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{{Begriffsklärungshinweis}}
[[Datei:Pindar Musei Capitolini MC586.jpg|miniatur|Pindar, Nachbildung aus römischer Zeit nach einem griechischen Original aus dem 5. Jahrhundert v. Chr.]]
'''Pindar''' ({{grcS|Πίνδαρος|Píndaros}}, [[Latinisierung|latinisiert]] {{lang|la|''Pindarus''}}; * [[522 v. Chr.|522]] oder [[518 v. Chr.]] in [[Kynoskephalai (Böotien)|Kynoskephalai]]<ref>Vgl. Ludwig Wolde (Übers.): ''Pindar. Oden,'' S. 5</ref> bei [[Theben (Böotien)|Theben]]; †&nbsp;nach [[446 v. Chr.]]) war ein [[Griechische Literatur|griechischer Dichter]] und zählt zum [[Kanon der neun Lyriker]].
 
== Leben ==
{{Belege fehlen}}Pindar entstammte der adligen, weltoffenen Familie der Aegiden,<ref>Vgl. Pindar, ''Pythische Oden'' 5,72–75</ref> die ihm ermöglichte, einen Teil seiner dichterischen und musikalischen Ausbildung im demokratischen (und damit Theben feindlichen) [[Athen]] zu absolvieren.<ref>Vgl. Franz Dornseiff (Übers.), Wilhelm Haupt (Hrsg.): ''Pindars Dichtungen,'' S. 5</ref> Das früheste erhaltene Gedicht stammt aus dem Jahr 498 v. Chr. Seinen ersten Sieg im [[Agon (Musik)|Dithyrambenagon]] errang Pindar bereits 497/96 v. Chr. Schon als junger Mann galt er als bedeutender Kultdichter, wovon seine Beziehungen zur einflussreichen Priesterschaft in [[Delphi]] zeugen. Vornehme und reiche Wettspielsieger (z. B. von der Insel [[Ägina|Aigina]], aus [[Thessalien]], [[Orchomenos]], Athen und Theben) bestellten Chorlieder bei ihm.
 
In der Zeit der [[Perserkriege|Perserinvasion]] (490–480 v. Chr.) kämpfte das aristokratische Theben in der Hoffnung auf die Niederringung Athens auf der Seite der [[Achämenidenreich|Perser]]. Pindar, der bis zu seinem Tod an den aristokratischen Idealen festhielt, sich aber auch als [[Antikes Griechenland|Hellene]] fühlte, löste den Zwiespalt, indem er sich zu Freunden auf die Insel Aigina zurückzog. Nach dem Sieg über die Perser kehrte Pindar in das von Zerstörung verschonte Theben zurück. Später würdigte er die Rolle Athens bei der Befreiung Griechenlands von den Persern. Athen seinerseits schätzte die Kunstleistung Pindars.
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Nach seiner Rückkehr aus Sizilien arbeitete Pindar u. a. für [[Arkesilaos IV.|Arkesilas von Kyrene]] und für den König von [[Rhodos]]. Aus dieser Zeit stammen Fragmente eines [[Paian (Lied)|Paians]], den Pindar aus Anlass der totalen [[Sonnenfinsternis]] vom 30. April 463 v. Chr. komponierte.
 
Die letzten Lebensjahrzehnte Pindars waren vom unaufhaltsamen Aufstieg der [[Attische Demokratie|athenischen Demokratie]] verdüstert. Der Dichter lebte im Gefühl, dass die von ihm verherrlichte und gefeierte Welt der alten aristokratischen Werte im unaufhaltsamen Untergang begriffen war. Der Legende nach starb Pindar in der [[Pale (Ringkampf)|Ringschule]] nach dem Genuss von verdorbenem Wildfleisch oder im Theater von [[Argos (Stadt)|Argos]]<ref>Vgl. Ludwig Wolde (Übers.): ''Pindar. Oden,'' S. 5</ref> im Schoß des [[Theoxenos aus Tenedos]], den er in einem erotischen Lied besungen hatte.
 
Aussagen über Pindars eigene Einstellungen und persönliche Gefühle können freilich bezweifelt werden, da sie lediglich aus den Aussagen der Ich-Sprecher in Pindars Gedichten gewonnen sind, welche nicht selten bezahlte Auftragsarbeiten waren.
 
== Werk ==
{{Siehe auchHauptartikel|Epinikia (Pindar)}}
Man muss sich Pindars Gedichte als choreographierte Kantaten vorstellen, die im Rahmen eines Kultus oder einer Feier durch einen Männer- oder Frauenchor mit Instrumentalbegleitung aufgeführt wurden. Es waren „[[Gesamtkunstwerk]]e“, für die Pindar nicht nur die Texte verfasste, sondern auch die (bis auf ein in seiner Authentizität umstrittenes Fragment jedoch vollständig verlorene) Musik komponierte und die (ebenfalls nicht überlieferte) Choreographie erstellte; häufig inszenierte er sogar selbst die Aufführung.
 
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Obwohl die Chorlyrik nach dem Tode Pindars bald ihren Niedergang erlebte, hielt der Ruhm des Dichters lange an. Die [[Alexandrinische Schule|Alexandriner]] erforschten Pindars umfangreiches Werk, ordneten und publizierten es mustergültig in 17&nbsp;Büchern: ein Buch Götterhymnen, ein Buch [[Paian (Lied)|Paiane]], zwei Bücher [[Dithyrambos|Dithyramben]], zwei Bücher ''Prosodien'' („Prozessionslieder“), drei Bücher [[Partheneion|Parthenia]], zwei Bücher Hyporchemata („Tanzlieder“), ein Buch [[Enkomion|Enkomia]], ein Buch [[Threnos|Threnoi]] und vier Bücher [[Epinikion|Epinikia]] (Oden auf Sieger der olympischen, pythischen, nemeischen und isthmischen Spiele).
 
Als [[Alexander der Große]] 335 v. Chr. Theben [[Schleifung|schleifen]] ließ, verschonte er neben den Tempeln lediglich das Wohnhaus Pindars.<ref>[[Arrian]], ''AnabAnabasis''. [https://www.gutenberg.org/files/46976/46976-h/46976-h.htm#Page_31 I 9,9-10].</ref> Die Römer, insbesondere [[Horaz]]<ref>Vgl. besonders Horaz, ''carmcarmen''. [http://www.latein-imperium.de/?path=content&type=&contentid=197#2 4,2].</ref> und [[Quintilian]]<ref>SieheQuintilian, ''inst''.Institutio oratoria''orat''. [https://penelope.uchicago.edu/Thayer/E/Roman/Texts/Quintilian/Institutio_Oratoria/10A*.html#1 X 1,61].</ref>, sahen in Pindars Lyrik den absoluten, nicht mehr erreichbaren Höhepunkt einer der Vergangenheit angehörenden Tradition.
 
=== Neuzeit ===
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*[[Cecil M. Bowra]] (Hrsg.): ''Pindari carmina cum fragmentis''. Editio altera, Clarendon Press, Oxford 1946.
*[[Alexander Turyn]] (Hrsg.): ''Pindari Carmina cum fragmentis''. Blackwell, Oxford 1948.
*Ludwig Wolde (Übers.): ''Pindar. Oden''. Goldmann, München 1958.
*[[Franz Dornseiff]] (Übers.), [[Wilhelm Haupt]] (Hrsg.): ''Pindars Dichtungen''. Insel, Leipzig <sup>2</sup>1965.
*[[Oskar Werner (Philologe)|Oskar Werner]] (Hrsg. und Übers.): ''Siegesgesänge und Fragmente''. Griechisch-Deutsch, Heimeran, München 1967.
*[[Eugen Dönt]] (Hrsg. und Übers.): ''Oden.'' Griechisch/deutsch, Reclam, Stuttgart 1986. ISBN 3-15-008314-1
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Einen kommentierten Forschungsüberblick für die Jahre 1983–2007 zu Pindar bietet: Arlette Neumann-Hartmann: ''Pindar und Bakchylides (1988–2007).'' In: ''[[Lustrum (Zeitschrift)|Lustrum]].'' Band 52, 2010, S. 181–463, zu Pindar: S. 186–414 (mit Addenda zu den Forschungen der Jahre 1983–1988).
* [[Andreas Bagordo]]: ''Pindar.'' In: [[Bernhard Zimmermann (Philologe)|Bernhard Zimmermann]] (Hrsg.): ''Handbuch der griechischen Literatur der Antike. Die Literatur der archaischen und klassischen Zeit'' (= ''Handbuch der Altertumswissenschaft.'' 7. Abteilung, Band 1). C. H. Beck, München 2011, S. 231–246. ISBN 978-3-406-57673-7
'''Einführungen'''
* [[Hermann Fränkel]]: ''Dichtung und Philosophie des frühen Griechentums.'' 5. Auflage, C. H. Beck, München 2006, ISBN 3-406-37716-5, S. 483–576.
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'''Untersuchungen'''
* [[Cecil M. Bowra]]: ''Pindar''. Clarendon Press, Oxford 1964.
* [[Elroy L. Bundy]]: ''Studia Pindarica''. 2 Bände, University of California Press, Berkeley u. a. 1962.
* [[R. W. B. Burton]]: ''Pindar’s Pythian odes. Essays in interpretation''. Oxford University Press, London 1962.
* [[Franz Dornseiff]]: ''Pindars Stil''. Weidmann, Berlin 1921.
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* [[Stella P. Revard]]: ''Politics, Poetics, and the Pindaric Ode 1450–1700'' (= ''Arizona Studies in the Middle Ages and the Renaissance.'' Band 27). Brepols, Turnhout 2010, ISBN 978-2-503-52896-0.
* {{DNP|Suppl. 8|759|766|Pindar|[[Thomas A. Schmitz]]}}
* Thomas A. Schmitz: ''Pindar in der französischen Renaissance: Studien zu seiner Rezeption in Philologie, Dichtungstheorie und Dichtung'' (= ''[[Hypomnemata. Untersuchungen zur Antike und zu ihrem Nachleben]].'' Band 101). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1993.
*[[Albrecht Seifert]]: ''Untersuchungen zu Hölderlins Pindar-Rezeption''. Fink, München 1982.
* [[Martin Vöhler]]: ''Pindarrezeptionen. Sechs Studien zum Wandel des Pindarverständnisses von Erasmus bis Herder.'' Winter, Heidelberg 2006, ISBN 3-8253-5148-3 (Habilitationsschrift, FU Berlin, 2003).
 
== Weblinks ==