB M, Band 3180) Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2009, S. 48, ISBN 978-3-8252-3180-4</ref> Ein außen stehender Gott musste regelmäßig der Welt einen Schubs geben und mit Kometen eingreifen, um die sich verändernde Gravitationskraft zwischen den Planeten auszugleichen.<ref>Ian G. Barbour: ''Wissenschaft und Glaube. Historische und zeitgenössische Aspekte.'' Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2006, S. 44, ISBN 978-3-525-56970-2</ref> Das Einwirken der göttlichen Kraft auf die Welt entspricht einem Uhrmacher, der sein Erzeugnis ständig nachstellen muss, damit es richtig funktioniert. Ansonsten würde die Menschheit untergehen.
Der anglikanische Erzbischof [[James Ussher]] (1581–1656) hatte in seiner 1650 veröffentlichten [[Ussher-Lightfoot-Kalender|Ussher-Chronologie]] den Ursprung der Welt auf den 22. Oktober 4004 v. Chr. um 6 Uhr nachmittags berechnet.<ref>Abweichend: 23. Oktober 4004 v. Chr. um 9 Uhr morgens: Donald Simanek:
Mythen sind wahr: Dieser Anspruch unterscheidet sie von [[Märchen]] und anderen Formen von Phantasieerzählungen. Aus den Mythen über den Ursprung der Welt, das Werden der Dinge, von Menschen und Tieren ergibt sich im Zusammenhang die Herkunftsgeschichte der eigenen Gesellschaft. Im Anfang war stets ein ungeschiedenes Ganzes, ein Urstoff oder ein Urwesen, im simpelsten Fall ein Ei, das zerbricht und sich in Himmel und Erde teilt. Nach diesem Urzustand ist die Welt nicht mehr vollkommen, aber das, was sich teilt, ergibt etwas Geordnetes.
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=== Indoiranische Mythologie ===
Ein vollständiger Aufbau des Kosmos wird bereits in den ''[[Gathas]]'', den ältesten Hymnentexten des iranischen ''[[Avesta]]'' geschildert. Zu Beginn treten sich zwei Mächte gegenüber: die rechte Weltordnung (''Asha'') und das Böse schlechthin. Beides sind Aspekte des auch in den indischen [[Veda|Veden]] bekannten Windgottes [[Vayu]]. Er verkörpert die Weltachse im Zentrum von Himmel und Erde. Hinter der Kosmogonie steht ein treibendes Prinzip, das im mikrokosmischen Bereich der menschlichen [[Hauchseele]] entspricht. Makrokosmisch wird die Welt als Körper der Gottheit oder als kosmischer Urmensch, der von einer Gottheit geboren wurde, verstanden. In der [[Mittelpersische Sprache|mittelpersischen]] Literatur, besonders im ''[[Bundahischn]]'', wird ausführlich die Schwangerschaft des Schöpfergottes beschrieben. Als der Urmensch nach 3000 Jahren geboren wird, kommt mit ihm die Welt aus der Gottheit hervor. Aus jedem Körperteil des Urmenschen entsteht ein Teil der sichtbaren Welt. Der Kopf wird zum Himmel, die Füße werden zu Erde, aus seinen Tränen bildet sich das Wasser, aus seinem Haar die Pflanzen, aus seinem Verstand das Feuer. In der Symbolik von [[Mikrokosmos]] und [[Makrokosmos]] verkörpert der einzelne Mensch die Welt im Kleinen und die gesamte Welt ist nur ein riesiger Mensch. Diese Vorstellung durchzieht das [[Indische Philosophie|indische philosophische]] Denken, sie zu erkennen gehört zum theoretischen Weg der Erlösung in den indischen Religionen.<ref>Otto Strauss: ''Indische Philosophie.'' 1924. Nachdruck: Salzwasser, Paderborn 2011, S. 138f</ref>
In Indien heißt das menschengestaltige Urwesen, durch dessen Selbstopfer die Welt entsteht, [[Purusha]]. Sein Schöpfungsmythos wird im ''Purusha sukta'' geschildert, der im [[Rigveda]]<ref>{{Rigveda|10|90|1|16}}</ref> enthalten ist
Von wesentlicher Bedeutung ist die Dreizahl; so verbringt der altiranische Urmensch 3000 Jahre als Fötus im Bauch des Gottes, 30 Jahre lebt er als Mensch und seine Größe beträgt drei ''nāy''. Als die Erde existiert, ist sie bald zu klein, deshalb sorgt Yima in drei Schritten dafür, dass sie ausgedehnt wird. In der altindischen Vorstellung setzt sich der Körper der Schöpfergottheit aus den sechs Elementen Äther, Wind, Feuer, Wasser, Erde und Pflanzen zusammen. Diese entsprechen im [[Zoroastrismus]] den Elementen Feuer, Metall, Erde, Wasser und Pflanzen. Im Iran ist Äther durch Metall ausgetauscht und das sechste Element Wind wurde vermutlich ursprünglich zu den Lokalgöttern gerechnet. In der indischen und der iranischen Mythologie besteht der Körper des Urwesens aus diesen Elementen, die zusammen den Kosmos bilden. Im Zoroastrismus ist [[Ahura Mazda]] der Schöpfergott, im [[Manichäismus]] heißt der Urmensch Ohrmizd (Hormizd). Beide stehen dem Bösen gegenüber, das sich in [[Ahriman]] verkörpert.<ref>[[Geo Widengren]]: ''Die Religionen Irans
Das umgebende Weltall wird kugelförmig oder eiförmig gedacht, der Urmensch ist genauso breit wie lang. In der mandäischen Textsammlung ''Genza'' geht es um die Auffahrt der Seele in ihr ewiges Heim nach dem Tod des Menschen. Im 26. Traktat wird über die Schöpfung der Welt ausgesagt. Demnach ist die Erde ein von drei Seiten von Meer umspülte Landfläche, die sich nach Süden absenkt und sich im Norden, wo das umgebende Meer fehlt, zu hohen Bergen auftürmt. Von dort fließt das Leben bringende Wasser herab.<ref>Wilhelm Brandt: ''Das Schicksal der Seele nach dem Tode nach mandäischen und parsischen Vorstellungen.'' In: ''Jahrbücher für protestantische Theologie.'' 18, 1892. Nachdruck: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1967, S. 23</ref>
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=== Finno-ugrische Völker ===
Die Schöpfungsmythen der [[Finno-ugrische Völker|finno-ugrischen Völker]] weichen in der Ausgestaltung voneinander ab und haben keine gemeinsame Konzeption entwickelt. Allein der [[Estland|estnische]] Schöpfungsmythos wurde in 150 Variationen aufgezeichnet. Dennoch stehen aus anderen Weltgegenden bekannte (und oben erwähnte) Symbolbilder in Osteuropa und Nordasien im Mittelpunkt der mythologischen Ordnung: das kosmische Ei, der Weltenbaum, den Himmel tragende Säulen, und die Trennung von Himmel und
Im ersten Väinämöinen-Gesang des Kalevala entstand die Welt aus dem Ei einer [[Tauchenten|Ente]], die auf dem über das Urmeer ragenden Knie der Wassermutter, die vordem die Luftgöttin ''[[Ilmatar]]'' gewesen war, brütete. Aus dem Nest fielen gleich mehrere Eier, aus denen Erde, Himmel, die Gestirne und Wolken entstanden. Väinämöinen wurde erst jetzt als Sohn der Wassermutter geboren und erwarb Zauberkräfte; wie er sie anwandte, wird ab dem zweiten Gesang geschildert. Eines der sieben Eier war aus Eisen, woraus eine dunkle Gewitterwolke entstand. Der kürzeste estnische Schöpfungsmythos fasst zusammen: Der Sonnenvogel baute auf dem Feld ein Nest und legte drei Eier hinein. Aus einem wurde die Unterwelt, aus dem zweiten die Sonne am Himmel und das dritte ergab den Mond. Die Entstehung dieser estnischen Mythen wird im 1. Jahrtausend v. Chr. vermutet. Zu dieser Zeit wurden sie in ein Versmaß ([[Estnische Sprache|estnisch]]: ''regilaul'')<ref>Mari Sarv:
:''Den Aufbau der Welt schildert: [[Finnische Mythologie]].''
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In die Zeit des ägyptischen Mythos des aus dem Meer entstandenen Urberges gehört auch die Vorstellung desselben [[Weltenberg]]es und einer Insel, die sich inmitten des Chaos bildet, bei den [[Sumer]]ern im [[Mesopotamien|Zweistromland]]. Dort wurde sie in der [[Zikkurat]] versinnbildlicht, einem breiten, aus Ziegeln errichteten Tempel in Stufenform. Eine solche Zikkurat, die Himmel und Erde als kosmisches Ganzes darstellen sollte, war wohl auch der biblische [[Turmbau zu Babel]].
In vielen Regionen Asiens gibt es den Mythos vom Weltenberg, der gelegentlich wie beim heiligen Berg [[Kailash]] in Tibet geografisch verortet wird. Der Ausgangspunkt des asiatischen Weltenberges liegt im mythologischen indischen Berg [[Meru (Mythologie)|Meru]], der seine in Architektur übertragene Entsprechung in den hinduistischen Tempelbergen oder in den buddhistischen [[Stupa]]s wie etwa dem [[Borobudur]] in Indonesien fand. Mit der Besteigung des heiligen Berges nähert man sich nicht nur dem Mittelpunkt der Welt, sondern auch dem Ausgangspunkt der Schöpfung. Die steilen Stufen nach oben führen über hohe Terrassen in verschiedene Stockwerke des Himmels. Einen ebenso wichtigen Symbolwert hat die getreppte Basis eines Tempels, oberhalb welcher der „reine Bereich“ beginnt. Auch Tempel, die primär für die Verehrung des Herrschers gedacht waren, wie der nordafghanische
=== Afrika ===
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Es folgt die Erschaffung des Menschen, die als Übergang aus dem Urzustand in einem der ältesten kosmogonischen Mythen im [[Rigveda]]<ref>{{Rigveda|10|90}}</ref> geschildert wird. Die Götter opferten den Urmenschen ''[[Purusha]]'' – was einfach „Mensch“ bedeutet, der mit seinen tausend Köpfen und tausend Beinen so groß war, dass er die ganze Erde umschlossen hielt. Ähnlich riesig stellt man sich auch die Weltenschlange vor. Der Mythos von beiden gelangte bis in die [[nordische Mythologie]] Skandinaviens, letztere als riesige [[Midgardschlange]], der Urriese findet sich im Norden als ''[[Ymir]]'' wieder und als ''Gayomard'' in der [[Mittelpersische Sprache|mittelpersischen]] Schöpfungsgeschichte [[Bundahischn]] der [[Zoroastrismus|Zoroaster]]. Aus dem Opfer des Urmenschen entstand die Menschenwelt: die Tiere, der Mond, die Sonne aus seinen Augen, die Luft aus seinem Nabel, aus seinem Kopf der Himmel, aus den Füßen die Erde, und zur Ordnung für die Menschen entstanden gleich die vier verschiedenen [[Varna (Kaste)|Kasten]]. Durch dieses Opfer konnten die Götter in den Himmel gelangen.<ref>Karl Kerényi: ''Die anthropologische Aussage des Mythos.'' In: Hans-Georg Gadamer und Paul Vogler (Hrsg.): ''Philosophische Anthropologie. Erster Teil.'' Stuttgart 1975, S. 316–339</ref>
[[Datei:Mankiala Stupa.JPG|mini|Maniakala Stupa beim Dorf Maniakala, 2
Purusha wurde mit dem Kopf nach unten auf die flache Erde (''Vastu'') gedrückt, nach der Orientierung des kosmischen [[Mandala]]s ins Zentrum der Welt. Dieses ''Vastu-Purusha-Mandala'' wird in mittelalterlichen Architekturlehrbüchern überliefert und häufig in einem quadratischen Neun-Felder-Grundriss eingezeichnet, wobei im zentralen Feld [[Brahma]] und die Nabel-Mitte des ''Vastu-Purusha'' platziert sind. Der Vorstellung nach wird genau darauf jedes Bauwerk und besonders jeder Tempel errichtet. Der Bauvorgang wird als wiederholende Schöpfung betrachtet.
Nochmals zurück zum Urei: Der einfache Erdhügel als frühes indisches Totenmal erfuhr durch [[Buddha]] eine Wandlung zum Symbol der Erleuchtung. Erste buddhistische [[Stupa (Bauwerk)|Stupas]] waren Erdhügel, später halbkugelförmige Steinmale und Abbild des Himmelsgewölbes. Sie wurden wegen ihrer Form und als Sinnbild des schöpferischen Prinzips mit dem Urei verglichen und als ''Anda'' (
Dem indischen Erschaffen folgt im endlosen Kreislauf der Untergang. Der Weltzyklus ist in vier Weltalter ([[Zeitalter#Hinduismus|''Yuga'']]) aufgeteilt. Die heutige Welt ist das ''Kaliyuga'', dessen Anfang für den 18. Februar 3102 v. Chr. angenommen wird.<ref>J. F. Fleet: ''Kaliyuga Era of B.C. 3102.'' In: ''Journal of the Royal Asiatic Society of Great Britain and Ireland.'' Juli 1911, S. 675–698</ref> Diese präzise Angabe soll der Aussage eine höhere Glaubwürdigkeit verschaffen.
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== Literatur ==
* Andrea Keller: ''Weltkatastrophen in frühchinesischen Mythen.'' Akademischer Verlag, München 1999, ISBN 3-932965-31-0
* Barbara C. Sproul: ''Primal Myths: Creating Myths around the World.'' Harper & Row Publishing, New York 1979
* [[Carl Friedrich von Weizsäcker]]: ''Die Tragweite der Wissenschaft''. Erster Band: ''Schöpfung und Weltentstehung. Die Geschichte zweier Begriffe''. Hirzel, Stuttgart 1964. Ergänzte Neuauflage 1990 (7. Auflage 2006), ISBN 3-7776-1401-7.
== Weblinks ==
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== Einzelnachweise ==
<references />
{{Normdaten|TYP=s|GND=4073736-6}}
[[Kategorie:Kosmologie]]
[[Kategorie:Schöpfungsmythos]]
[[Kategorie:Schöpfungslehre]]
[[Kategorie:Vorsokratik]]
[[Kategorie:Astronomisches Fachgebiet]]
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