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'''Apopudobalia''' ({{grcS|prefix=nein|Ἀποπουδοβαλία}}) ist ein 1996 in der ersten Auflage des altertumswissenschaftlichen Nachschlagewerks ''[[Der Neue Pauly]]'' (Band 1, Spalte 895) enthaltener [[fingierter Lexikonartikel]] (ein so genanntes ''„UU-Boot“''Boot). Der Artikel wurde von dem damaligen DoktorandenStudenten und heutigen Professor für Alte Geschichte [[Mischa Meier]] verfasst. Der gewollt fehlerhafte Eintrag gilt heute als eines der bekanntesten „U-Boote“ der modernen Lexikografie.
[[Datei:Der Neue Pauly.jpg|thumb|Der Neue Pauly: In der ersten Auflage dieser altertumswissenschaftlichen Enzyklopädie findet sich der fingierte Lexikonartikel über die vermeintlich antike Sportart „Apopudobalia“]]
'''Apopudobalia''' ist ein in der ersten Auflage des altertumswissenschaftlichen Nachschlagewerks ''[[Der Neue Pauly]]'' (Band 1, Spalte 895) enthaltener [[fingierter Lexikonartikel]] (ein so genanntes ''„U-Boot“''). Der Artikel wurde von dem damaligen Doktoranden und heutigen Professor für Alte Geschichte [[Mischa Meier]] verfasst. Der gewollt fehlerhafte Eintrag gilt heute als eines der bekanntesten „U-Boote“ der modernen Lexikografie.
 
== Inhalt ==
Laut Lexikoneintrag sei Apopudobalia eine [[antike]] Sportart, die schon in den „Gymnastika“ des „Achilleus Taktikos“ im frühen [[4. Jahrhundert v. Chr.]] erwähnt werde. Seinen revolutionären Charakter erhält der Artikel durch die Behauptung, dass Apopudobalia als Vorform des neuzeitlichen [[Fußball]]spiels gelten könne, was somit der allgemein gültigenverbreiteten ErkenntnisAnsicht, [[England|Engländer]] hätten das weltweit beliebte Ballspiel erfunden, widerspräche.
 
Im Artikel ist weiterhin zu lesen, dass die Sportart in [[Hellenismus|späthellenistischer]] Zeit ihren Weg nach [[Römisches Reich|Rom]] gefunden habe. Hier fand die neue körperliche Betätigungsart angeblich so viele Anhänger, dass schon „in der ps.-ciceronianischen Schrift ''De viris illustribus (3,2)''“ die prominentesten Apopudobalonten aufgeführt worden sein sollen. Bis zum 2. Jahrhundert sei Apopudobalia durch die römischen [[Römische Legion|LegionLegionen]]en bis nach [[Britannien]] verbreitet worden, von wo aus im 19. Jahrhundert die Sportart zum zweiten Mal erfolgreich in die Welt getragen wurde. Die ungewöhnliche Tatsache, dass es offenbar trotz der großen [[Popularität]] des Sports vom 4. Jahrhundert an bis zur [[Neuzeit]] keine Nachweise mehr für Apopudobalia gibt, wird mit der Abneigung des frühen Christentums ([[Tertullian]]) erklärt.
Laut Lexikoneintrag sei Apopudobalia eine [[antike]] Sportart, die schon in den „Gymnastika“ des „Achilleus Taktikos“ im frühen [[4. Jahrhundert v. Chr.]] erwähnt werde. Seinen revolutionären Charakter erhält der Artikel durch die Behauptung, dass Apopudobalia als Vorform des neuzeitlichen [[Fußball]]spiels gelten könne, was somit der allgemein gültigen Erkenntnis, [[England|Engländer]] hätten das weltweit beliebte Ballspiel erfunden, widerspräche.
 
Verständlich erscheinen die Schwierigkeiten, weitergehende Informationen über das Thema zu finden, wenn man berücksichtigt, dass der Eintrag zu Apopudobalia vollkommen frei erfunden ist und jeglicher [[wissenschaft]]licher Grundlage entbehrt. „Apopudobalia“ ist eine altgriechische Kunstübersetzung für „Fußball“, welche allerdings gegen Regeln der griechischen Wortbildung verstößt. Es wird auf eine „Festschrift [[Matthias Sammer|M. Sammer]]“ verwiesen – herausgegeben von einem A. Pila (= „Ein Ball“) – die als „grundlegend“ empfohlen wird, und auf den Aufsatz eines B. Pedes (= „Zwei Füße“) in „Zschr. für Antike und Sport 4, 1995, 1–19“.<ref>{{Literatur |Autor=[[Jürgen Werner (Philologe)|Jürgen Werner]] |Titel=Kicker aller Länder, vereinigt euch! |Sammelwerk=[[Forum Classicum]] |Band=47. Jahrgang |Nummer=2 |Datum=2004 |Seiten=93f. |ISSN=1432-7511 |Online=[https://www.altphilologenverband.de/forumclassicum/pdf/FC2004-2.pdf#page=93 online] |Format=PDF |KBytes=5530}}</ref>
Im Artikel ist weiterhin zu lesen, dass die Sportart in [[Hellenismus|späthellenistischer]] Zeit ihren Weg nach [[Römisches Reich|Rom]] gefunden habe. Hier fand die neue körperliche Betätigungsart angeblich so viele Anhänger, dass schon „in der ps.-ciceronianischen Schrift ''De viris illustribus (3,2)''“ die prominentesten Apopudobalonten aufgeführt worden sein sollen. Bis zum 2. Jahrhundert sei Apopudobalia durch die römischen [[Römische Legion|Legion]]en bis nach [[Britannien]] verbreitet worden, von wo aus im 19. Jahrhundert die Sportart zum zweiten Mal erfolgreich in die Welt getragen wurde. Die ungewöhnliche Tatsache, dass es offenbar trotz der großen [[Popularität]] des Sports vom 4. Jahrhundert an bis zur [[Neuzeit]] keine Nachweise mehr für Apopudobalia gibt, wird mit der Abneigung des frühen Christentums (Tertullian) erklärt.
 
Tatsächlich war ein Ballspiel namens [[Harpaston]], das Rugby ähnelte und Vorläufer im alten Griechenland hat, bei den Römern beliebt. Allerdings war der Ball klein und eher mit einem [[Softball]] zu vergleichen und wurde hauptsächlich mit den Händen gespielt.
Verständlich erscheinen die Schwierigkeiten, weitergehende Informationen über das Thema zu finden, wenn man berücksichtigt, dass der Eintrag zu Apopudobalia vollkommen frei erfunden ist und jeglicher [[wissenschaft]]licher Grundlage entbehrt.
 
„Apopudobalia“ ist eine altgriechische Kunstübersetzung für „Fußball“, welche zudem gegen Regeln der griechischen Wortbildung verstößt. Es wird auf eine „Festschrift [[Matthias Sammer|M. Sammer]]“ verwiesen - herausgegeben von einem A. Pila (= Ein Ball) - die als „grundlegend“ empfohlen wird, und auf den Aufsatz eines B. Pedes (= Zwei Füße) in „Zschr. für Antike und Sport 4, 1995,1-19“.
 
Mittlerweile wird dieser Faden weitergesponnen durch ähnlich pseudowissenschaftliche Kommentierungen.
 
== Hintergrund ==
Die Idee zum Verfassen des fingierten Apopudobalia-Artikels kam Mischa Meier spontan, als er für seinen damaligen Professor zahlreiche Artikel für den ''Neuen Pauly'' erstellte. Dem [[J. B. Metzler’sche Verlagsbuchhandlung|Metzler-Verlag]] fiel der ursprünglich nicht [[Lemma (Lexikographie)|lemmatisierte]] Scherz-Artikel aufgrund erheblichen Termindrucks seitens der Redaktion erst nach Druck und Veröffentlichung der ersten Auflage auf, als fachliche Kritik an der falschen Wortbildung aufkam, ohne jedoch den ironischen Unterton zu erkennen. Der Verlag drohte Meier daraufhin, die schon gedruckten Exemplare auf dessen Kosten vernichten zu lassen, ließ aber nach positiven Rückmeldungen durch verschiedene amüsierte Historiker von dem Vorhaben ab.<ref name="spiegel-scherzeinträge">[http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,679838-5,00.html spiegel.de: „Scherzeinträge in Lexika: Von Steinläusen und Kurschatten“], [[Spiegel Online]], 7. März 2010].</ref> EinemEiner 1997 abgegebenen StatementStellungnahme einer Verlagssprecherin zufolge habe man an „humanistische Traditionen anknüpfen [und] etwas Humor“ hineinbringen wollen.<ref name="spiegel-1997">[http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-{{Der Spiegel|ID=8717418.html spiegel.de: „Personalien|Titel=Personalien: Matthias Sammer“, Sammer|Nr=21|Jahr=1997|Seiten=230|Datum=1997-05-19. Mai 1997]}}</ref>
 
Die Idee zum Verfassen des fingierten Apopudobalia-Artikels kam Mischa Meier spontan, als er für seinen damaligen Professor zahlreiche Artikel für den ''Neuen Pauly'' erstellte. Dem [[J. B. Metzler’sche Verlagsbuchhandlung|Metzler-Verlag]] fiel der ursprünglich nicht lemmatisierte Scherz-Artikel aufgrund erheblichen Termindrucks seitens der Redaktion erst nach Druck und Veröffentlichung der ersten Auflage auf, als fachliche Kritik an der falschen Wortbildung aufkam, ohne jedoch den ironischen Unterton zu erkennen. Der Verlag drohte Meier daraufhin, die schon gedruckten Exemplare auf dessen Kosten vernichten zu lassen, ließ aber nach positiven Rückmeldungen durch verschiedene amüsierte Historiker von dem Vorhaben ab.<ref name="spiegel-scherzeinträge">[http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,679838-5,00.html spiegel.de: „Scherzeinträge in Lexika: Von Steinläusen und Kurschatten“, 7. März 2010]</ref> Einem 1997 abgegebenen Statement einer Verlagssprecherin zufolge habe man an „humanistische Traditionen anknüpfen [und] etwas Humor“ hineinbringen wollen.<ref name="spiegel-1997">[http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-8717418.html spiegel.de: „Personalien: Matthias Sammer“, 19. Mai 1997]</ref>
 
Der Artikel ist in der englischen Fassung des ''Neuen Pauly'' nicht enthalten, allerdings zog der [[Brill (Verlag)|Brill-Verlag]] zeitweilig die Einfügung eines alternativen Scherzartikels in Betracht.
 
== Rezeption ==
Der Artikel wird von [[Stephan Geiger]] in der Wissenschaftssatire „Sokrates''Sokrates flankt! Eine kleine Philosophiegeschichte des Fußballs“Fußballs'' als wichtige und richtungsweisende Forschungsleistung angeführt.<ref> Stephan Geiger: ''Sokrates flankt! Eine kleine Philosophiegeschichte des Fußballs,''. Düsseldorf 2002, ISBN 3-930450-71-2, S. 17.</ref> Mittlerweile wird dieser Faden weitergesponnen durch ähnlich pseudowissenschaftliche Kommentierungen des Themas „Apopudobalia“.
 
Der Artikel wird von Stephan Geiger in der Wissenschaftssatire „Sokrates flankt! Eine kleine Philosophiegeschichte des Fußballs“ als wichtige und richtungsweisende Forschungsleistung angeführt.<ref> Stephan Geiger: Sokrates flankt! Eine kleine Philosophiegeschichte des Fußballs, Düsseldorf 2002, S.17</ref>
 
== Literatur ==
* {{DNP|1|895||Apopudobalia|[[Mischa Meier]]}}
* [[Hubert Cancik]] und [[Helmuth Schneider]] (Hrsg.): ''Der neue Pauly. Enzyklopädie der Antike. Altertum Bd. I''. Stuttgart 1996, Sp. 895.
* [[Michael Ringel]]: ''15 „U-Boote“ in Nachschlagewerken.'' In: S. FischerDerselbe: ''Das listenreiche Buch der Wahrheit. Wertloses Wissen hoch 10''. S. Fischer, Frankfurt am Main 1998, ISBN 3-596-13989-9.
 
== Weblinks ==
* {{Internetquelle |url=https://referenceworks.brillonline.com/entries/der-neue-pauly/apopudobalia-e128870 |titel=Apopudobalia |werk=BrillOnline Reference Works |hrsg=[[Brill (Verlag)|Brill]] |kommentar=eingeschränkte Onlineansicht |abruf=2015-05-25 |abruf-verborgen=ja}}
* [http://www.mediaevum.de/lexikaspass1.htm Text des Scherzartikels mit weiteren Informationen]
* {{Internetquelle |url=https://www.mediaevum.de/lexikaspass1.htm |titel=`Apopudobalia´ oder: Fußball im Altertum |werk=Mediaevum.de |kommentar=vollständiger Text des Scherzartikels mit weiteren Informationen |abruf=2015-05-25 |abruf-verborgen=ja |archiv-url=https://web.archive.org/web/20200101050734/https://www.mediaevum.de/lexikaspass1.htm}}<!-- auch unter https://archive.today/20120904025459/www.mediaevum.de/lexikaspass1.htm - Originallink nach Umbau der Webpräsenz seit März 2020 nicht mehr verfügbar -->
 
== Einzelnachweise ==
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