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[[Datei:DrIanPaisley.jpg|mini|Ian Paisley (2009)]]
'''Ian Richard Kyle Paisley, Baron Bannside''' (* [[6. April]] [[1926]] in [[Armagh]], [[Nordirland]]; † [[12. September]] [[2014]] in [[Belfast]]) war ein [[Presbyterianismus|presbyterianischer]] Pfarrer und [[Politiker]] in Nordirland. Von 2007 bis 2008 leitete er als ''First Minister'' die nordirische Regionalregierung. Sein Sohn [[Ian Paisley Jr.]] ist ebenso ein Politiker der [[Democratic Unionist Party]].
 
Laut ''[[The Economist|Economist]]'' war Paisley „der einzige Mann im Europa des 20. Jahrhunderts, der sowohl eine Kirche als auch eine Partei gründete.“<ref>[http://www.economist.com/blogs/blighty/2014/09/obituary ''Obituary: Ian Paisley, Lord Bannside''] [[The Economist]] 12. September 2014</ref>
 
== Leben ==
Paisley war der Sohn eines baptistischen Pfarrers und einer schottischen Predigerin. Er besuchte die ''South Wales evangelism school'' und wurde 1946 im Alter von 20 Jahren als Pfarrer ordiniert.<ref>Robert D. McFadden: [http://www.nytimes.com/2014/09/13/world/europe/ian-paisley-northern-ireland-leader-dies.html?_r=0 ''Ian Paisley, Ulster Hard-Liner Who Made Peace, Dies at 88.''] nytimes.com, 12. September 2014, abgerufen am 12. September 2014</ref> Anfang der 1950er Jahre gründete er die [[Freie Presbyterianische Kirche]] und wurde deren gewählter Sprecher (engl.englisch ''moderator''). Ebenso gründete er seine eigene Zeitung, ''Protestant Telegraph''. Die heute (2014) größte protestantisch-unionistische Partei Nordirlands, die Demokratisch-Unionistische Partei (englisch [[Democratic Unionist Party|DUP]],; engl. ''Democratic Unionist Party''DUP), geht auf ihn zurück; er war von 1971 bis 2008 ihr Vorsitzender.
 
In den 1960er-Jahren kämpfte er gegen eine Annäherung zwischen Nordirland und der [[Irland|Republik Irland]] (Gespräche zwischen dem Regierungschef Nordirlands [[Terence O’Neill]] und dem irischen Politiker [[Seán Lemass]]). Er setzte sich gegen eine [[Gleichberechtigung]] der katholisch-irischen Nordiren ein. Seit seiner Jugend widersetzte er sich jeder Kooperation mit Katholiken als ''„Pakt mit dem Teufel“''. Als das nordirische Parlament 1972 unter dem [[Vereinigtes Königreich|britischen]] Premierminister [[Edward Heath]] aufgelöst wurde, stellte Paisley sich dagegen. Auch das [[Abkommen von Sunningdale]] (ein dreiseitiges Abkommen zwischen der Republik Irland, dem Vereinigten Königreich und Nordirland) wollte Paisley verhindern. Der Plan war, einen Irischen Rat (engl.englisch ''Council of Ireland'') zu schaffen, der Regelungen für Irland und Nordirland hätte beschließen können. Die Organisatoren eines großen Streiks (engl.englisch ''[[Ulster Worker’s Strike]]''), bei dem die [[Trinkwasser|Wasser-]] und [[Stromversorger|Stromversorgung]] getroffen wurde, beriefen sich auf ihn. Das Abkommen von Sunningdale kam nicht zustande.
 
Nach Gründung der DUP wurde Paisley 1970 ins [[House of Commons (Großbritannien)|britische Unterhaus]], ins [[Northern Ireland Assembly|Nordirische Parlament]] sowie 1979 ins [[Europäisches Parlament|Europäische Parlament]] gewählt. Er gehörte dem Europäischen Parlament 25 Jahre, dem Unterhaus 40 Jahre an. Unvergessen bleibt sein erster Auftritt im Europäischen Parlament am 17. Juli 1979, bei dem er sich polternd darüber beschwerte, dass der [[Union Jack]] vor dem Parlamentsgebäude auf dem Kopf stehend (''„upside down“'') aufgezogen sei.
 
Als es 1985 zum [[Anglo-Irischer Vertrag (1985)|Anglo-Irischen Vertrag]] kam (engl.englisch ''Anglo-Irish Agreement''), stellte er sich dagegen. Unter dem Motto „Nordirland sagt Nein!“ ''(Ulster says No!)'' organisierte Paisley große öffentliche Kundgebungen mit seinem Rivalen von der [[Ulster Unionist Party]], James (Jim) Molyneaux. Später gründete er die paramilitärische Einheit „Dritte Kraft“ (engl.englisch ''Third force''), die sich allerdings bald wieder auflöste. Die politische Gefahr sah Paisley darin, Irland und das Vereinigte Königreich könnten gemeinsam über die Köpfe der protestantischen Bevölkerung von Nordirland hinweg handeln.
 
Paisley bestritt, dass es in Nordirland jemals ein friedliches Zusammenleben zwischen Protestanten und Katholiken würde geben können. Als der britische Premierminister [[James Callaghan]] ihm eines Tages beschwichtigend entgegenhielt: „Wir sind doch alle Kinder Gottes!“, gab Paisley zurück: „Nein, Mr. Callaghan, wir sind Kinder des Zorns (''children of wrath'').“<ref>[[Paul Johnson (Historiker)|Paul Johnson]]: ''Ireland: Land of Troubles. A History from the Twelfth Century to the Present Day''. Holmes and Meier, New York 1982. ISBN 0-8419-0758-7. S. 194.</ref> Als Papst [[Johannes Paul II.]] 1988 eine Rede vor dem Europäischen Parlament hielt, stand Paisley plötzlich auf und schrie, „Antichrist, I denounce you and your false teaching!“ ([[Antichrist]], ich verurteile dich und deine verkehrte Lehre). Gleichzeitig hielt er ein Poster, worauf stand „POPE JOHN PAUL II ANTICHRIST“ (Papst Johannes Paul II. Antichrist). Nachdem Paisley aus dem Saal gewiesen wurde, fuhr der Papst mit seiner Rede fort.<ref>[https://www.theguardian.com/politics/2003/jul/07/eu.world The Guardian]</ref>
 
Zu den Verhandlungen zum [[Karfreitagsabkommen]] 1998 wurde Paisley eingeladen, seine DUP zog sich jedoch sofort zurück, als auch [[Gerry Adams]] und seine [[Sinn Féin]] erschienen. Als das Ergebnis sowohl in Nordirland wie in der Republik Irland zur Abstimmung gestellt wurde, forderte Paisley die Wähler auf, dembeim [[Referendum]] nichtmit zuzustimmenNein zu stimmen. SieEs kam jedoch trotzdem eine Mehrheit für tatendas esAbkommen dennochzustande.
 
Seit 2005 war Ian Paisley Mitglied im britischen Kronrat ([[Privy Council]]).
 
Recht früh ging man davon aus, dass er aller Voraussicht nach im Mai 2007 zum [[Erster Minister und Stellvertretender Erster Minister von Nordirland|Ersten Minister]] von Nordirland gewählt würde. Seine mangelnde Gesprächsbereitschaft gegenüber der Sinn Féin blockierte längere Zeit die Bildung einer Allparteienregierung. Am 8. Mai 2007 bildeten Ian Paisley und [[Martin McGuinness]] von der Sinn Féin, dem politischen Flügel der [[Provisional Irish Republican Army|Irisch-Republikanischen Armee]] ([[Irish Republican Army|IRA]]), als Regierungschefs die nordirische Allparteienregierung. Im Kabinett besetzte die DUP fünf Ministerposten, die Sinn Féin entsandte vier Minister, während die protestantische[[Unionismus (Irland)|unionistische]] Partei [[Ulster Unionist Party]] zwei sowie die katholische[[Republikanismus (Irland)|republikanische]] [[Social Democratic and Labour Party]] einen Kabinettssitz aufzuweisen hatten. Einig waren sich Paisley und McGuinness bereits zu diesem Zeitpunkt im Bedrängen des britischen Schatzkanzlers, die Körperschaftssteuer auf 12,5 Prozent abzusenken, um die Wirtschaft wie in der Republik Irland anzukurbeln. Auch wenn sich Paisley nach außen hin geradezu freundlich gegenüber dem einstigen Gegner gab, sprachen die Äußerungen Robin Newtons, des Fraktionschefs der DUP, eine andere Sprache: ''„Es ist die Politik der DUP, mit Sinn Féin lediglich formelle Geschäftsbeziehungen in den verschiedenen Ausschüssen zu unterhalten.“''<ref>[httphttps://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,allparteienregierung-nordirland-versoehnung-voller-misstrauen-a-481801,00.html www.spiegel.de – ''Allparteienregierung Nordirland. Versöhnung voller Misstrauen'']</ref>
 
Am 4. März 2008 kündigte Paisley seinen Rücktritt sowohl als Erster Minister Nordirlands als auch als Vorsitzender der DUP für den kommenden Mai an. Paisley galt zuletzt innerhalb der DUP als umstritten, nachdem sein Sohn [[Ian Paisley (junior)|Ian Paisley jr.]], der weithin als Paisleys ''Rechte„Rechte Hand''Hand“ galt, in politische Skandale verwickelt wurde und Mitte Februar 2008 sein Regierungsamt aufgeben musste. Paisley erklärte aber, dass sein Rücktritt in keinem Zusammenhang mit dieser Affäre stünde.<ref>[[British Broadcasting Corporation|BBC]]: ''[http://news.bbc.co.uk/2/hi/uk_news/northern_ireland/7277886.stm Paisley to quit as first minister]'' vom 4. März 2008.</ref> Seit 2010 bis zu seinem Tod gehörte er dem [[House of Lords]] an.<ref>[http://www.parliament.uk/biographies/lords/lord-bannside/4149 Angaben auf der Seite des Oberhauses], abgerufen am 12. September 2014</ref>
 
Aus seiner Ehe mit [[Eileen Paisley]] gingen fünf Kinder hervor. Er starb am 12. September 2014 in Belfast im Alter von 88 Jahren an den Folgen einer [[Herzinsuffizienz|Herzschwäche]].<ref>[https://www.washingtonpost.com/local/obituaries/ian-paisley-dies-northern-ireland-leader-known-for-anti-catholic-rhetoric/2014/09/12/d02a04ee-5d72-11e1-a729-976314dc4592_story.html ''Ian Paisley dies; Northern Ireland leader known for anti-Catholic rhetoric.''] In: [[Washington Post]] vom 12. September 2014 (englisch, abgerufen am 12. September 2014).</ref>
 
== Kritik an Paisley ==
AufAuch auf Paisleys Blockadehaltung ist das Scheitern diverser Versuche, die Lage in Nordirland zu verbessern, zurückzuführen. Seinen Gegnern giltgalt Paisley als ''[[Hardliner]]'', ein Blockierer aus dem Bewusstsein der ErwählungErwähltheit.
 
SebastianDer Kampf,katholische einGeistliche römisch-katholischerSebastian PriesterKampf aus [[Waakirchen]] in Oberbayern, nannte Paisley eine „gescherte Sau“, nachdem dieser seiner Meinung nach den Papst beleidigt hatte.<ref name="spiegel">[httphttps://www.spiegel.de/spiegelpolitik/print/dnotfalls-14336112.htmlmachen-wir-hackepeter-aus-ulster-a-8e13e282-0002-0001-0000-000014336112 ''„Notfalls»Notfalls machen wir Hackepeter aus Ulster“Ulster«''], [[Erich Wiedemann]], DERDer SPIEGELSpiegel 11/1982</ref>.
 
== Trivia ==
Bei [[Kollekte]]n in seiner Kirche akzeptierte Paisley nur Geldscheine und keine Münzen. Er warf der [[The Sunday Times (Vereinigtes Königreich)|Sunday Times]] vor, durch ihr Erscheinen am Sonntag „ständig den Sabbat zu entheiligen“, und verweigerte aus diesem Grund ihrem Korrespondenten ein Interview.<ref name="spiegel" />
 
== Literatur ==
* Steve Bruce: ''God Save Ulster! The Religion and the Politics of Paisleyism.'' Clarendon, Oxford 1986, ISBN 0-19-827487-4.
* Noel Davidson: ''As our heads are bowed. Life transformed through the ministry of Ian Paisley.'' Belfast 1998, ISBN 1-84030-030-2.
* Steve Bruce: ''Paisley.'' Oxford 2007, ISBN 978-0-19-928102-2.
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* [http://www.ianpaisley.org Homepage]
* [http://www.bbc.co.uk/history/people/ian_paisley Themenseite der BBC zu Ian Paisley]
* [http://www.freepres.org WebseiteWebsite der Freien Presbyterianer]
* {{MdEP|1396}}
* Robert D. McFadden: [http://www.nytimes.com/2014/09/13/world/europe/ian-paisley-northern-ireland-leader-dies.html ''Ian Paisley Dies at 88; Longtime Voice of Hard-Line Ulster Who Then Made Peace.''] Nachruf in [[The New York Times]] vom 12. September 2014 (englisch)
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[[Kategorie:Reformierter Geistlicher (20. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Reformierter Geistlicher (21. Jahrhundert)]] <!-- P. hat bis 2011 dreimal wöchentlich gepredigt. -->
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[[Kategorie:Politiker (Nordirland)]]
[[Kategorie:Life Peer]]
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[[Kategorie:Mitglied des Europäischen Parlaments für das Vereinigte Königreich]]
[[Kategorie:Abgeordneter des House of Commons (Vereinigtes Königreich)]]
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[[Kategorie:Person im Nordirlandkonflikt]]
[[Kategorie:Politiker (20. Jahrhundert)]]